Kulturelles Leben
Sonntag - der christliche Ur-Feiertag
Predigt zum 3. Adventssonntag 2018 – gehalten von P. Dominik Daschner OPraem, Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach
Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal im Heiligen Land waren, in Jerusalem, oder zumindest im Fernsehen gesehen haben, was dort in den orthodoxen Judenvierteln geschieht, wenn der Sabbat beginnt. Die jüdischen Viertel werden dann von der Außenwelt abgeriegelt. Die orthodoxen Juden klinken sich vom Leben der restlichen Welt für einen Tag regelrecht aus. Denn es ist Sabbat, ihr wöchentlicher Ruhetag, an dem man dem mosaischen Gesetz zufolge keine Arbeit verrichten darf.
Und die ultraorthodoxen Juden legen dieses Sabbatgesetz ganz streng aus. Man darf am Sabbat außerhalb des eigenen Hauses nur eine kurze Strecke zu Fuß gehen, nur einen Sabbatweg weit (vgl. Apg 1,12); das sind ca. 1000 Meter. Und am Sabbat darf kein Feuer angezündet werden, denn auch das wäre ja Arbeit. Deshalb brennen in den Judenvierteln in Jerusalem am Sabbat keine Straßenlaternen. Auch Strom zählt zum Feuer. Deshalb kann am Sabbat nicht gekocht werden; alle Speisen müssen schon vorher zubereitet sein und werden dann in speziellen Behältnissen warmgehalten. Autos - weil die ja mit einem Verbrennungsmotor fahren - dürfen am Sabbat ebenfalls nicht bewegt werden. Aus dem gleichen Grund fliegt die ElAl, die israelische Fluggesellschaft, am Samstag nicht.
Es rührt aus der Schöpfungserzählung: „Sabbat“ ist Ruhetag, ausgespart für Gott…
Alles aus dem einen Grund: weil der Sabbat Ruhetag ist. Da steht für die Juden das Leben still. Dieser Tag ist ausgespart für Gott, für das Dasein vor ihm, den Gottesdienst und das Zusammensein in der Familie.
Dass der Sabbat als Ruhetag zu halten ist, das rührt aus der Schöpfungser-zählung der Bibel her. Nach dem Sechs-Tage-Werk der Erschaffung der Welt, so erzählt es das Buch Genesis, ruhte Gott am siebten Tag, dem Sabbat. So vollendete Gott sein Schöpfungswerk und „segnete den siebten Tag und heiligte ihn“ (Gen 2,3a), wie es dort heißt.
… kein langweiliges Nichts-tun, sondern schöpferische Ruhe
Dieses Ruhen Gottes am siebten Tag ist nach dem Bericht der Bibel kein langweiliges Nichts-tun, sondern auch dies ist Teil seines Schöpfungshandelns, eine schöpferische Ruhe. Von daher muss man übrigens auch die Bitte beim Gebet für unsere Verstorbenen richtig verstehen, wenn wir da immer wieder beten: „Herr, gib ihnen die ewige Ruhe.“ Ewige Ruhe, damit ist nichts tödlich Langweiliges gemeint, wo sich nichts mehr tut und ereignet - was man ja auch niemandem ehrlicherweise wünschen möchte. Sondern damit ist die Teilhabe an eben dieser Schöpferruhe Gottes gemeint: nach getaner Arbeit zufrieden, erfüllt und dankbar auf das vollendete Werk zurückschauen können und es genießen dürfen.
Der Sabbat als wöchentlicher Ruhetag, an dem der Mensch an dieser erfüllten Ruhe Gottes teilhaben darf, das ist eine einzigartige kulturelle Errungenschaft der jüdischen Religion. Die griechisch-römische Antike und die ganze restliche Welt ringsum kannte Vergleichbares nicht. Dort gab es keinen wöchentlich wiederkehrenden arbeitsfreien Tag; das gab es nur bei den Juden. Ansonsten kannte man nur einzelne heilige Tage im Verlauf des Jahres, die arbeitsfrei waren.
Die Christen der Urkirche, die ja aus dem Judentum herausgewachsen waren, sie haben zunächst weiterhin den Sabbat gehalten – als arbeitsfreiem Ruhetag, mit der Teilnahme am Synagogengottesdienst. Und am Tag danach, am Sonntag, dem Auferstehungstag ihres Herrn Jesus Christus, trafen sie sich in ihren Häusern zur Feier der Eucharistie.
Für Urchristen war der Sonntag Arbeitstag.
