Geschichte
Mitterfels. Singspiel „Der Holledauer Fidel 1947“
Das Singspiel der Niederbayern von Erhard Kutschenreuther
Aufführung 1947 (Ein Blitzgerät gab es damals noch nicht. Der Fotograf zündete mit einem Streichholz ein Päckchen Magnesium an . . ): Dritter Akt - von links: Josef Lehner, Lilli Schmidt, Karl Attenberger, Albert Dietl, Frau Stern, ?, Gisela Pöschl, Otto Hirtreiter, Zenzerl Gattung, Hans Dinter, Hans Gürster, Werner Lang, ?, Frau Marschner, Elisabeth Haimerl (Stahl), Herr Marschner, Martha Gürster, Bert Schwinghammer, Fannerl Sattler, Klement Lang, Volker Marschner, Max Schmid, Ruth Reiner, Christa Lang (Jakob), Frau Tannigl, Dieter Marschner, Franz Schwinghammer, Willi Scheitler
Ursprünge
In Mitterfels wurde schon immer Theater gespielt. Vor etwa vierzig Jahren sagte zu mir ein Schwarzacher „D' Mitterfelser waren schon immer gute Theaterspieler”. Gehe ich in unserer Kulturgeschichte weiter zurück, stoße ich auf einen Wanderverein, der um 1860 von der Mitterfelser Beamtenschaft gegründet wurde, und aus dem als Unterabteilung die Mitterfelser Liedertafel hervorging. Diese Liedertafel wagte sich neben dem Gesang auch auf die Bretter, die die Welt bedeuten.
Im Jahre 1947
Der Lang Ment, Vater vom derzeitigen Bürgermeister Werner Lang (Red.: 2001!), war schon vor dem Krieg einer der Mitterfelser Laienspieler. Er gab keine Ruh, bis sich Franz Wartner des Materials, den Holledauer Fidel betreffend, annahm. Die Hauptdarsteller wurden zum großen Teil vom Lang Ment davon überzeugt, dass sie für die von ihm jeweils zugedachte Rolle geeignet wären. Er selber übernahm als führender Tenorsänger die Hauptrolle des Sichbauern. Dabei blieb es auch für die beiden in späteren Jahrzehnten folgenden Inszenierungen. Er beschwerte sich immer wieder darüber, Altmännerrollen spielen zu müssen, bis er schließlich in reiferem Alter von Natur aus in sie hineinglitt.
Erster Akt - von links: Lehner Josef, Dietl Albert, Wartner Franz, Stahl Elisabeth, ?, Gürster Martha, Hafner Ernst, Schmid Max, Frau Tannigl, Scheitler Willi, Kernbichl Cilli, Hirtreiter Otto, Dinter Richard, Frau Marschner, Herr Marschner, Frau Stern, Sattler Fannerl, Schmidt Lilli, Gattung Zenzerl, Gisela Pöschl, Gürster Hans, Lang Ment
Spielleitung
Regisseur Franz Wartner ging dann daran, die frisch ernannten Schauspieler bühnengerecht zu formen. Dabei lebte er jede einzelne Rolle in einer Weise in Wort, Gestik und Mimik vor, so dass jede und jeder ihm spielend folgen konnte. Während der Proben und während der Aufführungen lachte er über lustige Passagen am allermeisten von Herzen - immer wieder, obwohl er die Handlungen und Texte sehr oft schon durchexerziert hatte. Die Texte verinnerlichte er persönlich so sehr, dass er sie heute (2001!) mit seinen fünfundachtzig Jahren sogar noch besser auswendig aufsagen kann, als die Akteure selber.
Groß war das Publikumsinteresse selbst bei der vierzehnten Vorstellung. Foto 1 zeigt die Zuschauer, die von der „Liedertafelzimmertür” aus noch einen Blick auf die Bühne zu erhaschen versuchten. Die Bühne befand sich noch an der Südseite des Saales der „Friedenseiche”. Dieser Andrang entstand zum Teil auch dadurch, dass zur damaligen Zeit das Angebot an Unterhaltung sehr dünn war. Natürlich wollte auch jeder sehen, wie sich seine Freunde und Bekannten auf der Bühne bewegten.
Kurzinhalt des Singspieles
Der bei den Hopfenzupfern beliebte Fidel, Sohn einer armen Waldlerbauernwitwe, wird von der Hopfenbauerntochter Reserl missachtet. Sie geht mit ihren wohlhabenden Eltern auf Brautschau auf den Wurmdoblerhof im Bayrischen Wald, der allerdings verwahrlost angetroffen wird. Obendrein stellt sich heraus, dass sich der von den Eltern auserkorene Bräutigam Vinzenz als Taugenichts entpuppt. Schließlich wird aus Reserl und Fidel ein Paar.
Die kurzweilige Handlung begleiten Gesangssoli und gefällige Chormelodien, die zu uns Niederbayern passen.
