Mühlen an der Menach (29): Die Klostermühle Oberaltaich

klosterm01 Titel

Im Kapitel 66 der Ordensregel hatte der heilige Benedikt bestimmt, ein Kloster so anzulegen, dass man dort alles Nötige finde, d. h. Wasser, eine Mühle, einen Garten und Werkstätten, damit die Mönche das Kloster nicht zu verlassen brauchten.

Im Mitterfelser Magazin Nr. 4, erschienen im Juli 1998, haben Otto Wartner (Der Lauf der Menach) und Alois Bernkopf (Wo die Menach in die Kinsach mündet) die Menach als Wasserlieferanten der Klostermühle Oberaltaich beschrieben. Mit einer Flusskarte und einigen Fotos wurden die großen Veränderungen dokumentiert, die den Menachbach in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts bei Furth getroffen haben.

Im Vergleich mit einem Ausschnitt aus der topografischen Karte von 1827 wird deutlich, dass die Menach bis um 1930 noch „selbständig”, z. T. unterirdisch durch das Klosterdorf Oberaltaich floss, während westlich davon die Kinsach einen eigenen Weg nahm. Erst nach der Beendigung der Hochwasserschutzmaßnahmen wurde die Menach zur Kinsach umgeleitet und nur die „Restmenach” behielt ihren ursprünglichen Lauf durch das flache Wiesengelände kurz vor der Einmündung in die Donau und blieb damit der Mühlbach.

Mühlen im Besitz des Klosters Oberaltaich

Das Benediktinerkloster Oberaltaich, um 1080 gegründet, war wie jedes Kloster darauf bedacht, seinen Bedarf an Lebensmitteln kostengünstig, d. h. möglichst selbst sicherzustellen.

Im Kapitel 66 der Ordensregel hatte der heilige Benedikt bestimmt, ein Kloster so anzulegen, dass man dort alles Nötige finde, d. h. Wasser, eine Mühle, einen Garten und Werkstätten, damit die Mönche das Kloster nicht zu verlassen brauchten. Im Falle von Oberaltaich war zwar genügend Wasser vorhanden, aber das flache Gelände ermöglichte zum Betrieb einer Mühle nur eine geringe Wassergeschwindigkeit, so dass das Kloster zeitweise auf eine Zulieferung aus mehr oder weniger entfernten Mühlen angewiesen war.

Mühlen gehörten deshalb zu den frühesten Besitzungen des Klosters Oberaltaich. Auch wenn wir über die Erzeugnisse der frühen Mühlen aus den Urkunden nichts erfahren, dürfen wir doch annehmen, dass sie überwiegend für die Mehlherstellung tätig waren. Zwei Mühlen (bei Viechtach und in Miltach) erhielt das Kloster schon vor 1100. Im 12. Jahrhundert folgten weitere, darunter eine/die Mühle in Menach. In einer Besitzaufzählung des Jahres 1274 - veranlasst durch eine Brandkatastrophe, die das Kloster im Jahre 1245 ge­troffen hatte - erscheinen 7 Mühlen: In Niedermenach, Lenachmühle, Pirkmühle/Prünstfehlburg, Moosmühle/Rattenberg, Mühlen bei Mietnach, Salching, Drachselsried. Natürlich blieben solche Besitzlisten im Fluss. Schenkungen gingen öfter verlustig, durch Kriege oder Unwetter, wurden vertauscht oder verkauft, das Kloster selbst machte immer wieder neue Erwerbungen. So kaufte z. B. Abt Heinrich III. die Lenachmühle im Jahre 1316 und Abt Johannes Vogel die Mühle zu Furth im Jahre 1411. Diese beiden Kaufabschlüsse, die ja Mühlen in nächster Nähe des Klosters betrafen, sind sehr wahrscheinlich Hinweis darauf, dass im Kloster selbst noch keine Mühle vorhanden war. Vermutlich spielt dabei auch die Verlegung der Donau eine Rolle, die in den Jahren 1334 bis 1344 von den Oberaltaicher Mönchen mit Unterstützung von Kaiser Ludwig den Bayern getätigt wurde. Im Gefolge dieser fast unvorstellbaren Großbaumaßnahme wurde sicherlich auch der Klosterbereich völlig verändert. 1358 durfte ein tiefer Wassergraben und eine schützende Mauer um das Kloster herum angelegt werden. Das dazu notwendige Wasser führte seit dieser Zeit wohl endgültig die Menach zum Kloster. Vielleicht wurde bereits in dieser Zeit eine Getreidemühle erbaut. Der Zukauf der Further Mühle im Jahre 1411 lässt allerdings die Schlussfolgerung zu, dass eine solche erste „Klostermühle” nicht genug Mehl herstellen konnte.

Baugeschichte der Klostermühle Oberaltaich

Abt Johannes II. Asperger, genannt der „Bauernpeck” (Abt von 1438 bis 1463), war einer der größten Bauherren in Oberaltaich. Seinen eigenhändig geschriebenen Tätigkeitsbericht verwahrt die Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek (clm 9503). Darin berichtet Abt Johannes, dass er die Mühle von Grund auf erneuert und vier neue Mühlsteine erworben habe. Auch die Ölpresse wurde erneuert sowie das Mühlgebäude mit Bruchsteinen geglättet und geweißelt. Es muss also damals bereits eine Mühle im Kloster gegeben haben, die baufällig geworden war und neben der Erneuerung wohl auch einen zweiten Mahlgang erhielt. Jedenfalls beweisen die „vier Mühlsteine”, dass seit etwa 1450 an zwei Mahlstellen Mehl hergestellt werden konnte. Allerdings steht fest, dass meist nur ein Mahlwerk in Betrieb gesetzt werden konnte. Vermut­lich wurden die beiden Anlagen im Wechsel eingesetzt, etwa für das Vermahlen von Getreide (Weizen, Korn/Roggen, Gerste, Hafer) oder auch von Erbsen, Linsen oder Wicken.

Um 1600 ließ Abt Christoph Glöckler (Abt von 1593 bis 1614) die Mühle „auf den Hof, unter den Traidkasten, etwas höhers ein wenig auf das Bachs Rinsal richten”. Eine solche Verlegung der Mühle und des Mühlkanals wurde übrigens 1995 bei einer Bauuntersuchung bestätigt. Die Ölpresse, mit der wahrscheinlich Lein- oder Nussöl hergestellt wurde, war um diese Zeit schon nicht mehr vorhanden. Auf dem Kupferstich, den Raphael Sadeler im Jahre 1630 schuf, finden wir die Mühle zum erstenmal abgebildet. Kurz darauf wurde das Kloster im 30-jährigen Krieg verwüstet. Erst Jahrzehnte danach normalisierte sich wieder das Leben im Kloster. Die Klostergebäude wurden gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf einen neuen Stand gebracht. Der große Klosterhof erhielt einen Abschluss nach Osten, den Michael Wening auf einem Kupferstich darstellte. Um 1720 folgte im 2. Obergeschoß des Mühlentraktes der Bau eines weitläufigen Erschließungsganges, der den neuen Ostflügel des Klosters mit dem westlichen Gästehaus verband. Und 1722 wurde der freifließende Mühlbach im Kloster mit Bruchsteinen ausgemauert. Damit war wohl der Zustand erreicht, den die Klostermühle bis zur Säkularisation behielt.

Die Arbeit in der Klostermühle

Die topographischen Verhältnisse und die frühesten schriftlichen Hinweise lassen keine näheren Aufschlüsse über die Arbeit in der Klostermühle zu. Erst eine weitere Quelle, das sogenannte Oberaltaicher Wirtschaftsbuch von 1754, berichtet darüber zuverlässig und ausführlich. Der damalige Klosterökonom P. Johannes Evangelist Schiferl, der von 1758 bis 1771 als Abt großartige Leistungen vollbrachte, hatte in diesem Geheft aus verschiedenen älteren Aufzeichnungen, vor allem des Jahres 1712, die gültigen Anweisungen für sämtliche klösterlichen Arbeiten zusammengestellt. Offensichtlich waren dem P. Ökonom auch die Polizeiord­nung von 1692 und die Mühlordnung von 1701 bekannt, weil er sich in einigen Punkten daran orientierte. Dennoch gab es auch Unterschiede, etwa bei den Maßangaben, die in Oberaltaich mit „Schaff” und „Vierling” bezeichnet und berechnet wurden, sonst aber mit „Schäffel” und „Metzen”. Im § 10 des Wirtschaftsbuches schreibt P. Johannes Ev. Schiferl zum Klostermüller folgendes (Zitat aus: Sturm, Wirtschaftsbuch von 1754, 27f.. Kurze Erläuterungen des Autors in Klammern):

„Hat zu einer Jahresbesoldung an Geld 15 fl. (Gulden), die Hofdienerkost auf der Torstube (dort gab es das Essen für die meisten Bediensteten), an Brot gleich dem Bäcker 12 Dienerlaibel, für den Trunk an braunem Bier täglich 1 Maß, dann wöchentlich an Branntwein 1 Quartl.

Die Obligation (Pflicht) desselben ist, die Mühle mit großer Sorgfalt zu beobachten, selbe bei nächtlicher Weile nicht also vorteilhaftig zu richten, dass der Müller Zeit gewinne dem Schlaf abzuwarten oder sonst im Wirtshaus oder anderweitig abwesend zu sein. Vor allem ist achtzuhaben, dass alles Malter (Getreidemaß) sowohl in der Quantität als Qualität ohne Mängel auf den Mehlkasten geliefert werde, besonders aber, dass zur Nachtzeit mit dem Licht die behörige Aufmerksamkeit gebraucht werde.

Bei gutem Wasser kann der Müller innerhalb 24 Stund, das ist auf Tag und Nacht, auf 2 Gängen nach eigenem Geständnis allezeit 2 Schaff Getreide abmahlen, folgsam in dieser Zeit bei schlechtem Wasser wenigstens ein Schaff, bei welcher Bewandtschaft der Sache ich nicht finden kann, dass in unserem Kloster ein Abgang an Mehl und nicht allzeit ein großer Vorrat an selbem sich zeigen soll.

Von einem Schaff guten Korns kann der Müller auf den Mehlkasten liefern an schönem Mehl 12 Vierling, an schwarzem 10 Vierling, an Kleien 5 - 8 Vierling.

Ein Schaff guter Weizen gibt Kernmehl oder Römisch (riemisch) 10 Vierling, Mittelmehl 12 Vierling, Einbrennmehl 3 Vierling, auch einige 10 Vierling Kleien.

Ein Schaff Gersten ins Roggenmehl zum Brotbacken, zum Mischen, gibt in der Mühle 22 Vierling, das übrige schwarze Mehl zu acht Vierling ist besser fürs Vieh als für die Leute zu gebrauchen. Aus drei Vierlingen Gersten, so geröndelt werden sollen, kann mehr nicht herausgebracht werden, denn 1 Vierling, dagegen 2 Vierling Gersten in der Ernte geben nur einen Vierling an Gries. Woraus unmaßgeblich mehrmalen zu schließen ist, wie genau ein Herr Offizial auch dem Müller auf die Hände sehen muß, damit das rechte Maß an feinem, mittlerem und schwarzem Mehl auf den Mehlkasten geliefert werde von jenem Getreide, welches von der Kastnerei in die Mühl abgegeben worden.”

In einem gesonderten Anhang erfolgte die Anweisung, die angefallene Kleie zur Verfütterung zu verwenden. Aus weiteren Bestimmungen erfahren wir noch, dass der vom Kloster angestellte Müllermeister zu Heu- und Erntearbeiten sowie auch zum Maischen im Bräuhaus eingesetzt werden konnte. Für diese Dienste erhielt er keinen Extralohn. Sogar die Tatsache, dass zur Beleuchtung der Mühle wöchentlich 3 Kerzen zu bewilligen seien, findet im Wirtschaftsbuch Erwähnung. Und schließlich wird auch das Räumen des Klosterbaches bis nach Bogen geregelt.

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Der Klostermühlbach (Menach) tritt im Süden des Klostertraktes wieder zu Tage. (Foto: A. Bernkopf)

Die „Müller- oder Vermallungs-Instruktion” vom 11. Juni 1770 ergänzt die gewonnenen Erkenntnisse zum Arbeitsablauf, zur Einrichtung einer Mühle und zu den Bezeichnungen, die im 18. Jahrhundert üblich waren. Eine Hauptaufgabe für den Müller war die Sauberhaltung des „Mahlzeuges”: Beutelkästen, Säcke, Mehlsiebe, Kehrwische, Besen, Bodungen, Mühlschäffel. Die beiden Mühlsteine, der obere und der untere, wurden auch „Laufer” bzw. „Bodenstein” genannt. Einer der beiden sollte härter als der andere sein. Die „Mühlstange”, die den Laufer bewegte, war „verzwickt”, damit kein Getreidekorn durchfallen konnte. Mit einer „Sarch” wurde der „Schrot”, das grob gemahlene Getreide, aufgefangen. Der „Beutelkasten” trennte das Mehl von der Kleie. Am Übergang zum „Mehlkasten” sollten gute Leintücher eine „Verstaubung” verhindern. Besonderes Augenmerk musste der Müller auf die hölzernen „Mühlschaufelräder” und auf den „Ablaß” legen, der die Wasserhöhe des Mühlbaches regelte. Eine Waage mit Gewichten, Schäffel, halbe Schäffel, Metzen - in Oberaltaich „Vierlinge”-, eine Anschreibtafel, eine Glocke, die das Ende eines Mahlvorganges anzeigte, gehörten zur festen Einrichtung jeder Mühle.

Vergleicht man die gesamtbayerische Mühlordnung von 1770 mit dem Oberaltaicher Wirtschaftsbuch von 1754 unter dem Aspekt „Verdienst des Müllers”, stellt sich folgendes heraus. Bei gutem Wasserstand konnte der Klostermüller pro Tag 2 Schäffel Getreide mahlen; das waren also etwa 6 Zentner. Ein selbständiger Müller hätte dafür 1770 pro Zentner Weizen 9 Kreuzer, d. h. insgesamt 54 Kreuzer erhalten (60 Kreuzer = 1 Gulden). Der Klostermüller bekam als Jahreslohn nur 15 Gulden, allerdings bei freier Verpflegung während des ganzen Jahres. Und das war wohl das entscheidende Kriterium. Tatsächlich ist auch nirgends zu finden, dass die Stelle eines Klostermüllers in Oberaltaich nicht zu besetzen gewesen wäre.

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Die Klostermühle wird säkularisiert

Die erhaltenen Säkularisationsakten von 1802/03 beschreiben die Klostermühle als baufällig und wegen ihrer Lage als unverkäuflich. Woher Stutzer (vgl. Literaturverzeichnis) die Überzeugung gewann, dass auch „die Klostermühle mit einem hohen technischen Standard ein rentabler Betrieb ward”, bleibt unersichtlich. Um die Mühle verpachten zu können, führte man im Sommer 1803 rasch eine wohl notdürftige Sanierung des Mühlgebäudes und des Mühlkanales durch. Am 17.10.1803 wurde die Mühle um 130 Gulden jährlich an Joseph Falk, Müllerssohn von der Stockmühle, auf sechs Jahre verpachtet. Falk hatte sich aber mit dieser Summe übernommen; denn er musste laut Vertrag die laufenden, beträchtlichen Reparaturkosten für die Mühle mitübernehmen. Als Joseph Falk den Pachtschilling schuldig blieb, verkaufte die Generallandesdirektion kurzerhand die Klostermühle im Jahre 1805 an den Bogener Marktmüllermeister Michael Götz. Da einerseits der Pachtvertrag noch gültig war und andererseits auch Götz die Kaufsumme nicht entrichten konnte, kam der Müllermeister aus Bogen nicht in den Besitz der Mühle.

