Gudrun Gloth spricht bei Sonntags-G`schichten über ihr neues Buch

Gudrun Gloth w 

„Er­leb­nis­se ha­ben mich be­ein­druckt“

Am Sonntagnachmittag wird die Berliner Journalistin und Buchautorin Gudrun Gloth im Kulturforum Bogen-Oberalteich im Gespräch mit Gaetano De Martino über ihr neues Buch mit dem Titel „Wie Prominente den Zweiten Weltkrieg erlebten“ sprechen. Im Interview erzählt Gudrun Gloth schon jetzt von ihrem Buch „Ich dachte, das sei mein Ende“ und ihrer Motivation dazu.

Als Filmjournalistin haben Sie viele Prominente aus Kunst, Politik, aus Wirtschaft und Sport kennengelernt. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese Menschen nach ihren Kriegserinnerungen zu fragen? Ein Thema, das viel Schmerzhaftes in sich trägt.

Gudrun Gloth: Das war in zweifacher Hinsicht naheliegend. Erstens habe ich als Kind und Jugendliche den Zweiten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag selbst erlebt. Zweitens wollte ich eigentlich Geschichte studieren, um dann als Journalistin bei einer seriösen Zeitung im Ressort Außen- und Innenpolitik zu arbeiten. Das war mir leider nicht möglich, denn mein Vater war sehr früh gestorben und Bafög gab es damals noch nicht. Man musste sein Studium selbst finanzieren. Das konnte meine verwitwete Mutter nicht, vielmehr musste ich für sie sorgen. Obwohl ich nach dem bestandenen Abitur auch noch einen Scheffel-Preis als beste Schülerin in Deutsch vorweisen konnte, erhielt ich nicht einmal eine Volontärstelle bei einer Tageszeitung, weil Frauen in den Redaktionen damals fast nur als Sekretärin vorkamen. Eine Chance dagegen bekam ich in der Redaktion der „Film-Revue“, und die habe ich selbstverständlich genutzt.

In Ihrem Buch „Ich dachte, das sei mein Ende“ kommen völlig unterschiedliche weibliche und männliche Persönlichkeiten zu Wort. Auch prominente Personen, die den Freistaat Bayern nachhaltig geprägt haben, schildern ihre Erlebnisse. Welcher der von Ihnen interviewten Gesprächspartner hat Sie am meisten beeindruckt und warum? Und gab es Menschen, die über diese Erfahrungen nicht sprechen wollten?

Gloth: Die letzte Frage sei zuerst beantwortet: Nein, niemand, den ich interviewen wollte, hat sich mir verweigert. Die Frage, wer mich am meisten beeindruckt habe mit seiner Erzählung und warum, ist nicht so leicht zu beantworten. Einfach alle haben mich sehr beeindruckt, auch durch ihre Offenheit und Wahrheitsliebe. Man ging sozusagen ans Eingemachte. Am meisten überrascht hat mich Beate Uhse, weil zum Zeitpunkt des Interviews kein Mensch, auch ich nicht, wusste, dass sie nicht nur die berühmte „Sex-Pionierin“ war, sondern vor allem Pilotin mit Leib und Seele, die im Zweiten Weltkrieg als Hauptmann in einem Überführungskommando der Luftwaffe größten Gefahren standgehalten hat.

Sie selbst kamen wenige Jahre vor der Machtergreifung Hitlers zur Welt und haben die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur von Kindheit an miterlebt. Wie sind Ihre persönlichen Erinnerungen an diesen dunklen Abschnitt deutscher Geschichte und wo haben Sie sich während des Krieges aufgehalten?

