AK Heimatgeschichte Mitterfels. Ein Abend mit Autoren - Teil 1

Abend mit Autoren webtitel

Die Geburtsstunde des Mitterfelser Magazins war die 800-Jahr-Feier von Mitterfels, bei der die erste Nummer zugleich Festschrift war. Natürlich sollten historische und zeitgeschichtliche Themen in wissenschaftlicher Form einen breiten Raum in der neuen Publikation einnehmen, man wollte in Archiven forschen, aber auch Zeitzeugen erzählen lassen – bevor es zu spät war.

Wir wollten uns aber nicht nur auf historische Beiträge beschränken, sondern vielmehr alle Facetten des Lebens und Geschehens in unseren Gemeinden publizistisch begleiten. Erzählungen, Erinnerungen, Gedichte sollten als literarische Farbkleckse das MM auflockern.

Am Freitag, den 18. Oktober widmete der Arbeitskreis im Rahmen der Veranstaltungen zum 25-jährigen "Geburtstag" dem Magazin einen eigenen Abend. Im Stüberl der Mitterfelser Burg lasen einige der Autoren kurze Sequenzen aus ihren älteren oder jüngeren Beiträgen. Zwei Autoren, die nicht mehr unter uns sind, kamen durch andere „zu Wort“. Die Themen reichten vom Historischen und Zeitgeschichtlichen über Meteorologisches und Botanisches bis zum bairisch Heiter-Besinnlichen. Musikalisch begleitet wurde die Lesung von Franz Schötz, Kulturpreisträger 2019 des Bayer. Wald-Vereins. Er bezog das Publikum ein mit Liedern, die zum Abend passten.Die Moderation übernahm Herbert Becker.


Für alle, die den Abend noch einmal Revue passieren lassen, etwas nachlesen oder gar nachsingen möchten, oder für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, stellen wir ihn hier mit Text, Bild und Noten zur Verfügung:


1 Begrüßung durch Elisabeth Vogl

Elisabeth Vogl, Vorsitzende des AK Heimatgeschichte, begrüßte Besucher und Autoren, die bereit waren, aus einem ihrer Beiträge für das Mitterfelser Magazin zu lesen. Sie dankte Franz Schötz, der mit Gitarre und passenden Liedern das Publikum zum Mitsingen einladen würde, und Herbert Becker, der die Moderation für den "Abend mit den Autoren" übernommen hatte.

2 Einführung durch Herbert Becker

25 Jahre AKH bedeutet 25 Jahre MM. Geburtsstunde war die 800-Jahr-Feier von Mitterfels, bei der die erste Nummer zugleich Festschrift war - historische und zeitgeschichtliche sollten Themen behandelt und jetzt noch Bekanntes vor dem Vergessenwerden bewahrt werden. Außerdem sollte das Leben in der Gemeinde durch Erzählungen, Erinnerungen, Gedichte dokumentiert werden. Über 200 Autoren haben daran mitgewirkt und insgesamt um die tausend Beiträge fürs MM geschrieben. Ein paar davon bringen wir heute zu Gehör. Zwei der Autoren leben nicht mehr, an die erinnern wir, indem jemand anders Beiträge von ihnen vorliest. Musikalisch begleitet wird das Ganze von einem, der für diese Rolle besser geeignet als irgendein anderer, nämlich von Franz Schötz. Der passt deshalb so gut, weil er mit Noten und Liedern das tut, was der AKH mit Buchstaben und Texten macht, nämlich die heimische Kultur zu dokumentieren und nach Möglichkeit am Leben zu erhalten. Er macht es dem Publikum nicht ganz so leicht wie die Autoren, bei ihm müssen die Zuhörer nämlich mitwirken. Ich bitte ihn, sich mit ein paar Akkorden musikalisch vorzustellen.

3 Franz Schötz mit

Lied1 Griad enk

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4. Prof. Dr. Konrad Ackermann: Leben im Schatten der Burg

01 Burg Mitterfels Donauer 1590 w

Nach "Bänkelsängerart" wurde bei jeder Lesesequenz ein Plakat aufgedeckt, das den Text bildhaft untermalte. Durch Klick auf das Bild können Sie es vergrößern.

Anmoderation durch Herbert Becker: Der erste Text, den wir uns für heute vorgenommen haben, stammt von Prof. Dr. Konrad Ackermann. Prof. Ackermann, der inzwischen auf die 85 zugeht, ist Historiker und Heimatforscher, war lange Mitglied der Kommission für Bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Herausgeber der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bei der 800-Jahr-Feier vom Markt Mitterfels 1995 hat er die Festrede gehalten. Die wurde im Jahr darauf unter der Überschrift „Leben im Schatten der Burg“ im MM abgedruckt. Franz Tosch liest einen Auszug daraus:

... Teil dieser Landschaft ist auch Mitterfels mit seinem Wahrzeichen, der hochaufragenden, gleichsam uneinnehmbaren Burg in der Mitte des Weges zwischen Bogen und Falkenfels, inmitten einer freilich kargen Landschaft mit „dürrem, buckligem“ Boden und „schlechten, rissigen“ Wiesen, kurz, wie eine Steuerbeschreibung des 16. Jahrhunderts vom Schloßberg berichtet, „ein gar unträchtig bergig Ding“.
Als trutzige Burg mit mächtigen Zwingmauern - neben der Ruine einer zweiten kleineren Anlage - hat sie Hans Donauer am Ende des 16. Jahrhunderts an der Seite der wichtigsten Herrschafts- und Verwaltungssitze des altbayerischen Landes dargestellt. Sie diente der Landesverteidigung wie der Abwehr äußerer und innerer Feinde.
Burg und Ansiedlung Mitterfels sind eine Gründung der Grafen von Bogen. Diese stellen das angesehenste und mächtigste hocnmittelalterliche Dynastengeschlecht des Donauraumes dar. Hermann von Altaich, ihr erster Biograph, beschreibt sie als „dives“ (reich) mit einer „Grafschaft voll Reichtum und Ehre“. Sie hatten ausgedehnten Besitz im Altsiedelland, von dem Arbeo von Freising bereits in frühmittelalterlicher Zeit berichtet, daß es dem Garten Eden gleiche. Der Schwerpunkt ihrer Grundherrschaft, das heißt ihrer Verfügungsgewalt und Herrschaft über Land und Leute, aber lag eindeutig im Rodungsland des Bayerischen Waldes.
In Windberg hatten sie ihre Stammburg, und als sie diese in ein Kloster, in ihr Hauskloster umwandeln ließen, wählten sie Bogen als Hauptsitz.

 

5 Benefiziat Dr. Josef Rußwurm: Die Mitterfelser "Doppelburg" und die Sage von der Lederbrücke

02 Landtafel Apian um 1560 w

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Anmoderation HB: Es versteht sich von selbst, dass sich um eine Burg, die so alt ist und so viel erlebt hat wie die Mitterfelser Burg, Mythen, Sagen und Legenden ranken. Und Gott sei Dank gibt es Menschen, die derlei sammeln. Einer davon war der Benefiziat Dr. Josef Rußwurm, ein Regensburger. Weil er kränklich war, gab ihm der Bischof den „leichteren Posten“ in Mitterfels. Das war 1941, Rußwurm war damals 34. Bis 1950 war er hier, 1946 gab er ein „Mitterfelser Heimatbüchlein" mit Mitterfelser Sagen und Geschichten heraus. Gestorben ist Rußwurm 1969. Matthias Kutzner liest die Sage von der Lederbrücke:

Hier soll die Burg- und Gerichtsgeschichte von Mitterfels näherhin unerörtert bleiben, nur die Tatsache in Erinnerung gebracht, dass neben dem alten Schloss (Burg), dem heutigen Amtsgericht (Auflösung 1973 - heute Sitz der Verwaltung des Marktes und der Verwaltungsgemeinschaft; Red.), auf der gegenüberliegenden Höhe jenseits des Perlbachs beim heutigen Steinhaus (Schreineranwesen) die Grundmauern einer zweiten, jüngeren Burg deutlich sichtbar sind: Der Grundriss, durch Grabungen noch näher zu bestimmen, ist in Zeichnungen von A. Elsen aufgenommen und verrät eine der engen schmalen gotischen Wohnburgen (die bekannteste dieses Typus ist Trausnitz im Tal), wie sie im Verlaufe des 14. Jahrhunderts gebaut wurden. Sie heißt in alten Urkunden „Neu-Mitterfels“.

Nun geht da die Sage, dass die beiden Burgen, die ehedem zwei Brüdern (?) gehörten, durch eine schwebende Brücke (Lederbrücke) quer über das Perlbachtal vor urdenklichen Zeiten verbunden waren. Das ist freilich nur eine Sage:
„Von der Burg Mitterfels zum Altensitz (Ausnahmsburg) Neumitterfels führte eine Art Seilbahn (Seil-Lederband): die Lederbrücke. Zu Belagerungszeiten konnten so Lebensmittel von drüben (Buchberg) herüber befördert werden.
Eines Grafen Sohn erhob einst Anspruch auf das Stammschloss. Der alte Graf hingegen wollte noch nicht übergeben und verwies den Sohn ins Ausnahmshaus (Neumitterfels). Wütend verbarg sich dieser in einem Fass und ließ es über die Lederbrücke ziehen. Plötzlich riss der Riemen - und unten fand man zerschmettert den jungen Grafen: Der Dolch, mit dem er den Vater morden wollte, stak ihm mitten im Herzen. ...” (Nachlass Heiß)

 

6 Herbert Becker: Leopold Moser, kaiserlicher Offizier

14 Audios auf Homepage w

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Anmoderation HB: Die Mitterfelser Burg steht nicht nur im Mittelpunkt von Sagen, sondern auch von Erzählungen. Und es kommen immer neue dazu, unter anderem deshalb, weil beim Mitterfelser Magazin welche erdichtet werden. Im Mittelpunkt dieser Erzählungen steht zwar die historische Wahrheit, aber die Personen, die da erzählen, sind frei erfunden. Sie stammen aus verschiedenen Jahrhunderten; der älteste, der Hugbert, war schon bei der Rodung des Kinsachtal im 8. Jahrhundert dabei. Wenn man sich anhören will, was er zu erzählen hat, dann braucht man einen internetfähigen Computer, und dort muss man die Website des AK Heimatgeschichte Mitterfels anklicken. Das Mitterfelser Magazin ist nämlich nicht in zurückliegenden Jahrhunderten stehen geblieben, es ist vielmehr mit der Zeit gegangen. Unter anderem gibt es dort unter dem Motto „Lasst's Euch erzählen von Mitterfels“ Audios zu hören – eben diejenigen, die es uns ermöglichen, die Stimmen aus dem Mittelalter, aus der frühen Neuzeit und aus der jüngeren Vergangenheit herübertönen zu lassen. Die Protagonisten reden immer bloß vier Minuten lang. Wie zum Beispiel der Leopold Moser, ein kaiserlicher Offizier im Österreichischen Erbfolgekrieg, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Dieser Moser war, wie er uns glaubhaft versichert, damals in Mitterfels stationiert:

