Museen
Ein zweifach Hoch auf das Waldmuseum Zwiesel
Vor 50 Jahren wurde es eröffnet – Schon vor 111 Jahren begann die Museumsgeschichte in der Stadt
Zwiesel. Mit Chrysanthemen und Efeu war das Podium im Veranstaltungsraum des Kulturzentrums am Freitag geschmückt, denn es gab Großes zu feiern: 50 Jahre Waldmuseum Zwiesel und 111 Jahre Museum der Stadt Zwiesel.
Unter den rund 80Gästen waren Dr. Stefan Kley von der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, Dr. Philipp Ortmeier vom Kulturreferat des Bezirks Niederbayern, stellvertretender Landrat Helmut Plenk, 2. Bürgermeisterin Elisabeth Pfeffer und mehrere Stadträte. Für die musikalische Gestaltung hatte man die frisch gebackenen Finkenpreisträger Andreas Schmid und Stefan Schraml (Andal & Steff) gewonnen, die mit Akkordeon und Gitarre den perfekten Rahmen für die Feier lieferten.
Bürgermeister Franz Xaver Steininger stellte in seiner Begrüßung besonders das Engagement der Mitarbeiter heraus, allen voran Kunsthistorikerin Elisabeth Vogl, die seit dem Tod der früheren Museumsleiterin Dr. Astrid Fick die Führung des Hauses inne hat. Beim Museumsbeirat entschuldigte sich Steininger für die etwas „unstete Zusammenarbeit“ und betonte: „Ich hoffe, wir können 2017 einen Neubeginn starten.“
Zehn Jahre nach dem Umbau der ehemaligen Mädchenschule und zwei Jahre nach der Neueröffnung sei das Waldmuseum „in Zwiesel angekommen“, so der Rathaus-Chef. Und es sei nicht nur als Museum, sondern auch als Kulturzentrum von den Bürgern akzeptiert. „Das war schon immer das Ziel.“ Einen großen Dank richtete Steininger an Dr. Stefan Kley und Dr. Philipp Ortmeier. Ohne deren fachliche und finanzielle Unterstützung „wäre das Projekt Waldmuseum nicht umzusetzen gewesen“, so der Bürgermeister. Aber auch bei den zahlreichen Akteuren im Hintergrund bedankte sich Steininger. So waren auch die Leihgeber eingeladen, ohne die das Haus keine derartige Vielfalt an Exponaten präsentieren könnte.
Die Finkengewinner Stefan Schraml (li.) und Andreas Schmid gestalteten den Festakt musikalisch.
Auch der stellvertretende Landrat Helmut Plenk bedankte sich persönlich bei Dr. Kley, der eigens aus Baden-Württemberg angereist war. „...alles andere als Durchschnitt“, diesen Slogan der Veranstaltung nannte Plenk sehr zutreffend, das Waldmuseum nehme eine Vorreiter-Rolle ein. Zum Schluss gab es noch ein herzliches Vergelt’s Gott an den Wald-Verein, der maßgeblich zum Erfolg des Waldmuseums beigetragen habe.
Dr. Stefan Kley von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen sagte: „Der Verband lässt sich das Waldmuseum auch etwas kosten, denn hier läuft’s gut.“ In Zwiesel gebe es eine lange Museumstradition, betonte Kley, bereits in den 1880-er Jahren sei mit der Sammlung für das alte Zwieseler Museum begonnen worden. 1966 kam es dann zur Neugestaltung, bei der Personen wie Heinz Waltjen, Konrad Klotz oder Dr. Georg Priehäußer besonders wichtigen Einfluss hatten. In dieser Zeit habe man eine neue Sichtweise auf den Wald bekommen, so Kley, und das Museum habe diesen Perspektivenwechsel zum Ausdruck gebracht.
In seinem Vortrag konzentrierte er sich darauf, das Museumsangebot in ganz Niederbayern zu beleuchten, in dem 124 der insgesamt 1356 bayerischen Museen beheimatet sind. „Sehr wichtig bleiben die Wechselausstellungen, schließlich ist so ein Museum nicht nur für Touristen, sondern auch für die Einwohner da“, betonte der Vertreter der Landesstelle. Besonders lobte er Museen, die auf aktuelle Themen zeitnah reagieren, wie etwa in Deggendorf, wo eine Ausstellung zum Hochwasser 2013 eröffnet wurde.
Zwiesel nimmt laut Kley im niederbayerischen Museumsspektrum eine zentrale Rolle ein. Denn es sei das einzige Museum, das sich mit dem Bayerischen Wald als Ganzes befasse. Im Fokus stehe dabei die Einwirkung des Menschen auf die Natur – und umgekehrt. „Das Waldmuseum ist ein Ort der Information, aber auch der Identität und Inspiration“, fasste es der Redner zusammen. Die Aufgabe eines Museums sei es, „dass die Besucher rausgehen, sich umsehen und die Welt besser verstehen“.
