"Jesus fordert uns nicht über unsere Grenzen hinaus." - Predigt am 3. Sonntag der Osterzeit

Kath. Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach: Predigt von P. Dominik Daschner OPRAEM am 3. Sonntag der Osterzeit

Nach der Katastrophe der Kreuzigung Jesu haben seine Jünger erfahren, dass er lebt. Sie sind ihrem auferstandenen Herrn begegnet. Der Glaube an Auferstehung und neues Leben ist nach und nach in ihre Herzen eingesickert. Aber wie lebt man jetzt mit diesem Glauben? Wie geht es weiter mit dem Jüngerkreis?

 

Davon handelt das heutige Evangelium. Es ist von einem na­ment­lich unbekannten Verfasser als Nachtragskapitel an das schon fertige Johannesevan­ge­lium drangehängt worden. Und dieser Nachtrag lässt uns einen Blick in den nachösterlichen Alltag der ersten Christengene­ration tun, in die Entstehungszeit der Kirche, in die ersten Schritte ihrer österlich geprägten Lebenspraxis.

Zunächst einmal heißt es für die Jünger Jesu nach Ostern wieder zurück in den Alltag; sie gehen wieder fischen. Wir Christen leben ja nicht entrückt von dieser Welt, sondern mitten in ihr. Hier muss sich unser Glaube bewähren. Und das tut er, wie das Evangelium anklingen lässt, wenn wir in der Mühsal des Alltags, wo manches vergeblich erscheint wie der nächtli­che Fisch­fang der Jünger, wenn wir darin nicht resignieren, sondern vertrauen, dass da noch etwas geht, wenn wir die Hoffnung nicht über Bord werfen, sondern auf das Wort Jesu hin die Netze immer wieder auswerfen. Österliche Menschen sind hoffnungsvolle Menschen. Dann werden wir immer wieder etwas erleben von der Fülle des Lebens, vom Reich Gottes, wie die Jünger mit den 153 großen Fischen erleben, die sie an Land ziehen.

Und dann geht es im Evangelium auch ganz praktisch um die Frage, wie es mit dem Jüngerkreis Jesu, wie es mit der jungen Kirche weitergeht. An allen Werktagen in der Oster­zeit und auch an allen Sonntagen hören wir bei der Messe ein Stück aus der Apostel­geschichte. Sie führt uns ein in den Werdegang und den Entstehungsprozess der Kirche. Und auch das Nachtragskapitel zum Johannesevangelium berührt diese Frage. Jesus selbst sorgt als der Auferstandene dafür, dass sein Werk weitergeht, indem er Petrus seine Herde anvertraut.

Interessanterweise nicht dem Johannes, dem Jünger der ungebrochenen Treue, der unter dem Kreuz ausgeharrt hatte, der am leeren Grab „sah und glaubte“, wie es ein Kapitel vorher im Johannesevangelium heißt, sondern dem Petrus, der ihn verleugnet hat.

Als er nach dem rei­chen Fischfang die Netze an Land zieht, brennt vor ihm am Boden ein Kohlenfeuer - wohl nicht zufällig. Es muss Petrus schmerzlich an das Kohlenfeuer im Hof des hohepriesterlichen Palas­tes erinnert haben, wo er Jesus dreimal verleugnet hat. Jetzt fragt ihn Jesus am Kohlen­feuer dreimal nach seiner Liebe. Das dreimalige Nein von damals wird mit einem dreimaligen Ja aufgelöst. Trotz seines Versagens in der Nacht vor der Kreuzigung, in der Nacht der Gefahr, be­kommt Petrus eine neue Chance. Das ist tröstlich und ermutigend, und zwar für alle Christen, die wir doch in unserem Glaubensleben auch immer wieder hin und her schwanken zwischen echter Nach­folge und Verleugnung.

Das Gespräch zwischen Petrus und Jesus hat aber noch einen anderen Aspekt, der in der deut­schen Übersetzung leider nicht auf den ersten Blick sichtbar wird. Nach der dritten Frage Jesu: „Liebst du mich?“ bemerkt der Evangelist, dass Petrus traurig wird, weil Jesus ihn zum dritten Mal fragt: „Hast du mich lieb?“ – Ja, was ist denn jetzt richtig: „lieben“ oder „lieb ha­ben“?

