Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach

gerald huber und h ringelstetter

 

Hörbeispiele des BR. Denkwürdiges zum Bier

 

Bayern genießen mit Gerald Huber

Hier wird es richtig schwierig - zumindest für Nicht-Bayern! Bairisch-Experte Gerald Huber macht sich so seine Gedanken rund um das bayerische Nationalgetränk: Wohl bekomm's!

>>> [… wohl bekomm’s mit Gerald Huber bei Hörbeispielen des BR]

 

Bier-Rundgang auf Niederbayerisch: Hannes Ringlstetter macht Station

Hannes Ringlstetter hat zur diesjährigen Landesausstellung einen amüsant-süffigen Audioguide eingesprochen: Der Kabarettist begleitet auf knapp 50 Stationen die wichtigsten und interessantesten Exponate.

>>> [… ein paar Stationen mit Hannes Ringelstetterbei Hörbeispielen des BR]

 

>>> [… und noch mehr beim Haus der Bayerischen Geschichte]


 

schuetzenliesl w

 

Die Themen der Landesausstellung

Das Bild des Freistaats, aber auch der Bayern selbst wird in besonderem Maß von einem Getränk geprägt, dem Bier. Gerne wird vom Bier als Bayerns fünftem Element gesprochen. Es wird als Inbegriff bayerischer Lebensart verstanden und wurde als Nationalgetränk zum Mythos und Markenzeichen des Freistaats.

Am 23. April 1516 erließ der bayerische Herzog Wilhelm IV. eine Verordnung, in der er die Inhaltsstoffe des heimischen Bieres festlegte: „Wir wöllen auch sonnderlichen, das füran allenthalben in unsern Stetten Märckten und auf dem Lannde zu kainem Pier merer stuckh dann allain Gersten, Hopffen und Wasser genomen und gepraucht sölle werden.“

Dieses so genannte Reinheitsgebot, wonach zum Brauen von Bier lediglich Gerste, Hopfen und Wasser Verwendung finden dürfen, gilt als ältestes noch in Kraft befindliches Lebensmittelgesetz. Auch wenn ähnliche kommunale Vorschriften schon früher existierten, gewann die Verordnung von 1516 besondere historische Bedeutung: Für ein relativ großes Territorium eingesetzt, wurde das Reinheitsgebot nach 1800 für das ganze heutige Bayern verbindlich und 1906/07 deutschlandweit durchgesetzt.

Anlässlich des 500-jährigen Jubiläums des bayerischen Reinheitsgebots im Jahr 2016 widmet sich die Bayerische Landesausstellung dem Thema „Bier in Bayern“ in seiner kultur-, sozial- und wirtschaftshistorischen Bedeutung.

Die immense Vielfalt an Bierstilen, die Orte der Geselligkeit wie das bayerische Wirtshaus oder die großen Bierfeste wie das Münchner Oktoberfest oder Erlanger Bergkirchweih prägen das Bild der Bayern sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdwahrnehmung. Eng damit verbunden ist die Vorstellung des Konsums ungeheurer Mengen Bier, die im Maßkrug, dem bayerischen Trinkgefäß, sinnfällig wird. Das Bier scheint unverzichtbares Element bayerischer Lebensart und Lebensfreude zu sein. Ein kritischer Blick auf Alkohol und Rausch darf dabei aber nicht fehlen.

Im ehemaligen Kloster Aldersbach kann man im Rahmen der Landesausstellung in den Räumen der alten Brauerei den historischen Brauprozess anhand der noch vorhandenen Einrichtungen wie Darre, „Sau“, Sudpfanne und Schrotmühle und die Brauarbeit früherer Zeiten erleben. Die Entwicklungen im Brauwesen und die neuesten Trends werden ebenso vorgestellt wie der Wandel im Produktionsprozess, bahnbrechende technische Innovationen, Pionierunternehmer, das „Brauereisterben“ insbesondere seit dem Ersten Weltkrieg sowie gängige und ungewöhnliche Werbemittel.

Das bayerische Wirtshaus ist nicht nur Inbegriff bayerischer Gemütlichkeit, es war und ist auch Ort der Kommunikation und des Freizeitvergnügens. Hier wird nicht nur getrunken, geschäkert und gespielt, im Wirtshaus fühlt man sich „wia dahoam“.

