1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 66 Vom Dorf zum Markt

Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.

Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.

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Vom Dorf zum Markt

Seit 1948 hatte Mitterfels ein richtiges "Rathaus" anstelle einer sonst üblichen einfachen "Gemeindekanzlei". Es war zudem ein schmuckes Haus, noch als Dr. Hornef-Villa in Erinnerung, ab 1938 Sitz eines NSV-Kindergartens. Um billige 20.000 Reichsmark konnte es die Gemeinde aus dem Nachlass des Dritten Reiches erwerben, mitsamt Garten und großem Umland.

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Die Rathäuser des Marktes: 1948 – 1973 in der gemeindeeigenen Dr. Hornef-Villa – ab 1973 im staatlichen Gebäude des ehemaligen Amtsgerichts (Burg Mitterfels) - Vergrößern durch Anklicken!

Im November 1957 genehmigte das Bayer. Staatsministerium des Innern das Mitterfelser Gemeindewappen. Angeregt hatte es 1955 Franz Lohbauer, und Amtsgerichtsrat Dr. Fischer hatte einen Entwurf vorgelegt, der vom Staatsarchiv nur geringfügig geändert wurde. Im roten Schildhaupt ist das Schwert Symbol der 600-jährigen Hochgerichtsbarkeit; die weiß-blauen Rauten darunter verweisen auf die Zugehörigkeit zur Grafschaft Bogen; die Tanne auf grünem Hügel ist ein Hinweis auf die Lage im Bayer. Wald.

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Mit dem Wieder-Aufwärtsgehen wurde auch in Mitterfels das Anstreben eines "Marktes" erwogen. Für Bürgermeister Dietl stellte sich die Frage nicht. Sein Grundsatz war: Lieber ein dörflicher "Luftkurort" als ein "Markt" ohne die nötigen Voraussetzungen.

Nach zwei Jahrzehnten Aufwärtsentwicklung sah es freilich anders aus, sowohl vom Ortsbild her, als auch aus der Sicht der Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen. Der Schwerpunkt aber lag bei der geschichtlich gewachsenen Zentralstellung, nicht zuletzt bei dem guten Ruf als Fremdenverkehrsort und Luftkurort.

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Der Vergleich der aneinandergelegten Uraufnahmeblätter Mitterfels No 4035 (aus dem Jahre 1828) und No 4135 (von 1831) mit der nachfolgenden Karte um das Jahr 1900 zeigt, dass die Entwicklung von Mitterfels im 19. Jahrhundert (und bis weit in das 20. Jahrhundert hinein) nur sehr langsam erfolgte. Nur im Bereich der (heutigen) Lindenstraße und Straubinger Straße sind (in der Karte von 1900 zu sehen) einige Häuser dazugekommen. - Vergrößern durch Anklicken!

Abdruck mit Genehmigung des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation vom 19.03.2013

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Auch im Vergleich der Karte von 1900 mit der „Original-Fliegeraufnahme“ von 1935 ist keine große bauliche Veränderung festzustellen. - Vergrößern durch Anklicken!

Quelle: Helff & Stein GMBH Leipzig; Verlag Hans Stolz, Mitterfels – Sammlung: Christl Jakob

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Die Postkarte von 1955 zeigt bereits die allmähliche Verlagerung der baulichen Entwicklung zur Straubinger Straße und Bayerwaldstraße. Vergrößern durch Anklicken!

Quelle: Bayerischer Flugdienst Hans Bertram, München-Riem – Sammlung: Christl Jakob

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Luftaufnahme um 1968 (aus: Chronik Markt Mitterfels) Vergrößern durch Anklicken!

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Rückblick auf 1900: Der Markttag in Mitterfels, wie er seit 1864 viermal im Jahr als Viehmarkt genehmigt war. Für eine Markterhebung hatte es aber schon gewichtigerer Gründe bedurft. Interessant allemal die Bekleidung, in der Mann und Frau den Viehmarkt besuchte. Die beiden Damen links sind sicherlich Frauen von Mitterfelser Beamten.  Vergrößern durch Anklicken!

Quelle: Ohne Verlagsangabe – Sammlung Reinhard Stolz

Am 3.2.1968 fasste der Gemeinderat unter Bürgermeister Uekermann einstimmig den Beschluss, Antrag auf Verleihung der Bezeichnung "Markt" zu stellen. Eine ausführliche Begründung lag bei.

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Antrag zur Verleihung der Bezeichnung „Markt“ – Begründung (Zusammenfassung) Vergrößern durch Anklicken!

Die Entscheidung in München fiel überraschend schnell. Am 5.7.1968 stand sie im Staatsanzeiger: "Mit Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern von heute wurde der Gemeinde Mitterfels die Bezeichnung 'Markt' verliehen. Gez. Dr. Merk, Staatsminister."

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Die Urkunde zur Markterhebung – unterzeichnet von Dr. Merk, Staatsminister des Innern Vergrößern durch Anklicken!

Am 4.8.1968 wurde die Markterhebung gebührend gefeiert. Ein breites Rahmenprogramm war vorbereitet: Im Schulhaus hatte Ing. Max Großkopf eine Kunstausstellung organisiert, ergänzt mit Werken des verstorbenen Mitterfelser Graphikers Georg Fritz. Die TSV-Gruppen warteten mit einem abwechslungsreichen Programm sportlicher Wettkämpfe und Vorführungen auf; die Bundeswehr zeigte Gerät und speiste aus der Feldküche; und im Bierzelt konnte vor- und nachgefeiert werden.

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Am 4. August 1968 wird mit einem Feldgottesdienst die Feier zur Markterhebung eingeleitet. Vergrößern durch Anklicken!

Quelle: Scan eines Fotos aus der Chronik

Der Festakt in der neuen Turnhalle wurde verschönert durch den Orchesterverein Bogen und die Liedertafel Mitterfels. OL Paul Stahl fungierte als Chronist, Landrat Hafner bezeichnete Mitterfels als das Herz des Landkreises, Regierungspräsident Riederer bestätigte dem Ort die Erfüllung aller Forderungen für eine Markterhebung, Schwarzachs Bürgermeister Karl Biller überreichte seinem Amtskollegen Walter Uekermann die von der Patengemeinde Schwarzach gestiftete Amtskette.

Das schönste Geburtstagsgeschenk aber war die Chronik „800 Jahre Geschichte um Mitterfels", die der Verfasser OStR. Max Lachner aus München persönlich übergab (und deren Neuauflage wir hier in Händen halten).

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1968: Zur Markterhebung: Ein Festgeschenk besonderer Art: OStR Max Lachner überreicht sein Werk „800 Jahre Geschichte um Mitterfels“ Vergrößern durch Anklicken!

Ein Jahr danach gab es eine Nachfeier besonderer Art: Da waren es 775 Jahre, dass man den Namen "Mitterfels" erstmals in einer Urkunde des Klosters Oberalteich fand. Die 775-Jahr-Feier war verbunden mit dem zweiten großen Heimattreffen ehemaliger Mitterfelser (das erste Heimattreffen hatte 1955 stattgefunden); dazu eignete sich der Termin zu Pfingsten (25./26.5.1969) besonders gut. An die 400 waren gekommen. Sie staunten, was aus Mitterfels geworden war und erlebten den schönen Festakt in der Turnhalle. Bürgermeister Uekermann stellte ihnen den jungen Markt vor. OL. Stahl gab einen geschichtlichen Überblick, ORDir. Saubert fand lobende Worte für den rührigen Ort; Universitätsprofessor Dr. Mayer (Gründungsrektor der Uni Regensburg) machte sich zum Sprecher der Ehemaligen, war er doch selbst hier als Beamtensohn geboren; Fritz Theumer sprach im Namen der vielen Heimatvertriebenen, die in Mitterfels längst integriert waren. Auch diesmal gab es wieder eine Kunstausstellung nebst Briefmarkenausstellung (Leitung Max Großkopf), ferner eine ganze Reihe schöner Veranstaltungen: ein Festkonzert, einen Heimatabend, Veranstaltungen der Sportler, Schützen, Kinderveranstaltungen, einen Fackelzug zum Kriegerdenkmal, einen feierlichen Festgottesdienst.

Die weitere Entwicklung des Marktes zeigt sich in einer Fülle großer Projekte:

a) Vorweg die bauliche Entwicklung des Marktes, mit seinen Neubaugebieten Weiherfeld (1962), Oberfeld (1968), Weiherfeld-Süd (1970), Scheibelsgrub I (1977), Scheibelsgrub-Hochfeld (1983). Eine Reihe von neuen Straßenzügen führte zur Einführung der Straßennamen (ab 1970): 41 sind es bis heute. Gehsteige und Parkplätze wurden geschaffen, das Gesicht des Ortes wesentlich verbessert.

b) Öffentliche Einrichtungen von großer Bedeutung kamen dazu: die Volks- und Verbandsschule (1965/1983), die neue Pfarrkirche (1970), der neue Kindergarten (1971), die neue Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Kinderpflege (Umbau 1983/1984), die Knotenvermittlungs- und Ortsvermittlungsstelle (1969/1985), das Heimatmuseum (1982), die Zweigstellen der Volksbank (1962/1982) und Raiffeisenbank (1985) .

