. . . und drum herum
Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (3): Beda Aschenbrenner
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Der “Bauernprofessor” auf dem Ingolstädter Rechtslehrstuhl und letzte Abt von Oberalteich
Der Name stufte ihn ein: ASCHENBRENNER! Ganz sicher waren solche unter seinen Vorfahren. Sie hatten Asche gebrannt für die Glasherstellung in den Hütten des Bayerischen Waldes. Und überdies war er auch noch aus einer abgelegenen Benediktinerabtei nach Ingolstadt berufen worden: Pater Beda Aschenbrenner OSB (1756 bis 1817) aus Oberaltaich, der ...
... laut Vorurteilen aller Insider den dort nach Jahrhunderte langer Universitäts-Tätigkeit verbotenen Jesuiten das Wasser nicht reichen konnte und darum schon vor seinem Eintreffen als „Bauernprofessor” abqualifiziert worden war.
Franz Josef Aschenbrenner mit dem Klosternamen Beda entstammte der Einöde (Alt-)Vielreich (Haibach), einst Pfarrei Haselbach. Das vergleichsweise winzige Haibach hat neben diesem Mittelbauern- und Fischhändlerssohn, dem Viztum in Straubing und Klosterstifter in Elisabethszell, Dietrich der Haibeck, und mehreren Barockprälaten einen Bürgermeister hervorgebracht, der 36 Jahre im Amt blieb: Alois Rainer, der auch Bayerns Landtag und danach dem Bundestag angehörte, dessen Tochter Gerda Hasselfeld, Vizepräsidentin des Bundestags und zuvor Bundesministerin, ihren Bruder, der seit 1996 als Bürgermeister dient, und den Bäcker- und Konditormeister Ernst Hinsken, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär in der letzten Regierung Helmut Kohls und Tourismusbeauftragter der Großen Koalition1. Sie sollen in einem weiteren Teil der Haibach/Haselbacher Besonderheiten gewürdigt werden.
Franz Josef Aschenbrenner aus Vielreich, Gemeinde Haibach, Pfarrei Haselbach
Pater Beda war der in der baierisch-benediktinischen Geschichte über weite Strecken unscheinbaren, lange sogar verrufenen Abtei Oberaltaich beigetreten, weil sich dort vom 17./18. Jahrhundert an zahlreiche Schriftsteller und Philosophen zusammengefunden hatten. „Wie er von der Schule austrat, bestieg er den Lehrstuhl”, rühmten Zeitgenossen Intelligenz und pädagogische Fähigkeiten des jungen Priesters Aschenbrenner, der unmittelbar nach seiner Weihe 1780 an die Adelsschule Neuburg a. d. Donau versetzt wurde. Er bereitete dort zahlreiche Adelssöhne auf ein Leben in Staat und Gesellschaft als Beamte, Juristen, Verwalter staatlicher oder kirchlicher oder Bewirtschafter eigener Güter vor. Ein Aspekt, der im riesigen Konvolut der biographisch-ideologisch-politischen Würdigung des Universalgelehrten wenig beachtet wurde, der in Ingolstadt Theologe, Kirchenrechtler und -historiker, Kanoniker und Jurist war, eine Ausnahmspersönlichkeit des 18./19. Jahrhunderts.
Beda Aschenbrenner - ein hochgebildeter, aufgeschlossener bayerischer Benediktiner
Doch die Beda-Aschenbrenner-Vita hellt das Zerrbild bayerischer Benediktiner, wie überhaupt der Mönche auf. Die waren in der (macht- und finanz-)politischen Vorbereitung der zutiefst inhumanen und rechtswidrigen Säkularisation der bayerischen Klöster vor allem von opportunistischen Staatsdienern viel geschmäht worden. Doch nicht allein dieser hochgebildete, wissenschaftlich und praktisch immens fleißige Priester-Mönch erweist sich bei näherem Hinsehen als weltoffener, mobiler und politisch aufgeschlossener Zeitgenosse und, wie viele zeitgenössische Benediktiner, behutsam aufklärerischer Liberaler.