Die Abteilung „Bierberühmtheiten und Bierschätze“ stellt Persönlichkeiten vor, die mit der Geschichte des bayerischen Biers verbunden sind. So stand etwa 1878 die Münchner Kellnerin Coletta Möritz für Friedrich August von Kaulbach Modell – die fesche „Schützenliesl“ wurde unzählige Male kopiert. Eine legendäre Persönlichkeit war auch Joseph Groll aus Vilshofen. Er führte 1842 die für Bayern typische untergärige Brauweise in Pilsen ein und wurde so zu einem der Väter des Pilsner Biers.

zapfsaeule storchenbraeu wAlltagsgegenstände, technische Exponate und Modelle, kulturgeschichtliche Objekte, Kunstwerke sowie Aktiv-, Tast- und Riechstationen sprechen die Sinne an und laden Kinder und Erwachsene ein, in die aufregende Biergeschichte Bayerns einzutauchen.

Zapfsäule mit Aufsatzfigur in Form einer Kellnerin, um 1904 Storchenbräu Pfaffenhausen

Aus bayerischen Wirtshäusern kennen wir solche Prachtstücke nicht. Zapfsäulen wie diese kamen insbesondere im norddeutschen Raum vor. Hier befanden sich auch die Hersteller derartiger Säulen und auch das CO2-Zapfen beim Fassbierausschank wurde 1880 in Hannover erfunden. Die Zapfsäule wird zum Zeichen veränderter Möglichkeiten Bier zu zapfen, das Bier bleibt länger frisch. In Bayern setzte sich diese „neue“ Art, das Bier zu zapfen, deutlich später durch. Bis in die 1920er Jahre, wurde in Bayern am althergebrachten Zapfen, also direkt aus dem Bierfass, festgehalten. Spannend ist, dass die von der Firma Sürther in Köln angefertigte pompöse Säule mit den Blüten-Elementen, eine bayerische Kellnerin mit „HB“-Krügen in den Händen als Aufsatzfigur wählte. Diese Figur aus Zink ist der „Schützenliesl“ nachempfunden.

 

 

 

 

 

Die Themen:

 

  • Bierland Bayern?
  • Von der „Sau“ zum Hirschen
  • Reinheitsgebot und Staatssäckel
  • Zwischen Biertisch und Kegelbahn
  • Von „Viechrausch“ und „Bierherz“
  • Brauherren, Pioniere und Geistesblitze
  • Bierberühmtheiten und Bierschätze
  • Das Bier und seine Bayern

 

Das Konzept der Ausstellung finden Sie [hier].

 


 

Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung 2016 „Bier in Bayern“

002 eroeffnung bayerische landesausstellung 2016 in aldersbach dr loibl wDr. Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, dem Ausrichter der Landesausstellung, hielt eine Rede zur Eröffnung von "Bier in Bayern".  

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

liebe Frau Seehofer,

liebe Frau Landtagspräsidentin Stamm,

Königliche Hoheit,

sehr geehrter Herr Staatsminister Dr. Spaenle,

sehr geehrte Frau Staatsministerin Scharf,

lieber Herr Landrat Meier,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Hochwürdige Herren Bischöfe,

verehrte Festgäste, 

„Bayern, des samma mir,
Bayern und des bayerische Bier!
Bayern und des Reinheitsgebot,
des is unser flüssiges Brot!“

Hans-Jürgen Buchner von Haindling scheint es in seinem nach der boarischen Wikipedia zur Hymne gewordenen Lied auf den Punkt gebracht zu haben: Bayern, das Bier und das Reinheitsgebot - so lautet der quasi heilige Dreiklang. Selbst wenn dabei Ironie mitklingt, stellt sich schon die Frage:

Warum, um Gottes Willen, sind wir das Bier

und warum, heilige Maria und Josef,

soll das Reinheitsgebot flüssiges Brot sein?

Wir haben uns an dieses große Mysterium der bayerischen Geschichte gewagt, hier in Al­dersbach, wissenschaftlich nüchtern und gegenüber den Versuchungen der benachbarten Brauherren abstinent (fast halt).

Wir stellen in unserer Landesausstellung die entscheidende Frage:

Gehören Bayern und Bier wirklich zusammen und wenn ja warum?

Schon im Sommer 2007 in meinen ersten Tagen als frisch gekürter Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte beschäftigte mich diese Frage und mehr noch damit zusammen­hängende Wünsche wie folgt: 

Mir sei hoffentlich bekannt, und wenn nicht dann wäre ich ganz offensichtlich eine Fehlbe­setzung, dass sich 2016 der Erlass des bayerischen Reinheitsgebotes zum 500sten mal jähre. Dazu habe es, ob es mir passe oder nicht, eine Landesausstellung zu geben, und natürlich in der Kommune des jeweiligen Anrufers. Denn hier sei das oder ein anderes Rein­heitsgebot erlassen worden und/oder es gäbe hier die älteste, innovativste, größte oder kleinste Brauerei – oder halt die meisten, die beste Brauerschule, den wichtigsten Hopfen­umschlagplatz, das schönste Volksfest und die attraktivste Bierkönigin. Oder es stamme obendrein der bayerische Ministerpräsident dorther. Aha! 

Bei diesen Gesprächen, meine Damen und Herren, wurde mir eines glasklar - drei Dinge würden mich im neuen Amt besonders beschäftigen:

das Reinheitsgebot,

das Bier

und das Mir.

Aufgrund der großen Nachfrage verkündete ich mit Rückendeckung des damaligen Ministers Dr. Goppel, dass der Standort der Landesausstellung zu gegebener Zeit in einem Wettbe­werb ermittelt werde. Zu gegebener Zeit bedeutet im Beamtenjargon: irgendwann halt. 

Nachdem der Druck aber nicht nachließ, musste der Wettbewerb mit 13 Bewerbern bereits 2010 durchgeführt werden. Am 2. November tagte die elfköpfige Jury. Bei deren Auswahl hatten wir neben der fachlichen Kompetenz besonderen Wert darauf gelegt, dass alle Be­werberregionen im Gremium vertreten waren. Deshalb rechneten wir mit einer langen Sit­zung und einem knappen Ergebnis. 

Der Wettbewerb

Es kam anders. Einstimmig wurde nach nur vier Stunden der Außenseiter gekürt: Aldersbach in Niederbayern. Die Sensation war perfekt. „Wo liegt Aldersbach?“ – titelte der Donaukurier in Ingolstadt. Nicht die Stadt, sondern das Dorf hatte die Bewerbungskriterien mit Auszeich­nung erfüllt:

  • 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche,
  • eine historische und eine moderne Brauerei,
  • einen Veranstaltungssaal und eine Gastronomie, die zwar mehrere hundert Plätze bietet, aber bescheiden im niederbayerischen Diminutiv „Stüberl“ heißt.

Die Kombination dessen, was Bierkultur ausmacht, in einem Komplex – das hatten wir ge­sucht. Weil wir wussten, dass eine Brauerei und ein Wirtshaus unbedingt zu dieser Landes­ausstellung gehörten, museal aber nicht zu inszenieren sind. So etwas braucht es im Origi­nal. In Aldersbach fanden wir es mit der grandiosen Asamkirche als Zugabe. Sie erweitert den Dreiklang Haindlings zum Himmlischen Viergesang. 

Wer das heute, liebe Festgäste, hier in Aldersbach an diesem historischen Tag, noch immer nicht versteht, dem, ja dem kann ich dann auch nicht mehr helfen!

Das Votum der Jury wurde von der Politik angenommen, Minister Dr. Heubisch entschied für Aldersbach und dank der Rückendeckung durch Ministerpräsident Seehofer blieb es dabei. Gefallen hat das nicht allen. Kritik entstand lustigerweise aus der Einstimmigkeit der Jury-Entscheidung. Sie sorgte für ein gewisses Misstrauen, das sich nicht bei allen Bewerbern legte. 

Noch Ende 2015 ging beispielsweise aus Oberfranken bei einem Satire-Magazin der Tipp ein, dass es Aldersbach nur geworden sei, weil ich dorther stamme. In niederbayerischer Definition komme ich aber aus einer ganz anderen Galaxis, nämlich aus dem Bayerischen Wald, von dessen Bergeshöhen man auf Vils- und Rottal - halt schon sehr deutlich herab­schaut. 

Verehrte Festgäste, warum ich Ihnen das alles erzähle: Unser Wettbewerb allein beweist, dass Bier in Bayern eine herausragende Rolle spielt. Damit kommen wir der eingangs auf­geworfenen Frage, ob Bier und Bayern zusammengehören, respektive ihrer Bejahung ein großes Stück näher. 

