1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 53 Mitterfelser, von denen man sprach
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Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
Mitterfelser, von denen man sprach
"Mitterfelser" nennen wir sie, ob sie nun hier gebürtig waren wie der Jesuitenpater Straßmeier, oder nur etliche Jahre hier bedienstet waren und es dann draußen in der Welt zu Berühmtheit brachten, wie Thürriegl und Gschray, oder ob sie als Auswärtige ihre ganze Berufslaufbahn in Mitterfels verbrachten wie der Landrichter Märkl.
Als ersten nennen wir den Mitterfelser Pfleger Alexander von Grotta, auch Groote oder Grotte geschrieben, was auf einen gebürtigen Wallonen schließen lässt (wie sein großer Zeitgenosse Tilly). Anfangs des Dreißigjährigen Krieges war er in Mitterfels (1619-1621), brauchte aber dann einen Pflegskommissar, den Veit Adam von Khirmreut auf Haggn, weil er selbst als Feldzeugmeister, Artilleriegeneral und Festungsingenieur des Kurfürsten Maximilian I. im Böhmischen Krieg gebraucht wurde (1620-22), wo er bayerische Truppen mit Erfolg führte.
Alexander von Grotta (Groote, Grotte) Stich: Wolfgang Kilian (1581-1662)
Ohne Rang und Titel war sein Zeitgenosse Stefan Jackerl, Bauer aus dem Mitterfelser Gerichtsbezirk. Seine Stärke machte ihn berühmt und war derart selten, dass sich der Mitterfelser Pfleger Hannibal von Herliberg getraute, ihn beim Regensburger Kurfürstentag 1625 dem Kaiser Ferdinand II. vorzustellen. Auch der Kaiser fand an seinen Künsten und Kräften so viel Freude, dass er ihn mit einem Prunkkleid aus grünem Zeug beschenkte.
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Vom Dritten, dem Johann Kaspar Thürriegl, redet man noch heute. Seine Beziehungen zu Mitterfels waren eng, und wir haben schon im Kap. 29 (Österreichischer Erbfolgekrieg) von ihm berichtet. Thürriegel entstammte einem verarmten Zweig eines Rittergeschlechts, dessen Abkömmlinge auch als Pfleger oder Landrichter in Mitterfels, Viechtach und Laaber erscheinen. Unser Thürriegel wurde 1722 in Gossersdorf geboren, kam wegen seiner Gewecktheit an die Jesuitenschule in Straubing, wurde dann Schreiber beim kurfürstlichen Brauverwalter Vogl in Gossersdorf und wurde schließlich vom Mitterfelser Gerichtsschreiber Sommer als Hilfsschreiber angeworben. Von hier aus erlebte er seinen ersten Kampfeinsatz: Mit der Freischar des Mitterfelser Michael Gschray zog er 1741 gegen die eingefallenen ungarischen Husaren bei Viechtach und zeichnete sich dort hervorragend aus. Dann blieb er trotz angebotener Offiziersstelle wieder am Mitterfelser Pfleggericht. Hier war 1742 eine französisch-bayerische Truppe unter dem Oberstleutnant Baareau. Der war Gast im Schloss beim Pfleger Dr. Johann Thomas Überle. Hier lernte er den jungen geweckten Thürriegel kennen, erfuhr auch von seiner soldatischen Tüchtigkeit und warb ihn als Fähnrich an. Damit begann für den Gossersdorfer eine unglaubliche Karriere. Er wurde schnell Oberstleutnant im Generalstab des Marschalls Graf Moritz von Sachsen, leitete im Siebenjährigen Krieg die Feindaufklärung, hatte seinen Dienstsitz in Versailles. Dann trieb ihn sein militärischer Ehrgeiz wieder in preußische Dienste, wo er aber an Zwistigkeiten und Anschuldigungen scheiterte. Daraufhin ging er nach Spanien und bot sich dem König als Kolonistenwerber an. Als spanischer Oberst lotste er binnen weniger Monate an die 6000 Siedler aus dem deutschsprachigen Raum in die unwirtliche Sierra Morena, wo diese mit Fleiß und Können blühende Dörfer schufen. Doch auch hier geriet Thürriegl in Prozesse und Verdächtigungen und landete schließlich im Kerker. Auch der König ließ ihn im Stich, und Thürriegl starb alt, arm und und verlassen im Gefängnis. Sein Grab ist unbekannt. Das schöne Elternhaus in Gossersdorf steht unter Denkmalschutz. [Leider steht es heute nicht mehr. Red.] Sein Porträt, von ihm an die Verwandten geschickt, ist im letzten Krieg verschollen; nur eine Kopie ist gerettet.
Thürriegls Zeitgenosse am Mitterfelser Gericht war Johann Michael Gschray. (Bildarchiv AK Heimatgeschichte Mitterfels e. V.) - Vergrößern durch Anklicken!
Thürriegls Zeitgenosse am Mitterfelser Gericht war Johann Michael Gschray (vgl. Kap. 29). Von 1735 bis 1739 war er der Eisenamtmannn, der Gefängnisaufseher. Nach der Beschreibung muss er ein gräußliches Mannsbild gewesen sein: mit derbem, rohem Gesicht, mit kleinen, listigen, stechenden Augen, mit einem rohen und unflätigen Lachen, mit einer barschen, groben und überaus kühnen Sprache, mit ganz geringen Kenntnissen im Lesen und Schreiben, aber baumstark, breitschultrig und gewalttätig. Alle fürchteten ihn und mieden ihn tunlichst, und jedes Amt war froh, wenn es ihn wieder losbrachte. Er war der Sohn eines Schergen aus Monheim in Schwaben, hatte als Eisenamtmannsknecht in Weidenberg und Schierling gedient, bis er in Mitterfels zum Eisenamtmann aufstieg. 1739 wurde er nach Deggendorf strafversetzt, weil er gegen den schlichtenden Pfleger Dr. Überle tätlich wurde. Die Deggendorfer fanden eine andere Gelegenheit, ihn loszuwerden. Als 1741 ungarische Husaren bei Viechtach eingedrungen waren, beauftragte ihn sein Pfleger Freiherr von Thor auf Eurasburg, aus Schergenknechten, Jägern und Invaliden eine Freischar zusammenzustellen und die Ungarn zu schlagen und zu fangen. Das Abenteuer gelang ihm gut, und dann sah ihn Mitterfels wieder: mit seiner buntgewürfelten Schar musste er die Besatzung von Mitterfels verstärken. 1742 kamen dann die Panduren bis in unsere Gegend, und Gschray wurde zur Verteidigung Straubings dorthin beordert. Auch hier zeichnete er sich aus, wagte kühne nächtliche Ausfälle, eroberte das "Pandurenschlössi" und brachte täglich Gefangene ein. Das brachte ihm so viel Ruhm ein, dass ihn der nunmehrige Kaiser Karl VII. zum weiteren Ausbau seines Freikorps aufforderte. Für Gschray war das wie ein Freibrief: er nahm den Bauern die Pferde weg und gab ihnen dafür Quittungen der Münchner Hofkammer; er holte Waffen aus den Zeughäusern, das Tuch für die Uniformen bezog er auf Kredit. Von allen Seiten zogen ihm Abenteurer zu, Bauernsöhne und Knechte, Schergen, sogar seine eigenen Söhne. Bald hatte er 200 gut ausgerüstete und uniformierte Dragoner um sich. Die Kriege nahmen kein Ende, Gschray blieb ihnen treu. Er wurde französischer, dann preußischer General - der "kleine", aber baumstarke Eisenamtmann aus dem Bayerischen Wald.
„Landrichter-Märkl-Schlössl“ von 1809 (1985 erweitert): „Schlössl“ nannten es die Mitterfelser, weil es sich abhob von den vielfach nur hölzernen Häusern der damaligen Zeit. Vielleicht auch, weil es vom höchsten Punkt des Ortes aus und mit großem Areal das Bild beherrschte. (Drohnenaufnahme von Ferdinand Güldenhaupt) - Vergrößern durch Anklicken!
Karl Anton Märkl (vgl. Kap. 35/36) war gebürtiger Oberpfälzer, um 1758 in Wolfering zwischen Nabburg und Amberg geboren, verbrachte aber 34 Jahre am Gericht Mitterfels. Von seinem Studium her, erst in Amberg, dann an der Universität Ingolstadt, war er durch Professor Adam Weishaupt mit dem freigeistigen "Illuminatenorden" vertraut; diesen Ideen ist er auch zeitlebens treu geblieben. Als 26jähriger kam Märkl 1784 nach Mitterfels und war hier zunächst 19 Jahre lang Gerichtsschreiber, dann von 1803 bis 1818 Landrichter. Gleich im ersten Mitterfelser Jahr heiratete er die Amberger Rentamtssekretärstochter Susanne Ellersdorfer, die anscheinend vermögend war, weil Märkl alsbald mit Grundstücksgeschäften operierte. Bereits 1787 erwarb er die 1/8 Gerichtsschreiberssölde samt Vieh und Fahrnis um 1600 Gulden. Diese stand auf "walzendem Grund" (der also zur freien Verfügung stand). Als wenige Jahre nach Auflösung der Pfleggerichte die Mitterfelser Pfleggründe zur Versteigerung anstanden (hauptsächlich 1805, als Märkl bereits Landrichter war), ebenso bei der Versteigerung der meisten Gemeindegründe 1808, langte Märkl wieder fleißig zu, begann auch, die ungünstigeren Grundstücke gegen bessere zu handeln (so die steilen Felder "in der Wiege" und am Höllfeld, auch die Teufelswiese und die Höllwiese). Er erwarb sechs Tagwerk von den zwei Hofgärten um 300 Gulden, den Zackenberger Acker und die sogenannten "vier Tagwerk" um 793 Gulden, das halbe Weiherfeld (8 Tagwerk) um 300 Gulden, auch den Stadel "nächst der Kirche" und den Ziegelofen (im Bereich Zacheri-Baumeister). Die Gerichtsschreibersölde stieß er um 1808 wieder ab - in der "Fassion" des Rentamts ist sie bereits mit einer Verkaufssumme von 4000 Gulden geführt. Märkls letzter Schritt war der Ankauf der zum Abbruch versteigerten Kreuzkirchner Kirche. Von den Abbruchsteinen baute sich Märkl an der höchsten Stelle im Ort sein "Schlössl" (heute Baumeister), und alle Gründe ringsum gehörten dazu. Für Pietät hatte er nichts übrig: den Altarstein verwendete er als Trittstein bei der Haustür, eine Grabplatte diente als Eimerunterlage beim Brunnen, andere ließ er einmauern.
