Bayerische Geschichte
Der Straubinger Reichstag im Jahre 1430
Der deutsche König Sigismund besuchte den Bogenberg und das Kloster Oberalteich
Sigismund aus dem Hause Luxemburg, 1368 geboren und 1411 zum deutschen König gewählt, war Zeit seines Lebens gezwungen, weite Teile Europas, von Polen bis nach Rhodos, von London bis Spanien, mühsam zu Pferd oder in einem Reisewagen zu bereisen. Da ihm damals keine wirkliche Hauptstadt zur Verfügung stand, suchten er und große Teile seines Hofstaates und seiner Verwaltung - bis zu 300 Personen - Städte, Burgen und Klöster auf, um die vielfältigen herrschaftlichen Aufgaben wahrzunehmen. In einem "Itinerar", einer Beschreibung der Reisewege, ließ er seine Aufenthaltsorte genauestens dokumentieren. Über 12.000 Urkunden, Briefe, dazu die deutschen Reichstagsakten bezeugen bis zu seinem Tode im Jahre 1437 seine lange Regierungstätigkeit, die ihn 1430 auch nach Straubing führte.
Abb. 1: Die Illustration aus einer Handschrift des Eberhard Windeck um 1440-50 zeigt Kaiser Sigismund hoch zu Pferd.
Aus Wien kommend hatte er vom 25. August bis 7. September einen Reichstag nach Straubing einberufen. Dort war ein Jahr vorher das Herzogtum Niederbayern-Straubing-Holland unter den vier wittelsbachischen Herzögen verlost worden. Herzog Ernst I. und sein Bruder Wilhelm, die gemeinsam das Straubinger Viertel erhalten hatten, kümmerten sich deshalb um die Unterbringung des Königs und dessen Trosses. Als Willkommensgruß erhielt Sigismund von Herzog Ludwig VII., der sich selbst aus gesundheitlichen Gründen entschuldigte, zwei gesalzene Wildschweinbachen und zwei Frischlingsköpfe sowie von Herzog Wilhelm ein Hirschgeweih mit vier Stangen.
In den 14 Tagen seines Aufenthalts tagte der König" vor vil fursten ... in der grossen stuben in der vesten oder sluß zu Strubingen", führte u. a. mit seinen Anhängern und verschiedenen bayerischen Städten Verhandlungen über das weitere Vorgehen gegen die Hussiten, stellte für das Kloster Tegernsee und für Augsburg Privilegien aus, ließ einen Streit zwischen dem Hofmarksherrn von Brennberg und schwäbischen Städten schlichten.
Wallfahrt auf den Bogenberg
Abb. 2: Die heilige Kreuzreliquie aus dem Jahr 1238, Pfarrei Bogenberg
Selbstverständlich gab es für König Sigismund in Straubing auch Gelegenheit zu privaten Unternehmungen, Gesprächen und zur Erholung von den Strapazen der offiziellen Zusammenkünfte. Der hoch gewachsene, vielsprachige Herrscher brauchte solche Stunden, da er seit etwa 1422 von Gichtanfällen geplagt war und dennoch nach wie vor die meisten Wegstrecken zu Pferde zurücklegen wollte. In diesem Zusammenhang erzählte man ihm von den Wundertaten des Muttergottesbildes vom Bogenberg und von der Kreuzreliquie, die Graf Albert IV. aus Rom als Geschenk des Papstes mitgebracht und im Jahre 1238 dem Kloster Oberaltaich geschenkt hatte. Wie ein Oberaltaicher Priester niederschrieb, besuchte König Sigismund am 2. September mit Herzog Heinrich von Landshut, dem Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg und einem böhmischen Adeligen aus dem Geschlecht der Rosenberger den Bogenberg, um dort zu beten und vor dem Gnadenbild ein Gelübde abzulegen.
König Sigismund im Kloster
Als der König gegen Abend nach Straubing in einer Kutsche zurückreiste, kam ihm außerhalb der Klostermauern der Oberaltaicher Abt Jakob Glettner in Begleitung des Psalmen singenden Konvents entgegen. Er reichte Sigismund die erwähnte Kreuzreliquie, der König betete sie an und bedankte sich beim Abt. Vier Tage später (6. September 1430) kam König Sigismund in feierlicher Begleitung adeliger Ungarn, Türken, Alemannen, Böhmen und anderer Nationen erneut nach Oberaltaich, um das Heilige Kreuz zu verehren. Er näherte sich durch den Laienfriedhof dem Kirchenportal, das aber verschlossen war, da weder der Abt noch der Konvent vom Besuch des Königs etwas wussten. Als man davon erfuhr, wurde die Kirche sofort geöffnet. Man trug den König auf einem Sessel bis zur Mitte des Chores, weil er ja nicht gehen konnte.
Abb. 3: Kaiser Sigismund - Albrecht Dürer, etwa 1512, Öl und Tempera auf Holz, Germanisches Nationalmuseum
Der damalige Kustos Johannes Asperger, der später Abt wurde, reichte dem König das Heilige Kreuz. Er machte damit das Kreuzzeichen, schaute es genau an und betete dazu den Psalm "Miserere mei, deus" (Erbarm dich meiner, Gott). Als er sah, dass die Reliquie nicht besonders geschmückt war, sagte er dem Küster Johannes, den der König für den Abt hielt, dass er selbst die Kreuzreliquie einfassen oder schmücken wolle mit Gold und Silber entsprechend seiner königlichen Großzügigkeit und der Würde des heilbringenden Kreuzes. Der Abt aber, der hinter dem Kustos Johannes stand, fürchtete die Worte des Herrschers, weil er dachte, dass die Reliquie auf Kosten des Klosters mit solch wertvollen Materialien geschmückt werde.
Fromm und großzügig
Der seit Kurzem identifizierte Berichterstatter aus Oberaltaich - er hieß P. Gregor Baumgartner -erzählt weiter, dass der Goldschmied Konrad aus Straubing die hölzerne Kreuzpartikel aufwändig neu mit dünnen silbernen Blechen beschlagen und auf ein Kissen gelegt hat, lässt aber offen, ob der König die Kosten für die Neufassung der Oberaltaicher Kreuzreliquie übernommen hat. Da Sigismund nicht nur fromm, sondern auch sehr großzügig war und es auch verstand, Geld aufzutreiben oder Geschenke machen zu lassen, dürfen wir annehmen, dass die Befürchtung des Abtes Jakob Glettner nicht eingetreten ist. Die kostbare Kreuzreliquie musste später mehrmals erneuert werden, zuletzt um 1800, und war bereits um 1700 zum Bogenberg übertragen worden, wo sie sich heute noch befindet. Der Besuch des deutschen Königs zeigte Wirkung.
In Oberaltaich erhielt ein Jahr später Abt Glettner von Papst Eugenius IV., den auch Sigismund gut kannte, für sich und seine Nachfolger den Gebrauch der Pontifikalien, der äußeren Zeichen bischöflicher Würde. Und 1436 besuchte auch die Herzogin von Braunschweig die neu gefasste Kreuzreliquie, ihr Gatte, der bayerische Herzog Albrecht IIl. († 1460) wurde zu einem großen Wohltäter des Klosters. Auf dem Bogenberg nahm der Zulauf zum marianischen Gnadenbild zu, gleich mehrere Neubauten intensivierten den Wallfahrtsbetrieb des Berges. König Sigismund reiste noch im September 1430 über Regensburg nach Nürnberg weiter. Sein Wunsch, wieder gesund zu werden, ging nicht in Erfüllung. Er zog dennoch weiterhin ruhelos umher, wurde am 31. Mai 1433 in Rom zum Kaiser gekrönt und starb mit fast 70 Jahren am 9. Dezember 1437.
Quelle: Kreisheimatpfleger Hans Neueder, in: SR-Tagblatt vom 25. April 2014, Seite 19
Quellen und Literatur:
Bayerische Staatsbibliothek München, Handschriftenabteilung, clm 9711; Hemmauer, P. Aemilianus, Historischer Entwurff ... deß ... Closters Ober Alt Aich ... , Straubing 1731, 450; Scholliner, Hermann, Stemmatographia ... comitum de Bogen ... In: Neue historische Abhandlungen der churfürstlichen baierischen Akademie der Wissenschaften, 4. Band, München 1792, 267ff; Lang, Karl Heinrich von, Geschichte des Bairischen Herzogs Ludwig des Bärtigen zu Ingolstadt, Nürnberg 1821, 113-155; Lang, Karl Heinrich von/ Freyberg, Maximilian Prokop von/ Rudhart, Georg Thomas, Compte rendu pour l'annee, Band XIII, Paris 1833, 184; Regesta Imperii, Wilhelm Altmann (Hg.), Abteilung XI, Die Urkunden Kaiser Sigmunds 1410/11-1437, Band XI, 2 Regesten Sigmund 1425-1437, 0.0. 1897, 122f; Leidinger, Georg (Hg.), Andreas von Regensburg, sämtliche Werke = QE NF 1, München 1903, 705f; Röttger, Bernhard Hermann (Bearb.), Die Kunstdenkmäler von Niederbayern, Band XX: Bezirksamt Bogen, München 1929, 68f; Kerler, Dietrich (Hg.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Sigmund, Dritte Abteilung 1427-1431, 2. Auflage, Göttingen 1956, Reichstag zu Straubing, Aug. bis Sept. 1430, 446-470; Hoensch, Jörg K. (Hg.), Itinerar König und Kaiser Sigismunds von Luxemburg 1368-1437, Warendorf 1995; Hoensch, Jörg K., Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit 1368-1437, München 1996; Krenn, Dorit-Maria/ Wild, Joacrum, "fürste in der ferne". Das Herzogtum NiederbayernStraubing-Holland 1353-1425 (= Hefte zur Bayerischen Geschichte und Kultur 28), Augsburg 2003, 37f
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