100 Jahre Graphitwerk Kropfmühl: Vom grauen Mineral zum gefragten Rohstoff

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Anna Langheinrich (stehend mit Hut) im Kreise Münchner Bohemiens.

Mehr als die Mine im Bleistift

Geht es um Graphit, denkt so mancher zuerst an den Bleistift. Dabei ist Graphit weit mehr als nur die Mine im Bleistift. Der graue Rohstoff ist beispielsweise auch in Bremsbelägen, Bohrmaschinen, Batterien, Smartphones und Dämmstoffplatten verarbeitet. Das Graphitwerk Kropfmühl bei Hauzenberg, nördlich von Passau, ist das einzige Graphitbergwerk in Deutschland. Dieses Jahr feierte das Bergwerk ein Jubiläum – das Bergwerk besteht seit 100 Jahren und ist heute ein globales Unternehmen mit internationalem Kundenkreis.

Graphit Kropfmühl blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Aktuell gehe es dem Unternehmen gut, sagt Marketingmanagerin und Geschäftsführerin des Besucherbergwerks Christine Steininger. Jeweils rund 53 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete Graphit Kropfmühl in den vergangenen zwei Jahren. Die Prognose für dieses Jahr ist ähnlich. Auch die Auftragslage ist gut. „Wir haben sogar ein bisschen mehr Absatz als noch im Vorjahr“, sagt Steininger. Das war aber längst nicht immer so. Vor rund zehn Jahren wurde der Abbau in Kropfmühl eingestellt. „Es hat sich damals einfach nicht mehr rentiert“, erklärt Steininger. Seit 2012 wird nun wieder unter Tage gearbeitet und abgebaut. Derzeit beschäftigt das Unternehmen etwa 150 Mitarbeiter, davon 13 Bergmänner, 69 Produktionsmitarbeiter und 78 Verwaltungsangestellte. Im Sommer dieses Jahres wurde das Graphiteum eröffnet – eine Erlebniswelt rund um die Entstehung des Rohstoffs Graphit.

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Das Ehepaar Anna und Max Langheinrich kauft das Graphitwerk 1916. In der Firmengeschichte erlebt das Werk Höhen wie Tiefen. Heute ist Graphit Kropfmühl Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns und hat Produktionsstätten in China, Asien und Afrika. (Fotos: Graphit Kropfmühl/kam)

Dämmstoffindustrie ist größter Kunde

In vielen Industriebereichen ist Graphit heute ein gefragter Rohstoff. „Graphit aus Kropfmühl wird in der ganzen Welt verarbeitet“, berichtet Steininger. Je reiner Graphit ist, das heißt, je höher der Kohlenstoffanteil, desto besser ist die Schmierwirkung. Da es sich im Gegensatz zu Öl nicht mit Schmutz verbindet, eignet sich Graphit hervorragend als Zusatz für Schmierfette. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften ist Graphit auch feuerfest: Sogenannter Blähgraphit wird daher auch im Bereich Feuer- und Brandschutz verwendet. Auch in der Autoindustrie gewinnt der Rohstoff seit Jahren immer mehr an Bedeutung: Kohlebürsten bestehen meist aus Graphit – und die sind in fast allen elektrischen Motoren eines Autos zu finden, beispielsweise im Scheibenwischer, in Benzinpumpen und im Start-Stopp-System. „Zwischen 80 und 100 graphithaltige Teile werden heutzutage in einem Auto verbaut“, erklärt Steininger.

Eine österreichische Firma aus dem Bereich der Dämmstoffindustrie ist laut Steininger der derzeit größte Kunde. Da Graphit auch Energiespeicher ist, wird es in speziellen Dämmplatten verarbeitet.

Das Material der Zukunft aber ist Graphen, das in Kropfmühl hergestellt wird und in den kommenden Jahren laut Steininger noch ausgebaut werden soll. Es ist biegsam, dünn und leicht – gleichzeitig aber härter als Diamant, besitzt eine höhere Zugkraft als Stahl und leitet Strom und Wärme besser als Kupfer. Verbaut wird es in Computerprozessoren oder Energiespeichersystemen.

Kropfmuehl2 009 DGF ZTG 00 101216Anna Langheinrich (stehend mit Hut) im Kreise Münchner Bohemiens.

Seit nunmehr 2 500 Jahren wird Graphit im Waldgebiet im nördlichen Passauer Land abgebaut. Das belegen Keramikfunde aus den Zeiten der Kelten um etwa 500 vor Christus. Das Ehepaar Anna und Max Langheinrich erwirbt die Grube 1908 vom Dresdner Fabrikanten August Bessel und dessen Bruder Adolph. Am 5. Dezember 1916 gründet das in München lebende Ehepaar zusammen mit Annas Vater Georg von Seidlitz sowie den Münchner Malern Max Nonnenbruch und Eugen Ritter von Stieler die Graphitwerke Kropfmühl AG. Mit ihrem Geschäftstalent zieht Anna Langheinrich mehrere Investoren an Land, die in den Kropfmühler Bergwerksbetrieb investieren. Anna führt den Aufsichtsrat, ihr Mann Max baut das Werk aus.

Große Nachfrage der Waffenindustrie im Krieg

Während des Ersten Weltkriegs entwickelt sich der Kropfmühler Kleinbetrieb unter Zwangswirtschaft nach und nach zur ansehnlichen Werksanlage – nicht zuletzt wegen der großen Nachfrage im kriegsproduzierenden Gewerbe. Wegen der Einfuhrstopps aus Übersee und besonders aus Ceylon (heute Sri Lanka) als bisher wichtigstem Graphit-Lieferanten für die deutsche Stahl- und Waffenindustrie wird in den Passauer Graphitbetrieb investiert.

Mit nur 54 Jahren stirbt Max Langheinrich im Dezember 1923; seine mittlerweile geschiedene Frau Anna wird alleiniger Vorstand der Graphitwerk Kropfmühl AG. Zwischenzeitlich erreicht die Inflation in Deutschland ihren Höhepunkt. Als diese in geregelte Wirtschaftsverhältnisse übergeht, kommt der Absatz zum Stillstand – das Graphitwerk steuert auf eine Krise zu. 1924 steht das Werk ein halbes Jahr lang still. Retter in der Not ist der Tscheche Wenzel Kral. Der Fachmann für Graphitaufbereitung aus Budweis verbessert das Verfahren der Flotation durch die Schwimmaufbereitungsmethode. Fortan ist er technischer Betriebsleiter. 1927 baut er eine Flotationsanlage in Kropfmühl ein – in Fachkreisen spricht man von einer technischen Sensation. Im selben Jahr scheidet Anna Langheinrich wegen Fehlspekulationen in Böhmen aus dem Vorstand aus. Nachfolger ist der Jurist Dr. Alfred Neustätter, der dem Unternehmen bereits seit 1918 angehört. Anna Langheinrich stirbt am 5. Mai 1931 in München.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verliert Betriebsleiter Wenzel Kral seine Arbeit; auch Vorstand Alfred Neustätter war als Jude „unerwünscht“. Noch vor Kriegsbeginn ist die Graphitwerk Kropfmühl AG gleichgeschaltet und, wie schon im Ersten Weltkrieg, für die Rüstungsindustrie unentbehrlich. Deshalb wird das Werk während des Zweiten Weltkriegs fortwährend ausgebaut.

Heute werden 8 000 Tonnen Graphit pro Jahr abgebaut

Mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am 30. April 1945 wird das Werk stillgelegt und der amerikanischen Militärverwaltung unterstellt. Alle Mitarbeiter, die Mitglied der NSDAP sind oder der Gesinnung Hitlers nahestehen, werden entlassen. Am 10. November 1945 wird die Produktion wieder aufgenommen: 150 Mann arbeiten unter Tage, 180 über Tage, als Mitte April 1946 wieder mit der Graphit-Förderung begonnen wird.

Heute ist Graphit Kropfmühl die Tochtergesellschaft des internationalen AMG-Konzerns (Advanced Mettalurgical Group) aus den Niederlanden und hat Produktionsstandorte in Deutschland, Tschechien, China, Sri Lanka, Mosambik und Simbabwe. AMG beschäftigt weltweit etwa 500 Mitarbeiter und beliefert rund 1 000 Kunden mit 30 000 Tonnen Graphit pro Jahr. Etwa ein Viertel, circa 8 000 Tonnen Graphit, wird in Kropfmühl abgebaut und verarbeitet.

Das Besucherbergwerk

hat von 20. März bis 31. Oktober jeweils von Dienstag bis Sonntag von 9.30 bis 17.30 Uhr geöffnet. Führungen unter Tage finden von 10 bis 16 Uhr im Zweitstundentakt statt. Weitere Infos auf der Homepage unter www.graphit-bbw.de.

Quelle: Karhrin Madl, in: BOG Zeitung vom 10. Dezember (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)

>>> Zum Thema: Graphitabbau in 200 Metern Tiefe - mit einem 3-minütigem Video des BR [... hier].

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