Zwiesel sei in allen Belangen erfolgreich, sagte Kley, sowohl was den gestalterischen und wissenschaftlichen Bereich anbelange, als auch in der Kooperation mit der Stadt als Träger. Dank sagte er besonders Bürgermeister Steininger, „der dasWaldmuseum wirklich zu seinem Projekt gemacht und immer mit Energie vorangetrieben hat“. Zwiesel setze immer mehr Maßstäbe, indem es Innovation und historische Anlagen verbinde.
Museumsleiterin Elisabeth Vogl sprach über die Geschichte des Museums, über dessen Entstehung bereits 1889 innerhalb der Stadtverwaltung diskutiert worden war. Damals begann man auch bereits mit der Sammlung der Exponate. Die erste Spende, unter anderem vier Spinnräder, erhielt man von Engelbert Buchinger. Es kam jedoch erst 1905, nach jahrelanger Planung, zur Eröffnung des „Städtischen Museums Zwiesel“ im Obergeschoss des 1904 neu errichteten Leichenhauses. Jahrzehntelang war dieses Museum das einzige weitum.
Die Lage im Obergeschoss des Leichenhauses behagte vielen Leuten jedoch nicht, weshalb man sich schließlich entschied, das Museum zu verlegen. Die verkehrsreichere Lage war einer der ausschlaggebenden Punkte für den neuen Standort im ehemaligen Kommunbrauhaus hinter dem Rathaus, wo das Museum 1924 nach einigen Umbauten wiedereröffnet wurde. 1964 war es möglich, das Museum noch einmal aufzustocken, da Paul Friedl in München beim Ministerpräsidenten einen Zuschuss in Höhe von 250.000 DM erwirken konnte, den man nicht zurückzahlen musste. Vogl stellte das große Engagement von entscheidenden Leuten wie Konrad Klotz und Dr. Georg Priehäußer heraus, die vor allem im Bereich „Wald und Holz“ viel zur damaligen Ausstellung beigetragen hatten.
1966 wurde das Museum schließlich unter dem Namen „Waldmuseum Zwiesel“ neu eröffnet. Und das kam hervorragend an: „Man darf sich das so vorstellen, dass die Leute auf der einen Seite in einer Schlange rein- und auf der anderen in einer Schlange wieder rausgegangen sind“, sagte Elisabeth Vogl. Damals war das Zwieseler Museum sogar das meistbesuchte Provinzmuseum Deutschlands.
Um die Einrichtung an den Wandel der Zeit anzupassen, wurde das Waldmuseum schließlich im Jahr 2014 komplett neu gestaltet und hinauf ins ehemalige Mädchenschulhaus verlegt, das bereits für die Landesausstellung 2007 zu einem Ausstellungshaus umgebaut worden war. Seit zwei Jahren freut man sich dort laut Vogl über begeisterte Besucher. „Wir haben ein großes Medienangebot, bei dem es ums Hören, Sehen und Fühlen geht“, stellte die Museumsleiterin heraus.
Sie gab zu, dass es im Vorfeld durchaus kleinere Sorgen gegeben habe: „Man hat natürlich immer etwas Bedenken, ob es zu modern ist und ob die Leute es annehmen“, gestand Vogl und versicherte: „Aber es kommt wirklich bei allen gut an, ob jung oder alt.“
Heuer am 5. Oktober begrüßte man schon den 50.000. Besucher seit der Neueröffnung. Für die Zukunft haben die Verantwortlichen des Waldmuseums noch viele Ideen. Den Innenhof würde man zum Beispiel gerne für Freilichtspiele nutzen. Bereits jetzt wird das Museumsgebäude, das auch als Zwieseler Kulturzentrum dient, für Trauungen genutzt. Paare können sich in der früheren Klosterkapelle das Ja-Wort geben und auch in den Veranstaltungsräumen im Obergeschoss feiern.
Für Anfang 2017 ist eine große Sonderausstellung zu Heinz Waltjen geplant, dessen künstlerischen Nachlass mit über 2000 Objekten die Stadt Zwiesel im Juni als Dauerleihgabe erhalten hat.
Mit einer kleinen Geschichte aus ihrer eigenen Kindheit über ein lieb gewonnenes Exponat beendete Elisabeth Vogl ihren Vortrag. „Als Kind bin ich mit meinem Vater zu der 450-jährigen Bismarcktanne gewandert, die 1964 während eines Sturms umgestürzt war. Als wir bei ihr ankamen, sind wir auf dem Stamm entlang gelaufen“, erzählte sie und zeigte ein Foto, das damals gemacht wurde. „Als ich 45 Jahre später hier zu arbeiten begann, war es für mich ein besonders berührender Moment, als ich einen Abschnitt genau dieses Baumes im Urwalddiorama sah – so fügt sich alles zusammen.“
Abschließend lud Franz Xaver Steininger im Namen der Stadt zum Buffet ein, und die Gäste ließen die Feier in gemütlicher Runde ausklingen.
Quelle (Text und Fotos): Corinna Mühlehner, in: Passauer Neue Presse vom 14. Oktober 2016
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