. . . und im ehemaligen Landgericht
Der selige Engelmar als Vorbild
Der Dorfhistoriker Josef Eidenschink hat sich viele Notizen zum seligen Engelmar und zum Englmarisuchen gemacht. Fotos: san
Der selige Engelmar als Vorbild
Ein Dorfhistoriker erzählt von Überlieferungen und der Tradition des Englmarisuchens.
Josef Eidenschink ist auch Autor beim Mitterfelser Magazin, drei seiner Beiträge sind hier auf der Startseite zu finden.
Wenn sich einer mit der Tradition des Englmarisuchens auskennt, dann er: Dorfhistoriker Josef Eidenschink. Er hat zahlreiche alte und neuere Schriften durchforstet, um der Herkunft des Brauchtums und den Hintergründen des seligen Engelmars auf den Grund zu gehen.
„Im Grunde war es mit dem Engelmar wie in der alten Geschichte von Kain und Abel“, erzählt er. „Der Einsiedler wurde auch von einem Kameraden erschlagen, dem er vertraut hat.“ Die Tat soll sich ungefähr im Januar 1100 zugetragen haben, die Tatwaffe soll ein Beil oder Prügel gewesen sein. Wie in der biblischen Erzählung sei auch hier das Motiv Neid gewesen, weil Engelmar bei den Leuten durch seine zahlreichen guten Taten besser angesehen gewesen war als sein Begleiter.
Grabstätte durch Gespannwunder bestimmt
Um die Pfingstzeit fand der Leutpriester Ruodpert vom Grafenschlosse Windberg den Leichnam. „Er war verscharrt unter Reisig, Schnee und ‚Koud‘.“ Laut Eidenschinks Quellen wurde er danach auf einen Wagen gelegt und „von zwei ungezähmten Öchslein“ ins Tal gezogen. „‚Ungezähmt‘ trifft es aber nicht vollständig“, stellt Eidenschink richtig. „Gemeint ist, dass die Ochsen nicht eingespannt waren.“ An der Stelle, an der die Tiere von selbst stehen blieben, wurde Engelmar begraben und eine hölzerne Kapelle errichtet. „Es galt als ein Zeichen des Himmels, das besagt, dass der Verstorbene an diesem Ort bestattet werden möchte.“ Dort steht nun die Pfarrkirche. Mithilfe von sogenannten Gespannwundern seien die Grabstätten von zahlreichen Menschen, die im Leben Gutes gewirkt haben, bestimmt worden. An der Grabstätte des Engelmars wollen Passanten Lichterscheinungen und Wohlgerüche bemerkt haben. Damit begann die Wallfahrt zum seligen Engelmar. Allerdings gibt es keine Unterlagen zur Seligsprechung. „Engelmar ist ein verehrter Volksseliger, der nie offiziell seliggesprochen wurde“, erklärt der Dorfhistoriker. Aus diesen Verehrungen und der Wallfahrt ging im Laufe der Zeit das Englmarisuchen hervor. Dabei wird der Leichenzug des Engelmars mit aufwendigen originalgetreuen Kostümen und einer überlebensgroßen Statue des Eremiten nachgestellt. Diese Nachbildung muss dabei im Wald gefunden und auf einem Ochsenkarren gespannt zur Grabstätte transportiert werden.Umzug hat sich im Laufe der Zeit verändert
Erstmals erwähnt wird das Schauspiel im Jahr 1850 im Summarischen Fundierungsetat der Kirchenstiftung Englmar. Eidenschink ist sich jedoch sicher, dass der Brauch schon zuvor durchgeführt wurde. Damals – und noch bis zum Jahre 1905 – fand das Englmarisuchen an Fronleichnam statt. Pfarrer Weiß verlegte es 1906 auf den Pfingstmontag. Bis heute hat sich dieser Tag für den traditionellen Umzug etabliert. Das war aber nicht die einzige Änderung. Zu Beginn war das Englmarisuchen ein pantomimisches Spiel, bei dem nur zum Gebet und bei der anschließenden Bergmesse gesprochen wurde. „Pfarrer Treiber hat die Prozession 1936 zu einem Sprechspiel mit Liedern umgekrempelt“, weiß Eidenschink. Am Pfingstsonntag gibt es seither das Englmarisingen – eine Andacht, bei der die acht Engelmar-Lieder gesungen werden, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. „Wenn der Kirchenchor sie singt, da kriegst schon a ‚Hähnerhaut‘“, erzählt Eidenschink.
Jedes Jahr bewahrt Eidenschink ein Andenken an das Englmarisuchen auf. Das älteste aus dem Jahr 1938 hat er vom ehemaligen Kreisheimatpfleger erhalten.
Seit 1936 werden auch kleine Andenken, meist aus dünnen Laubholzstämmen gefertigte Scheibchen, angeboten. Der Dorfhistoriker besitzt eine ganze Sammlung davon. „Das erste habe ich vom ehemaligen Kreisheimatpfleger geschenkt bekommen und das Exemplar aus dem Jahr 1950 stammt vom Mantel meines Großvaters.“ Zu Beginn der Tradition enthielt der Zug auch alttestamentarische Elemente wie als Abraham und Isaak verkleidete Darsteller. Das waren Überbleibsel aus den alten Fronleichnamsprozessionen. Unter Pfarrer Bunz wurden diese schließlich entfernt. Seitdem ist auch der traditionelle „Pfingstl“ mit seinen Pfingstltuschern nicht mehr Teil des historischen Zugs. Dabei sind sie aber trotzdem noch: Sie haben vor dem Schauspiel ihren Auftritt. Früher seien außerdem mehr Besucher gekommen. Das liege daran, dass das Volk gläubiger gewesen sei. „Es hat sich was gerührt, obwohl viele ohne fahrbaren Untersatz zu Fuß gekommen sind.“ Um die Besucherzahlen trotz einiger Konkurrenzveranstaltungen wieder zu steigern, gibt es seit vier Jahren an den Pfingsttagen ein Festzelt mit Bier, Essen und Musik zum Englmari-Fest. „Überall sonst rührt sich an dem Tag auch ein Pfeiferl, aber wir können da schon mithalten.“ Dieses Jahr steht das Englmarisuchen zur Bewerbung als immaterielles Unesco-Kulturerbe. Dafür stellt der Dorfhistoriker eine Chronik zusammen. „Die Anforderungen sind streng, aber unsere Bewohner sind engagiert und setzen sich für die Erhaltung und Förderung des Brauchtums ein.“
Immer wieder vom Spektakel gerührt
Sein Vater wurde in den 60er-Jahren für seine langjährige Teilnahme beim Englmarisuchen ausgezeichnet, Eidenschink selbst hat 30 Jahre lang mitgespielt. Trotz seiner langjährigen Teilnahme rührt das Spektakel den Dorfhistoriker immer wieder. „Der innigste Moment ist für mich, wenn der Engelmar jedes Jahr aufs Neue im Wald gefunden wird“, sinniert er. „Das liegt für mich aber auch ganz stark am Glauben an die Werke des Einsiedlers.“ Er wisse nicht, ob ein Atheist diesen Moment ebenso intensiv erleben würde. Für Eidenschink eignet sich der selige Engelmar besonders in der heutigen Zeit durch seinen Glauben und seine Nächstenliebe als Vorbild. „Ich bewundere die Frömmigkeit, die der Einsiedler vor seinem Tod an den Tag gelegt hat.“ Wenn Menschen oder Tiere in Not zu ihm gekommen seien, habe er sie begleitet und ihnen geholfen. „Viele Leute könnten sich heute daran ein Beispiel nehmen, denn mittlerweile herrscht immer mehr eine egoistische Ellbogengesellschaft.“ Damit gehe die Welt in die falsche Richtung. „Die Menschen sollen sich außerdem wieder mehr in die Natur begeben, so wie auch Engelmar es getan hat.“ Das Englmarisuchen in Sankt Englmar findet traditionell am Pfingstmontag statt, also heuer am 10. Juni. Seit 2016 ist das religiöse Fest eingebettet in ein großes Veranstaltungsprogramm. Es beginnt am Freitag, 7. Juni, und dauert bis Dienstag, 11. Juni. Es bietet die verschiedensten Veranstaltungen rund um regionale Kultur, Brauchtum und Volksmusik.
Sandra Hartl/BOG Zeitung vom 3. Juni 2019 (Übernahme mit Genehmigung der Lokalredaktion)
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Unser Wunsch für Sie ...
- Kam Gott wirklich in der romantischen Idylle von Krippe und Hirten zur Welt?
- Du, Mensch, bist von Gott angenommen …
- Der Advent – eine Zeit für alle Sinne
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Weihnachtskonzert der Blaskapelle Mitterfels …
- Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels erhält den Kulturpreis 2024
- Mitterfels. Kirchenmusik zu Weihnachten
- Jubiläumsausgabe: Das 30. Mitterfelser Magazin ist ab 1. Dezember erhältlich
- Falkenfels. Puppentheater Karotte verlängert "Hänsel und Gretel"
- Zeitenwende beim Burgtheaterverein Mitterfels
- Nationalpark BW. Ab in den winterlich wilden Nationalpark!
- Communio 2024 jetzt erschienen
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Neuer Gedichtband von Wolfgang Rödig
- Kirchenrenovierung Herrnfehlburg. Alles verlief nach Plan
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Waldleben ...
- Nationalpark BW. Winterprogramm steht in den Startlöchern
- Nationalpark BW. Forschungsprojekt zum Wisent geht weiter
- Online-Beiträge aus dem Mitterfelser Magazin 12/2006
- MM 12/2006. Historische Hien-Sölde (Attenbergerhaus) – jahrhundertelang fast unverändert erhalten geblieben
- MM 12/2006. Was tun mit einem Bau, der vor der Amerika-Entdeckung entstanden ist?
- MM 12/2006. … von den Grafen von Bogen erbaut
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Der Haselbacher Totentanz
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins 1/1995 bis 10/2004
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Unser Wunsch für Sie ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Nationalpark BW. Die Borkenkäfer-Bilanz für 2024
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Waldleben ...
- MM 12/2006. Historische Hien-Sölde (Attenbergerhaus) – jahrhundertelang fast unverändert erhalten geblieben
- MM 12/2006. Was tun mit einem Bau, der vor der Amerika-Entdeckung entstanden ist?
- MM 12/2006. … von den Grafen von Bogen erbaut
- Online-Beiträge aus dem Mitterfelser Magazin 12/2006
- Mitterfels. Lesung von Herbert Becker in der Hien-Sölde
- Spende für die KLJB Mitterfels von Frauengruppe
- Haselbach/Mitterfels. Spende für drei Kindergärten
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Mitterfels. MGR-Jahresabschlusssitzung 2024
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis