Mühlen an der Menach (30): Menach und Kinsach

menach1a

Vergrößern durch Anklicken der Abbildungen!

Versuch einer Namensdeutung

Unsere fließenden Gewässer, vor allem die großen Flüsse, haben ihre Namen vor langer, langer Zeit erhalten. Als Namensgeber oder „Taufpaten” gelten ...

... unsere Urvorfahren, die Kelten, die vor 2000 Jahren hier wohnten. Unsere Vorfahren, die Germanen, übernahmen die Namen der Kelten. Die Namen der kleineren Gewässer, unserer Bäche, gehen wohl weitgehend auf altdeutsche Namen zurück. Die althochdeutschen Wörter aha, ahe, a, ah, die „fließendes Wasser” bedeuten, sind Kennzeichen dieser Namensgebung. Diese Silben haben sich im Lauf der Jahrhunderte zu den Endungen ach oder bach gewandelt, womit fast alle unsere Bäche enden.

Seit alten Zeiten folgten den fließenden Gewässern auch die Handelsleute. Für die Fuhrleute und Händler waren die Bäche somit Wegweiser. Für die Bezeichnungen Kinsach und Menach muss man - nach meiner Ansicht - bei der Namensdeutung daher besonders vom Siedlungsgebiet auf der Straubinger Seite der Donau ausgehen, denn hier überquerten seit frühester Zeit die Händler in Richtung Böhmen und von dorther den Strom. Der keltische Name ist uns nicht überliefert. Er dürfte aber dem heutigen sehr ähnlich gewesen sein, denn die Römer nannten den Strom, als sie das Keltenland eroberten, Danuvius, wobei die Endung „ius” als typisch lateinische Endung gilt. Der deutsche Name „Tuonawe” erscheint 1301 in den Monumenta Boica (36¹ , S. 523); in einer Urkunde des Klosters Metten aus dem Jahr 1592 heißt der Fluss „Tonau”.

Eine erste Annahme geht davon aus, dass Personen als Namensgeber für die beiden Bäche in Frage kommen. Es ist zwar etwas unwahrscheinlich, dass eine Person, die sich an dem Gewässer niedergelassen hat, so bedeutend war, dass ein Bach von 20 - 30 km Länge nach dieser Person benannt worden ist. Erklärbar wäre dies nur, wenn sich diese Person mit einer größeren Sippe hier angesiedelt hätte, und sich die Sippenangehörigen auf einer größeren Strecke entlang des Baches ihre Hütten errichtet hätten. Sollten die beiden Bachnamen wirklich auf Personen zurückgehen, so käme für die Kinsach ein Kuno (der Kühne) in Betracht. Die Kinsach wäre demnach der „Bach des Kuno”. Als Namensgeber für die Menach wäre ein Meno anzusehen. Meno ist eine Kurzform von Meinold (starker Herrscher) oder Meinolf (starker Wolf). Diese Person hätte demnach ein großes Gebiet entlang des Baches in Besitz haben müssen, eine Annahme, die siedlungsgeschichtlich nicht recht haltbar ist. Denkt man diesen Gedanken weiter, dann müssten alle Ortschaften entlang des Baches, die eindeutig auf Personen zurückzuführen sind, etwa Frommried und Recksberg, von Angehörigen der Sippe des Meno bewohnt gewesen sein und diesen Sippenführer so geachtet haben, dass sie in ihrem Bereich dem Gewässer keinen eigenen Namen gegeben haben.

Diesem Gedanken widerspricht eindeutig der Ortsname Haselbach an der Menach. Der Name besagt zweifelsfrei, dass der Bach in diesem Bereich eine andere Bezeichnung hatte, die sich später dann auf den Ort allein verlagerte. Der Ort Menhaupten („Beginn der Menach”) hat ursprünglich mit einem Meno ebenfalls nichts zu tun, da der Ort erst gegründet wurde, als der Bachname schon längst für den ganzen Wasserlauf eingebürgert war. Die Ableitung der beiden Bachnamen Kinsach und Menach von Personennamen ist somit mit einem Fragezeichen zu versehen.

Eigenartig und für die Namensdeutung wichtig ist dies: Der Ort Menach (heute Niedermenach und Obermenach) liegt genau an der Stelle des Baches (einige Kilometer nördlich von Oberalteich), von der aus ein Vordringen für Fuhrwerke in früherer Zeit in Richtung Norden entlang des Baches unmöglich wurde. Zu beiden Seiten fällt das Gelände von Lintach im Osten und von Schida im Westen zum Bach ab und verengt sich in Richtung Mitterfels zu einer Schlucht, die für Händler und Fuhrleute vor Jahrhunderten unpassierbar war. Aus dieser Situation kann auch der Name des Baches Menach gedeutet werden. Das althochdeutsche Wort „mein” oder „men” heißt „trügerisch” und „falsch”. Im „Meineid” ist uns dieses Wort noch erhalten. Dieses Wort „men” mit dem Sinn von „falsch” findet sich in mehreren europäischen Sprachen, z. B. im Lateinischen: mentiri = falsch reden, lügen. Als trügerischer Bach kann die Menach nicht gelten, da sie keine lebensgefährlichen Untiefen aufweist und Flussbettverlagerungen wegen des Geländes nicht möglich sind. Bleibt die Deutung als „falscher Bach”. Für wen? Natürlich für die Händler, die, wie schon gesagt, die Wasserläufe als Wegweiser benutzten.