Sein Wirken und das einiger Mitbrüder an weit auseinander liegenden Orten widerlegt die Beschreibung angeblich egomanischer, der Welt entrückter, letztlich lebensunfähiger Menschen in muffigen Klöstern. Denn zum Beispiel die Abtei Oberaltaich entsandte neben Pater Beda, der von 1784 bis 1786 auch am Gymnasium Straubing unterrichtete, dessen Mitbrüder Pater Angelus Lang, einen Musiker und Komponisten, ab 1784 nach Neuburg, Peter Georg Schneller für acht Jahre ab 1790 als Professor für Moral- und Pastoraltheologie an die Universität Ingolstadt, deren Rektor er 1796 war; Pater Maximilian Arnold 1794 nach Ingolstadt; Pater Joseph Maria Maier 1782/83 als Lehrer der ersten, danach für die zweite Grammatik nach Neuburg; Pater Dominik Gollowitz ab 1799 bis 1801 als Moral- und Pastoral-Professor nach Ingolstadt und Pater Benedikt Schneider ab 1791 als Physiklehrer nach Neuburg und ab 1794 als Logik-Professor nach Ingolstadt.
Beda Aschenbrenner - Rhetoriklehrer in Neuburg a. D. ...
Dass Pater Beda „in allem Gott, seinem Abt und seinen Mitbrüdern gehorsam war”, wie es die Regel verlangte, rühmen alle seine Biographen. Das erforderte aber nicht nur Demut, sondern auch körperliches Durchhaltevermögen: Denn fast immer per pedes apostolorum bewältigte er seine Märsche zwischen Oberaltaich und Neuburg und zurück, auf denen er nur in Klöstern einkehren durfte und glücklich war, wenn er eine kostenlose Schiffs- oder Floßpassage bekam. Sein Einkommen als Rhetoriklehrer in Neuburg war, gemessen an der Arbeitszeit von wochentäglich vierzehn Stunden plus Zelebrations- und Stundengebetszeiten, gering. Er bekam wie alle Lehrer eine
- Festbesoldung von 200 Gulden (fl.) im Jahr,
- freies Holz und Licht (Öl, Kerzen) für die Wohnung,
- Biergeld 41 fl. 42 kr. (Kreuzer),
- Ostergeld (vermutlich für Beichtstunden) 2 fl. 24 kr.,
- Fastenzeitgabe (weil die Kost geschmälert wurde?) 9 fl.
- und Vakanz 11 fl.
Diese Gesamtsumme von 279 fl. 34 kr. wurde dem Oberaltaicher Abt ausbezahlt. Der konnte nach eigenem Gusto den Pater beteiligen. In Neuburg hatte Pater Beda Kost und Logis frei. Es ging ihm dort, verglichen mit der Kargheit der Abtei, auffällig gut, da die jungen Adeligen wegen ihrer Jugend und noblen Herkunft „mit gehobener Kost” bedient wurden. Die Lehrer aßen im selben Saal aus derselben Küche. Schon, dass „weißes Gerstenbier” gereicht wurde, deutet die Vorzüge an.
Wie aber kam es zu der Verbindung zwischen Oberaltaich und der einstigen Kelten- und Römerstadt Neuburg, die seit 1505 Hauptstadt eines kleinen Fürstentums war? Dessen erster Fürst war 1542 zum Luthertum übergetreten, sein Nachkomme Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm kehrte 1614 in den Schoß der katholischen Kirche zurück. Unter ihm und seinen Nachfahren, vor allem aber durch den Einfluss der von ihm als Lehrer geholten Jesuiten waren die eigenen Untertanen und Abhängige wieder katholisch geworden, teils unter heftigen Zwängen. Besonders wichtig erschien den Jesuiten die 1617 eröffnete Adelsschule. Neuburg und die Schule waren seither prächtig gewachsen und glänzend ausgebaut worden. Die Benediktiner wurden als Lehrer Nachfolger der seit 1773 bis 1818 verbotenen Jesuiten. Pater Beda geriet in eine zermürbende Tretmühle: Er musste Unterrichte vorbereiten, Arbeiten korrigieren und bewerten, den Tagesablauf streng der benediktinischen Regel folgend mit wenig Schlaf und vielen nächtlichen Gebeten einhalten und jenem der Schüler anpassen. Und er musste die Schüler fast rund um die Uhr betreuen und unterweisen.
