. . . drin im Woid
Krippendarstellungen - Ausdruck von Naivität oder Unwissenheit der Künstler?
Aus der “Mettenpredigt” in der Pfarrkirche von Mitterfels am 24.12.2007 - gehalten von Pfarrer P. Dominik Daschner
Es gibt kein zweites christliches Fest, das so kommerzialisiert wurde wie Weihnachten. Es rankt sich aber auch viel traditionelles, immer noch praktiziertes Brauchtum um die Geburt Christi.
So bauen viele Väter zu Weihnachten mit den Kindern ihre Familienkrippen auf. Da kommt das Christkind dann im Stall eines Bayerwaldhauses oder unter dem Dach einer mittelalterlichen Burgruine zur Welt.
Als der kath. Ortspfarrer von Mitterfels zu Beginn der “Mettenpredigt” seine Zuhörer mit der Frage konfrontierte, ob die Erbauer solcher Krippen in naiver Denkweise oder unwissend das Geschehen in unsere Zeit und Heimat einbetten, konnte man gespannt sein über seine Deutung.
Wir haben P. Dominik Daschner gebeten, uns seine “Mettenpredigt” zur Verfügung zu stellen und illustrieren sie mit Aufnahmen von Krippen, die Josef Brembeck (1-6, 9) und Alois Kallus (7,8,10,11) gestaltet haben. (Red.)
Vermutlich haben Sie auch in den letzten Tagen so einige Weihnachtskarten mit der Post geschickt bekommen. Es ist schön, die guten Wünsche zu lesen, die darin enthalten sind; vielleicht nach längerer Zeit wieder einmal etwas von diesem oder jenem zu hören: wie es so geht, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat; und auch die Bilder auf den Karten zu betrachten, die sie für ihre Weihnachtspost ausgesucht haben. Die meisten Karten zieren natürlich schöne Krippendarstellungen. Auch in der Zeitung oder auf Kalendern werden uns in diesen Tagen viele Bilder von Krippen präsentiert.
Mir fällt beim Ansehen der unzähligen Weihnachtsbilder immer wieder eine Sache auf: nämlich wie oft da die Szenerie von der Geburt Jesu von den Künstlern kurzerhand in ihre jeweils eigene Heimat und Zeit verlegt wird. Da wird der Stall von Betlehem zu einem typischen Bayerwaldhaus. Die Fluren um Jerusalem verwandeln sich in eine Tiroler Gebirgslandschaft oder in eine moderne Hochhaussiedlung. Maria und Josef und die Hirten kommen daher in mittelalterlicher Kleidung, so wie sie der Maler eben aus seiner Zeit gekannt hat. Oder im Hintergrund sieht man die Silhouette jener Stadt, in der der betreffende Künstler gelebt hat. Wie selbstverständlich auch mit den Kirchtürmen der Stadt. Obwohl es doch bei der Geburt Jesu noch gar keine Kirchen gegeben hat! Und manchmal hängt im Stall von Betlehem sogar ein Kreuz an der Wand.
Man kann über so viel scheinbare Naivität der Maler und Bildhauer schmunzeln. Haben denn die Künstler nicht gewusst, dass die Natur im Heiligen Land ganz anders aussieht als bei ihnen zuhause? Haben sie nicht bemerkt, dass es bei der Geburt Jesu noch gar keine Kirchen und erst recht kein Kreuz als religiösen Andachtsgegenstand in der Wohnung gegeben haben kann? Das ist doch alles völlig unhistorisch!
Ober haben die Künstler das vielleicht ganz bewusst so gemacht? Weil sie tiefer blicken. Und darin eine wichtige Aussage für den Betrachter verpackt ist. - Ich lese aus ihren scheinbar so unhistorischen Bildern eine zweifache Botschaft heraus. Erstens: Weihnachten muss es bei uns werden. Darum wird der Stall von Betlehem eingebettet in die eigene Umgebung. Und zweitens: Weihnachten muss es heute werden. Deshalb der Transfer der Krippenszene in ihre jeweils eigene Zeit.
Bei uns selber muss es Weihnachten werden. „Und wäre Christus tausendmal in Betlehem geboren, doch nicht in dir, du wärest ewiglich verloren“, sagt der Mystiker Angelus Silesius. Weihnachten ist kein bloß historisch einmaliges Ereignis der Vergangenheit. Wir feiern Weihnachten nicht, um uns an ein längst vergangenes Geschehen in der Weltgeschichte zu erinnern, so wie wir vielleicht 1000 Jahre Stadt Straubing feiern oder 50 Jahre Bundesbank. Weihnachten nur als Erinnerung an etwas Vergangenes, das nützt uns nichts. Darin liegt kein Heil für uns. In uns selber muss es Weihnachten werden. Wir feiern Weihnachten, damit Christus bei uns einzieht, uns verwandelt und wir neu geboren werden.
