Kulturelles Leben
Wirtshauslieder. Eine systematisch totgeschwiegene Kultur
Der ehemalige Bezirksheimatpfleger der Oberpfalz Dr. Adolf Eichenseer über Wirtshauslieder
Adolf Eichenseer hat sich einen Männertraum erfüllt: Er geht ins Wirtshaus, wann immer und so oft er will - und das auch noch mit dem Segen seiner Frau. Seit Jahrzehnten dokumentiert der promovierte Volkskundler von Berufs wegen die Oberpfälzer Wirtshauskultur. Heute (27. Januar 2014) feiert der ehemalige Bezirksheimatpfleger seinen 80. Geburtstag.
Eichenseers Lebenswerk ist enorm. Seit den 1970er-Jahren rückt er die traditionelle Oberpfälzer Tracht wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung. Er erweckte uralte, fast vergessene Bräuche wieder zum Leben. Seit einigen Jahren widmet sich der gebürtige Schmidmühlener verstärkt dem althergebrachten Liedgut, wie es in nur noch wenigen Wirtshäusern gepflegt wird. Er füllt damit eine klaffende Lücke in der Heimatpflege. Das Interview entstand am Freitagabend bei einem Wirtshaussingen in Schleißdorf (Kreis Amberg-Sulzbach).
Herr Eichenseer, kurz vor Mitternacht unterhalten Sie mit Ihren Instrumenten noch eine voll besetzte Wirtsstube. Wird Ihnen die Heimatforschung nicht irgendwann zu viel?
Eichenseer: Nein. Wenn man sieht, mit welcher Leidenschaft die Leute hier mitmachen, wie sie die Sorgen des Alltags an der Garderobe abgegeben haben, niemals. Mir geht's ja selber so. Im Wirtshaus ist es schöner, als auf der Welt.
Seit Jahrzehnten sammeln Sie Wirtshaus lieder, dokumentieren diese akribisch genau. Wozu der ganze Aufwand?
Eichenseer: Ich dokumentiere eine Kultur, die von der offiziellen Heimatpflege all die Jahre systematisch totgeschwiegen wurde, weil sie nicht in das Klischee des edlen Volksliedes passt. Die Volksmusikpflege hat sich viel zu lange auf bühnentaugliche Darbietungen fokussiert. Da stehen die Sänger dann auf der Bühne, als ob man ihnen die Hände hinter dem Rücken gefesselt hätte, und sehen so trostlos aus, als stünden sie vor ihrem eigenen Grab.
Bei einer deftigen Wirtshausgaudi geht es bedeutend lebendiger zu. Gehören Kraftausdrücke und Zoten tatsächlich zu einem Kulturgut, das wertgeschätzt werden sollte?
Eichenseer: In der Volkskunde auf jeden Fall! Jede Zeile eines Wirtshausliedes ist mit einer Botschaft ausgestattet. Die Lieder erzählen vom Leben, von Freud und Leid, und zwar ungeschönt. Ich habe dieses Schubladendenken vom guten und schlechten Volkslied, diese Scheinheiligkeit der Gesellschaft satt. Was im Vorabendprogramm der Fernsehsender läuft, ist hundertmal pornografischer als das, was in einem angeblich so derben Wirtshauslied zum Ausdruck kommt.
Trotzdem könnte es doch sein, dass die eine oder andere Textstelle den unvorbereiteten Zuhörer, gelinde gesagt, irritiert.
Eichenseer: In dem uralten, über Generationen weitergegebenen Wirtshauslied "Oans trink ma no" kommt das Wort "Arsch" vor. Ich weiß nicht, was daran schlimm sein soll.
Wenn Sie zum Wirtshaussingen einladen, sind die Gaststuben voll. Ihre Bücher finden reißenden Absatz.
Eichenseer. Das ist mir Ansporn weiterzumachen. Es sind immer auffallend viele junge Leute unter den Zuhörern. Sie wollen Geselligkeit so erleben, wie sie früher" gelebt wurde. Authentisch, ungekünstelt. Sie wollen ihren Dialekt sprechen, sie suchen nach ihren Wurzeln, nach ihrer Identität.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Eichenseer: Fünf Bücher mit mehr als 1000 Wirtshausliedern sind schon erschienen. Das sechste ist fast fertig. Es beinhaltet mehr als 2000 kurze Gstanzln aus der Region zwischen Regensburg und Tirschenreuth, Amberg und Cham und erscheint im Sommer. Da sind natürlich wieder ein paar besonders scharfe Lieder dabei.
Quelle: Interview: Uli Piehler, in: SR-Tagblatt vom 27. Januar 2014; Seite 10
Adolf Eichenseer wurde am 27. Januar 1934 in Schmidmühlen (Kreis Amberg-Sulzbach) geboren. Nach dem Abitur in Regensburg studierte er Volkskunde, Musikwissenschaft und Pädagogik in München und promovierte 1966 über den Volksgesang eines Dorfes im Oberinntal. Von 1969 bis 1994 war Eichenseer Bezirksheimatpfleger der Oberpfalz.
>>> Und noch eine Sendung des BR zur Wirtshausmusik von Adolf Eichenseer [... mehr]
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