Bier in Bayern

Wenn es denn so ist wie es ausschaut, war es dann schon allerweil so? - Eigentlich nicht. Im Mittelalter war Bayern eher ein Weinland. Die kleine Eiszeit des 14. Jahrhunderts leitete die Wende ein. Selbst als das Reinheitsgebot 1516 erlassen wurde, glänzte Bayern noch nicht als Bierberühmtheit. Dass die allermeisten Gesetze zu Bierherstellung damals im Bereich des heutigen Bayern erlassen wurden, lässt vielmehr die Frage zu, ob es gerade hier beson­ders notwendig war, die Qualität zu verbessern. 

Erst im 18. Jahrhundert finden sich dann die ersten Loblieder, verfasst freilich allesamt von Bayern.

Deutlich auswärtiger wird das Spektrum erst seit ca. 1830:

  • Englische Brauer rühmen den „durchsichtigen Glanz“ bayerischer Biere,
  • in Athen, Kopenhagen und Petersburg wird nach bayerischer Brauart gebraut,
  • in Paris eröffnet eine Brasserie Bavaroise,
  • auf den Weltausstellungen ob in London oder Chicago erweisen sich die Schankstätten bayerischer Brauereien als Besuchermagneten,
  • der österreichische Kaiser Franz Joseph I. besteht beim zweiten Frühstück auf ein Glas Spatenbräu,
  • auf dem Weg durch den Sudan träumt die Sklavenkarawane von Münchner Bier, auch wenn es so nur bei Karl May steht.
  • Das Beste aber war, dass Ludwig Prinz zu Sayn-Wittgenstein, preußischer Gesandter in München, nicht umhin konnte, der bayerischen Bierfabrikation „hohe Vollkommenheit“ zu attestieren. Nur auf diesem Feld brauche Bayern von Preußen nichts mehr zu lernen. --- Ja genau!!!

Apropos Preußen und Berlin: Beim Tag des Bieres vor einer Woche in Ingolstadt wurden dem bayerischen Bier von höchster Instanz größte Chancen durch sogenannte Freihandels­abkommen prognostiziert. Nur seltsam, dass die Exportquoten bayerischen Bieres niemals höher waren als zu einer Zeit, in der man „T(ea)Tipp“ allenfalls für eine englische Teesorte gehalten hätte. 

Bayerisches Bier war im 19. Jahrhundert weltberühmt geworden. Wie konnte das gesche­hen? Neben der Qualität, die durch das Reinheitsgebot in gesetzlichen Rang erhoben wurde, neben erfolgreicher Industriespionage, neben eigenen technischen Innovationen wie der Linde’schen Kältemaschine war vor allem eines grundlegend: die geniale Marketingstrategie! 

Verantwortlich dafür waren Münchner Großbrauer, ganz besonders Gabriel Sedlmayr von der Spaten-Brauerei. In Paris 1867 begannen die werbewirksamen Auftritte der Münchner Brauer auf den Weltausstellungen. Mit Goldmedaillen und anderen Auszeichnungen hoch dekoriert, kehrten sie zurück und hinterließen in den Weltstädten eindrucksvolle Bilder von Bayern. Namhafte Künstler von Franz von Lenbach bis zu Gabriel von Seidl machten aus den Auftritten der Brauereien frühe Events. Immer dabei: die Alpenpanoramen und die Iko­nen bayerischer Gemütlichkeit. Bauerntheater, Schuhplattler und Sängergesellschaften, die meist aus Tirol stammten, aber wurscht! 

Oft schon während der Weltausstellungen wurden in den jeweiligen Städten Bierlokale ge­gründet. Als das nicht mehr reichte, erfand der schon erwähnte Gabriel von Seidl den Bier­palast, eine multifunktionale Groß- und Erlebnisgastronomie oft für Tausende von Gäste mit Gartenbetrieb, Kegelbahn, Bräustüberl, gehobenem Restaurant und Festsaal. 

Der Berliner Bierpalast schien den preußischen Architekten seltsam schmucklos und zurück­haltend; kein Wunder bei dem schlechten Neorenaissance-Protz, mit dem sie Berlin zu die­ser Zeit überzogen. Seidel setzte sich hier bescheiden bayerisch ab – der monumentale dreigeschossige Bau (für ein besseres Wirtshaus!) hatte es überhaupt nicht notwendig, mit Ornament anzugeben. Im Inneren schuf er trotz der Größe eine behagliche Atmosphäre und das gaben schließlich auch die preußischen Kritiker zu.

Vielen Münchnern waren die Bierpaläste trotzdem zu groß. Für sie erfand oder besser re­konstruierte Seidl den Typus des bayerisch-alpenländischen Wirtshauses mit Holzvertäfe­lung, umlaufender Eckbank, Herrgottswinkel, Wandgemälden oder wenigstens gerahmtem Königsporträt. (Dies wurde so prägend, dass Coburg, 1920 gerade erst bayerisch geworden, als unübersehbares Zeichen für die Zugehörigkeit zu Bayern eben ein solches Wirtshaus umgehend baute.) 

Es waren also die Brauer und ihre Künstler, die die heimeligen und internationalen Spiel­stätten bayerischer Gemütlichkeit erfanden, die entscheidenden Ikonen zu einer Marke­tingstrategie bündelten, das Bayernbild entwarfen und damit die Grundlage für den Bayern-Tourismus legten. 

Deshalb muss ich es jetzt endlich zugeben: Bier und Bayern gehören zusammen. Beide ergaben sich in eine win-win-Situation, verbanden sich im klassischsten aller Synergieef­fekte, lange bevor diese Begriffe erfunden wurden. Oder um es wissenschaftlich zu sagen: Wer ko, der ko! Und wenn Sie jetzt unbedingt wollen, meine Damen und Herren, dann sind wir von mir aus auch das Bier. 

Wir und das Bier – in ganz Bayern und besonders in Niederbayern

Wir und das Bier – betrifft alle bayerischen Regionen nicht nur Oberbayern: Mittelfranken, deren Brauer in Erlangen und Nürnberg am frühesten in den Export und die industrielle Fer­tigung einstiegen, Oberfranken als brauereireichste Region nicht nur in Bayern, selbst das weinreiche Unterfranken, Schwaben mit seinen Bier-Sommeliers und das Zoigl-Land Ober­pfalz. Diese Vielfalt zeigen wir in unserer Landesausstellung, bei der die Brauherren Aretin in generöser niederbayerischer Art Biere aus ganz Bayern ausschenken. 

Natürlich geht es bei uns auch um Bier in Niederbayern – und bei weitem nicht nur um Josef Groll, dem Erfinder der Pilsener Brauart aus dem nahen Vilshofen. Niederbayern sind selbst aus der Münchner Bierkultur nicht wegzudenken. 

Denn die Oberbayern bauen hier nur die Bühnen, die Akteure darauf, das sind wir.

Unvergessen sind die herausragenden Reden von Bruno Jonas beim Salvator-Anstich auf dem Nockherberg. Für Luise Kinseher aus Geiselhöring wurde der Bruder Barnabas sogar durch die Bavaria gemeuchelt. Nicht in dieser, sondern in der Rolle als Kellnerin bereichert sie unsere Landesausstellung. (Und gerade erst gestern glänzte beim Maibockanstich im Hofbräuhaus ein Hengersberger: Django Asül.) 

Sie zeigen, wie eng Politik und Bier in Bayern verbunden sind. Über das Bier stürzten in Bayern Könige - also wenigstens einer teilweise. Bei Bieraufständen und Bierkrawallen flogen nicht nur Bierbänke und Bierkrüge, es brannten sogar Brauereien. Die Dorfener spie­len ihren Bierkrieg von 1910 – damals mit Schlagzeilen wie „Die Welt geht unter“ bedacht - als Schauspiel nach, (halt ohne den Brand). 

Und dazu, liebe Festgäste, fällt mir jetzt noch der Politische Aschermittwoch ein, im nahen Vilshofen von der bayerischsten aller Parteien begründet: dem Bayerischen Bauernbund (im Jahr 1919). Dessen niederbayerischer Kern wurde von den Konservativen gerne als ra­dikal beschrieben, weil er die Monarchie ablehnte, an der Revolution Eisners mitwirkte, energisch für ein parlamentarisch-demokratisches Regierungssystem eintrat und alle Grund­besitzer, die mehr hatten als die Gäubodenbauern, enteignen wollte. In seinem Kerngebiet, wir befinden uns heute mittendrin, verwies der Bauernbund die konservative bayerische Volkspartei regelmäßig auf die Plätze.

Wohin bloß ist der revolutionäre Geist der Niederbayern verschwunden?

Seinen Höhepunkt erlebte der Politische Aschermittwoch in den 1950er Jahren durch die Duelle zweier herausragender Redner bayerischer Prägung:

Franz Josef Strauß von der CSU im Wolferstetter Keller und

Josef Baumgartner von der Bayernpartei im Wieningersaal.

Zwischen den beiden Lokalitäten wurde ein Botenverkehr eingerichtet, damit die Redner auf die gerade ausgesprochene Spitze des Kontrahenten umgehend reagieren konnten. Wobei die Boten dem Vilshofener Bier derart zugesprochen haben sollen, dass am Schluss der dreistündigen Ansprachen keiner mehr so recht wusste, was wer wann wo genau gesagt hatte. 

Nach der aktuellen Politik war und ist das Bier ein Hauptthema beim Politischen Aschermitt­woch. Was enthalten die Krüge der Redner wirklich – Kamillentee bei Stoiber oder alkohol­freies Weißbier bei Ude? Trinken die Grünen wenigstens Bio-Bier oder nur Mango-Schorle? Geht Bayern endgültig unter, weil sogar bei der CSU die meisten Spezi trinken? 

Diesen und anderen weltbewegenden Fragen gehen wir in unserer Landesausstellung natür­lich auch nach. Sie werden sich, liebe Festgäste, beim folgenden Rundgang über viele Wie­derentdeckungen freuen. Sie werden auch wirklich erstmals gehobene Schätze finden. Trotzdem werden Sie das Meiste auf den ersten Blick erkennen. Die Sprache bayerischer Bierkultur ist universell. Deshalb habe ich heute auf die übliche Einführung in den Rundgang verzichtet. Sie werden sich alle zurecht finden. 

 

003 eroeffnung bayerische landesausstellung 2016 in aldersbach gaeste w

Zahlreiche Festgäste bei der Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung im niederbayerischen Aldersbach: Im Vordergrund (v. l. n . r.) im Bild sind Ferdinand Freiherr von Aretin, Direktor der Brauerei Aldersbach, der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer mit Gattin sowie der Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Dr. Ludwig Spaenle zu sehen.

 

 

Dank

Danken möchte ich am Ende allen, die diese Landesausstellung realisieren halfen. Gestatten Sie es mir, liebe Festgäste, meinen Dank heute – um mit Fredl Fesl zu sprechen – in meiner niederbayerischen Heimat Niederbayern ein bisserl eigen auszusprechen: 

Immer wenn ich durch die Baustelle in Aldersbach ging – und es war lange eine gewaltige Baustelle – habe ich mich unbandig gefreut, weil ich viel Niederbayerisch hörte:

von den Handwerkern der Schreinerei Fritz aus Tiefenbach, mit die besten Ausstellungs­bauer überhaupt, die ich deshalb nicht nur in Niederbayern treffe.

Diesmal habe ich auch meine engere Heimat wiedergefunden, das junge Team der Schrei­nerei Hierbeck aus Schöllnach mit dem schönen Motto „Born to be a Schreiner“ (d‘ Hiarbekn aus Schejna). Aus Moosham bei Ortenburg kamen die Maler der Firma Kral. 

Alle kann man sie aufgrund ihrer Intonation, wenn sie denn mitspielen, in ihre jeweiligen Heimatregionen verorten. Das ist die schönste Vielfalt, die Bayern noch zu bieten hat. Allen Handwerkerinnen und Handwerkern danke ich, gleich woher sie genau kommen, für ihre hervorragende Arbeit, und bei der Gelegenheit auch unseren Gestaltern von der formation. 

In dem Zusammenhang fällt mir noch Hannes Ringlstetter ein, kein gebürtiger Niederbayer, sondern ein Münchner, sprachlich ausgebildet aber in Straubing und dadurch qualifiziert für den bayerischen Audioguide zur Landesausstellung. 

Besonders herzlich danken möchte ich meiner Heimatzeitung, der Passauer Neuen Presse, der Verlegerfamilie Diekmann in alter Verbundenheit, und Frau Dr. Rabenstein vom Feuille­ton, die meine Ausstellungen seit 1995 aufmerksam begleiten. 

Ebenfalls danken möchte ich unseren Mitveranstaltern von Landkreis Passau und Gemeinde Aldersbach um Landrat Mayer und den Bürgermeistern Schwarz und Mayrhofer sowie den Kolleginnen und Kollegen von den Verwaltungen. 