Heute, jetzt, hier mitten unter uns soll Weihnachten werden: die Ankunft Gottes bei uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, wie oft in der Weihnachtsliturgie das Wörtchen „heute“ vorkommt? Schon im Eröffnungsvers der Messe in der „Heiligen Nacht“ klingt es an: „Freut euch im Herrn, heute ist uns der Heiland geboren. Heute ist der wahre Friede vom Himmel herabgestiegen.“ Beim Tagesgebet wird gebetet: „...in dieser hochheiligen Nacht ist uns das wahre Licht aufgestrahlt.“ Nachher wird die Präfation beim Hochgebet herausstellen, dass „der unsichtbare Gott heute sichtbar als Mensch erschienen ist.“ Und genauso im Stundengebet. Da lautet die Magnificat-Antiphon zum Weihnachtstag: „Heute ist Christus geboren, heute ist der Retter erschienen; heute singen die Engel auf Erden, die Erzengel jauchzen, heute jubeln die Gerechten...“ In einem einzigen Satz allein viermal: „heute“!
Das macht deutlich: In der Weihnachtsliturgie geht es nicht um eine wehmütige Verklärung der Vergangenheit, um rührselige Romantik. Im Mittelpunkt steht die Menschwerdung Gottes, die heilvolle Zuwendung zu uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus - heute, hier und jetzt; in unserer Zeit und Welt mit ihren Fragen, Nöten und Abgründen. Die auf den ersten Blick so naiven Krippendarstellungen unterstreichen genau das: Hier ist jetzt Betlehem. Heute soll hier bei uns Gottes Sohn ankommen. Hier und heute muss Weihnachten werden.
Aber wann und wie wird Weihnachten bei uns? Rolf Krenzer, ein Dichter unserer Tage, hat unter der Überschrift „Wann fängt Weihnachten an?“ eine Antwort darauf versucht.
Wann fängt Weihnachten an?
Wenn der Schwache dem Starken die Schwäche vergibt,
wenn der Starke die Kräfte des Schwachen liebt,
wenn der Habewas mit dem Habenichts teilt,
wenn der Laute bei dem Stummen verweilt
und begreift, was der Stumme ihm sagen will,
wenn das Leise laut wird und das Laute still,
wenn das Bedeutungsvolle bedeutungslos,
das scheinbar Unwichtige wichtig und groß,
wenn mitten im Dunkel ein winziges Licht
Geborgenheit, helles Leben verspricht
und du zögerst nicht,
sondern du gehst - so wie du bist - darauf zu,
dann, ja dann fängt Weihnachten an.
Wo Menschen menschlich werden, wo wir mitmenschlich miteinander umgehen, wo wir einander zum Nächsten werden, so wie Gott uns im Kind in der Krippe zum Nächsten geworden ist - der Starke dem Schwachen und umgekehrt, der Große dem Kleinen, der Laute dem Stummen, der Habewas dem Habenichts, so meint Rolf Krenzer, da wird Weihnachten, heute hier bei uns.
Manchem mag das zu gewöhnlich erscheinen; für Gott irgendwie zu normal, zu klein. Sie stellen sich Gott anders vor: größer, überwältigender, mächtiger. Und darum müsste auch die Art und Weise, wie er sich uns Menschen zu erkennen gibt, wie er bei uns erfahren werden kann, gewaltiger, eindeutiger sein. Aber das ist ja gerade die Sperrigkeit der weihnachtlichen Botschaft, aller vordergründigen Romantik zum Trotz: Gott wird Mensch; Kind sogar. So klein und gewöhnlich kommt er in unsere Welt: in der Geburt eines Kindes - ein Vorgang, der sich täglich hunderttausendfach in unserer Welt ereignet. So gewöhnlich kommt Gott auf uns zu. Im Alltäglichen, im ganz Gewöhnlichen ist Gott zu finden; er, der ganz und gar Ungewöhnliche. Er lässt sich total auf unser Mensch-sein ein. Damals in der Krippe in Betlehem. Und genauso heute. Er wählt den Weg über den Menschen. Im Menschen begegnet uns Gott. In gelebter Mitmenschlichkeit wird Gott erfahrbar. Da ist Gott zu finden. Darum kann die Theologie sagen: Der Weg Gottes ist der Mensch. Oder wie Bischof Franz Kamphaus die Botschaft von Weihnachten einmal auf den Punkt gebracht hat: „Mach's wie Gott, werde Mensch!“
Die Künstler unserer Weihnachtskarten, die Erbauer unserer Krippen haben das offenbar begriffen: dass Gott ankommen will in unserem gewöhnlichen, alltäglichen Hier und Heute. Und vielleicht verstehen wir es heute Nacht auch.
.... eine zweifache Botschaft:
Weihnachten muss es bei uns werden!
Weihnachten muss es heute werden!
Aus: Mitterfelser Magazin 14/2008
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Benno und die Räuber vom Perlbachtal
- Eine „Dipferlscheißerin“ in Haselbach
- Windberg. Kultur- und Festspielverein mit Videofilmabend
- Mitterfels/Scheibelsgrub. „Jeder soll Chance bekommen“
- Haselbach: Adventliches Singen
- St. Johann/Falkenfels. Konzert am ersten Adventssonntag
- 27. Mitterfelser Christkindlmarkt um die Burg 2024
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Waldleben ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Neues aus unseren Gemeinden
- Haselbach. „Wir stehen für ein großes Miteinander“
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Es begann in Kreuzkirchen
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Eine Bücherei entsteht
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Baugebiet Pimaisset Mitterfels. Mit Regenwasser die Toilette spülen
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- Kalenderblatt Allerseelen. Zwei Münchner Friedhöfe der besonderen Art
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- „Kein kleiner Waidler-Adel“
- Waldleben ...
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh
- Falkenfels: Puppentheater Karotte spielt Ahorns Welt
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis