. . . drin im Woid
Es begann in Kreuzkirchen
Kreuzkirchen - Zeichnung nach einem Ölgemälde um 1750: Pfarrkirche bis 1805, abgerissen 1809. - Vergrößern durch Anklicken!
Franz Wartner erzählt zur Pfarr- und Schulgeschichte
Aus der Vortragsreihe ,,800 Jahre Mitterfels“ des Arbeitskreises „Heimatgeschichte“ (gehalten am 7. Juli 1995 im Burgzimmer des Heimatmuseums)
Liebe Heimatfreunde,
der Heimatgeschichte halber seid Ihr hierher ins Turmzimmer gekommen unserer Pfarr- und Schulgeschichte halber. Und ich will sie Euch nun „wia a G'schicht“ erzähl'n; und nehm' Euch jetzt mit ins alte Kreuzkirchen, weil dort alles angefangen hat. Dass eine Pfarrgeschichte ausgerechnet bei einem Einödhof beginnt, hat seinen Grund. Zunächst: Ein Kirchlein ist beim Hof gestanden, und beides hat einer Edelfrau gehört: Adelheid von Runding.
Dann ein Zweites, Entscheidendes: ein Besitzwechsel in geistliche Hand! 1194 - vor 800 Jahren also schenkt Adelheid Hof und Kirche an das Kloster Oberalteich. Auch diese Schenkung braucht einen Grund, und den erfahren wir aus der Schenkungsurkunde: Adelheid verpflichtet das Kloster, in Kreuzkirchen an jedem Sonn- und Feiertag, auf ewige Zeiten, einen feierlichen Gottesdienst zu halten für ihr und ihrer Eltern Seelenheil! Aus solchem Grunde ist dem Kloster noch manch anderer Hof zugefallen! Nun waren bei Ausstellung der Urkunde auch Zeugen dabei, und so erfahren wir früheste Namen von Menschen unserer Heimat. Hauptzeuge war wohl Adelheids Bruder Berthold, als Ministeriale (Dienstmann) der Bogener Grafen Burghauptmann zu Mitterfels (auch ein Beweis, dass die Burg um diese Zeit schon bezogen war). Zeugen waren aber auch Bauern der Umgebung: Göswin von Kreuzkirchen, Marquard und Renold von Buchberg, Hiltpolt und Kuno von Straß(-hof) und die Brüder Heinrich und Marquard Schaeubing, von deren Geschlecht sich der Dorfname „Schaeubingsgrueb“, das heutige Scheibelsgrub, ableitet.
Foto von Kreuzkirchen heute aus gleicher Sicht: Der Kirchenhügel hebt sich deutlich heraus.
Was mag nun das Kloster Oberalteich bewogen haben, schon sehr früh nach der Schenkung (man spricht von 1224) eine weitere Klosterpfarrei einzurichten? Ein Grund könnte die allsonntägliche Gottesdienstverpflichtung gewesen sein. Ein weiterer Grund die pfarrliche Betreuung an der Mitterfelser Burgkapelle „St. Georg“. Es könnte auch eine Rolle gespielt haben, dass kein großer baulicher Aufwand vonnöten war, weil man Kreuzkirchen ja „excurrendo“, vom Kloster aus, betreuen konnte; dafür genügten für Kreuzkirchen ein „Absteigstüberl“ für den Pfarrvikar und ein Mesnerhäusl. Für den Pfarrsprengel Kreuzkirchen blieb nicht viel. Er wurde gleichsam in die schon lange bestehenden Klosterpfarreien Oberalteich, Bogenberg und Haselbach eingeschoben, und im Westen wie Osten waren andere zuständig: das Domkapitel Augsburg mit den Pfarreien Parkstetten und Steinach, das Kollegiatsstift Pfaffmünster mit der Pfarrei Ascha, das Kloster Windberg. So wurde und blieb Kreuzkirchen all die Jahrhunderte die kleinste der umliegenden Pfarreien mit: Kreuzkirchen selbst, Weingarten, Straßhof, Scheibelsgrub, Mitterfels (damals mit nur wenigen Häusern außerhalb der Burg) und - nach Entstehung - noch Schoppiehl, Zackenberg und Talmühle.