Habe die Ehre, Servus. Ich bin der Moser Leopold. Leopold, wie der Kaiser. Poldi haben sie zu mir gesagt. Also, meine Spezln, die Untergebenen natürlich nicht; das hätt ich mir verbeten. Und die Mitterfelser eh nicht. Aber bitte, spielt inzwischen eh keine Rolle mehr. Ist so lang her. Über dreihundert Jahr. Ich war damals in Mitterfels stationiert. Als Offizier. Ich erzähl's Euch genau. Na ja, bitte, so ungefähr jedenfalls.
Nein, es war ja Krieg. Im Prinzip hat's angefangen im 1700er-Jahr. Da ist der Karl II. gestorben, der König von Spanien. Der letzte spanische Habsburger. Na, und weil er keine Kinder gehabt hat, hat er einen Franzosen zu seinem Erben gemacht, den Philipp V.. Ich weiß nimmer, war er verwandt mit dem oder was? Na, ist eh wurscht. Uns hat das natürlich überhaupt nicht geschmeckt. Also, uns Österreichern. Den Engländern und den Holländern gleichfalls nicht. Nein, weil, das hätt ja die ganze Macht verschoben, irgendwo hin, wo sie wir nicht haben wollen.
Die Bayern sind mit den Franzosen marschiert. Bitte, am Anfang hat man gemeint, das könnt sich ausgehen für sie, aber 1704 – ich weiß es, weil, ich war dabei – da haben wir sie zerlegt. Faschiert. Aber total. In Höchstadt an der Donau war's. Da hat der Prinz Eugen unser Heer angeführt, und der Duke of Marlborough das von unsere Alliierten. Wir waren praktisch unschlagbar. Danach haben wir ganz Bayern besetzt. Ich hab mich mit meinen Soldaten in Mitterfels einquartiert. War kommod. Na ja, den Bauern und Bürgersleute, in denen ihren Häusern wir uns niedergelassen haben, hat's natürlich nicht so gepasst. Aber bitte, wir haben ja leben müssen. Einem jeden Soldaten sind pro Tag ein Pfund Fleisch, ein Pfund Brot und eine Mass Bier zugestanden, wir Offiziere haben außerdem noch ein Geld gekriegt. Ein Hof, auf dem keine Soldaten einquartiert waren, hat 43 Gulden blechen müssen. Den Klöstern haben wir eine freiwillige Abgabe von tausend Gulden aufgebrummt. Und die Burschen, die was getaugt haben, die haben wir zwangsrekrutiert. Manche sind abgehauen, haben sie versteckt, wollten einen Aufstand anzetteln, aber die meisten haben wir erwischt, und mit denen waren wir nicht direkt zimperlich. Ich mein, im Mitterfelser Gericht hat's eh keinen Aufstand gegeben. Da hat schon mein Chef, der General d'Arnan aufgepasst. Der hat von Straubing aus den Vorderen Wald dirigiert, und der war ein ganz ein harter Hund. Nein, bitte, Recht hat er gehabt. Weil, man hat ja gesehen, was dabei rauskommt, wenn man zu nachsichtig ist mit denen. In Aidenbach haben sie revoltiert. 1706. Da haben sich über 3000 solche Falotten unsere Truppen entgegengestellt. Manche sagen sogar, es waren 7000. Ist eh wurscht, weil, zum Schluss war praktisch nix mehr übrig von ihnen. Der Anführer von die Kaiserlichen, der Kriechbaum, der hat da kein Pardon gekannt.
Im selben Jahr hat sich das bayerische Geld verschlechtert; es ist eine saubere Inflation gekommen. Aber bitte, wir haben unsere Pflicht getan und aus dem Mitterfelser Gericht trotz allem noch 80.000 Gulden rausgeholt. Dass da nachher noch ein Hagel das Getreide vernichtet hat, dass die Obstbäume erfroren und alle möglichen Viehseuchen ausgebrochen sind, das war natürlich ein Pech für die Bevölkerung. Meine Soldaten waren anständig. Dass die geplündert haben sollen, das kann ich mir nicht vorstellen. Ein bisserl eine Hetz wollten sie vielleicht ab und zu haben, mit den Mädeln, und so. Aber bitte, es hat ja nicht einmal zehn Jahr dauert, nachher waren wir eh wieder fort.

 

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