Der Lang Ment stellte den Sichbauern glaubwürdig, unterstützt durch seine schmetternde Tenorstimme, dar. Trotz seiner Arbeitsbelastung im eigenen Schreinereibetrieb war auf ihn als Spieler Verlass. Auch die Kulissen zimmerte er, die dann vom Maler Karl Pöschl perfekt bemalt wurden.
Die Sattler Fannerl, für spätere Theaterstücke als perfekte Souffleuse eingesetzt, verkörperte die Sichbäuerin mit Erfolg. Zenzerl Gattung (Weber) brachte ihren Sopran in der Rolle der Hopfenbauerstochter zur Geltung.
Hans Gürster spielte die Titelrolle in seiner ihm eigenen liebenswerten Art. Wobei ihm seine Tenorstimmlage zu Gute kam.
Karl Attenberger überzeugte als Wurmdobler. Sein trockener Humor zog viele Lacher auf seine Seite. Lilli Schmidt verkörperte die Rolle der Wurmdoblerin in geradezu idealer Weise. Ihre strahlende Sopranstimme kannte man weit und breit. Ihre schauspielerischen Fähigkeiten verdienten das Prädikat „perfekt”.
Albert Dietl, damals bereits Bürgermeister von Mitterfels, hatte zwangsläufig kaum Zeit seine Rolle zu lernen. So wurden die Proben immer wieder eine recht lustige Angelegenheit, weil er sich von Mal zu Mal immer wieder Sachen einfallen ließ, die gar nicht im Drehbuch standen. Aber als es dann Ernst wurde, also die Aufführung kam, war auf ihn Verlass. Er spielte den Wurmdobler Vinzenz wie kein anderer. Die Besucher belohnten seine humoristischen Einlagen mit Lachsalven. Sein gutes Gedächtnis versetzte ihn in die Lage, die Einsagerin im Soufflierkasten über längere Passagen hinweg nicht zu brauchen. Allerdings bestand da eine Vereinbarung. Nämlich, wenn er mal nicht weiter wusste, hob er zum Zeichen, dass Hilfe vonnöten war, die rechte Fußspitze. Ganz schön raffiniert.
Josef Lehner (Pfeffer Sepp) gefiel als Schuster und Bankagent Machhörndl. Er verkörperte die Partie mit ganz besonderem Feingefühl.
Die musikalische Leitung lag in den Händen von Ingenieur Windisch, der auch den Klavierpart übernahm. Den Kontrabass strich Hirth sen., Straubing, der auch gleich seinen Sohn samt Violine mitbrachte. Der Pronold Siegerl und auch der Pöschl Karl füllten den Klangkörper als Streicher. Der Käser Schorsch und der Maurer Michael beteiligten sich mit Violine bzw. Cello am Orchester.
1957 und 1967 gab es den “Fidel” jeweils neu. 1947 schminkte der Rappl-Bader die Truppe. Später machte sich sein Nachfolger Rudi Winter mit Frau nützlich. Bis dann schließlich Konrad und Rosmarie Weinbacher auf den Plan traten.
In diesen beiden Jahren übernahm Josef Eggersdorfer den Dirigentenstab. (Über ihn wurde ebenfalls im Mitterfelser Magazin 7/2001 berichtet. Red.) Er schrieb mit größtem Zeitaufwand aus der Originalpartitur, die sehr schwer zu entziffern war, Einzelstimmen heraus und erstellte schließlich sogar eine Gesamtpartitur. Diese Noten fand ein Verwandter, nämlich Georg Amann, Straubing, nach vielen Jahren bei Auflösung der Eggersdorfer'schen Wohnung.
Erwähnenswert erscheint mir noch, dass bei allen drei Aufführungsperioden Lang Ment und Lilli Schmidt ihre Rollen behielten.
Ein Blitzgerät gab es damals noch nicht. Der Fotograf zündete mit einem Streichholz ein Päckchen Magnesium an, das auf einem Reisigbesen aufgehängt war, während die Kamera “auf Zeit” gestellt war. Die Personen, die sich nicht ruhig verhalten konnten, wurden „unscharf”.
Der für Juli 2001 geplanten Neuinszenierung im neuen Mitterfelser Freitlichtheater sieht das Publikum mit großem Interesse entgegen (Stand: 2001! Red.). Eines steht fest: der Holledauer Fidel gehört zu Mitterfels so sehr, dass er sogar Mitterfelser Fidel heißen könnte.
Fotos: Besitz der Familie Schwinghammer
Der Holledauer Fidel – Aufführung 10 Jahre später (1957)
V. l.: Klaus Hentschel, ?, Lehner Xaver, Schwinghammer Franz, ?, ?, Schwinghammer Bert, Schmidt Lilli, Lang Ment, Plank Lenerl; - Orchester v. l.: Hetz Ernst, Pöschl Adi, Hirth jun., Lang Werner, Lang (Jakob) Christa; -
„Hopfazupfa” mit dem Sichbauern (Fotos: Eiglsperger, Mitterfels)
Quelle: Franz Schwinghammer, in: Mitterfelser Magazin 7/2001 - S. 103f
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