Für die frühe Pfarrgeschichte ist damit alles Bedeutsame gesagt. Nun hat aber in Kreuzkirchen auch unsere Schulgeschichte ihren Anfang, wenn auch erst viel später - aus heutiger Sicht aber erstaunlich früh: schon vor 365 Jahren! Seit 1630 Jahren sind uns die Namen der Lehrer überliefert. Es sind nicht viele; denn die meisten haben lange ausgehalten: Vater und Sohn Fried z. B. 54 Jahre, Vater und Sohn Osterrieder gar 84 Jahre. Sie alle waren ja auch Mesner in des Abtes Diensten; ihre Stube war zugleich der Schulraum.
Die Schule hatte kaum begonnen, da brach über unser Land eine Katastrophe herein. Im Winter 1633/34 hatten sich schwedische Heerhaufen in Straubing und Oberalteich eingenistet und die Bevölkerung ringsum drangsaliert und ausgeplündert. Noch schlimmer war das Jahr 1634: Der Würgengel der Pest raffte auch in der Pfarrei Kreuzkirchen bald 1/4 der Bevölkerung dahin: über 50 Pesttote, davon 14 Kinder, davon 4 wiederum aus des Pflegers Haus; und auch die junge Frau meines Ahnherrn in der 10. Generation: Barbara, des Michael Wartters Weib aus Scheibelsgrub nach erst zweijähriger Ehe.
Die Pfarrei mag lange gebraucht haben, den Schicksalsschlag zu überwinden. Ein Jahrhundert danach aber sind zwei bedeutsame Baumaßnahmen zu vermelden: 1734 - nach genau 100 Jahren - wurde in Mitterfels die schon recht baufällige Schlosskapelle „St. Georg" abgerissen und auf dem Dorfplatz daneben die heutige Kirche gebaut. Um die gleiche Zeit wurde auch an der Pfarrkirche zu Kreuzkirchen gebaut: Es wurde nicht nur ausgebessert - die Kirche wurde auch um 15 Schuh länger und um 6 Schuh höher als bisher. Überraschend ist, dass die neue Filialkirche „St. Georg“ an Größe der Pfarrkirche ebenbürtig war. Aus der Sicht des damaligen 30-Häuser-Dorfes Mitterfels wäre das nicht nötig gewesen. Doch in nicht allzuferner Zeit sollte das dem Ort auf andere Weise zugute kommen.
Und das geschah 1803 im Zuge der in Bayern so rigoros durchgeführten Säkularisation. Da wurde der gesamte Besitz der Bistümer, Abteien, Klöster, Stifte vom Staat enteignet, verschleudert, zertrümmert; das Kostbare aus Bibliotheken und Schatzkammern nach München verfrachtet, die Patres mit Kleinstrenten entlassen oder in „Aussterbeklöstern“ untergebracht - soweit sie nicht selbst eine Stelle in einer Pfarrei fanden. So auch geschehen in Oberalteich!
Von diesem Zusammenbruch waren natürlich auch die Klosterpfarreien betroffen - also auch unser Kreuzkirchen. Bereits 1804 wurden die Landrichter angewiesen, über die Verwendung der Klosterpfarreien im Gerichtsbezirk Vorschläge zu machen. Was dazu unser Mitterfelser Landrichter Märkl bezüglich Kreuzkirchen vorgeschlagen hat, lässt sich leicht erahnen. Sonst hätte ein Jahr später vom kurfürstlichen Generalkommissariat nicht ein so detaillierter Pfarreien-Plan herauskommen können:
Unterm 28. Oktober 1805 wird verfügt:
(1) Der Pfarrsitz wird von Kreuzkirchen nach Mitterfels verlegt.
(2) Die Pfarrei wird von derzeit 386 „Individuen“ auf rund 700 erweitert. Dazu sind 16 Orte und Einzelhöfe aufgezählt, die aus den Nachbarpfarreien umgepfarrt werden. Für uns ist dabei interessant zu erfahren, wie weit jene Pfarreien damals in unser heutiges Gemeindegebiet hereingereicht haben, nämlich: aus Parkstetten die Höfe von Wollersdorf, Eisenhart, Höfling, Auhof, Miething, Großkohlham, Unterholzen; aus Steinach die Höfe von Ober- und Unterhartberg; aus Haselbach die Anwesen von Kleinkohlham, Reinbach, Kastenfeld, Spornhüttling, Höllmühl; aus Oberalteich die Höfe von Vorder- und Hinterbuchberg.