Einfacher, und somit fast folgerichtig, ist dann der Name Kinsach zu deuten. Der Name enthält als Stammwort das althochdeutsche „cunic” (König); für dieses ahd. „König” sind etwa zehn verschiedene Schreibweisen bekannt. Somit haben wir es hier mit dem „Königsbach” zu tun. Geht man davon aus, dass der Begriff „König” gleichbedeutend ist mit „recht” und „richtig”, so ist die Kinsach „der richtige Bach”. Für wen? Natürlich wieder für die Händler auf ihrem Weg nach Norden, also nach Böhmen. Für die Handelsleute aus dem heutigen Raum Bogen oder aus der heutigen Richtung Kirchroth war es daher sehr wichtig, genau wie für die Fuhrleute, die bei Straubing die Donau überquerten, dass sie den richtigen und nicht den falschen Bach, die beide nur unweit voneinander in die Donau mündeten und in die gleiche Richtung wiesen, suchten und fanden. Hier fällt eine Parallele zur Menach auf. Die heutigen Orte Niederkinsach und Kinsacher Mühle liegen eingebettet zwischen dem Pilgramsberg im Westen und dem Gallner im Osten, mit dem Unterschied zur Menach, dass das Tal hier breit und damit verkehrstauglich war und ist. Nicht auszuschließen ist auch der Gedanke, dass tatsächlich „Könige" (Herzöge) auf dem Weg nach Böhmen und die Könige von Böhmen auf dem Weg nach Bayern diesem Bach gefolgt sind. Der Ortsname Königseck (bei Stallwang) bestärkt diese Annahme.

Wann tauchen diese Bachnamen erstmals urkundlich auf? Die Kinsach erscheint im Zusammenhang mit der Ortschaft Bruckhof (Gemeinde Haselbach) in einer Urkunde aus dem Jahr 1305 (Bay HStA München, KL Windberg 36) als chunigsach. Bereits im 12. Jahrhundert erscheint (MB 12 S. 58 u. 69) der Ort Chungesa und Chungisa, wobei Ortsname und Bachname als identisch anzusehen sind. In den „Windberger Schenkungen” (ca. 1250) erscheint der Bach wieder in dem Ortsnamen Chunisahe.

menach2a

Der Name Menach taucht urkundlich erstmals in einer Oberalteicher Urkunde von 1184 auf (Bay HStA München, KU 5 Oberalteich). Es erscheint hier ein Mennaha in Verbindung mit einer Mühle. Dass es sich hierbei um den Ort Kleinmenach handelt, geht daraus hervor, dass bei der Auflistung vor Mennaha der Ort Sik­lenesperge (Sicklasberg - Urkundenausschnitt auf der nächsten Seite) und unmittelbar dahinter der Ort Hicenperge (Hitzenberg) erwähnt wird; dies stimmt geographisch heute noch genau. Einige Zeilen weiter erscheint ein Menna, das heutige Ober- und Niedermenach, wiederum flankiert von dem vorausgehenden Radesmannesperge (Rammersberg) und dem unmittelbar folgenden Ort Freindorf (Freundorf); dies ermöglicht wiederum die genaue geographische Einordnung.

menach3a

Der eigenständige Bachname, ohne Verbindung mit einer Ortschaft, erscheint in einer Urkunde des Klosters Oberalteich aus dem Jahr 1274 als Mennach. Die Urkunde erwähnt: Apud fluvium Mennach unam curiam = Beim Fluss Menach einen Herrenhof.

Die Benutzung desselben Namens für eine Ortschaft und für das Gewässer, an dem der betreffende Ort liegt, war in alter Zeit üblich. Als Beispiele hierzu seien nur genannt: Kößnach, Schwarzach, Schambach und Irlbach. Daher kann auch bei der Namensdeutung des Baches vom entsprechenden Ortsnamen ausgegangen werden, da in Wirklichkeit sicherlich der Bachname zuerst existiert hat, während für die entsprechende Siedlung dann einfach der Bachname übernommen wurde.

Spekulationen und Deutungen für die beiden Bachnamen gab und gibt es immer wieder. Schon vor vielen Jahrzehnten wurde der Gedanke geäußert - nachzulesen im Heimatbuch über die Pfarrei Rattiszell aus dem Jahr 1925, S. 128, der Name Kinsach könnte vom althochdeutschen Wort „chien” = „Kienbaum”, „Föhre” abgeleitet werden. Angesichts der ersten schriftlichen Nennungen muss dieser Gedanke aber eindeutig verworfen werden. Diese Namensdeutung ist auch aus einem zweiten Grund nicht haltbar. Das Gelände entlang der Kinsach ist für alle Bäume eher geeignet als für die Föhre, denn Föhren bevorzugen einen sandigen, trockenen Boden, während entlang der Kinsach früher, als der Name entstand, nur Sumpfland war, das für Föhren absolut untauglich ist.

