Umweltthemen
Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
In den Jahren des Wirtschaftswunders war in vielen deutschen Städten und Orten "Kahlschlag" in den gewachsenen Innenbereichen betrieben worden und oft genug architektonischer Wildwuchs entstanden. Nicht nur bei Umbauten öffentlicher, sondern auch privater Gebäude wich Originalität oft hässlicher, nichtssagender Uniformität. Dazu überschwemmte der wachsende Verkehr auch die Ortszentren, die dafür nicht gebaut waren. In den 80er Jahren begann ein allmähliches Umdenken, so entstanden z. B. erste Fußgängerzonen. Der Bund und der Freistaat Bayern stellten im Rahmen von Städtebauförderungsprogrammen Mittel zur Sanierung von Ortskernen zur Verfügung.
Im Juli 1985 konnte Bürgermeister Lang bei der Regierung von Niederbayern in Erfahrung bringen, dass auch kleinere Orte Mittel aus diesem Programm erhalten konnten. So eröffnete sich eine Möglichkeit, für längst fällige Sanierungsmaßnahmen staatliche Zuschüsse zu erhalten. Eine Kommission der Regierung von Niederbayern erkannte bald danach bei einer Besichtigung des Marktes, dass ein Sanierungsbedarf des Ortskerns vorlag, und so konnte Mitterfels in das Städtebauförderungsprogramm von Bund und Land aufgenommen werden.
Was war in Mitterfels zu sanieren?
Mitterfels kam es zugute, dass Studenten des Städtebaulichen Instituts der Universität Stuttgart im Wintersemester 1985/86 im Rahmen eines Entwurfsthemas "Leben mit dem Tourismus - Ortskern " an einer überschaubaren Gemeinde offensichtliche städtebauliche und gestalterische Mängel, dazu Mängel im Arbeits- und Wohnumfeld erkennen und Lösungsansätze finden sollten. Im Einvernehmen mit der Marktgemeinde wurde Mitterfels gewählt.
Unter dem Leiter des Instituts. Prof. Dipl.-Ing. Antero Markelin und ihrem Betreuer, dem aus Straßkirchen stammenden Dipl.-Ing. RBM Thomas Molnar, beschäftigten sich die Studenten im November 1985 eine Woche lang intensivst mit dem "Wesen von Mitterfels": mit Geographie und Topographie, mit Klima und Geschichte, dem Ortsbild , der Verkehrslage und -situation, den öffentlichen Einrichtungen und dem Tourismus. (Über die "Begegnung mit den Studenten" schreibt Franz Wartner in einem eigenen Beitrag.)
Die Studenten fanden sehr viel "Atmosphäre" vor, ein relativ gut erhaltenes, durchgrüntes Ortsbild, schöne Durchblicke in eine (vor allem im Osten) "spektakuläre" Landschaft, die bis in den Ort hereingreift. Ihre Aufgabe aber war es auch, Mängel zu analysieren. Bereits in der Grobanalyse wurden Missstände deutlich, die sich nicht nur auf den engeren Ortskern beziehen, sondern auch auf die Verflechtung mit den Ortsteilen. Schon in diesem Stadium wurde auch nach Lösungsansätzen gesucht.
Die Bildnummern beziehen sich auf die Nummern im Text "Mängel und Lösungsvorschläge".
Nr. 1: Problematisch der "ruhende Verkehr" (häufig zugeparkte Gehwege) - Nr. 2: Lindenstraße als Eingangsbereich in den Ortskern wenig einladend
Nr. 3: Gestalterische Maßnahmen der Gemeinde mit Vorbildwirkung für Private - Nr. 4: Gehwege (v. a. für Schulkinder) kaum vorhanden
Nr. 5: Verbesserung der Parkplatzsituation, Priorität für Fußgänger - Nr. 6: Platz vor Burg und St. Georgskirche als "Wohnzimmer" - die untere Burgstraße als "Empfangshalle"
Durchführung der Ortskernsanierung
Die Lösungsansätze der Studentengruppe mit oft frappierenden Detailvorschlägen (siehe Franz Wartners Beitrag „Zur Ortskernsanierung: Begegnung mit Stuttgarter Studenten“) wurden mit den Gemeindevertretern diskutiert, wurden in einer Bürgerversammlung auch der Öffentlichkeit gezeigt.
