Mitterfels
Unser Bild von Gott?
Kath. Pfarrei Mitterfels. Predigt am 8. Oktober 2017, gehalten von Pater Dominik Daschner OPraem
Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. [. . .]
Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.
Jesaia, Weinberglied
Welches Bild von Gott tragen wir eigentlich in unserem Herzen? Es lohnt, darüber einmal ein wenig näher nachzudenken; zumal auf dem Hintergrund der heutigen Schriftlesungen.
Aristoteles: Gott, der „unbewegte Beweger“, die „Erstursache“
Aus der griechischen Philosophie stammt eine der bedeutendsten Gottesvorstellungen, die auch heute noch nachwirkt und bei nicht wenigen Menschen bestimmend ist: das Bild von Gott als dem „unbewegten Beweger“. Diese Bezeichnung für Gott geht auf Aristoteles zurück, der sie aus der Beobachtung der Natur erschlossen hat.
In der Natur, so hat er nämlich festgestellt, hat jedes Phänomen eine Ursache. Nichts geschieht, ohne dass irgendeine Kraft dafür verantwortlich wäre. Und jede Bewegung ist von jemandem oder etwas angestoßen worden. So kann man in der Kette von Ursache und Wirkung immer weiter zurückgehen. Aber eben nicht ins Unendliche hinein. Irgendwo muss diese Verkettung von Ursache und Wirkung ja angefangen haben und ins Rollen gekommen sein. Also muss es nach der Überzeugung von Aristoteles eine Erstursache geben. Etwas muss am Anfang stehen, das selbst von nichts anderem mehr abhängig ist, das keinen Anstoß von außen braucht, das in jeder Hinsicht vollkommen ist, ewig und in sich selbst ruhend, die grundlegende Ursache von allem, die verantwortlich ist für alle Bewegungen, ohne selbst von etwas anderem bewegt zu werden oder gar sich selbst zu bewegen. Und diese erste Ursache von allem, den „unbewegten Beweger“, nennen wir Gott, so der griechische Philosoph.
Dieser Vorstellung nach habe Gott also in einem einmaligen Schöpfungsakt die Welt mit ihren Naturgesetzen angelegt und die Evolution ins Rollen gebracht, er selbst aber ruht unveränderlich in sich selbst und mischt sich in den weiteren Lauf seiner Schöpfung nicht ein.
Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen ein ähnliches Bild von Gott in sich tragen, mehr als ihnen vielleicht selbst bewusst ist: Gott als Erstursache von allem, was ist, Gott als „unbewegter Beweger“; selber unveränderlich, fern und abgehoben von seiner Schöpfung.
Bibel: Gott zeigt sich in der Geschichte, im Leben der Menschen, weil er sie liebt
Die Bibel denkt anders von Gott. Sie entwickelt keine abstrakten Ideen seiner Vollkommenheit und spekuliert nicht über sein Wesen, sondern die Bibel ist davon überzeugt, dass Gott sich zeigt in der Geschichte, in der Erfahrung und im Leben der Menschen. Die Menschen der Bibel rechnen mit Gott als mit einer Person, mit einem Gegenüber, dem das Leben und die Zukunft der Menschen nicht gleichgültig sind, weil er sie liebt; der sich einmischt und ihre Nähe sucht. Der Gott der Bibel ist nicht weltentrückt mit sich selbst beschäftigt, sondern bindet sich an die Menschen.
Und deshalb kann er auch enttäuscht sein von der Lieblosigkeit, der Gleichgültigkeit und der Gottvergessenheit der Menschen. Das Weinberglied des Propheten Jesaja, das wir heute als Erste Lesung gehört haben, und das Evangelium dieses Sonntags sprechen davon.
Das Lied, das der Prophet Jesaja in der Art eines Bänkelsängers bei einem Weinfest in Israel gesungen hat, es ist das Lied vom Liebeskummer Gottes. Es singt von enttäuschter Liebe und vergeblicher Liebesmüh; von einem Gott, der enttäuscht ist über sein Volk, weil seine Liebe nicht erwidert wird, weil nichts zurückkommt.
Der Gott des Jesaja ist kein „unbewegter Beweger“. Nein: Gott müht sich ab für sein Volk. Wie ein Winzer um einen schönen und kostbaren Weinberg hat Gott sich um Israel gemüht. Der Prophet stellt Gott als einen vor, der schwere Arbeit für sein Volk verrichtet. Er entfernt die Steine aus dem Weinberg und stapelt sie zu Mauern auf, welche den Weinberg schützen, die Tagessonne speichern und in der kühlen Nacht zurückstrahlen, um die empfindlichen Weinstöcke zu wärmen. Er kultiviert und umsorgt seinen Weinberg. Er baut einen Turm.