Gloth: Im Vorwort zu meinem Buch „Ich dachte, das sei mein Ende“ habe ich alles über meine Kindheit im Dritten Reich und wesentliche Eindrücke im Bezug auf Judenverfolgung und Kriegsende geschildert. Das hier zu tun, würde den Rahmen eines Interviews sprengen. Ich kann nur sagen, jeder, der wie ich von Anfang bis Ende dabei war, weiß genau, welches Glück wir haben, dass in unserem Land seit über 70 Jahren Frieden herrscht. Das heißt aber leider nicht, dass es dabei bleibt, denn momentan ziehen große Gefahren von allen Seiten herauf. Seien wir auf der Hut. Es gibt nichts Schrecklicheres als Krieg.

Wir erleben zurzeit weltweit ein erneutes Aufflammen, politische Diktaturen auch in westlich geprägten Ländern zu errichten. Statt Vereinigung und Verständigung zu schaffen, spalten patriarchalisch auftretende Politiker oft das eigene Volk. Welche Parallelen sehen Sie darin zur Zeit des Nationalsozialismus beziehungsweise wie beobachten Sie diese weltweite Entwicklung?

Gloth: Eigentlich habe ich die Antwort auf diese Frage schon vorweggenommen. Aber ich kann es gerne noch verdeutlichen. Wir haben es zurzeit mit Staatsführern wie Putin, Trump und Erdogan zu tun sowie mit einer Fülle ähnlicher Politiker in aller Herren Länder. Das sind Volksverführer wie Hitler, machtgierig, skrupellos, amoralisch, einfach brandgefährlich. Aber alle haben schon einen Großteil ihres Volkes so gläubig hinter sich wie Hitler die Deutschen im Dritten Reich. Leider wird an unseren Schulen das Fach Geschichte an den Rand gedrückt, statt die Schüler geistig fit zu machen für ihre Zukunft als mündige Bürger, die bei Wahlen nicht auf Volksverdummung hereinfallen, sondern alles kritisch hinterfragen, was da zur Wahl gestellt wird.

Finden Sie es wichtig, dass auch die nachfolgenden Generationen über Krieg und Nachkriegszeit, über ihre Traumata und Überlebenskämpfe Bescheid wissen?

Gloth: Und ob ich das wichtig finde – deshalb nehme ich jede Gelegenheit wahr, die sich mir bietet, um aus meinem Buch vorzulesen. Bei jeder Lesung erlebe ich, dass anschließend Menschen völlig aufgewühlt vom gerade Gehörten zu mir kommen. Senioren, die mir noch eigene Erlebnisse berichten. Menschen in mittleren Jahren, die sagen: „Mein Vater hat nie über den Krieg gesprochen. Dann hat er Ihr Buch gelesen, und plötzlich hat er sein Schweigen gebrochen und uns alles erzählt, was wir wissen wollten.“ Von jungen Menschen höre ich dagegen oft: „Das hat man uns im Geschichtsunterricht nicht erzählt. Wir waren nur gelangweilt und haben gar nichts verstanden.“ Ich biete Schulen und Gymnasien kostenlose Lesungen an. Bisher ist keine darauf eingegangen. Nicht einmal mein eigenes Gymnasium, die Fichte-Schule in Karlsruhe. Da habe ich überhaupt keine Antwort auf mein Angebot bekommen.

Bei Ihrem letzten Besuch der „Sonntags-G’schichten“ wurde vor allem das 70-jährige Jubiläum der Zeitschrift „Film-Revue“ thematisiert, für die Sie viele Jahre als Chefredakteurin arbeiteten. Worauf freuen Sie sich bei den „Sonntags-G’schichten“ am 18. Februar?

Gloth: Auf viele Zuhörer. Karten für die Lesung am Sonntag, 18. Februar, gibt es zum Preis von neun Euro (Erwachsene) und sieben Euro (ermäßigt) beim Leserservice des Straubinger Tagblatts, Telefon 09421/940-6700, und bei der Bogener Zeitung, Telefon 09422/85850, und an der Nachmittagskasse. Beginn ist 15 Uhr. Begleitet wird der Nachmittag mit Musik des Gitarristen Michael Reiß von der Kreismusikschule und seiner Gitarrenschüler.

Interview: Elisabeth Röhn/BOG Zeitung vom 15. Februar 2018

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