Heimatliche Pretiosen (Burgen, Hiensölde, Totentanz . . )
Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
Text und Bilder: Wolfgang Hammer, 2. Vorsitzender Museumsverein Mitterfels e.V.
Objekt des Monats September 2016:
Text und Bilder: Wolfgang Hammer, 2. Vorsitzender Museumsverein Mitterfels e.V.
Objekt des Monats August 2016
"Die Armen Seelen im Fegfeuer"
Antependium mit der Darstellung der „Armen Seelen im Fegfeuer“ aus der Kapelle der Familie Poiger von Einstück, Haselbach.
(H: 53 cm; B: 130 cm, T: 5 cm, Material Holz, bemalt mit gekehltem, marmoriertem Rahmen)
In enger Verbindung zu unserem Objekt des Monats Juli 2016, dem „Totenbrett des Schulknaben Xaver Poiger“ von 1874, steht das Objekt des Monats August. Es ist ebenfalls im ersten Stockwerk des Burgmuseums Mitterfels über der Treppe neben der St. Georgs-Apotheke zu finden und stellt die „Armen Seelen im Fegfeuer“ dar. Es handelt sich um ein hölzernes Antependium aus der Kapelle der Familie Poiger von Einstück, Haselbach.
Als Antependium werden schmückende Bekleidungen des Stipes (Unterbau) eines Altars, also des Trägers der Mensa (Tischplatte) bezeichnet. Altarbekleidungen sind seit dem 4./5. Jahrhundert belegt und werden im Mittelalter allgemein üblich. Meist besteht das Antependium aus reich verziertem und besticktem Stoff. In unserem Fall handelt es sich jedoch um eine bemalte hölzerne Vorsatztafel. Derartige Tafeln lassen sich in Deutschland seit dem 13. Jahrhundert nachweisen.
Dargestellt hat der Künstler eine Fegfeuerszene. Die Lehre vom Fegfeuer basiert auf 2 Makk 12,44-45: „Hätte er nicht erwartet, dass die Gefallenen auferstehen werden, wäre es nämlich überflüssig und sinnlos gewesen, für die Toten zu beten. Auch hielt er sich den herrlichen Lohn vor Augen, der für die hinterlegt ist, die in Frömmigkeit sterben. Ein heiliger und frommer Gedanke! Darum ließ er die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.“
und 1 Kor 3,13-15: „... das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muss er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch.“
Auch die Familie Poiger glaubte an das altchristliche Dogma der Gemeinschaft der Heiligen und hoffte auf die Fürsprache der Heiligen im Himmel für ihre Verstorbenen Familienmitglieder. Diese bedürfen aber auch der Fürsprache der noch Lebenden. Deshalb ist unter der Bildszene mit den fünf bittenden und betenden „Seelen“ folgender Spruch angebracht, der als Auslegung der oben genannten Bibelstellen gewertet werden kann: Erbarmet Euch unser wenigstens ihr unsere Freunde / J.L.W. 1903. Das Buchstabenkürzel J.L.W. bezeichnet den Maler des Antependiums. Der Spruch richtet sich direkt an den Betrachter des Bildwerks und bittet um die Fürsprache für die Armen Seelen durch ein Gebet, ein Vaterunser. Ähnliche Bitten finden sich auch auf Totenbrettern. Durch ihre Gebete für die Verstorbenen erwarben sich nach dem Volksglauben auch die Lebenden Verdienste um ihr eigenes Seelenheil.
In der Mitte der querrechteckigen Holztafel, die von einem gekehlten und marmorierten Holzrahmen eingefasst ist, sind in einem gemauerten Feuerherd, in dem die Flammen hochschlagen, fünf Seelen im Fegfeuer dargestellt. Drei erheben die Hände zum Gebet, während der zweite von links auf den von einem Glorienschein im Himmel umgebenen Kelch mit der Hostie verweist. Der Kelch symbolisiert die Erlösung der Seelen durch die Heilige Eucharistie.
Als sich die Familie Poiger 1972 entschloss, das alte Antependium bei der Renovierung der Kapelle durch ein neues zu ersetzen, war gleich Josef Brembeck zur Stelle und bat um die Überlassung der nun nicht mehr benötigten Tafel für seine volkskundliche Sammlung, die seit 1982 in der Mitterfelser Burg, im Burgmuseum untergebracht ist.
Blick in das Innere der Kapelle der Familie Poiger, Haselbach mit dem 1972 erneuerten Antependium, das die Aufschrift trägt: „Erbarmet euch der armen Seelen im Fegfeuer doch wenigstens mit einem andächtigen Vaterunser“.
Text und Bilder: Elisabeth Vogl, 1. Vorsitzende Museumsverein Mitterfels e.V.
Objekt des Monats Juli 2016
Totenbrett des Schulknaben Xaver Poiger, Bauersohn von Einstück, Haselbach
Im ersten Stockwerk des Burgmuseums Mitterfels hat Josef Brembeck einen ganzen Raum dem „Kindsein“, der Kindheit im Bayerischen Wald gewidmet. Neben zahlreichen Spielsachen, die fein säuberlich sortiert sind nach Mädchen und Jungen, finden sich Objekte zur Ernährung und Körperpflege aus den vergangenen einhundert Jahren. Eine Vitrine ist dem Thema Tod von Kindern und Säuglingen gewidmet. Darin befindet sich auch das Objekt des Monats Juli 2016.
Totenbrett des Schulknaben Xaver Poiger, Bauersohn von Einstück, Haselbach. (Foto Elisabeth Röhn)
(H: 130 cm; B: max. 28 cm, T: 3,5 cm)
Die Aufschrift auf dem Totenbrett lautet:
Andenken
Auf diesen Bret hat geruht
der Schulknabe Xaver Boiger
Bauerssohn von Einstük.
Er ist geboren am 29ten April
1866 gestorben am 17ten April 1874.
ein Töchterlein
Kreszenz Boiger
ist geboren am 29ten April und
gestorben am 20ten Mai 1866.
Zwei Söhnlein
Joseph und Xaver Boiger
sind geboren am 7. März
und gestorben am 27. März 1858.
Einen Einblick in die Familiengeschichte Poiger gewährt die Bildszene, die auch im Text beschrieben wird. Der achtjährige Xaver ist rechts mit Kreuz, Palmwedel und Rosenkranz in Händen und schwarzem Gewand mit weißem Hemd dargestellt. Nach links folgen drei seiner früh dahin gegangenen Geschwister: Zunächst die im Alter von drei Wochen verstorbene Zwillingsschwester Kreszenz mit blauem Gürtel auf weißem Gewand und gescheiteltem Haar (beide wurden am 29. April 1866 geboren), gefolgt von einem weiteren Zwillingspaar Joseph und Xaver, die mit nur 20 Tagen am 27. März 1858 gestorben waren. Die beiden Jungen tragen rote Gürtel. Bis nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde für Mädchen die Farbe Blau verwendet, die symbolisch für die Gottesmutter Maria steht. Als unschuldige Kinder haben alle drei ein weißes Gewand an und halten Palmwedel in den Händen. Durch die dunklen Kreuze über ihren Köpfen sind sie als bereits Verstorbene gekennzeichnet. Ihr früher Tod gemahnt an die zu dieser Zeit hohe Kindersterblichkeit. Über der Landschaft mit den Kindern schweben acht Putten und das Auge Gottes.
Die Eltern von Xaver Poiger waren Georg (geb. am 24. Dezember 1824 in Einstück, gest. am 28. April 1894) und Kreszenz Poiger, einen geborene Michl (geb. am 5. Mai 1831 in Baumgarten, gest. am 7. Februar 1916, Totenbrett im Burgmuseum), die am 9. Mai 1854 den Bund der Ehe eingegangen waren. Auch das Totenbrett des Großvaters Jakob Poiger (geb. 10. Mai 1788 auf dem Bruckhof, gest. am 19. Mai 1866) ist im Burgmuseum Mitterfels zu finden:
Merket Kinder und Fremde,
Was ich euch noch sprich
Lebet glücklich und vergeßet
Meiner im Gebethte nicht.
Ursprünglich war das Totenbrett des Xaver Poiger an der kleinen Hauskapelle der Familie Poiger, Einstück in Haselbach angebracht. (Foto: Elisabeth Vogl)
Totenbretter
Im Bayerischen Wald begegnen uns immer wieder Totenbretter zur Erinnerung und Mahnung. Der Verstorbene wurde zu Hause auf dem Totenbrett aufgebahrt und dann ins Grab hinabgelassen. Vermutlich bis ins 6. Jahrhundert lässt sich dieser Brauch zurückverfolgen. Heute werden Gedenkbretter aufgestellt. Nur an wenigen Stellen sind noch ursprüngliche Bahrbretter erhalten. Die im Burgmuseum Mitterfels ausgestellten Totenbretter gehören zu den qualitätsvollsten heute noch erhaltenen originalen Totenbrettern des Bayerischen Waldes.
Objekt des Monats Juni 2016: Das Butterfassl
Das Objekt
Das Butterfassl aus dem 19. Jahrhundert besteht aus dem Fass, dem Stampfer und dem Deckel mit Loch. Es ist vom unteren bis zum oberen Rand außen 30 cm hoch, mit Handgriff 40 cm, innen 26,5 cm bis zum oberen Rand. Der Durchmesser unten beträgt 19 cm, der obere 14 cm. Der Stampfer hat die Höhe von 51 cm. Die Scheibe am Ende des Stampfers verfügt über 9 Löcher (Durchmesser 1,5 cm), die Scheibe ist im Durchmesser 11 cm. Die drei Eisenringe sind 2 cm breit und 0,5 cm dick. Der Deckel ist 13 cm breit und 18 cm lang. Das Gefäß wurde aus Birkenholz angefertigt. Dieses Butterfass ist ein Stoßbutterfass. Es gibt daneben auch noch Roll- und Wiegebutterfässer.
Wie man buttert
Die Zentrifuge
Die frisch gemolkene Milch lässt man so lange stehen, bis sich als dicke Schicht der Rahm absetzt. Dieser wird dann abgeschöpft und im Butterfassl mit dem Stampfer geschlagen, bis sich ein fester Butterklumpen gebildet hat. Alternativ kann die kuhwarme Rohmilch in eine Zentrifuge geschüttet und so lange geschleudert werden, bis Rahm aus dem oberen Abfluss, Magermilch aus dem unteren rinnt. Dann wird das Butterfassl im Winter mit heißem Wasser ausgespült und anschließend abgekühlt, im Sommer mit kaltem Wasser. Nach zwei/drei Tagen im Keller oder in der Speis schüttet man den Rahm in den kühl temperierten Bottich. Mit dem Stampfer schlägt man den Rahm, bis Butterflocken entstehen. Wenn der Rahm eine gewisse Festigkeit erreicht hat, seiht man die Buttermilch ab. Anschließend „wäscht“ (knetet) man die Butter (in Bayern auch den Butter) zweimal mit kaltem Wasser, bis sie keine Bläschen mehr hat. Dann wird die Butter in eine Form gebracht. Aus acht Litern Milch gewinnt man etwa drei Pfund Butter).
Die Tafelbutter
Auf Bauernhöfen im 19. und 20. Jahrhundert wurde alle zwei bis fünf Tage gebuttert. Die Butter wurde überwiegend verkauft; für den Eigenbedarf war sie zu teuer. Bei den Römern hat man die Butter als Heilmittel eingesetzt, bei Schwellungen oder bei Brandwunden (Bitte nicht probieren, es schadet nur).
Seit dem 15. Jahrhundert Bauern und Bürger gerne die Butterbrote als Kraftnahrung. Bis in die jüngste Vergangenheit verließen viele Arbeiter und Schulkinder die Wohnung mit einem „Butterbrot“ in der „Brotdose“ oder im „Brotbeutel“.
Die beiden Frösche (Äsop)
Zwei Frösche, deren Tümpel die heiße Sommersonne ausgetrocknet hatte, gingen auf die Wanderschaft. Gegen Abend kamen sie in die Kammer eines Bauernhofs und fanden dort eine große Schüssel Milch vor, die zum Abrahmen aufgestellt worden war. Sie hüpften sogleich hinein und ließen es sich schmecken.
Als sie ihren Durst gestillt hatten und wieder ins Freie wollten, konnten sie es nicht: Die glatte Wand der Schüssel war nicht zu bezwingen, und sie rutschten immer wieder in die Milch zurück.
Viele Stunden mühten sie sich nun vergeblich ab, und ihre Schenkel wurden allmählich immer matter. Da quakte der eine Frosch: »Alles Strampeln ist umsonst, das Schicksal ist gegen uns, ich geb's auf!« Er machte keine Bewegung mehr, glitt auf den Boden des Gefäßes und ertrank. Sein Gefährte aber kämpfte verzweifelt weiter bis tief in die Nacht hinein. Da fühlte er den ersten festen Butterbrocken unter seinen Füßen, er stieß sich mit letzter Kraft ab und war im Freien.
Spendenfassl für das Museum
Objekt des Monats Mai 2016
Um den hölzernen Tisch stehen drei Stühlchen und eine biedermeierliche Récamière, ein kombiniertes Sitz- und Liegemöbel ohne Rückenlehne (66 cm breit, 34 cm hoch und 25 cm tief), mit gleich hohen geschwungenen Armlehnen, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus der Chaiselongue hervorging. Der Tisch ist 52 cm hoch und hat eine Platte mit 41 mal 64 cm sowie eine große Schublade. Zwei der Stühlchen weisen die gleiche Grundform auf mit vier Beinen und eine 46,5 cm hohen Rückenlehne. Die Sitzhöhe beträgt 24 cm. Auf der Unterseite des einen Stühlchens findet sich der handschriftliche Vermerk von Josef Brembeck: „Fam. Brembeck Haselbach 2005“. Einer der beiden Stühle wurde später überstrichen, während sich der andere noch im Originalzustand erhalten hat.
Angefertigt wurden die Stücke von der Schreinerei Schmelmer aus Haselbach 1939/40, deren Haus sich gleich neben dem der Familie Brembeck befand. Ein Stuhl hat auf der Unterseite die Buchstaben E(rwin) B(rembeck), der damit seinen Besitzanspruch verewigte.
Postkarte von ca. 1930: Das große, stattliche Haus, links Mitte, ist die Schreinerei Schmelmer.
Das Kind wird entdeckt
Im Mittelalter hatten sich die Eltern kaum um die Kinder gekümmert. Sie liefen im Alltag so mit und gewöhnten sich langsam an das Erwachsenenleben. Nur adelige Kinder, künftige Pfarrer und Mönche wurden „erzogen“.
Mit der Aufklärung im 18 Jahrhundert entdeckte man den Eigenwert des Kindesalters. Die Erwachsenen bemühten sich immer mehr, die Fähigkeiten der Kinder zu fördern. Die allgemeine Schulpflicht wurde aber erst 1919 Gesetz.
Die ersten Kindersitze gab es schon im Mittelalter als Sitzhilfe für Kinder der Reichen über dem zu großen Abortloch. Aus ihnen entwickelten sich spätere Formen wie der Kinderhochsitz. Eltern sahen in diesen vergitterten Sitzen in Tischhöhe eine Erleichterung beim Essen und Füttern, aber auch eine Hilfe zur Ruhigstellung des Kindes. Ab dem 18. Jahrhundert verbreiteten sich Kindermöbel je nach gesellschaftlicher Schicht immer mehr.
Diese gezeigten Möbelstücke erfreuten sich bei den Kindern der Brembecks großer Beliebtheit. Vielleicht weil sie sich durch dieses Geschenk von den Eltern „verstanden“ fühlten. Dieser Symbolwert mag es gewesen sein, den Sepp Brembeck bis in das hohe Alter schätzte.
http://www.expertentesten.de/die-geschichte-des-hochstuhls/
Ariès, Phillippe: Geschichte der Kindheit, München 1978
Ausstellungskatalog Vater Mutter Kind. Bilder und Zeugnisse aus zwei Jahrhunderten, München 1987
Copyright Bilder: Elisabeth Vogl
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