In eben dieser schwierigen Zeit muss auch eine Wohnung für die Familie eines Müllers entstanden sein. Die Klosterbäckerei, die sich nach Osten anschloss, und vor allem der große barocke Erschließungsgang im 2. Stockwerk wurden wie fast alle ehe­maligen Klosterräumlichkeiten aufgelöst, parzelliert und völlig umgebaut. Der Müller erhielt jetzt z. T. in den alten Gewölben über 2 ½ Stockwerke eine recht großzügige Wohnung. Deshalb konnte 1809 mit dem Auslaufen des Pachtvertrages die Klostermühle rechtsgültig verkauft werden und zwar um 3000 Gulden an den Oberaltaicher Bäckermeister Andreas Kitzinger. Er hatte schon vorher bei der Versteigerung der Klosterrealitäten das ehemalige Klosterwaschhaus und die daran angebauten drei Schweineställe günstig erworben und in diesen Gebäuden eine neue Bäckerei eingerichtet. Das dafür benötigte Mehl konnte er jetzt selbst erzeugen. Überhaupt scheint Andreas Kitzinger ein erfolgreicher und unternehmungsfreudiger Geschäftsmann gewesen zu sein, da er sogar einen dritten Mahlgang einbauen ließ.

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Luftaufnahme von Oberaltaich (ca. 1935): Am oberen Bildrand sind Menach und Kinsach zu erkennen. (Foto: Verlag Kanngießer) - Zum Vergrößern in Abbildung klicken!

Die Mühle im 19. Jahrhundert

Nach Bäckermeister Kitzinger folgten in kurzen Abständen zahlreiche weitere Eigentümer der Klostermühle. Nicht alle waren Müllermeister, einige beschäftigten einen Werkmeister.

Baier Andreas und Katharina (geb. Gschwendtner) kaufen am 20.2.1818 die Klostermühle mit Wohn- und Ökonomiegebäuden, Stall und Schupfe auf Plan-Nr. 59. Jetzt erhielt das Mühlanwesen, zu dem auch ein kleiner Gartenstreifen entlang der Klosterhofseite gehörte, die radizierte Mühlgerechtigkeit und die Hausnummer 40.

Weber Georg und Katharina (geb. Gruber) kaufen am 28.4.1832.

Pellkofer Martin kauft am 20.11. 1833.

Kramheller Nikolaus und Anna Maria kaufen am 23.8.1841.

Greif Joseph und Maria erwerben die Mühle durch Tausch am 21.6. 1854. Greif sollte 1858 den Mühlbachkanal, der durch das Kloster floss, nach einer Aufforderung des Landgerichtes an die Gemeinde Oberaltaich reparieren, weigerte sich aber zu Recht, da der Mühlbach nicht sein Eigentum war.

Schindler Heinrich und Theres (geb. Gigler), Müllerseheleute von Motzing, kaufen am 16.2.1866. Das Anwesen war 8.800 Gulden wert. Zu dieser Zeit lief der Mühlbach auf dem Abschnitt, der durch den heutigen Klosterhof führte, in einem unterirdischen und überwölbten Kanal. 1874 beschwerte sich die Müllerin Schindler bei der Gemeinde darüber, dass der benachbarte Wirt an der Engstelle zwischen Wirtshaus und Mühle immer wieder schwere Fuhrwerke abstellte und damit die Zufahrt zur Mühle versperrte. Vermutlich konnte die Gemeindeverwaltung vermitteln, da dieser Weg Gemeindegrund war.

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Der Mühlbach im Süden des Klosters in Richtung Bogen (Foto: Verlag Fanny Bauer, Bogen - 1937) - Zum Vergrößern in Abbildung klicken!

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Fliegeraufnahme Oberaltaich: Gut erkennbar ist die beengte Verkehrssituation bei der Mühle (Foto: Verlag Assmus, Leipzig)Zum Vergrößern in Abbildung klicken!

 

Eine zweite Mühle in Oberaltaich?

Im August 1874 beantragte der Hausbesitzer Franz Xaver Ziegler mit Vorlage von Plänen, auf seinem Gartengrund an der Südseite seines Anwesens Haus Nr. 27 eine Mahlmühle mit einem Mahlgange und unterschlächtigem Triebrad errichten zu dürfen. Das zum Betrieb nötige Wasser sollte aus dem Mühlbach durch eine „anzubringende Stauvorrichtung” genommen werden. Nach einer Ortsbesichtigung und dem Einspruch des Klostermüllers Schindler wurde der Neubau abgelehnt.

