Ascha
Die klare Linie zum Erfolg
Wolfgang Zirngibl ist seit 34 Jahren Bürgermeister in Ascha. Zwei Jahre hat er noch, dann ist aber Schluss. Fotos: Franziska Brown – Vergrößern durch Anklicken!
Bürgermeister Wolfgang Zirngibl leitet seit genau 34 Jahren das Rathaus in Ascha.
Auf seinen Erfolgen ausruhen will sich der 65-Jährige nicht – denn …
… es gibt immer was zu tun
Er ist länger Bürgermeister, als er bei der Amtseinführung alt war: Die Rede ist von Wolfgang Zirngibl aus Ascha, der auf den Tag genau 34 Jahre die Geschehnisse im Rathaus leitet. Bei der Amtseinführung am 1. Mai 1990 war er gerade einmal 31 Jahre alt.
Schon damals sei er der Ansicht gewesen, dass es eine „klare Linie“ brauche, um als Bürgermeister erfolgreich zu sein. Auch, wenn er vor allem anfangs von vielen Bürgern erst einmal getestet wurde. So einen jungen Bürgermeister war man damals einfach nicht gewohnt. Außerdem seien seine innovativen Ideen der Zeit voraus gewesen.Dazu zählt beispielsweise die Einführung des Wertstoffhofs. In Ascha gab es den ersten seiner Art, erzählt der Bürgermeister. Manch einer habe ihn belächelt und gesagt: „Du glaubst ja wohl selber ned, dass die Leut’ daheim ihren Dreck sammeln.“ Doch genau so kam es und das System des Wertstoffhofs hat sich schnell über die Gemeindegrenzen hinaus etabliert. Doch nicht nur die Mülltrennung war Zirngibl wichtig, sondern auch die Energieversorgung. Ascha ist nämlich energieautark. Nachdem die Mülldeponie in Gschwendt Anfang der 1990er Jahre erfolgreich abgewehrt wurde, habe die Gemeinde einen großen Fokus auf die Umwelt gelegt. „Wir haben ned gewusst, wie es funktioniert, aber wir haben es halt ausprobiert“, sagt Zirngibl. Und so wurde eine Nahwärmeversorgung mit Hackschnitzeln umgesetzt.
Ascha ist über Landkreis hinaus bekannt geworden
Dadurch, dass Ascha so viele Projekte verwirklicht hat, ist die Gemeinde auch weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt geworden. Und so kam es, dass Wolfgang Zirngibl vor etwa sieben Jahren zu einer Konferenz nach Hokkaido in Japan eingeladen wurde. Dort gab er Anregungen zum Thema Umwelttechnik. Und auch bei der Politik in Afrika hatte er ein bisserl Einfluss, erzählt der 65-Jährige. Nach außen hin brüsten will er sich damit aber nicht: „Wir wissen es ja und das reicht auch.“
Die Wand am Eingang des Gemeindehauses ist voll mit Urkunden und Zertifikaten. Denn in Ascha wird viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Vergrößern durch Anklicken!
Doch wie kam es eigentlich dazu, dass Zirngibl seit 34 Jahren als Bürgermeister im Amt ist? Zur Politik allgemein sei er halt gekommen, wie es auf dem Dorf üblich ist: Erst war er Ministrant, dann bei der KLJB, dann bei der JU, anschließend CSU-Vorsitzender und schlussendlich Bürgermeisterkandidat mit einem großen Ziel. Nämlich, dass die Gemeinde für alle Aschinger attraktiver wird. Sprich: Es sollte von der Kinderbetreuung bis hin zum Friedhof für jeden etwas dabei sein.
Und so kam es, dass der Kindergarten gebaut wurde. Des Weiteren sind aber auch die Vereine für eine Dorfgemeinschaft wichtig, sagt Zirngibl. „Wir haben geschaut, dass jeder Verein seine Heimat hat.“ Dazu zählen beispielsweise der Bienenlehrstand, der Obstlehrgarten sowie der Sportplatz und das Sportzentrum.
