Kulturelles Leben
Bayerische Landesaustellung 2015 in Ingolstadt. Napoleons Vermächtnis
Die Landesausstellung 2015 widmet sich der Ära des französischen Feldherrn aus bayerischem Blickwinkel. Die Exponate sollen verdeutlichen, dass die Zeit Segen und Fluch zugleich war: die Geburtsstunde des modernen Bayerischen Staates – begleitet von Hunger und Tod. (Quelle: SZ)
>>> Mit einer Fotostrecke von ausgewählten Exponaten und Links zu interessanten Themen.
Ingolstadt. Bei allem Respekt vor Napoleon Bonaparte und seiner Gabe zum visionären Blick in die Zukunft: Als er anno 1799 die Zerstörung der bayerischen Landesfestung in Ingolstadt befahl, hätte selbst er sich wohl kaum vorstellen können, dass ihm just an dieser Stelle einmal eine große Ausstellung gewidmet werden würde.
"Napoleon und Bayern" lautet der Titel der Bayerischen Landesausstellung 2015, die von April bis Oktober im Neuen Schloss zu Ingolstadt zu sehen sein wird. 200 Jahre nach seiner berühmten Niederlage bei Waterloo wird das Haus der Bayerischen Geschichte das Leben und Wirken des französischen Feldherrn und Kaisers beleuchten - ganz bewusst aus dem bayerischen Blickwinkel des ehemaligen Verbündeten. "Der Mann hat ganz Europa durcheinandergewirbelt und Bayern ist mitgezogen", sagt Projektleiterin Margot Hamm. "Am Ende war die gesamte bayerische Armee vernichtet, Bayern stand vor dem Staatsbankrott und die Leute litten unter einer Hungersnot." Die Historikerin und ihr Team erzählen auf 1400 Quadratmetern Fläche die Geschichten von der anfänglichen Hoffnung der Menschen auf Frieden und Prosperität, die kaum in Erfüllung ging, sondern in Krieg und Tod endete.
Im September (2014) gaben das Haus der Bayerischen Geschichte und die Stadt Ingolstadt erste Einblicke in das Konzept der Ausstellung. Das Bayerische Armeemuseum räumt im Neuen Schloss auf zwei Etagen extra seine Ausstellungsräume aus, um Platz für die 300 Exponate zu machen, die Margot Hamm in vielen namhaften Museen von Versailles über Moskau bis hin zur Eremitage in St. Petersburg zusammengesammelt hat und die teilweise erstmals in Bayern zu sehen sind. Zu den kostbarsten Stücken gehören der Schmuck von Napoleons Ehefrau, Kaiserin Josephine, zwei vergoldete Ehrendegen mit einem Abbild des bayerischen Königs oder die bronzene Totenmaske Napoleons.
Zu den Höhepunkten der Ausstellung gehören auch zwei opulente Gemälde, die zwei wichtige Stationen des bayerisch-französischen Bündnisses darstellen: Napoleons Einzug in München und die Hochzeit seines Stiefsohnes Eugene mit der Tochter des Kurfürsten Maximilian Joseph von Bayern. Die Heirat gehörte zum Preis für das Bündnis, das der Kurfürst 1805 mit viel Bauchgrummeln in Bogenhausen unterzeichnet hat und das bis 1813 hielt. "Napoleon hatte von ihm die Hand seiner Tochter für Eugene gefordert", berichtet Margot Hamm.
Einen weiteren, überaus hohen Preis zahlt die einfache Bevölkerung: Sie muss dem großen Kriegsherrn pro Feldzug 30.000 Soldaten stellen. Die Ausstellung wird einen schlichten braunen Ledersack zeigen. Aus solchen Säcken hatte damals jeder Mann eine Loskugel zu ziehen. Wer eine Kugel mit einer Zahl erwischte, musste in den Krieg. War die Kugel unbeschriftet, blieb der Mann verschont. Diese Lotterie führte viele Bayern ins Verderben. "Wir zeigen das Leben eines einfachen Soldaten von der Einziehung bis zu seinem Tod." In einem Raum wird eine Schlachtszene imitiert werden. "Zu Beginn sieht man das Geschehen aus dem Blickwinkel des Feldherren", sagt Margot Hamm. Dann verengt sich die Perspektive. Dabei werde es durchaus "laut und eng und beängstigend", kündigt Hamm an. "Wir wollen schon zeigen, dass es viele Gemetzel gab." Alleine beim Russlandfeldzug 1812 starben in Polozk 30.000 Soldaten aus Bayern, die heute weißrussische Stadt wurde fortan "Bayern-Grab" genannt.