Den Startschuss für den Beginn der Ortskernsanierung gab der Marktgemeinderat in seiner Sitzung vom 4. Dezember 1985 mit dem Beschluss, vorbereitende Untersuchungen nach § 4 Abs. 3 Städtebauförderung durchzuführen und die Arbeitsgemeinschaft Prof. Dipl.-Ing. A. Markelin (Univ. Stuttgart) und Dipl.-Ing. RBM Th. Molnar (Straßkirchen), die beide die Studentengruppe betreut hatten, mit der Bearbeitung zu beauftragen. 1987 übertrug der Marktgemeinderat die weiteren Planungen dem Planungsbüro Molnar + Kulzer aus Straßkirchen.
Die- Gesamtbaumaßnahme wurde in verschiedene Bauabschnitte eingeteilt. Bei der Drucklegung des „Mitterfelser Magazins 1/1995" wird gerade am Abschnitt "Lindenstraße bis zur Turnhalle" gearbeitet.
In unzähligen Sitzungen hatte sich der Marktgemeinderat mit Einzelmaßnahmen zu beschäftigen, viele der Lösungsvorschläge wurden beschlossen, über viele wurde lang diskutiert, das Für und Wider erwogen, manche fast fertige Planungen wieder verworfen: So eine Einbahnstraßenregelung Burgstraße - In der Point, oder ein Ringverkehr um die Anwesen Stiegler, Kernbichl, Fischer, Haimerl. Auch das schon in einem Entwurf erstellte Parkhaus unter dem jetzigen Kreismusikschulgelände kam nicht zur Ausführung.
Neue Entwicklungen machten neue Planungen nötig, so die Diskussionen um einen möglichen Standort einer Kreismusikschule. Mitterfels hatte dafür zwei geeignete, ganz bzw. teilweise leer stehende Gebäude direkt im Ortskern anzubieten. So wurde zum einen wertvolle, historische und ortsbildprägende Bausubstanz erhalten (Hs. Nr. 6, das ehemalige Pfarrhaus, das unter Denkmalschutz steht), zum anderen wurde eine Einrichtung geschaffen, die Orts- und Landkreisbewohnern zugute kommt, und der historische Ortskern erfuhr wieder eine Belebung.
Im Zuge der oberirdischen Gestaltung wurde auch der unterirdische technische Teil neu konzipiert: Die hässlichen Strommasten verschwanden von den Dächern, die Burgstraße wurde verkabelt; die Oberflächenwasser-Ableitungen wurden verlegt, Hausanschlüsse erneuert.
Am 13. August 1989 feierte der Markt Mitterfels in einem Burgstraßenfest die Fertigstellung der unteren Burgstraße, die "gute Stube" konnte sich wieder sehen lassen: Wohnlicher war sie geworden mit den gepflasterten Gehsteigen, den neugestalteten Zäunen und Hauszugängen, der Bepflanzung und der romantischen nächtlichen Beleuchtung. Zugleich wurde der Dorfbrunnen, vom Mitterfelser Bildhauer Hans Rieser geschaffen, eingeweiht. Mitterfels war ein ganzes Stück schöner geworden.
Am 13. August 1989 feierte der Markt Mitterfels in einem Burgstraßenfest die Fertigstellung der unteren Burgstraße. Die "gute Stube" konnte sich wieder sehen lassen.
Ortskernsanierung Markt Mitterfels - Maßnahmenplan (Beschreibung im nächsten Kapitel)
Quelle: Franz Tosch, in: Mitterfelser Magazin 1/1995
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