Archivar Josef Rudolph Schuegraf (1790–1861). (Wikipedia gemeinfrei/unbekannter Autor - Ausstellungskatalog Regensburg) - Vergrößern durch Anklicken!
Der bayerische Geschichtsschreiber und Archivar Joseph Rudolf Schuegraf war mehrere Jahre an Mitterfelser Ämtern. Er stammte aus Cham, dort war er 1790 geboren. 1812 praktizierte er als dritter Schreiber am Mitterfelser Landgericht. Dann leistete er Dienst bei der Grenzwache im Unteren Donaukreis, kehrte aber darnach wieder nach Mitterfels zurück. Hier war er zunächst sechs Monate Mitarbeiter des Rentamtmanns Hornsteiner, bei dem er schon als Sekretär bei der Steuerkatasterkommission gearbeitet hatte, dann kam er erneut an das Landgericht und blieb dort bis zum Sommer 1818. Schuegraf starb 1861 als Archivar in Regensburg.
Gedenktafel an der Außen-Nordwand der Pfarrkirche Bogenberg – Zeichnung: Franz Wartner – Abb. Generalleutnant Ludwig Ritter von Mussinan: wikipedia gemeinfrei - Vergrößern durch Anklicken!
Auch Maximilian Mussinan wird unter die bekannten Mitterfelser eingereiht. Er war Advokat am Landgericht Mitterfels. Von hier verzog er nach Bogen, und dort wurde ihm 1826 der berühmtere Sohn Ludwig geboren, der es im Leben zum Generalleutnant und Träger der höchsten bayerischen Tapferkeitsauszeichnung brachte, des Max-Joseph-Ordens; nunmehr war er Ludwig Ritter von Mussinan. Der Musikmeister Carl widmete ihm um 1875 den bekannten "Mussinan-Marsch".
Gebürtig in Hagnberg bei Mitterfels, aber dann in die Fremde gezogen war Johann Nepomuk Straßmeier. Er ist der jüngste unserer Reihe und als Wissenschaftler der bedeutendste. Aus diesem Grunde ist ihm ein eigenes Kapitel (53 a) gewidmet.
Assyriologe und Keilschriftforscher P. Johann Nepomuk Straßmaier SJ aus Hagnberg
Mit diesem Büchlein über die Flora um Mitterfels haben sich Pfarrer Wagensohn und der Landgerichtsarzt Dr. Meindl in die Reihe tüchtiger Mitterfels eingereiht. - Vergrößern durch Anklicken!
Ganz ohne "Berühmtheit", aber dennoch des Erinnerns wert sind auch die Mitterfelser Matthias Wagensohn (von 1875 bis 1882 Pfarrer in Mitterfels) und der Arzt Dr. Meindl. Beide haben zusammen 1880 ein 70 Druckseiten umfassendes Büchlein über die Flora im Amtsgerichtsbezirk Mitterfels verfasst. Abgedruckt wurde es zunächst im Bericht des Botanischen Vereins in Landshut, dann wurde es 1881 von der Jos. Thomann'schen Druckerei in Landshut als schmuckes Büchlein herausgebracht. Der volle Titel lautet: "Flora des Amtsgerichtsbezirks Mitterfels und ihre Vegetations-Verhältnisse auf Grund persönlicher Beobachtung von Pfarrer Wagensohn und Dr. Meindl in Mitterfels". Mit großem Fleiß und erstaunlichem Fachwissen haben sie 594 "Phanerogamen" (Blütenpflanzen) nach Arten, Familien, Gattungen beschrieben. In Vergleichen mit dem damaligen Sendtner'schen Standardwerk über die Vegetationsverhältnisse im Bayerischen Wald sind sie zu der Überzeugung gekommen, dass die Pflanzenbeschreibung auch nur eines kleineren Bezirks von Wert sein kann. So hatten sie 21 Pflanzen feststellen können, die bei Sendtner nicht genannt waren; bei 33 Pflanzen konnten sie die Obergrenze des Standorts korrigieren, in einem extremen Fall sogar bis zu 1000 Pariser Fuß (ca. 300 m). Interessant ist auch, was beide in vorangestellten Kapiteln über Gebiet, Gebirgsformation, Bodenbeschaffenheit, Wasser, Klima , Vegetation zu sagen hatten. (Das Büchlein ist vor Jahren durch das Angebot eines auswärtigen Antiquariats in unsere Hände gekommen.)
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