c) Es gab eine stetige Zunahme der Versorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen, z. B. zweite Apotheke, Massagepraxis, C + C Halle, Fachgeschäfte, Hotels, Gaststätten und Cafes.

d) Besonders stark entwickelten sich die Einrichtungen für Freizeit und Sport: Turnhalle (1967), Freibad (1972), Hallenbad (1982), Tennishalle und Tennisplätze (1980/81), Reithalle, Reitplatz und Reitweg (1976/78), Kegelbahnen (1983), Sportzentrum (1979), Minigolf (1969), Schießanlage (1976), Asphaltbahn (1970), Eislaufplatz (1978), Langlaufloipen (1980) , Kinderspielplätze am Schlossberg (1974) und in Weiherfeld (1975) .

e) Und schließlich galt es, die Einstufung als "Luftkurort" (1957) zu sichern, mit Verbesserungen bei den Beherbergungsbetrieben (Neubau Appartementhotel 1981, zahlreiche Umbauten), Verbesserung der Gästebetreuung, laufender Nachweis der klimatischen Verhältnisse.

Als Krönung des Ganzen darf die Gründung der ersten niederbayerischen Verwaltungsgemeinschaft gesehen werden, bestehend aus den vier Gemeinden Mitterfels, Haselbach, Ascha und Falkenfels, mit Sitz im Schloss Mitterfels. Am 1.7.1977 wurde sie ins Leben gerufen und funktioniert zu aller Zufriedenheit. Vorsitzender war 1977 Bürgermeister Mandl/Haselbach, ab 1978 Bürgermeister Werner Lang/Mitterfels. Für alle amtlichen Schreiben wird das Mitterfelser Wappen verwendet, weil es mit seinen Symbolen der Grafschaft Bogen und des Gerichts Mitterfels am stärksten die Geschichte dieses Raumes ausdrückt. Am 28. August 1987 wurde in einem erstmalig veranstalteten Burghof-Fest unter großer Anteilnahme der Bevölkerung das 10-jährige Bestehen der Verwaltungsgemeinschaft Mitterfels gefeiert.

Es gibt noch ein Bindeglied unter den vier Gemeinden: Es ist der 14-tägig erscheinende "Gemeindebote der Verwaltungsgemeinschaft Mitterfels". Als "Mitterfelser Gemeindebote" bestand er schon seit Albert Dietl's Zeiten, damals noch mit kleinem Umfang und so manches Mal noch zu nächtlicher Stunde in der Druckerei zusammengebastelt. Bis 1978 trug der Kopf des Gemeindeboten die Zeichnungen der bedeutendsten Mitterfelser Gebäude: die beiden Kirchen, die Schule, das Schloss und das Rathaus. Heute sind es die Wahrzeichen der vier Gemeinden. Dank der neuen Offsettechnik ist der Bote schöner und umfangreicher geworden und auch gut bebildert, zu besonderen Anlässen sogar farbig. Die Auflage beträgt über 1100, davon knapp 500 in der Gemeinde Mitterfels.

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Gemeindebote – Information und Bindeglied seit 1947, eingeführt unter Bürgermeister Albert Dietl (1947-56) Vergrößern durch Anklicken!

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Nur mit "Lizenz"! Vergrößern durch Anklicken!

Für den einen bitterer Ernst, für den anderen geradezu lächerlich, wie es unter der Bürokratie der amerikanischen Militärregierung selbst für eine geringste Öffentlichkeitsarbeit einer "Lizenz" bedurfte. Dazu zwei Beispiele aus Mitterfels:

1946 wollten die Mitterfelser den Ernst der Zeit mit dem lustigen bayerischen Theaterstückl "Der siebte Bua" auflockern, doch ob dieser "Demonstration" bedurfte es erst der Genehmigung eines "Vereins" unter einem völlig "unbelasteten " Lizenzträger. Man fand schon die richtige Lösung: für den Verein einen gar sittsamen Namen "Wohltätigkeits-Theaterverein", als Lizenträger einen noch jungen, unter die „Jugend-Amnestie" fallenden Gymnasiasten. Die "Alten" waren ja samt und sonders noch nicht "ent-nazi-fiziert" (was für ein kurioses (offizielles) Kunstwort!).

1947 plante Bürgermeister Albert Dietl erstmals einen gedruckten "Gemeindeboten" herauszubringen. In seinem Antrag stellte auch er, neben der Notwendigkeit, die politische Harmlosigkeit dieser Drucksache heraus. So ist sein (hier abgedruckter) Antrag auch ein Dokument, wie man den damals so misstrauischen Amerikanern auf "waldlerisch" beikommt. Wer würde eine Lizenzeingabe heute noch so begründen?

Bei der Wertung all des Gesagten erscheint der Schritt "vom Dorf zum Markt" in allem gerechtfertigt.

 

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