Geschichte von Mitterfels
1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 39 Die neuen Gemeinden (1808/1818)
Karte der Kreiseinteilung Bayerns von 1808, München 1808. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kartensammlung 732) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
Die neuen Gemeinden (1808/1818)
Ein „Gemain“ in irgendeiner Form gab es immer schon. Zur Zeit der Hussitenkriege 1420-33 bestanden im Pfleggericht Mitterfels 80 "Obmannschaften", meist bestehend aus 10 bis 20 Höfen herzoglicher Untertanen; der „Obmann" hatte im Krieg wie im Frieden eine Reihe von Aufgaben. Er hatte die wehrfähigen Bauern aufzurufen und den adeligen Haufen zuzuführen. Die Obmänner, später die Schergen (Amtsleute der Untergerichte oder Schergenämter im Pfleggericht) unterstützten bei der Anlage und der Einbringung der Abgaben; sie boten die Bauern zum Scharwerk auf und ordneten die örtlichen Gerichtsverhandlungen. 1779 versuchte man, ihnen die gesamten Aufgaben der Schergenämter aufzubürden. Dem Obmann standen vier Männer zur Seite, die "Vierer" oder "Vierervollmacht" genannt. (Die gab es noch 1811 und wurden, wie es bei Joseph Schlicht nachzulesen ist, zusammen mit dem Obmann respektlos die "Bauernfünfer" geheißen.)
Aus: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern, Landshut 1960 – 86. Band – Vergrößern durch Anklicken!
Zu sagen hatten sie schon etwas, wenn sie im "Taiding" zusammenkamen: über die Mahlgebühren, über die Gebühren für die Badstube, über Angelegenheiten der "Weistümer" (der "Dorfsatzung"), über das Einhalten der Verordnungen, über Heiratserlaubnis, Ansässigmachung, Schutz der Imkerei.
1808 kam eine neue Gemeindeordnung, nach der Einstellung des Ministers Montgelas aber noch wenig freiheitlich. Der „Gemeindevorsteher" und die "Beigeordneten" wurden vom Landrichter eingesetzt, und auch das Gemeindevermögen wurde vom Landrichter verwaltet. Das zeigte sich sofort in Mitterfels mit dem Verkauf der Gemeindegründe, wo auch der Landrichter Märkl als Käufer auftrat.
Neben den schon früher genannten Holzteilen besaß die Gemeinde eine ganze Reihe von Allmendeparzellen: Stockäcker, Thurngarten, Weiherfeld, Rainbach, Weingartenfeld, Galgenfeld, Beim Galgen, Riedl, Höllberg, Höllfeld, Zackenbergacker, Franzlmarter, "beim Unterbergholz", "bei der Roten Figur", "bei der weißen Figur", "am Kastenfeld". Erst am 8. April 1831 kamen die Gemeindeteile vollends in private Hände.
Das entscheidendste Jahr für die innere Reform war 1818. Am 26. Mai wurde die neue Verfassung für Bayern feierlich verkündet.
Verfassung Bayerns von 1818, Urkunde (gda.bayern.de) – Vergrößern durch Anklicken!
Im gleichen Jahr erhielten die Gemeinden das Recht zur freien Wahl der Bürgermeister und Gemeinderäte und Selbstverwaltungsrecht über ihr Vermögen.
Schematische Darstellung der Verfassung von 1818 – wikipedia CC-BY-SA 3.0/QAlex – Vergrößern durch Anklicken!
Doch im Landgericht Mitterfels waren die Vorbereitungen noch immer nicht abgeschlossen. Landrichter Märkl war 1817 aus dem Dienst geschieden und hatte seinem Nachfolger, dem Landrichter Markus Maier, keine passenden Vorschläge für die neue Gemeindeeinteilung übergeben können. Die Regierung wurde ungeduldig und gab Weisung, "nun endlich und zwar binnen eines Monats" die gemeindliche Einteilung abzuschließen. Die Aufgabe war auch wirklich verzwickt, weil auf zu viele Rücksicht genommen werden musste: die 28 Pfarreien, die vielen und oftmals recht zersplitterten Hofmarken, die bereits vom Rentamt geschaffenen 50 Steuerdistrikte, die Landschafts-und Wegeverhältnisse insbesondere bei den Hunderten verstreuter Einöden; als Mindestmaß wollte man wenigsten 10 bis 20 Familien solcher Streusiedlungen unter einen Hut bringen. Kurz: aus dem "binnen eines Monats" wurde nichts, aber am 29. November 1818 war der Gemeindeplan abgeschlossen. 60 Gemeinden sind es geworden, manche davon so klein, dass sie sich nach und nach größeren anschlossen, bis zuletzt noch 42 bestanden.
So lange ist es her: Immer noch hatte der Amtssitz des Landrichters von Mitterfels das wehrhafte Gepräge, als er 1808 die neuen Gemeindevorsteher und Beigeordneten einsetzte. Erst vier Jahre danach ist der Bergfried eingestürzt.
Die Gemeinde Mitterfels umfasste 1818 neben Mitterfels noch 8 Weiler und 21 Einöden. Für das Patrimonialgericht (Hofmark) Scheibelsgrub findet sich, wie schon in Kap. 16 erwähnt, ebenfalls die Gemeindebezeichnung "Gemeinde Scheibelsgrub". Die Bauern im Gemeindebereich hatten 490 Stück Vieh, darunter 51 Pferde und 89 Ochsen. Auch viel Flachs wurde gebaut, um mit dem leinenen Zeug einen Zuverdienst zu haben. Aus dem gleichen Grund wurden auch viele Obstbäume gehalten.
Eine Werteinschätzung aus jener Zeit ergab Folgendes: Die Privatgründe wurden mit 145.530 Gulden angesetzt, die Gründe der adeligen Hofmarksherrn und kirchlicher Grund mit 5.015 Gulden, der staatliche Grund beim Schlossmit 480 Gulden, die ganz wenigen verbliebenen Gemeindegründe mit nur 70 Gulden. Der Hausbesitz sah anders aus: Während der gesamte private Hausbesitz auf nur 2.340 Gulden kam, lag der des Schlosses bei 5.000 Gulden, davon die Wohnung des Landrichters bei 200 Gulden; die Eisenfronfeste mit Stall und Stadel war mit 82 Gulden 48 Kreuzer angegeben, der Nutzen des kleinen Gerichtsdienergärtlein mit 12 Kreuzern.
Der Geschichte von damals hat die Geschichte von heute eine doch recht vielsagende Wende gegeben: In das Haus. wo einst das mächtige Landgericht saß, ist die Verwaltungsgemeinschafteingezogen und verwaltet das weite Umland, und die oben genannten Objektwerte sind nur noch winzig gegen das heutige Gemeindevermögen.
Gemeinde Mitterfels heute (Archiv AK Heimatgeschichte Mitterfels) – Vergrößern durch Anklicken!
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