Fast 10 Jahre nach diesem ersten Antrag zum Bau einer neuen Mahlmühle beim Haus Nr. 27 machte Matthias Ziegler einen erneuten Versuch. Matthias war der Sohn des Franz Xaver Ziegler, der sich inzwischen zum „Mühlrichter” fortgebildet hatte und wohl auch deshalb den Antrag seines Sohnes unterstützte. Aber auch dieses Mal fand der Protest des Klostermüllers Gehör und die zweite Mühle in Oberaltaich wurde nicht genehmigt.

Wie der heutige Baubefund jedoch zeigt, war der Mühlenbau von den beiden Zieglers bereits in Angriff oder auch in Betrieb genommen worden. Denn sie hatten das alte, stabile Gewölbe über dem Mühlbach entfernt, um auf der Höhe ihrer Wohnräume eine Arbeitsbühne mit Werkstatt einzurichten. Heute ist an dieser Stelle ein waagrechtes Balkenlager eingelassen.

Baier Joseph und Magdalena (geb. Staudinger), Bauerseheleute von Muckenwinkling, hatten am 11.5.1877 die Klostermühle um 18.600 Mark gekauft. Jahrelang mussten die Baiers Ärger einstecken, weil der überwölbte Mühlkanal 1881 von einem schweren Fahrzeug eingefahren und danach völlig ruinös geworden war. Man behalf sich noch jahrelang mit einer „Kanalbrücke”. Um 1890 machte Baier Joseph keine guten Geschäfte mehr; denn im Januar 1891 wurde sein Besitz verpfändet.

Im Jahre 1894 endete die Geschichte der uralten Einrichtung der Klostermühle. Joseph Baier wechselte nämlich die Mühlanlage aus und beschaffte eine sogenannte „Kunstmühle”. Das Wasserrad und die Mahlsteine wurden ersetzt durch eine mecha­nische Motorenanlage, mit einer Turbine und mit Walzenstühlen. Müller Baier ließ seine neue Kunstmühle erst zwei Jahre später genehmigen. Als 1899 Joseph Baier starb, führte seine Frau Magdalena die Mühle als Alleineigentümerin weiter. .

Die Mühle in wirtschaftlichen Schwierigkeiten

Die großen Investitionen für die „Kunstmühle”, die wahrscheinlich noch verpfändet war, und die Bezahlung eines Werkfüh­rers brachten die Mühlbesitzer in Schwierigkeiten. Zwar konnte zunächst der „Obermüller” von Oberaltaich Karl Dorfner, sehr wahrscheinlich der Werkführer von Frau Baier, die Mühle käuflich erwerben (15.1.1903), aber schon bald kam es zu einer Zwangsversteigerung. Am 22.9.1905 wurde Josef Wolf, Hofbesitzer in Niedermenach, neuer Eigentümer. Dieser wiederum fand in Josef Saller und Maria (geb. Schub), Söldnerseheleute von Bogen, durch Auflassung vom 13.12.1906 einen weiteren Nachfolger. Mit dem Namen Saller setzte eine letzte wirtschaftliche Blütezeit der Mühle ein.

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Die Mühle im 20. Jahrhundert

Saller Josef (1865-1936) wurde 1911 Alleineigentümer der Mühle. Sein Sohn Eduard, verheiratet mit Elisabeth Schedlbauer, erhielt die Mühle im Jahre 1935. Nach dem Tode von Eduard Saller (21.10.1961) ließ seine Witwe den Mühlbetrieb vom Müllergesellen Ludwig Gruber als Werkmeister bis 1963 weiterführen. Josef und Eduard Saller bewirtschafteten in über 5 Jahrzehnten erfolgreich die ehemalige Klostermühle. Sie investierten und modernisierten, erzeugten z. B. über eine Turbine 4 KW Strom, stellten sogleich nach dem Zweiten Weltkrieg auf Dieselmotoren um, kauften zwei Doppel- und einen einfachen Walzenstuhl der „Schwäbischen Hüttenwerke”, belieferten ihre Kundschaften mit einem eigenen Lastwagen.

Klosterm10Mayerl Wenzel, der letzte Müllermeister, kaufte die Mühle 1963. Er stammte aus dem Sudetenland, hatte seinen Meistertitel in Nürnberg erworben und kam aus der Oberpfalz nach Oberaltaich. Auch Mayerl konnte die Mühle zunächst erfolgreich betreiben. Er ließ ein 13 Meter hohes Getreidesilo in sein Mühlgebäude einbauen, um jederzeit Mehl liefern zu können. Die Mahlanlagen produzierten zuletzt in 24 Stunden 7 Tonnen Weizen- oder Roggenmehl. Für den zunehmenden Fahrbetrieb erweiterte Müller Mayerl die Ladezone und überdachte sie. Ca. 30 Bäckereien, dazu viele private Kunden bezogen von der Klostermühle ihr Mehl. Dennoch stellte Wenzel Mayerl im Jahre 1982 den Mühlbetrieb endgültig ein. Wie vielerorts machten vor allem Absatzschwierigkeiten, bedingt durch den Bau von Großbäckereien mit eigenen Mehlsilos, die Arbeit unrentabel.

10 Jahre stand die ehemalige Klostermühle still. 1992 kaufte sie die Stadt Bogen und integrierte sie in das heutige „Kulturforum”.

 

Die beiden Planausschnitte (S. 40 und S. 42) und die Fotos auf S. 43 und 44 sind im Besitz v. Hans Neueder. Die Fotos auf S. 45 gehören Herrn W. Mayerl, das Foto auf S. 46 Herrn Gstettenbauer, Oberaltaich.

 

Quellen und Literatur

- Amtsblätter des Bezirksamtes Bogen (im Stadtarchiv Bogen) 1874, 1896

- Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Klosterurkunden Oberal­teich  Nr. 10, 15, 19, 979

- Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftenabteilung, clm 9503, clm Hoekeriana 2 fol. 362 v

- Grundbuchamt Straubing, Hypothekenbücher der Gemeinde Oberal­taich, Bd. I, 605 ff, Bd. II, 897 ff, Bd. III, 344 ff, Bd. X, 390 ff, Bd. 11, 470 ff

- Mühlordnungen 1701 und 1770. In: Sammlung der Kurpfalz-Baierischen allgemeinen und besonderen Landesverordnungen, Bd. 1 und 2, München 1784, Bd. 4, München 1788

- Staatsarchiv Landshut, Rep. 164, Nr. 1052 Schule Oberalteich 1866 (mit Lageplan)

- Stadtarchiv Bogen, Akten der Gemeinde Oberalteich, Bände 1, 5, 6

- Vermessungsamt Straubing, Liquidationsprotokoll der Steuergemeinde Oberalteich, 1. Band 1840, 298

- Benker, Gertrud: Kleine Einführung zum Thema “Mühlen, Müller”. In: Volkskunst, Zeitschrift für volkstümliche Sachkultur, 10. Jg., Heft 2, München 1987

- Erwert, Helmut: Niederbayerische Erfolgsgeschichten, Leitlinien der Industrialisierung und geglückte  Existenzgründungen aus Handwerk und Industrie in einer traditionell agrarischen Donauregion  (Straubing- Bogen), Straubing 2000

- Hartig, Michael: Abt Johan II. Pauernpeck von Oberaltaich zählt seine Kunst- und Bautätigkeit auf. In: Jahrbuch des Vereins für christliche Kunst in München (e. V.), II. Band, München 1914, 61-64

- Hemmauer, P. Aemilianus: Histo­rischer Entwurff...Ober-Alt-Aich..., Straubing 1731

- Mohr, Cornelia: Die Traditionen des Klosters Oberalteich, München 1979

- Neueder, Hans: Der Oberalteicher Klosterplan von 1803. In: Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung 85, Straubing 1983

- Sagstetter, Hans: Die Säkularisation des Benediktinerklosters Oberalteich. In: Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung 85, Straubing 1983, 333 ff

- Sturm, P. Angelus: Das Oberaltaicher Wirtschaftsbuch von 1754. In: Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung 36, Straubing 1934, 17-98

- Stutzer, Dietmar: Klöster als Arbeitgeber um 1800. Die bayerischen Klöster als Unternehmenseinheiten und ihre Sozialsysteme zur Zeit der Säkularisation 1803, Göttingen 1986, 253

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