1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 15 Die Hofmark - ein Patrimonialgericht
Schandgeige - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
15 Die Hofmark - ein Patrimonialgericht
An die 50 Hofmarken, Herrschaften, Edelsitze und gefreite Güter lagen im Gericht Mitterfels. Es waren gleichsam kleinste Staaten im Staate ...
... Der Adelige oder ein Klosterabt war für die Untertanen der Hofmark die politische, wirtschaftliche und richterlich-polizeiliche Obrigkeit. Das war schon so seit 1311 und dauerte, mit Abstrichen, bis 1848 (bei den Klöstern bis zu deren Aufhebung 1803).
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1311 hatte Herzog Otto III. landesherrliche Rechte gegen gute Bezahlung an reiche Grundherren verkauft. Er band Gerichtshoheit an Grundbesitz und schuf so die Patrimonialgerichte. Durch Handauflage auf die Rechtsakte wurde das besiegelt, weshalb man von der "Ottonischen Handfeste" spricht. In der "Erklärten Landesfreiheit" von 1508 waren nochmals alle Rechte bestätigt worden.
Vermerckst Aller deren so zum Lanndgerichtt Mitterfellß Ligende Hofmarken (Verzeichnis aller Hofmarken des Landgerichts Mitterfels: Fasz. 512/7 - StA Landshut) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Niedere Gerichtsbarkeit schloss die schweren "Malefizvergehen" aus, auch Streitigkeiten um Grund und Boden und Gantverfahren. Das blieb Sache der herzoglichen Gerichte und Vitztumsämter. Auch wo in kleineren Delikten das Maß überschritten war, musste der Täter dem Landgericht zugeführt werden; am Grenzzaun war die Übergabe.
Einem Hofmarksrichter mangelte es kaum an Arbeit. Es gab da zu viele polizeiliche Vorschriften - niedergelegt im Landesfürstlichen Mandat von 1598. Da ging es um Tierhaltung und Flurschäden, um Feuersicherheit und Rauchfangstrafen, Mühlstrafen, Blutrunstschäden bei Raufereien, Gehorsamsstrafen. Dazu eine Reihe von Beispielen:
In der Tierhaltung müssen Hunde mit einem Prügel um den Hals am Wildern gehindert werden; müssen die Schweine gleich nach Lichtmess geringelt werden, um sie am Wühlen an jungen Saaten zu hindern; dürfen Schafe, Gänse, Pferde nicht in umfriedete Felder getrieben werden; müssen Tauben eingesperrt werden, bis die Felder abgeerntet sind.
Zum Schutz der bebauten Fluren vor Wildschäden müssen Zäune, Gatter, Hecken, Ettern (geflochtene Zäune) und Fallgatter in Ordnung gehalten werden. Abgeräumtes darf nicht auf die Felder geworfen werden.
Ganz streng steht es mit der Feuersicherheit; die Feuerbeschau wird ernst genommen, die Brechhäuser und Backöfen müssen dreißig Schritt von den Häusern entfernt sein. Die Strafe bei Nichteinhaltung beträgt 1 Pfund. Auch das religiöse Leben war geschützt: Während des sonntäglichen Gottesdienstes durften keine Wirtshäuser besucht werden, durfte nicht Karten gespielt werden, besonders um Geld und Getränke; auf auffällige Flucher warteten Bloßstellungen, wie Prangerstehen vor der Kirchentür, mit Symbolen des Büßens. Streitsucht und Zank wurde bei Frauen mit Anlegen der doppelten Halsgeige geahndet, wo sich zwei Zänkerinnen Aug in Aug gegenüberstanden und sich, zum Gaudium der Zuschauer, weiterhin beschimpfen und auch bespucken konnten. Widerspenstige gegen die Obrigkeit kamen an den Bock, ein Brett mit vier Löchern für Arme und Beine; oder es wurden ihnen Fesseln angelegt, oder sie wurden in die Zelle gesperrt.
Doppelschandgeige, Waldmuseum Zwiesel (M. Haller)
Am liebsten verhängte der Hofmarksrichter eine Geldstrafe. Die war ihm am nützlichsten, da er anteilig davon bekam; den Leuten freilich war das die verhassteste Strafe; da wären sie schon lieber einen Tag gesessen. Die Hofmarksrechte schlossen natürlich auch eine Reihe von Pflichten ein und bedingten auch einen umfangreichen Schriften- und Urkundenverkehr, so bei Heiraten, Erbfällen, Übergaben, Verkauf und Tausch, Aufzug eines jungen Bauern , Vormundschaften, sodann Hofverzeichnisse und Steuerlisten, auch die Überwachung kirchlicher Gelder zusammen mit dem Geistlichen. Für seine Untertanen oblagen ihm der Schutz vor Gewalt und Ungerechtigkeit, sowie die Hilfe in Notzeiten, bei Unglücksfällen, Viehfall, Seuchen, Schauerschäden in Missjahren. Den Abbrändlern musste er "Brandbriefe" ausstellen, musste die Feuerbeschau durchführen, die Mühlen kontrollieren, die Bader und die Flur- und Forstheye (Aufseher) beaufsichtigen, auch Maß und Gewicht prüfen und das Setzen der Marksteine. Eine wohlgeordnete Hofmark lag ja auch in seinem Interesse, von ihr lebte er.
Verzeichnis aller Hofmarken des Landgerichts Mitterfels: Fasz. 512/7 - StA Landshut - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Zum Thema:
Cornelia Landstorfer hat sich mit der Hofmark Gschwendt intensiv beschäftigt (siehe Mitterfelser Magazin 26/2020, „Amtshaus und Patrimonialgericht in Gschwendt“). In sorgfältigen Recherchen befasst sie sich mit der niederen Gerichtsbarkeit in der Hofmark Gschwendt und schildert unter Verwendung von Verhörsprotokollen und Rechnungen ganz konkrete Fälle von Rechtsbrüchen.
Das Mitterfelser Magazin, das ganz ohne Werbung auskommt und ausschließlich von ehrenamtlichen Autoren verfasst wird, liegt in folgenden Geschäften zum Verkauf aus: Schreibwaren Stolz (Mitterfels), Edeka Ascha (vormals Hagn), bei den Banken und Sparkassen in Ascha, Falkenfels und Mitterfels und den Buchhandlungen Winklmeier (Bogen) und Pustet (Straubing).
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