Doch die Bayern mussten nicht nur geben, sie profitierten auch von der Kooperation mit Napoleon. Hamm: "Bayern bekam die Königskrone geschenkt und ein größeres, geschlossenes Territorium." Dieses reichte damals bis an den Gardasee. Folgerichtig bezeichnete Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) bei der Planungsvorstellung die Zeit um 1800 als "Epoche der Gegensätze": "Die Ära Napoleon hat Bayern einerseits viel Leid beschert", andererseits habe sie aber auch "Licht" und "Fortschritt" gebracht. So sei die Idee von der Gleichheit der Menschen in der Bayerischen Verfassung von 1808 verankert worden. Die Leibeigenschaft wurde abgeschafft und die Schulpflicht eingeführt.
Auftaktveranstaltung mit Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU)
Man kann Napoleon also als "Geburtshelfer" des modernen Bayern bezeichnen. Dass dies eine überaus schwere Geburt war, wird die Ausstellung anhand der Schicksale einiger einfacher Leute vor Augen führen. Zum Beispiel Theresia Karl aus Peiting. Im Taufbuch der Gemeinde taucht die ledige Frau zweimal als Mutter auf. Als Vater wurde einmal ein österreichischer und einmal ein französischer Soldat eingetragen. Beide Male, so ist es in lateinischer Sprache vermerkt, war sie vergewaltigt worden. "Bayern war jahrelang Durchzugsgebiet für verbündete und feindliche Armeen", sagt Hamm. "Und stets hinterließen die Soldaten leergeräumte Felder, Ställe und Vorratskammern." Und geschändete Frauen.
Die dunklen Seiten der damaligen Zeit symbolisiert auch die Original-Guillotine, die in der Rheinpfalz zum blutigen Einsatz gekommen war. Für das Ende des Kaisers steht ein Hut in der typischen Napoleon-Form, den er auf dem desaströsen Russlandfeldzug 2012 trug. Und der Bronzeguss der Totenmaske, die sein Leibarzt vom Leichnam abgenommen hat.
Die Ausstellung wird auch zahlreiche interaktive Elemente bieten. Für Schulklassen gibt es iPad -Führungen, für Lehrer Materialen, wie sich die Schau in den Lehrplan diverser Fächer einbinden lässt. Die Besucher können Helm und Tornister eines bayerischen Soldaten anziehen und Säbel und Gewehr in die Hand nehmen. Und es wird eine große, offene Erinnerungs-Landkarte geben: Jeder, der eine Spur Napoleons in Bayern kennt, kann diese in den Computer eintragen. Am Ende der Ausstellung soll eine umfassende Datenbank über alle großen und kleinen Napoleon-Denkmäler in Bayern stehen.
Quelle: Stefan Mayr, in: Süddeutsche Zeitung vom 26. September 2014
Originale und kostbare Objekte aus österreichischen, russischen und französischen Museen sowie aus Privatbesitz, mediale Inszenierungen und Erlebnisstationen werden die Entscheidungen der großen Politik zeigen und von den Menschen erzählen, die als Politiker, als Soldaten, als einfache Frauen und Männer, diese Zeit gestalteten, erlebten und oft genug auch erlitten.
Eine kleine Kostprobe von Exponaten als Fotostrecke
(Die Fotos wurden vom Haus der Bayerischen Geschichte zur Verfügung gestellt. Genehmigung der Verwendung: 17. Oktober 2014)
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Links zu interessanten Themen und Webseiten
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>> Napoleon und Bayern: [http://www.hdbg.de/napoleon/]
>> Vorstellung des Plakat- und Werbemotivs: [https://www.hdbg.eu/presseportal/web/index.php/start/meldung/ordner_id/31/id/309]
>> Bayerische Landesausstellung 2015 „Napoleon in Bayern" in Ingolstadt: [https://www.hdbg.eu/presseportal/web/index.php/start/meldung/ordner_id/31/id/177]
>> Die „französisch-bayerische" Hochzeit: [http://www.hdbg.de/napoleon/napoleon_hochzeit-wer-ist-wer.php]
>> Haus der Bayerischen Geschichte: Aufruf „Napoleon entdecken" [http://www.hdbg.de/napoleon/napoleon_napoleon-entdecken.php]
>> Bayerns Staatskirchenverträge: [http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-11/bayern-staatskirchenvertraege-konkordate]
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