Den Brauherrn Freiherrn von Aretin Vater und Sohn danke ich in Verbundenheit mit der Fa­milie, der herausragende bayerische Beamte entstammen, bayerische Patrioten und mit dem leider vor kurzem verstorbenen Karl Otmar von Aretin ein hochgeschätzter Historikerkollege. 

Besonders schön waren die Zusammentreffen mit Braumeister Peter Wagner, auch wenn wir dabei nie Bier trinken durften. Wir konnten allesamt immer bayerisch miteinander reden und haben uns gut verstanden, selbst bei den strittigen Punkten.

Am Ende gilt, dass jede Landesausstellung seinen – den einen – Ort hat und für diese konnte es nur Aldersbach sein.

Das sah von Anfang an auch mein Stellvertreter und Projektleiter dieser Landesausstellung, Dr. Rainhard Riepertinger, so. Dabei ist er als Münchner und Untergiesinger besonderer Sympathien zu Niederbayern gänzlich unverdächtig. Also habe ich ihn agieren lassen und er hat seine Arbeit hervorragend gemacht. 

Mit ihm danke ich unserem Team mit Dr. Michael Nadler, ich traue es mir gar nicht sagen, auch aus Untergiesing, Cindy Drexl noch dazu aus München und Dr. Andreas Kuhn, gottsei­dank aus Augsburg. Mit ihnen danke ich allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses der Bayerischen Geschichte, unter denen sich, nur um das einmal klarzustellen, auch viele Franken befinden. 

Wir bewältigen heuer zwei Landesausstellungen und konzipieren das Museum der Bayeri­schen Geschichte für das große Bayernjubiläum 2018. Dazu müssen wir an die Leistungs­grenzen gehen. Vielen Dank allen, die uns dabei helfen. 

Für unseren Souverän und wichtigsten Geldgeber danke ich dem Bayerischen Landtag mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm, unserem Kultus- und Wissenschaftsminister Dr. Lud­wig Spaenle samt Staatssekretär Bernd Sibler und nicht zuletzt Herrn Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der heute sage und schreibe die achte Landesausstellung in Folge eröffnet. 

Wir freuen uns sehr, dass wir mit Ihnen im nächsten Jahr den Reigen durch alle bayerischen Bezirke in Coburg abschließen. (Und wenn sie mir eine persönliche Bemerkung gestatten: Mit Ihnen, lieber Herr Ministerpräsident, würde ich jederzeit noch einen kompletten Turnus anhängen!) 

Besonders freuen wir uns auf das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg, das auf Ihre Initiative zurückgeht, und das auch deshalb zügigst voranschreitet. In einem Monat ist Richtfest! (Hund sama scho - wenn Sie mir diese allerletzte Bemerkung noch erlauben.) 

Wie üblich steht ganz am Schluss meiner Ausführungen die Beschreibung des weiteren Pro­cedere. Der Organisator des Festaktes Roland Krebs hat sie mir besonders ans Herz gelegt. Sie haben, liebe Festgäste, wie immer die Wahl. Sie können nach der Bayernhymne Herrn Ministerpräsidenten in die Landesausstellung folgen. Bei dem Weg dorthin kommen Sie am Schalander Zelt vorbei. Dort findet die Bewirtung statt. Sie können nach der Besichtigung dort einkehren oder wenn Sie es vor Hunger und Durst gar nicht mehr aushalten, auch gleich; dann aber keinesfalls die Landesausstellung versäumen! 

Welche Variante Sie auch wählen, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt und sage für Ihr Kommen ein herzliches Vergeltsgott!

 

Quelle: Haus der Bayerischen Geschichte


 

la2016 03 klostergarten mit wiese wMit einer „schäumenden“ Erlebnis-Zeitreise durch viele Jahrhunderte bayerische Brautradition will die Landesausstellung „Bier in Bayern“ im Passauer Land ab Ende April Besucher begeistern. Die Organisatoren sind sicher: Auch die Franken, die zuletzt verstimmt reagierten, wird die Schau überzeugen.

Das wichtigste Kapitel der Bier-Geschichte wurde in Bayern geschrieben ...

>>> Zum Bericht der Bogener Zeitung im PDF-Format [... geht's hier]

>>> Zu einem früheren, reich bebilderten Bericht auf unserer Seite [... hier]

Der Klostergarten Aldersbach mit Wiese (Foto: hdbg)

 

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