Haselbach
Haselbach. Ein gemeinschaftlicher Kraftakt
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Haselbach hat als erste Kommune im Landkreis ein Gemeindeentwicklungskonzept erstellt.
Auch die Bürger selbst haben dabei mitgewirkt. Ein Blick zurück – und nach vorne.
Es ist ein unscheinbares Heft mit 111 Seiten, das der Haselbacher Bürgermeister Simon Haas vor sich auf dem Schreibtisch im Rathaus liegen hat. „Jede Menge Arbeit und Hirnschmalz“, sagt er, stecken in diesen 111 Seiten. Und das ist auch kein Wunder. Denn sie enthalten nicht weniger als den Leitfaden dafür, wohin sich die Gemeinde in den kommenden 15 Jahren entwickeln will. „Haselbach 2040“ heißt das Gemeindeentwicklungskonzept (GEK). Kurz vor der offiziellen Präsentation lässt Simon Haas bei einem Treffen mit unserer Mediengruppe den Entstehungsprozess dieses Konzeptes Revue passieren. Dabei wird klar: Dieses Konzept ist ein gemeinschaftlicher Kraftakt.
Der Entstehungsprozess: „Wir haben uns damals schon genau überlegt, ob wir das machen oder nicht“, erinnert sich Simon Haas. Denn das Ganze kostet rund 70.000 Euro, 50.000 Euro Förderung gibt es vom Amt für ländliche Entwicklung (ALE). Doch die Vorteile lagen auf der Hand. „Mir hat einfach die Idee gefallen, dass man die ganzen Themen und Ideen, die so im Gemeinderat herumschwirren oder sich im Gespräch mit Bürgern ergeben, gebündelt und systematisiert werden“, erzählt Haas. Gleichzeitig bildet ein solches Konzept auch die beste Basis für Förderanträge.
Kein Konzept aus dem stillen Kämmerlein
Von vornherein war für den Bürgermeister klar: Dieses Konzept soll nicht im stillen Kämmerlein entstehen. An diesem Konzept soll jeder, der möchte, mitarbeiten und seine Ideen einbringen können. Alles sollte transparent gehalten werden. Jetzt, nach rund eineinhalb Jahren Arbeitszeit, ist Simon Haas mehr als zufrieden mit dem Entstehungsprozess und auch ein bisschen stolz. Auf das Konzept und vor allem auf seine Gemeinde und das Miteinander. „Allein die Auftaktveranstaltung war schon so gut besucht“, erinnert er sich. Gut 100 Bürger seien damals im September 2022 in den Wirtshaussaal von Gunda Häuslbetz gekommen. „Man hat gemerkt, dass das Interesse da ist, und die Bürger etwas bewegen wollen.“
Das Planungsbüro hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine gründliche Bestandsaufnahme der Gemeinde gemacht. „Jetzt ging es darum, wo die Bürger etwas ändern wollen, was ihnen gefällt, was sie sich für ihre Heimatgemeinde wünschen, was ihnen fehlt, wo der Schuh drückt“, erklärt Haas. Um das herauszufinden, gab es verschiedene Aktionen. Es wurden Ortsspaziergänge in den einzelnen Gemeindeteilen organisiert, es gab eine Online-Befragung und ein sogenanntes Web-Mapping. Dabei konnten die Bürger mithilfe einer digitalen Gemeindekarte bestimmte Punkte setzen, wo sie sich etwas wünschen würden. Eine Bushaltestelle, einen Radweg oder Ähnliches.
Im Mai vergangenen Jahres fand dann noch mal eine große Bürgerwerkstatt statt. „Aufbauend darauf wurden Arbeitsgruppen gegründet, wo alles noch mal durchdiskutiert und konkretisiert wurde“, erklärt Haas. Bei einer finalen Klausurtagung des Gemeinderates Anfang Juli 2023 wurde das Wichtigste festgenagelt und konkrete Maßnahmen formuliert. Das Planungsbüro hat alles zusammengefasst, analysiert und systematisiert. Ende 2023 war das Konzept fertig.
Die Top-Maßnahmen: Das GEK „Haselbach 2040“ enthält jede Menge Projekte und Vorhaben. Darunter sind sechs sogenannte Top-Maßnahmen. Beim Handlungsfeld „Ortsbild und Innenentwicklung“ ist das die Neugestaltung des Rathausplatzes mitsamt Neubau des Carports, der Vereinsfesten als Veranstaltungsort dient. Auch der barrierefreie Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Toiletten hat hier Priorität. Im Bereich „Landwirtschaft, Umwelt, Klima und Energie“ steht die Förderung erneuerbarer Energien an oberster Stelle. So wird unter anderem ein neues Heizwerk und damit ein Nahwärmenetz entstehen. Beim Punkt „Daseinsvorsorge und Mobilität“ wurden gleich zwei Top-Maßnahmen formuliert. Zum einen monierten viele Bürger einen fehlenden Lebensmittelmarkt. Hier wird geprüft, ob ein Verkaufsautomat mit regionalen Produkten eine Lösung sein könnte. Außerdem soll die Verkehrssicherheit, vor allem für Schüler, im Gemeindebereich verbessert werden. So gibt es zum Beispiel in Rogendorf eine Bushaltestelle, wo die Kinder die Straße queren müssen. Hier wurden bereits verkehrssichernde Maßnahmen angestoßen.