Bei der Menach tauchte die Vermutung auf, das althochdeutsche Wort „mena(t)” = „Zugvieh” könnte dem Bach als Namensgeber dienen. Der Name würde dann „Tränkestelle für das (Zug-)Vieh” bedeuten. Eine Tränkestelle ist eindeutig räumlich begrenzt; dass ein Bach von über 20 km Länge eine einzige Tränkestelle sein soll, ist sehr unwahrscheinlich. Denkbar wäre, dass am Ober- und Unterlauf Viehweiden waren und der Bach daher seinen Namen bekam; für die Strecke zwischen dem heutigen Haselbach und Kreuzkirchen war der Bach mit Sicherheit keine Tränkestelle, da er hier in einer waldreichen Schlucht verlief und teilweise heute noch verläuft.

Den Gedanken, dass der Bachname irgendwie mit dem Zugvieh, dem Zugochsen, in Verbindung steht, könnte man mit folgendem Argument untermauern. Das althochdeutsche Wort „menen” bedeutet „das Zugvieh antreiben”. In der Dorfgeschichte „Meier Helmbrecht” aus der Zeit um 1280, die im altbairischen Sprachraum spielt, sagt der Vater zu seinem Sohn (in den Zeilen 247 - 248) folgenden Vers:

  • Lieber sun, nu men du mir
  • oder hab den phluoc, so men ich dir;

Übersetzung:

  • Lieber Sohn, nun treib du mir den den Ochsen
  • oder halt den Pflug, so treib ich dir den Ochsen!

Legt man dieses „men” zu Grunde, so könnte der Bachname Menach als „Ochsenbach” gedeutet werden.

Nun hat dieses „menen" aber auch noch die Bedeutung von „plagen”. Geht man von diesem Begriff aus, so könnte man die Menach auch als Bach ansehen, der den Menschen Plagen, Schwierigkeiten bereitet, vielleicht durch Überschwemmungen oder weil er - wie eingangs gedeutet - nicht den richtigen Weg weist.

Zu Beginn der Abhandlung wurde darauf hingewiesen, dass die Kelten als Namensgeber für die Flüsse anzusehen sind. Legt man nun das keltische Wort „men”, das als Stammwort sieben verschiedene Bedeutungen hat, zu Grunde, so ergeben sich noch folgende Erklärungen: „men” (heute: minder) hat einmal die Bedeutung von „klein”. Die Menach wäre somit „das kleine fließende Wasser". Im Vergleich zur großen Donau ergäbe das eine logische Namensdeutung. Nun hat aber das keltische „men” (lateinisch: mons, englisch: mount, fran­zösisch: mont) auch noch die Bedeutung von „Gebirge”, „hervortretender Berg” oder „hereinragender Berg”. Die Menach könnte man demnach als „das aus dem hervortretenden Berg fließende Wasser” bezeichnen. Im Vergleich zur Kinsach und dem Bogenbach, die lange vor der Mündung in die Donau in einem breiten Tal fließen, tritt die Menach erst kurz vor der ehemaligen Mündung in die Donau als rasch fließendes Wasser aus dem in die Donauebene ragenden Bergstock hervor.

Dem interessierten Leser dürfte klar geworden sein, dass die Namensdeutung dieser beiden Bäche ein schwieriges Unterfangen ist. Einerseits haben sich die Namen im Lauf der Jahrhunderte geändert, andererseits haben gleiche Wörter zuweilen völlig verschiedene Bedeutungen. Es kann daher heute nicht mehr mit allerletzter Sicherheit gesagt werden, welches Stammwort und damit welche Bedeutung in dem jeweiligen Namen steckt. Die frühesten schriftlichen Nennungen bieten noch die beste Einstiegsmöglichkeit in die Namensdeutung, da sich die schriftliche Benennung an der gesprochenen Sprache orientierte und diese wiederum sich aus der Wirklichkeit ableitet.

Sollten aber in der Kinsach und in der Menach Wörter stecken, die wir heute nicht mehr kennen, so kann über die Namensdeutung weiter spekuliert werden.

Literatur:

  • Köhler Gerhard: Neuhochdeutsch-Indogermanisches Wörterbuch (Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft 13), Giessen-Lahn 1980, S. 142 ff
  • Pokorny Julius: Indogermanisches Etymologisches Wörterbuch - Bd. I., München 1959
  • Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Wörterbuch von 1956
  • Rudolf Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch von 1995

BESUCHER

Heute 5410 Gestern 12695 Woche 39487 Monat 162173 Insgesamt 8494765

Back to Top
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.