Am schwersten wiegt dabei, dass es sich hier um eine reine staatliche Maßnahme handelt; das für Pfarrsprengel allein zuständige Regensburger Ordinariat wurde glattweg umgangen.
Im Volk und bei den Nachbarpfarreien schlug diese über ihre Köpfe hinweg getroffene staatliche Maßnahme wie eine Bombe ein. Einer, der triumphieren konnte, war der Landrichter Märkl. Ein zweiter, der sich darüber freute, war der Kreuzkirchner Pfarrvikar Frank, ein erst 26-jähriger Ex-Pater aus Oberalteich, dem die Abgelegenheit und das recht unwirtliche „Absteigstüberl“ in Kreuzkirchen gar nicht zusagten. Und er tat etwas, was er kirchenaufsichtlich nicht hätte tun dürfen: Er verkündete die staatlich verfügte Umpfarrung von der Kanzel aus und verlas auch noch einen Zusatz des Landrichters Märkl, in dem er allen Widerspenstigen mit scharfen Strafen drohte. Dem Pfarrvikar gegenüber zeigte der sich erkenntlich: Er stellte ihm sein Gartenhäusl als Wohnung zur Verfügung.
Im Volk ging die Stimmung auseinander: Den Mitterfelsern und wohl auch einem Teil der Scheibelsgruber war die Pfarreiverlegung willkommen - nicht aber den meisten auswärtigen Bauern. Man hielt zur alten Pfarrei, man hatte die Gräber der Angehörigen anderswo, und man hatte kein Verlangen nach dem hohen Gerichtssitz. Sie hatten drei mutige Wortführer: den Kreuzkirchner Bauern Kerscher, den Höflinger Bauern Kartmann (seine Nachkommen sind noch heute in Höfling) und den „Höllmüller“ Andrä Lang.
Der schärfste Widerstand aber kam von den betroffenen Pfarrern aus Steinach und Parkstetten. Vom Ordinariat erhielten sie keine Unterstützung - von dort kam lediglich der Rat, sie sollten sich vom Mitterfelser Landrichter nicht allzu viel dreinreden lassen. (Man darf hier einflechten, dass der Regensburger Bischof, ehedem Erzbischof zu Mainz, Fürstprimas und Kurerzkanzler von Dalberg in diesen Jahren selbst unter schwierigsten Verhältnissen taktieren musste.)
Der Kampf verschärfte sich, als 1808 ein neuer Pfarrvikar für Mitterfels kam (der junge, jetzt 28-jährige Frank war unerwartet verstorben). Der „Neue“ war ein älterer, gar streitbarer „Herr“ von altem Schrot und Korn - ein Exkarmeliter aus Straubing: Anton Kollbeck. Schon sein Dienstantritt in Mitterfels bekundete Protest: Statt nach Mitterfels zu ziehen, logierte er sich in einem hölzernen Kämmerl des Scheibelsgruber Wirts ein, das ihm nun, wie er selber schreibt, „als Küche, Schlafgemach, Keller, Holzlege, Wäscheboden und nachts auch noch als Abort“ dienen musste. Dieses Kämmerl wurde nunmehr sein „Gefechtsstand“, aus dem viele seitenlange Briefe hinausgingen an staatliche und kirchliche Stellen. Mit allen Mitteln wollte er die Rückverlegung des Pfarrsitzes nach Kreuzkirchen erkämpfen.
Aber dann wurde er ganz und gar aus seinen Wunschträumen gerissen: Ein Gerücht ging um, dass alle nicht mehr benötigten Kirchen und Kapellen entweder abgerissen oder veräußert und profaniert werden sollen. Mit einem Hilferuf wandte auch er sich an das Ordinariat - doch man ließ ihn nur wissen: Er solle sich diesbezüglich an die zuständigen königlichen Stellen wenden.
Aus dem Gerücht wurde bald Wirklichkeit. Bereits im Dezember 1808 ging von München die Liste hinaus mit den zum Abbruch bzw. zur Veräußerung vorgesehenen Kirchen und Kapellen. Auch unser Kreuzkirchen war darunter, dann die Gallnerkirche und die Haselbacher Totentanzkapelle: sie sollte nur noch Leichenhaus werden.