... in einer Tretmühle zwischen Unterricht und streng benediktischer Regel
Der Schwarzacher Christoph Liebl, Lehrer am Benediktinergymnasium Metten, notierte den Tagesablauf und Stundenplan eines Schülers im Kloster Tegernsee um 1794, der auch jenen im Gymnasium Neuburg entsprach:
3/4 5 Uhr Wecken, Waschen und Ankleiden, anschließend Beten und Studieren, 7 Uhr Messe, 1/2 8 Uhr Suppe, 8 - 10 Uhr Schule, 10 - 11 Uhr Musikstunde, 11 - 12 Uhr Mittagstisch, 12 - 1/2 1 Uhr Erholung, 1/2 1 - 1/2 2 Uhr Musik- und Studierstunde, 3/4 2 - 2 Uhr Vorbereitung auf die Schule, 2 - 4 Uhr Schule, 4 - 5 Uhr Musikstunde, 5 - 6 Uhr Abendtisch, 6 - 1/2 7 Uhr Erholung, 1/2 7 bis zum Angelus-Läuten Studieren. Die Nachtruhe begann nach dem Abendgebet gegen 9 Uhr. 2
Zu diesen in allen staatlichen Schulen gleichen Grundterminen kamen in Neuburg noch weitere Schulpflichtfächer für „die jungen Zöglinge”: Sie setzten überdurchschnittliche pädagogische Fähigkeiten voraus:
- • “Religion, Sittenlehre, biblische allgemeine Welt-, vaterländische Kirchen- und Naturgeschichte;
- • vaterländische und Welt-Erdbeschreibungen, Rechnungs- und Messkunst;
- • deutsche, lateinische und griechische Sprachenlehre;
- • Dicht- und Redekunst, Philosophie;
- • Tanzen, Fechten, Reutten, Zeichnen;
- • Französisch und Musick.”
Neuburg a.d. Donau, 1633 - Im Gymnasium lebte Pater Beda Aschenbrenner, OSB, der spätere Abt von Oberalteich. (Repro: Westerholz) - Vergrößern durch Anklicken!
Von April bis August gab es eine Frühmesse an drei Wochentagen, ein Hochamt mit Predigt jeden Sonntag, Dienstag und Donnerstag um 1/2 10 Uhr „Musick und Zeichnen”, um 11 Uhr einen begleiteten Spaziergang, jeden Samstag zusätzlich einen Abendgottesdienst in der Hofkirche. Die Tageskost bestand aus „Morgens 1 Tasse Milch mit etwas Zucker, halbe Semmel, im Sommer und zu allen Zeiten das mögliche Obst, mittags vier Speisen und 1 halbe Maß Weißes Gerstenbier, abends drei Gerichte und 1 halbe Maß des nämlichen Biers.” Im Haus gab es zur Erziehung, Belehrung, Aufsicht und Bequemlichkeit „einen Medico und Friseur”, ferner Krankenwärter, Wundarzt und zahlreiche Dienerschaft, wofür jährlich 400 fl. fällig wurden. Da aber Stipendien gestiftet waren und Zehenten Gewinne abwarfen, wurden tatsächlich kassiert:
- „Von Armen 30 fl.,
- von Mittelmäßigen 60 fl. und
- von Vermöglichen 100 fl.”
Damals verdiente ein Tagelöhner kaum mehr als 20 fl. im Jahr, ein Ingolstädter Professor 200 fl. Die Seminaristen mussten neben umfangreicher Leib- und Hauswäsche noch Bücher, Ausrüstungen fürs Reiten, Fechten, Zeichnen, Festkleidung für Empfänge, Tanzstunden und Tanzfeste, „Boudre (Puder) und Pomade für die Parucken” und das jede Woche vom Friseur gerichtete Haar mitbringen. Sie hatten jedes Jahr zwei Monate „Vakanzen”, durften diese Ferien aber auch im Internat verbringen, weshalb auch Pater Beda zeitweise anwesend sein musste.