Gott müht sich ab für sein Volk. Und er hofft und wartet darauf, dass es gute Früchte bringt. Die allererste Frucht, auf diese Mühe Gottes und sein Werben zu reagieren, wäre es, auf dieses Beziehungsangebot Gottes einzugehen und darauf zu antworten.
Aber das Volk Israel, so der Vorwurf des Propheten, tut das nicht; es bleibt die Antwort schuldig. Im Bild vom Weinberg gesprochen: Statt süßer Früchte bringt sein Volk nur saure Beeren. Statt nach Gottes Rechtsordnung zu leben, wird das Gesetz Gottes gebrochen. „Statt Rechtsspruch nur Rechtsbruch“, so reimt Jesaja. Gott müht sich ab - nicht nur für sein Volk, sondern auch mit seinem Volk. Er plagt sich mit ihm herum, weil es nicht, wie erhofft, auf seine Zuwendung eingeht, weil es – bildlich gesprochen - nicht die erwarteten Früchte bringt. Der Gott der Bibel ist kein „unbewegter Beweger“, sondern ein leidenschaftlich liebender Gott.
Gott sendet seinen Sohn in die Welt und gibt ihn für unsere Rettung hin.
Dieses Weinberglied des Jesaja greift Jesus im Evangelium auf mit seinem Gleichnis von den undankbaren Winzern. In Jesus hat Gottes Werben und Sich-Mühen um sein Volk ja den Höhepunkt erreicht. In seiner Zuwendung zum Menschen geht Gott sogar so weit, seinen eigenen Sohn in diese Welt zu senden und ihn zu unserer Rettung hinzugeben. Aber selbst dieses höchste göttliche Mühen um seine Schöpfung ist weithin auf Ablehnung gestoßen, so musste es Jesus am eigenen Leib schmerzlich erfahren.
Der Gott der Bibel – des Alten wie des Neuen Testaments – schwebt also nicht kalt, unberührt und weltenthoben über der Schöpfung und all den Banalitäten unseres Lebens wie der „unbewegte Beweger“ bei Aristoteles, sondern er lässt sich treffen von unserem Verhalten. Gott denkt nicht, sich selbst genügend und selbstzufrieden, allein an sich. Er sucht uns - um unserer selbst willen -, er wendet sich uns in Liebe zu und kann enttäuscht und gekränkt sein, wenn diese Liebe nicht angenommen, sondern verweigert wird.
Aber trotz aller Enttäuschung, ja – menschlich gesprochen - trotz seines gelegentlichen Zorns über diese Zurückweisung gibt Gott mit seinem Volk dennoch nicht auf. Er müht sich weiter ab für sein Volk und mit seinem Volk, um zusammen mit ihm sein Reich aufzubauen.
Mit seinem Weinberglied, diesem Lied vom Liebeskummer Gottes, hat der Prophet Jesaja seine Landsleute beim Weinfest in Israel provoziert und wachzurütteln versucht.
Was geht uns das heute – 2800 Jahre später – an?
Aber was geht das uns heute, 2800 Jahre danach, an, so könnte man fragen. Obwohl die Prophetenworte in eine ganz konkrete geschichtliche Situation hineingesprochen wurden, haben sie dennoch eine überzeitliche Bedeutung und Gültigkeit. Das ist das Geheimnis an den prophetischen Botschaften der Bibel. Jesajas Wort geht auch uns an. Es macht uns deutlich: Gott lebt nicht weltenthoben als der „unbewegte Beweger“ fern seiner Schöpfung. Sein Werben und Mühen um uns geht weiter. Und er ist enttäuscht, wenn es nicht erwidert wird.
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Benno und die Räuber vom Perlbachtal
- Eine „Dipferlscheißerin“ in Haselbach
- Windberg. Kultur- und Festspielverein mit Videofilmabend
- Mitterfels/Scheibelsgrub. „Jeder soll Chance bekommen“
- Haselbach: Adventliches Singen
- St. Johann/Falkenfels. Konzert am ersten Adventssonntag
- 27. Mitterfelser Christkindlmarkt um die Burg 2024
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Waldleben ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Neues aus unseren Gemeinden
- Mitterfels. Der Gefallenen und Vermissten gedacht
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Baugebiet Pimaisset Mitterfels. Mit Regenwasser die Toilette spülen
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- Kalenderblatt Allerseelen. Zwei Münchner Friedhöfe der besonderen Art
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- „Kein kleiner Waidler-Adel“
- Waldleben ...
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Ascha. Alte Chronik im modernen Gewand