Erst am 17. Januar 1809 informierte Landrichter Märkl den Pfarrer Kollbeck und verlangte von ihm in aller Schärfe die Sofortmaßnahmen zur Exsekrierung der Kreuzkirchner Kirche. Am 23. Januar 1809 las Pfarrer Kollbeck die letzte Messe in Kreuzkirchen – „unter Tränen“, wie er schrieb. Alles, was folgte, war wie ein Abschiednehmen für immer. Er konsumierte die noch übrigen geweihten Hostienpartikeln; er übergab den Kessel mit dem gefrorenen Taufwasser dem Mesner zur Aufbewahrung; er erbrach den Altarstein und entnahm die dort verwahrten Reliquien (1 Knochensplitter von St. Georg und 2 Kreuzpartikeln) und schickte sie im versiegelten Päckchen an den Landrichter zur Überführung „ad parochum Ioci“ - zur Pfarrkirche des Ortes. Er wagte aber nicht, das Allerheiligste nach Mitterfels zu übertragen - aus Angst vor Demonstrationen des Volkes. Das rief den großmauligen Schreiner Vogl aus Mitterfels auf den Plan: „Wenn der Pfarrer den Herrgott nicht wegträgt aus Kreuzkirchen, so nehm ich ihn und bring ihn nach Scheibelsgrub und zahl ihm dort eine Maß Bier, und dann marschieren wir miteinander nach Mitterfels.“
In den nächsten Tagen wurde alles Bewegliche nach Mitterfels geschafft: der Taufstein (den sich Landrichter Märkl aneignete), die Bilder und Statuen (2 davon sind heute im Heimatmuseum), der Kreuzweg (der später nach Falkenfels kam), Fahnen und Traghimmel. Selbst die Glocken wurden ausgetauscht; die kleinste davon „lebt noch“, im Turm von „St. Georg“; sie wurde 1732 in „Statt am Hoff“ vor Regensburg gegossen und ist dem Glockentod in zwei Weltkriegen entgangen. Die Seitenaltäre gingen nach Viechtach, die Kanzel nach Bodenmais. Der Hochaltar war nur noch eine „Ruine“. Zuletzt wurde das Gestühl herausgerissen und die Holzdecke heruntergeschlagen.
Pfarrer Kollbeck, völlig verzweifelt und resignierend, schildert dies alles in einem seitenlangen Brief an das Ordinariat, verfällt dabei immer wieder in Rührseligkeit und verliert sich in an den Haaren herbeigezogenen Argumenten. Auf ihn hört keiner mehr.
Im Juni 1809 ist es so weit: Kreuzkirchen wird an den Meistbietenden versteigert. Der Landrichter Märkl spekuliert zwar auf das mögliche Baumaterial - aber das kann er sich in seiner Stellung doch nicht leisten, dass er eine Kirche auf Abbruch steigert. Dafür hat sich ein Schleifer namens Bayr gefunden, ein Halbbauemsohn aus Buchberg. Um 306 Gulden bringt er Kirche, Absteigstübl, Seelhaus, Friedhof samt Mauer in seinen Besitz. Umgehend kauft ihm der Landrichter das Kirchengebäu ab - nur der Turm bleibt stehen, lässt es abbrechen und das Material nach Mitterfels bringen, wo er sich auf dem geländehöchsten Punkt sein „SchlößI“ baut - das heutige Baumeisterhaus. Für Pietät hat er nichts übrig: Den Altarstein verwendet er als Trittstein an der Haustür, den Taufstein als Brunnentrog, Epitaphe als Bodenplatten oder für's Mauerwerk. Der Turm bleibt noch bis 1866 stehen; der Schleifer richtet sich dort seine Behausung ein; anstelle der abgebrochenen Stiege muss er mit einer Leiter ins „Obergeschoss“ steigen. Mit dem Abbruch 1866 stirbt das letzte Zeugnis der 600jährigen Kreuzkirchner Pfarrei.