Weil Ascha zu der Zeit, als Zirngibl Bürgermeister wurde, nicht viel hatte, war es einerseits sehr leicht, aber andererseits auch sehr schwer für ihn. „Leicht deswegen, weil ich gesagt hab, dass wir jedes Projekt anfangen können. Schwer, weil es finanziell nicht so rosig gestanden ist“, erzählt er. Weil Geld fehlte, kam es beispielsweise auch dazu, dass die Gemeinderäte das Gemeindehaus mitrenoviert haben oder Bürger geholfen haben, den Gehweg in der Industriestraße zu pflastern. „Heute wäre das unvorstellbar“, sagt Zirngibl und lacht.
Das Gemeindehaus haben im Jahr 1998 Gemeinderäte zusammen mit dem Bürgermeister renoviert, um das Geld für andere Projekte zu sparen. Und Bürger haben geholfen, den Gehweg in der Industriestraße zu pflastern. Vergrößern durch Anklicken!
Er ist aber auch der Meinung, dass man nicht immer nur zurückblicken darf, sondern wieder neue Ideen entwickeln muss. Ein solcher Punkt sei für ihn der ÖPNV, auf den die Gemeinde selbst nur wenig Einfluss habe. Eine Chance für bessere Verbindungen im ländlichen Raum sieht der der Bürgermeister in der Künstlichen Intelligenz. „Ich setze da ganz viel auf die KI und autonomes Fahren.“ Und auch in der Verpackungsindustrie würde er einiges ändern, wenn er könnte – und zwar in Form einer einheitlichen Verpackung, anstatt der vielen verschiedenen Sorten wie beispielsweise PE oder PP.
Was sich über all die Jahre in Ascha nicht geändert hat, ist, dass Zirngibl die Bürger mitnimmt. Es gibt Infoveranstaltungen zu Projekten und Bürgerversammlungen. Letztere sogar extra für Senioren am Nachmittag. Das alles führt dazu, dass die Bürger Vertrauen in ihren Bürgermeister und die Gemeinde an sich haben.
Und freilich kommt auch dazu, dass der Rathaus-Chef immer ein offenes Ohr für alle hat. Einer der Standard-Sätze lautet: „Du, weil i di grod seg.“ Wenn dieser Satz falle, weiß Zirngibl, dass er jetzt besser Stift und Zettel aus der Westentasche holt, um sich etwas zu notieren. Aber auch das störe ihn nicht. Denn für den Aschinger Bürger sei es ein großes Problem, das er vorzutragen habe. Und durch das Gespräch kann Zirngibl helfen, womöglich eine Lösung zu finden.
Weiterhin innovative Ideen und gutes Leben für Bürger
Insgesamt fasst der 65-Jährige seine Amtszeit als „spannende Zeit“ zusammen – sowohl früher als auch heute. Auch wenn diese mit einigen Veränderungen einherging. Eines blieb aber gleich: Die Kommune versucht nach wie vor, so schnell wie möglich in eine Förderung zu rutschen, um ihren Bürgern vieles zu ermöglichen, und mit innovativen Ideen weiterzumachen. Solche gibt es derzeit auch in der Grundschule. Dort wird der Computerraum wieder in einen Leseraum verwandelt. Denn Bücher seien für Kinder wieder wichtiger geworden, da sie privat schon mit Computern und den digitalen Medien in Kontakt kommen.
Manche seiner Projekte überholen Zirngibl auch schon wieder. So beispielsweise die Wasserversorgung. Ascha ist eine der wenigen Gemeinden, die noch ihre eigene hat. Aber nach rund 20 Jahren läuft auch das Wasserrecht einmal aus. „Und dann muss man wieder neue Wege finden.“
Zwei Jahre hat Zirngibl noch als Bürgermeister. Wenn er sein Amt dann niederlegt, will er aber „nicht als großer Lehrmeister“ in den Gemeinderat einziehen. Denn er habe genug zu tun: „Wenn ich meine To-Do-Liste anschaue, die ich dann in zwei Jahren hab, müsste ich 200 Jahre alt werden“, sagt er und lacht. Außerdem stehe auch die Zeit mit der Familie, also seiner Frau, den drei Kindern und den drei Enkeln – weitere drei Enkel kommen in den nächsten Wochen noch dazu – im Vordergrund.
Und sein Geheimnis, mit dem er die 36 Jahre Amtszeit geschafft hat? „Immer ganz offen und ehrlich sprechen und eine klare Linie fahren“, sagt Wolfgang Zirngibl.
Franziska Brown/BOG Zeitung vom 1. Mai 2024 (Gen. der Lokalredaktion)
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