Aus dem alten Kindergarten soll ein Vereinshaus werden
Beim Handlungsfeld „Soziales Miteinander und Vereine“ steht die Nachnutzung des ehemaligen Kindergartens ganz oben auf der Agenda. Hier soll nach dem Umzug in den Neubau eine Art Vereinshaus entstehen, das die Vereine für Sitzungen, Proben oder Ähnliches nutzen können. Die letzte Top-Maßnahme wird die Erweiterung des Sportgeländes, wo unter anderem ein Beachvolleyballplatz gebaut werden soll.
„Das alles habt ihr euch erarbeitet“
Das fertige Konzept in Händen (v. l.): Wolfgang Fruhmann und Gunter Schramm von den Planungsbüros, Peter Aigner vom Amt für ländliche Entwicklung und Bürgermeister Simon Haas – Vergrößern durch Anklicken!
Am vergangenen Freitagabend ist es endlich soweit: Bürgermeister Simon Haas kann den Bürgern das fertige Gemeindeentwicklungskonzept präsentieren. Das Interesse ist groß, der Wirtssaal von Gunda Häuslbetz voll. Erfreulich: Es sind auch viele junge Leute gekommen.Wie gut das Miteinander bei der Erstellung dieses Entwicklungskonzeptes war, betonen an diesem Abend Gunter Schramm und Wolfgang Fruhmann von den zuständigen Planungsbüros mehrmals. Sie blicken noch einmal auf den Entstehungsprozess zurück und stellen die wichtigsten Punkte aus dem Konzept vor. „Dass hier so viele an einem Strang ziehen und das Interesse so groß ist, erleben wir nicht allzu oft“, so Schramm. Und auch Fruhmann betont: „Das habt ihr euch alles erarbeitet.“
Simon Haas geht auch noch auf ein paar Sofortmaßnahmen aus dem Konzept ein, die bereits umgesetzt sind. Dazu gehört unter anderem, dass die Gemeinde jetzt einen Instagram-Kanal hat. Außerdem wird es ab sofort bei allen Bauten der Gemeinde ein einheitliches Design geben: Anthrazit-Stahl kombiniert mit Lärche natur. „Das wird quasi unser Erkennungszeichen.“
Zu Gast ist an diesem Abend auch Peter Aigner vom Amt für ländliche Entwicklung in Landau. Er erklärt den Haselbachern, wie sie für ihre zukünftigen Maßnahmen am bestem an Fördergelder kommen.
Und was sagen die jungen Besucher zu „Haselbach 2040“? Christoph und Michael Wanninger, 27 und 25 Jahre alt, finden: „Das ist recht gut geworden.“ Sie interessieren sich vor allem für die Bereiche Umwelt und die Gestaltung der Dorfmitte. Sie finden es gut, dass der Platz beim Rathaus der zentrale Ort zum Feiern bleiben wird. „Das kennen wir schon so, seit wir Kinder sind.“ Mit ihnen am Tisch sitzt Jessica Weidl, 21 Jahre alt. „Ich habe mich vor allem für die Bereiche Schule und Kindergarten interessiert“, erklärt sie. „Ich bin ich angehende Lehrerin.“ Auf die Frage, warum sie alle heute Abend hier sind, sagen sie: „Weil wir hier verwurzelt sind und auch in Zukunft hier leben wollen. Und da interessiert es uns natürlich, wohin sich unsere Gemeinde entwickelt.“ Deshalb haben sie sich auch an den Online-Befragungen und dem Web-Mapping beteiligt.
KOMMENTAR
Nur so geht’s
Dass die Haselbacher mit ihrem Gemeindeentwicklungskonzept etwas Sinnvolles geschaffen haben, steht außer Frage. Die größere Leistung ist: Wie sie es geschaffen haben. Nämlich miteinander. Durch gemeinsame Gespräche, Diskussionen, Meinungsaustausch, absolute Transparenz und – auch das gehört dazu – gegenseitiges Zuhören.
Viele, die daran beteiligt waren, haben erzählt, dass es an manchen Stellen den ein oder anderen Aha-Effekt gegeben hat. Dass einem oft klar wurde, dass etwas, das man sich in den Kopf gesetzt hatte, doch nicht so einfach zu machen ist, wie man sich das vorgestellt hat. Weil man sich die Gegenseite angehört, eine andere Meinung zugelassen und – vielleicht auch unter Zähneknirschen – diese akzeptiert hat. Diese Art von Diskussionskultur geht leider immer mehr verloren. Aber nur so geht ein gemeinschaftliches Miteinander. Alles andere macht uns nur weiter zu einer Gesellschaft, die sich mehr und mehr auf einem Egotrip befindet.
Verena Lehner/BOG Zeitung vom 26. Februar 2024 (Gen. der Lokalredaktion)
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