Der Aprilscherz erobert das Internet

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Soziale Netzwerke hauchen angestaubter Tradition wieder Leben ein

… aber: Für einen guten Scherz ist eine Gesicht-zu-Gesicht-Situation erforderlich.

 

Berlin. (dpa) Im Büro die Sprache des Auswahlmenüs am Kaffeeautomaten auf Chinesisch umstellen oder den neuen Kollegen ein Fantasiegerät kaufen schicken – klassische Aprilscherze gelten bei vielen als angestaubt. Dafür erobern die Späße das Internet. Die Gags werden heute eher in sozialen Netzwerken geteilt und getauscht, statt real Freunde und Kollegen an der Nase herumzuführen, sagt Humorforscher Michael Titze.

"Soziale Netzwerke bringen Witze und Heiterkeit ins Internet", berichtet der Psychologe Titze. Bilderwitze und lustige Videos werden gepostet, kommentiert und bewertet. Aber meist nicht selbst ausgedacht, sondern tausendfach kopiert von Medien - wie der Scherz, dass jede Einzel-E-Mail Porto kosten soll, oder die Jux-Nachricht, dass das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg Verkehrssündern Punkte erlässt, um sein Image aufzupolieren.

Das Internet hat einige Spaßvögel aber auch vorsichtiger werden lassen, denn ein unbedachter Spruch im Netz ist kaum noch zu löschen. "Das ist nicht mehr so risikolos, weil man weiß: Alles hinterlässt Spuren ", sagt Titze. Daher wird heute eher seltener über den Chef oder die Familie gescherzt und dafür mehr über Dritte, wie einen Fernsehmoderator, der während seiner Sendung einen Lachanfall hat. "Vor allem im Büro wird der 1. April weitergeführt", ist hingegen der Bremer Lachforscher Rainer Stollmann überzeugt. Doch gerade da lauern Gefahren. Ein Scherz am Arbeitsplatz kann eine Abmahnung zur Folge haben, warnt der Arbeitsrecht-Fachanwalt Michael Henn.

Eines bleibt bei klassischen Aprilscherzen und online gleich: die Schadenfreude. Gelacht wird über die Ausrutscher von anderen. Peinliche Videos von Missgeschicken werden im Internet schnell tausendfach geklickt. "Pleiten, Pech und Pannen - das kursiert sehr stark." Aber funktioniert ein Scherz online genau so gut wie im realen Leben? "Am Stammtisch kannten sich die Leute. Wenn jemand einen Witz erzählte und dann gleich anfing, sich auf die Schenkel zu klopfen, war klar: Jetzt ist Lachen angesagt", sagt Titze. Aber bei kurzen Mitteilungen per Internet fehlt die reale Geste. Da kann ein Witz schnell falsch verstanden werden. Smileys und andere Hinweise sollen Abhilfe schaffen. Ein kurzer Spruch mit einem lachenden :-) dahinter verrät dann den Scherz - wenn man den Kopf neigt, wird aus den drei Zeichen ein grinsendes Gesicht.

Der Scherz im Netz hat ein weiteres Manko - auch das Lachen ist oft nur virtuell. "Für einen guten Scherz ist eine Gesicht-zu-Gesicht-Situation erforderlich, damit der Schabernacktreibende sehen kann, wie dem anderen die Kinnlade runterfällt", meint der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder. Denn schallendes Gelächter über einen guten Aprilscherz kann nur schwer durch Zeichenketten ersetzt werden, oder? ;-)

 


 

Quelle: <abendzeitung-muenchen.de> (dpa) vom 31. März 2012

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