Von all den Aufregungen und Umwälzungen der letzten 3 Jahre ist die Schule nicht berührt worden: Der 63- jährige Lehrer Fuchssteiner hat in seiner Stube weiter unterrichtet - er war ja kein klösterlicher Lehrer mehr, sondern ein staatlicher; und auch die schon vor Jahrzehnten eingeführte Schulpflicht band ihn an seinen Dienst.
In dieser Zeit tat er privat etwas sehr Geschicktes: Er konnte nach Auflösung der Pfarrei sein Mesnerhäusl erwerben, um den „billigen Preis von 116 Gulden 40 Kreuzern“, und da war auch noch die nasse „Schullehrerwies“ drunten an der Menach dabei, die das Halten einer Kuh erlaubte; „Schullehrerwies“ heißt sie noch heute im Katasterblatt, auch wenn von einer „Wies“ nichts mehr zu sehen ist. Jetzt aber, Anfang 1809, reißt der Strudel des Umbruchs auch die Schule mit sich. Im „kgl. Reskript“ vom 8.2.1809 wird die Verlegung nach Mitterfels befohlen. Für Pfarrer Kollbeck ist das der helle Wahnsinn: „ ... In Mitterfels gibt es kein Schulhaus! Und der Lehrer kann sein Kreuzkirchner Schulhaus auch nicht auf dem Buckel nach Mitterfels tragen. Auch ist es dem 63-jährigen Schullehrer nicht zuzumuten, jeden Tag, über Berg und Tal, bei Eis und Schnee und auf abscheulichsten Wegen nach Mitterfels zu gehen. Also müssen zwei Schulhäuser her, und zwei Lehrer, und die kosten das Doppelte von einem - und mit einem Esel wär uns auch nicht gedient!“ Um den alten Fuchssteiner aber brauchte er sich nicht mehr zu kümmern: Der machte das Theater nicht mehr mit und überließ die Nachfolge seinem Sohn.
Das Attenberger-Haus an der Burgstraße - 1809 als „Hiensölde“ das erste Mitterfelser „Schulhaus“, damals vom Pfarrer Kollbeck als „Satire von einer Schule“ bezeichnet. (Aufnahme von 1987)
In Mitterfels stellte Gastwirt Hien (Wirt auf der heutigen „Friedenseiche“) seine leer stehende elterliche Sölde zur Verfügung - es ist das heute kaum veränderte Attenberger-Haus an der Burgstraße. 30 Kinder drängten sich in die enge Stube; der junge Fuchssteiner war ihr Lehrer. Ohne Pfarrer Kollbeck wären wir auch dazu um ein deftiges Urteil ärmer: „ ... Die gegenwärtige Schule ist eine Satire von einer Schule - mit Nässe und Finsternis als Haupteigenschaften. Der Lehrer wohnt in einem Taglöhnerhäuschen, einer Höhle gleich, ohne Lichtung und Raum und ohne Schutz vor Nässe.“ Nun, diese „Satire“ dauerte 22 Jahre. Erst 1831 wurde neben „St. Georg“ ein erstes, richtiges Schulhaus gebaut.
Um einen Pfarrhof stand es kaum anders. Noch bei seinem Weggang 1810 prophezeite Pfarrer Kollbeck: „Ein Pfarrhof wird in Mitterfels nie gebaut werden. Und immer wird der Pfarrer wie ein Inmann im Zins herumrucken müssen“ (zum „Inmann im Zins“ würde der Waldler sagen: „A Häuslmo in da Loschie“). Der Wille zu einem Pfarrhof wäre schon dagewesen, seit 1805 schon! Da wurden von den Mitterfelsern 12 000 Ziegel versprochen - aber leider fehlte das weitere Geld. Und so sind auch mit einem Pfarrhof 18 Jahre vergangen: Erst 1824 wurde er gebaut - dann aber um so schöner. Dass der Pfarrer etliche Jahre danach auch noch einen eigenen Brunnen bekam, war für Mitterfelser Verhältnisse ein ganz besonderer Vorzug.
Solche Dreier- und Vierersitzbänke wie im 1. Bayer. Schulmuseum in Sulzbach-Rosenberg hatten wir in Mitterfels bis in die ersten Nachkriegsjahre.