Er und die Mitbrüder als Lehrer waren stetig bei ihren Schülern, mussten ihre Mitternachtsgebete sprechen und waren längst auf, wenn die Schüler geweckt wurden. Ungeachtet ihrer Bildung und priesterlichen Würde wurden sie streng gehalten: „Mit den jungen Zöglingen hat man höflich und freundlich umzugehen, sollen sich aber nie einfallen lassen, gar zu vertraulich und gemein zu werden, sondern überall jedem mit schuldiger Hochachtung zu begegnen. (...) in den vom Director zugeteilten Stunden muß man Morgens die jungen Zöglinge aufwecken (...), doch so daß man sie mit übertriebenem Getöße nicht in Schröckhen (ver-)setze.”
Die Instruktionen für „den Director, die Lehrer, den Portner, die Köchin, Hausknechte, Hausmägde, Diener, Aufträger, Tafeldecker” mit jeweils kaum weniger als 30 „Articuln” unterstreichen den Aufwand für Jung-Adelige, von denen einige aus dem Herrschaftsbereich des späteren letzten Oberaltaicher Abtes Beda Aschenbrenner stammten, ja letztendlich von dessen Abtei, Abt und Konvent abhängig waren, sofern sie oder ihre Familien Liegenschaften der Mönche verwalteten. Die Lehrer wie Pater Beda mussten die Köchin bzw. deren Speisen überwachen: Reinlich, sparsam, gesund mussten Köchin und Servicepersonal sein, schmackhaft, nicht zu fett die Speisen - und die Teller mussten geleert werden. Dass es nicht nur um Erziehung und Intelligenz ging, sondern Aufgabe der Lehrer war, durch ständige Aufsicht und Beschäftigung „Winkelzusammenkünfte an geheimen Orten” - im Sinne der Sittlichkeit und der Staatssicherheit - zu verhindern, stand auch in den Instruktionen, ferner, dass die Lehrer-Priester sich zu ihren auswärtigen Gottesdienstterminen von möglichst vielen Schülern begleiten lassen sollten.3
Wie Beda Aschenbrenner zur Ingolstädter Professur kam
Wie aber kam der Pater Beda Aschenbrenner zur Ingolstädter Professur? Der illegitime Sohn eines hochadeligen niederbayerischen Geschlechts und Berater des ungeliebten Kurfürsten Karl Theodor, Carl Graf von Eckartshausen, hatte den Gründer der aufklärerischen Illuminaten, Adam Weishaupt, 1790 als angeblichen Staatsfeind denunziert. Weishaupt war geflohen und der Fürst wünschte, dass dessen „Katheder des kanonischen Rechts an der Hohen Schule zu Ingolstadt” einem Benediktiner verliehen werde. Pater Beda Aschenbrenner, dessen religiöse und fast prophetisch-politische Gelehrsamkeit Bayern weit erkannt worden war, nahm „aus Gehorsam” den Ruf an. Schon 1784 hatte er öffentlich Mängel der Klöster und Schwächen der Mönche kritisiert. Als die massive Besteuerung der Klöster angekündigt wurde, zweifelte er nicht mehr, dass es zum Niedergang, wenn nicht zur Auflösung der Klöster kommen würde. Niemand weiß, woher er die Kräfte für seine Bemühungen nahm, durch Reformen das Mönchstum zu retten. Wie er sich die eigene Philosophie erarbeitete, dass die Trennung von Staat und Kirche und zugleich die Einschränkung der Macht der Päpste auf die formal kirchlich-theologisch-kanonischen Rechte der richtige Weg in die Zukunft sei. Dass der Staatsreformer Graf Montgelas seine Idee vom künftigen bayerischen Staat längst verinnerlicht hatte, die Klöstern keinen Platz in dem künftigen Gebilde lassen würde, konnte Abt Beda nicht ahnen.