Für uns in der deut­schen Spra­che ist es ein Unterschied, ob einer fragt: „Hast du mich lieb?“ oder ob er fragt: „Liebst du mich?“ Das kleine Kind sagt vielleicht schon einmal: „Mama, ich hab dich lieb“, und meint damit, dass es die Mutter von Herzen liebt. Aber unter Jugendlichen und Erwach­senen, denke ich, gibt es da einen großen Unterschied zwischen „lieb haben“ und „lieben“.

Ein Blick in den griechischen Urtext des Evangeliums zeigt uns, dass Petrus in seinen Ant­wor­ten die ganze Zeit nur von „lieb haben“ bzw. von „freundschaftlicher Verbundenheit“ spricht. Jesus aber hat ihn nach seiner Liebe gefragt. Beim ersten Mal sogar, ob er ihn mehr liebt als alle anderen. Jesus benutzt dabei das griechische Wort „agapä“. Wir kennen dieses Wort als Bezeichnung für ein Liebesmahl, eine „Agape“ eben. Petrus antwortet aber nicht mit demselben Wort, sondern er weicht etwas aus. Er benutzt in seiner Antwort jeweils das griechische Wort „phileo“ für „lieb haben“, „freundschaftlich verbunden sein“. Petrus antwortet also nicht: „Ich liebe dich!“, sondern er sagt: „Ich bin dir freundschaft­lich verbunden.“ Petrus, der früher forsch den Mund gern recht voll genommen hat, ist auf einmal sehr vorsichtig geworden in seinen Versprechungen. Auch als Jesus nachhakt und ihn zum zweiten Mal nach seiner Liebe fragt, bleibt er beim „phileo“, der freundschaftlichen Verbundenheit.

Das ist das, was Petrus in der Lage ist zu geben. Und Jesus? Bei seiner dritten Frage geht er auf die vorsichtige Formulierung des Petrus ein. Vielleicht hat er erkannt, dass Petrus zum jetzigen Zeitpunkt zu mehr nicht in der Lage ist. So fragt er beim dritten Mal, wenn man es korrekt übersetzt: „Simon, Sohn des Johannes, bist du mir freundschaftlich verbunden?“ Er fordert von ihm nicht mehr, als Petrus ehrlichen Herzens versprechen kann. Und Petrus be­stätigt, was er ihm schon vorher zugesagt hat: „Ja, ich bin dir freundschaftlich verbunden.“ Daraufhin vertraut Jesus ihm seine Herde an: „Weide meine Schafe.“

Das, liebe Schwestern und Brüder, ist das Erstaunlichste an diesem Gespräch zwischen Jesus und Petrus - und in gewisser Weise auch zwischen Jesus und uns. Jesus hat einen Auftrag für Petrus. Er möchte ihm das Wohlergehen der Kirche anvertrauen. Trotz einiger Schwächen, die Petrus gezeigt hat, und trotz seiner Zurückhaltung in diesem Gespräch Jesus gegenüber bleibt Jesus bei sei­nem Auftrag: „Weide meine Schafe, weide meine Lämmer.“

In der Kirche sind wir oft darauf aus, nicht nur dass alles perfekt sein soll, sondern auch, dass wir es mit voller Hingabe tun. Aber was ist, wenn es für diese volle Hingabe nicht reicht? Wenn es eben nur Sympathie ist und nicht Liebe? Wenn jemand die Idee dieses Jesus von Nazaret zwar gut findet, sich aber schwer tut, sich ihm mit Haut und Haaren zu überantwor­ten? Hier macht uns das Evangelium Mut. Wir können und dürfen uns auf die Verkündigung und das Leben im Reich Gottes einlassen mit den Kräften und Möglichkeiten, die jede und jeder von uns zur Verfügung hat. Jesus fordert uns nicht über unsere Grenzen hinaus.

Es wird immer Menschen geben, die sich mit voller Energie und mit viel zeitlichem Engage­ment für die Kirche und für ihre Nächsten einsetzen. Andere haben da nicht so viel Kraft- und Zeitreserven oder andere Prioritäten. Das Evangelium heute sagt uns: Es ist gut. Tu, was dir möglich ist. Gleich wie viel oder was es ist, wenn es der Botschaft vom Reich Gottes dient. So dienst du dem Heil der Welt.

So lässt sich österlicher Glaube leben.

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