Nur war der Sonntag eben normaler Werktag. Deshalb mussten sie das entweder am Abend nach getaner Arbeit tun. So erzählt es zum Beispiel der Apostel Paulus in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth, wenn er die Christen dort dafür rügt, dass bei ihren Versammlungen die Reichen, die schon eher da sind, bereits mit dem gemeinsamen Essen beginnen – damals war mit der Eucharistiefeier noch ein Sättigungsmahl verbunden -, und dann alles weggegessen haben und schon betrunken sind, bis auch die Armen der Gemeinde, die Sklaven vor allem, dazustoßen können, die noch in der Arbeit gebunden waren. Eine Versammlung am Abend also.
Oder – so die spätere Entwicklung – man traf sich am frühen Sonntagmorgen zur Eucharistiefeier, bevor man die Arbeit des Tages in Angriff genommen hat. So berichtet es der Hl. Justin um das Jahr 150 aus Rom in einer Schrift, worin er die sonntägliche Messe der Christen beschreibt.
Der Sonntag, ihr wöchentlicher Feiertag, war also für die Christen der ersten Jahrhunderte normaler Arbeitstag. Und für Christen, die als Minderheit in buddhistisch oder muslimisch geprägten Ländern leben, wo zum Beispiel der Freitag staatlich geschützter, wöchentlicher Feiertag ist, für sie gilt das bis heute so.
Erst Kaiser Konstantin ordnete für Sonntag Arbeitsruhe an oder gewährte Zeit für Gottesdienst.
Erst im Zuge der öffentlichen Anerkennung des Christentums im vierten Jahrhundert unter Kaiser Konstantin hat sich das geändert. In verschiedenen Erlassen ordnet der Kaiser für den Sonntag Arbeitsruhe an. Zunächst aber nur für bestimmte Berufsgruppen. Die Richter, die Stadtbevölkerung und Gewerbetreibende sollen sonntags die Arbeit ruhen lassen. Die Bauern dürfen indes ihre Felder bestellen, um günstiges Wetter dafür nicht zu verpassen. Auch die christlichen Soldaten und Sklaven sollen am Sonntag frei bekommen, um ihrer Religionsausübung nachgehen zu können.
Allerdings erhalten sie nicht den ganzen Tag frei, sondern nur – wie Konstantin schreibt – „solange, bis sie ihre Gebete verrichtet haben.“ Heißt also: Für den Besuch des Gottesdienstes sind sie freigestellt; danach müssen sie in ihren Dienst zurückkehren. Diese Regelung zeigt schon: Es geht also nicht - wie beim Sabbat - darum, einen völligen Ruhetag einzuhalten. Nicht die Arbeitsruhe als solche ist das Motiv, um das es geht. Im Vordergrund steht: Die Christen sollen entsprechenden Freiraum erhalten, damit sie, befreit von Alltagssorgen, am Sonntag die Eucharistie feiern können, ohne das - wie bisher - im Verborgenen tun zu müssen und an den Rändern eines gewöhnlichen Arbeitstages.
Im 6. Jahrhundert erst wird der Sonntag, unser Ur-Feiertag, arbeitsfrei: ein Tag der Muße – frei auch für Gottes-Dienst.
Erst im Verlauf des sechsten Jahrhunderts wird der Sonntag dann komplett zum arbeitsfreien wöchentlichen Feiertag erhoben. Und der Sonntag gleicht sich mehr und mehr dem Sabbat als einem Tag der öffentlichen Arbeitsruhe an. Erstaunlich jedoch, wie lange sich Kirchenväter und Konzilien gegen die Übernahme einer völligen Arbeitsenthaltung vom jüdischen Sabbat auf den christlichen Sonntag wehren. Das erscheint ihnen als Müßiggang, vor dem sie warnen; als typisch jüdische Praxis, von der man sich abheben will; oder sogar als Zeichen des Antichrists. Es trifft also historisch nicht zu, wenn manchmal behauptet wird, unser christlicher Sonntag als wöchentlich wiederkehrender, arbeitsfreier Tag sei eine direkte Übernahme des jüdischen Sabbats; der Sonntag habe den Sabbat beerbt und ihn abgelöst.
Natürlich: Wir dürfen dankbar sein, dass der Sonntag als unser christlicher Ur-Feiertag, unser wöchentliches Osterfest, bei uns arbeitsfrei ist. So dass wir an diesem Tag frei sind für religiöse Beschäftigung, entspannt am Gottesdienst teilnehmen können.
Der Sonntag als ein Tag der Muße, zur Erhebung für Geist und Seele, zum Ausspannen und zur Erholung, für den Dialog mit Gott und zur Begegnung mit unseren Mitmenschen in der Familie und im Freundeskreis. So ist der Sonntag gedacht. Ein Tag, an dem wir uns als freie und erlöste Menschen erleben dürfen.
So ist der christliche Sonntag ein ganz hochrangiges Kulturgut, das wir schätzen und schützen sollten.
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