Der vom Dorfgeistlichen Pater Emmeram Ziegler OSB geförderte, in Erding, Freising und Oberaltaich ausgebildete Mitterbauern- und Fischhändlerssohn Aschenbrenner aus einer Familie mit 15 Kindern hätte auch an der Salzburger Benediktiner-Universität Karriere machen können. Aber er hatte sich für Ingolstadt entschieden, obwohl ihn die erklärte Gegnerschaft der meisten Professoren bedrückte. Er wusste aber, dass er hier frühzeitiger über die unausweichlichen politischen Veränderungen in Baiern informiert sein würde. Und bald auch über das Chaos in einer feudalistisch-verkrusteten Welt, die durch die Revolution in Frankreich aufgeschreckt worden war.
Umstürzlerischer Revoluzzer, “Bauernprofessor” oder einer, der die Zeichen der Zeit erkannte
Nicht lange vor seinem Eintritt in die Abtei Oberaltaich war die noch ein schändlicher Sündenort mit Frauen als Bedienungen, mit Mönchen, die sich im Reichtum der Abtei suhlten, gewesen. Sie war zum Ort höchster Gelehrsamkeit gewendet worden, und auch der Ruhm der Fähigkeiten des Paters Beda hatte sich über Baiern hinaus verbreitet, der eines Mannes von vorbildlicher Religiosität, höchster Gelehrsamkeit, praktischen Fähigkeiten, großer mitmenschlicher Einfühlsamkeit und einer nie nachlassenden Heimat- und Familienliebe. Nur in Ingolstadt missachteten hochfahrende Professoren, die ihn für einen kurfürstlichen Lakaien und zugleich umstürzlerischen Revoluzzer hielten, den „Bauernprofessor”. Der reagierte auf ihren Spott nicht, überzeugte Gutwillige und seine Studenten mit seinem Wissen. „Ich habe das ehrenvolle Lehramt nit gesuppliert” - so und ohne offizielle Beschwerden gegen ihr Vorurteile und böswilligen Behinderungen seiner Arbeit beschämte er seine unfreundlich-überheblichen Kollegen: 1796/96 wurde er Dekan der juristischen Fakultät und lehrte im Sinne einer vorsichtigen Aufklärung auch in deutscher Sprache. So deutlich, dass er ins Fadenkreuz der Schleimer und Intriganten am Kurfürstenhof in München geriet, die überall Revolutionstendenzen vermuteten und die neuen Lebensrealitäten verschlafen hatten: 4
Dass einer seiner Schüler in einer akademischen Festrede zum Thema: „Die jedem Bürger unabsprechbare Ziviltoleranz” wörtlich sagte, „... daß man alle Religionen gedulden solle und dieses Zuthun Nothwendigkeit sey ...”, bot die ersehnte Möglichkeit, auf den Pater-Professor Aschenbrenner einzuschlagen: Was der Student öffentlich ausgesprochen hatte, war liberales Gedankengut in Reinform. Der Akademische Rat der Universtität belegte den Pater-Professor mit einem Verweis. Die Forderung des Akademischen Rats, alle Pflicht-Vorlesungen in lateinischer Sprache zu halten, erfüllte der Professor Aschenbrenner. Doch er verdoppelte kostenlos seine Stundenzahl und trug dabei die übersetzten lateinischen Lehrtexte nur Deutsch sprechenden Studenten in der Muttersprache vor. Diese kleine Rebellion ließ er sich nicht nehmen - schließlich war er vor der Berufung nach Ingolstadt als Lehrer gerühmt worden, der als erster deutscher Kirchenrechtler in Deutsch dozierte.
Beda Aschenbrenner wird überraschend zum Abt von Oberalteich gewählt.
1796 wurde Pater Beda überraschend zum Abt von Oberaltaich gewählt. Er ahnte das Ende des Mönchstums in Baiern voraus, hielt es aber mit Martin Luthers „letzten Dingen”: baute Schulden ab, erschloss Ödgründe als Bauernland, verjüngte die Wälder, schloss neue Pachtverträge ab, pflanzte Schutzwälder, hielt seine 42 geistlichen und zwei Laien-Mitbrüder an, sich erstklassig fortzubilden. Er schaffte kostbare Bücher an, lehrte, disputierte, verbesserte die Wirtschaftlichkeit der Klosterbesitzungen, stand den Untergebenen bei: Bauern, Handwerkern, Alten, Kranken, Kindern. Selbst Aufhebungskommissare rühmten seine Leistungen und vernichteten dennoch mitleidslos sein Lebenswerk. Er wusste um die filigrane Realität seiner eigenen und der Existenz des Mönchstums, warnte Klöster aller Orden und Kongregationen vor den staatlichen Machenschaften und der massiven Verletzung jeglichen Rechts. Er schaffte es aber nicht, sie zur gemeinschaftlichen Abwehr oder zumindest zur Milderung des Klostersturms zu einen.
Er schaffte es nicht, den “Klostersturm” der Säkularisation abzumildern.
Er reagierte verbittert auf die Auflösung, die in Oberaltaich am 6. November 1802 um 9 Uhr begann und mit der Entscheidung des Kurfürsten am 1. April 1803 vollstreckt wurde. Auch wenn der damit beauftragte Generallandesdirektionsrat Annetsberger (auch Anets- und Anetzberger geschrieben!) in seinem DIARIUM abschätzig schrieb, „der Abt fügte sich dem Ansehen nach mit Ergebung in die Absicht der Regierung”, bestand kein Zweifel an diesem letzten Gehorsamsbeweis Abt Bedas. Er kämpfte aber um den Unterhalt seiner Mitbrüder. Er klagte über das Leiden der plötzlich arbeits-, besitz- und wohnungslosen 147 direkten Untergebenen, irrte aber, was die vermeintliche Verschleuderung der Klosterwerte anging: Er behauptete „einen schreienden Kontrast zwischen dem Original- und dem Schätzwert” sowie den Zuschlagspreisen bei den Verkäufen. Aber vor allem bei den Grundstücken bzw. Wäldern und Anwesen erzielten die Staatsbeamten oft mehr als das Doppelte des Aufrufspreises. Der von dem Auflöser Annetsberger fast völlig übergangene, meist nur misstrauisch beobachtete Abt ertrug, während er noch fünf Monate im alten Kloster vegetierte, dessen totale Auflösung. Nur der Bibliotheksauflöser von Aretin würdigte öffentlich des Abtes Leistung auf dem Bibliotheks- und dem Gebiet der Geisteswissenschaften insgesamt. Dabei hatte Abt Beda es doch besonders schwer gehabt: Nicht nur hatte er Schulden und eine leere Kasse übernommen. Sondern er war auch Verantwortlicher für eine Abtei geworden, die zwar einen maximalen Wert von 900.000 fl. „aus liegenden Gütern, Viehe, Fahrnis, Silber, Bibliothek und Aktivkapitalien” hatte, doch mit 30.000 fl. jährlich keinen nennenswerten Gewinn erzielte.
Als die Rechnungen der Zeit zwischen der Abtswahl 1796 und der Übernahme der Verantwortung durch den Staat geprüft wurden, ergab sich aus dem Barbestand von 405 fl. 35 kr ein Überschuss von 210 fl 56 kr. Wieder reagierte Auflöser Annetsberger grundlos zweifelnd auf die Angabe des Abtes Beda, dass er in Notfällen mit seinem eigenen ersparten Vermögen als Professor und Abt ausgeholfen habe und der Überschuss ihm gehöre. Schließlich bat er um die Überlassung der Möbel und zweier Bilder aus der Abtswohnung: Ein bisschen Wohlwollen habe er sich allein dadurch verdient, dass er in den sieben Abtsjahren die Aktivkapitalien um 18.000 Gulden gesteigert habe.
Überlassen wurden ihm lediglich die beiden Bilder: Das des Kurfürsten und jenes einer Frau von Pürching: Der reiche Johann von Pürching zu Hofkirchen († 1654), Eigner etlicher Sitze in der Region, und seine Frau Katharina aus dem berühmten Großkaufmannsgeschlecht der Welser († 1659), hatten der Abtei Oberaltaich einst drei Güter geschenkt, aus deren Gewinn eine von ihnen gestiftete Jahresmesse auf dem Bogenberg finanziert werden sollte. Die Patres waren dieser Pflicht stets nachgekommen. Und die Äbte hatten das Bild der Stifterin in Ehren gehalten. Bis zur endgültigen Festlegung der Unterhalte für Ex-Prälaten und Mönche zahlte man ihm drei Gulden täglich aus.
Diese kurzgefasste Kirchengeschichte, 1789 von Pater Beda Aschenbrenner herausgegeben, befindet sich heute in der Gymnasial-Bibliothek Straubing. ( Repro: Westerholz) - Vergrößern durch Anklicken!
Niemand nahm von dem einst so gepriesenen, menschenfreundlichen letzten Abt mehr Notiz, als immer häufiger Versteigerungen im Abteibereich angesetzt wurden. Abt Beda Aschenbrenner zog sich ins Pfarrhaus Weelbach bei Donauwörth, dann in jenes seiner Heimatpfarrei Haselbach zurück. Doch die Unruhe, der Verlust seiner Würde und Verantwortung ohne eigene Schuld, die Demütigungen durch Feinde der Kirche selbst im Herrscherhaus, der Regierung und der Ständeversammlung, das Wissen darum, dass er mit seinen Warnungen vor der alle geistigen Werte und Traditionen vernichtenden baierischen Politik Recht gehabt hatte, trieben ihn über Straubing und Regensburg weiter, bis er 1808 nach Ingolstadt zurückkehrte. Er arbeitete wissenschaftlich und betete 1817, krank und zermürbt: „Es tut nicht der Mühe ab, mich zu restaurieren. Ich gehe gerne zur Ruhe. Gott lasse mich in seiner Gnade sterben!”
In diesem letzten Abt einer unter ihm bedeutsamer als je zuvor gewordenen Abtei in der Regel des heiligen Benedikt, dessen aufgelöste und ab 1830 im nahen Metten wiedereröffnete Konvente das Bild Altbayerns und unserer näheren Heimat bis heute stark prägen, vollendete sich das Idealbild des Benediktiners erst nach der Auflösung seiner Abtei. In den Jahren nach 1803 hatten sich Gehorsam und Demut, Geduld und priesterlicher Eifer des wahren Mönchs in dem alten Mann, dem Priester, Professor und Gelehrten, vollendet vereinigt. Sein Sterbewunsch ging am 24. Juli 1817 unter dem geistlichen Beistand des Professors Anton Leinfelder in Erfüllung.
QUELLEN/ANMERKUNGEN
- Dieser Bericht erschien in einer Langfassung in den HEIMATBLÄTTER(n) der "Schrobenhausener Zeitung" Nr. 5/2004 und 1/2005
- Weitere, teils ausführliche Darstellungen zu Oberaltaich und Abt Beda Aschenbrenner: H. Sagstetter, in: Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung, 85. Jahrgang 1983;
- (Passaus Bischof Dr.) A. Hofmann, in: Neue Veröffentlichungen des Instituts f. Ostbaier. Heimatforschung in Passau, 1964.
- 1 Freundl. Mitteilung des Bürgermeisters Alois Rainer
- 2 in Alt und Jung Metten, 70. Jahrgang, 2. Heft 2003/04
- 3 Dem Stadtarchiv Neuburg a. d. D., Frau Dr. Barbara Zeitelhack,
- und dem Staatsarchiv Augsburg, Frau Claudia Calesse, verdanke
- ich Einblicke in Copialbücher und in das Seminararchiv
- Neuburg a. d. D. sowie Erläuterungen dazu.
- 4 Alfons Huber in "Der Landkreis Straubing-Bogen", Straubing, 1984
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