Ärger und Probleme um die neue Pfarrei nahmen kein Ende. So fehlte auch ein Friedhof. Als im Dezember 1809 eine Frau aus Weingarten starb, musste man sie noch in Kreuzkirchen beerdigen, auch wenn die dortige Kirche schon abgerissen war. In keinem Dorf gab es solche Probleme mit einem Friedhof wie in Mitterfels. Die Enge um „St. Georg“ und der felsige Untergrund zwangen zu einer Platzsuche. Nach viel hitzigem Streit griff man auf das Ackerl und das Wiesl beim Gemeindehüthäusl zurück, drunten nahe der „Laimgruben“ (da „Loahmgroubn“) – „nur 2 Scheunen weit“ von der Pfarrkirche. Diese müssen weit auseinandergestanden haben, weil das Gemeindehüthäusl dort stand, wo jetzt das Haus der Baumeister Hermine steht: am „Thurnweg“ unterm „Wörgetter-Gassl“! Aber auch da musste man Erde aufschütten; auch da wurde öfters Erde abgeschwemmt. Es war ein miserabler Platz für einen Friedhof - und musste dennoch 23 Jahre „herhalten“. 1833 verlegte man den Friedhof weit hinaus, wo an der Straubinger Straße noch kein Haus stand. 1844 wurde das „Freithofkircherl“ dazu gebaut.
Nun sieht es aus, als wäre ich am Ende meiner Geschichte. Aber wirklich am Ende schien 1812 die Pfarrei Mitterfels zu sein. Vor lauter internen Problemen haben wir nämlich übergangen, wie der Streit um die Umpfarrungen immer noch tobte - so stark, dass der gleiche Staat, der die Pfarrei befohlen hatte, jetzt der Meinung war, man sollte sie vollends auflösen und den verbleibenden Teil von der Pfarrei Haselbach aus betreuen lassen. Inzwischen war auch in Regensburg ein Bischofswechsel erfolgt, und dort bemühte man sich zusammen mit den betroffenen Pfarreien um eine Lösung. Und die kam tatsächlich zustande, in einer Form, dass auch für die Nachbarpfarreien ein zeitlicher Spielraum blieb - also beileibe nicht in einem einzigen Schritt. Das hätte außerdem ja ausgesehen, als wäre das Ordinariat nur der Vollstrecker dessen, was einst der Staat angeordnet hatte.
1812 verblieben bei der Pfarrei Mitterfels nur die 7 eingepfarrten Höfe aus der Pfarrei Parkstetten, sowie 4 aus Haselbach (nämlich: Wollersdorf, Eisenhart, Höfling, Auhof, Miething, Großkohlham, Unterholzen; Kleinkohlham, Reinbach, Kastenfeld, Spornhüttling).
Erst 1828 folgten dann Vorder- und Hinterbuchberg der Pfarrei Oberalteich.
1832 musste Haselbach dann 4 weitere Orte abgeben: Reiben, Höllmühl, Haidbühl, Uttendorf.
Und erst 1838 musste nun auch Steinach auf Ober- und Unterhartberg verzichten.
Was dann viel später noch anfiel, hat mit unserer obigen Pfarrgeschichte nichts zu tun. Nur der Vollständigkeit halber sei es angeführt: 1871 aus Hunderdorf: Kögl, Hagnberg, Wiespoint. 1928 aus Steinach: Hörmannsberg und 1 Haus von Weingraben.
Nun hör ich auf - höre aber selber hin auf die einfachen Worte, mit denen die „Alten“ das ganze Kreuzkirchner Schicksal ausdrücken wollten. Auf einem Blechtaferl sind sie gestanden, angeheftet an den Eichenpfahl des alten Kreuzkirchner Wegkreuzes, an die Straße herangerückt, dass sie jeder kann lesen: „Pfarrei und Begräbnis Kreuzkirchen, welche anno 1221 durch ein Wunder erbaut. Ruine 1806“. Wenn auch das „Wunder“ nicht stimmt, und wenn auch die beiden Jahrzahlen nicht genau stimmen: die Schlichtheit, mit der Anfang und Ende Kreuzkirchens angemahnt werden, kann einem schon zu Herzen gehen.
1831 löste das erste Mitterfelser Schulhaus die „Satire von einer Schule“ab. Es tat Dienst als Schule bis 1879, als „offizielles“ Lehrerwohnhaus und zeitweilig auch als Gemeindekanzlei bis 1945.
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