. . . und im ehemaligen Landgericht
Ein Mesnersohn von St. Johann/Falkenfels wandert 1850 nach Amerika aus
Mesnerhaus von St. Johann um 1900
Im Jahre 1721 begann man die Kirche „St. Johann bei der Alten Eiche" an der Stelle eines baufällig gewordenen Vorgängerbaus neu zu errichten (Mitterfelser Magazin 4/1998). Der Bau ging zügig voran, 1725 konnte bereits der Hochaltar gesetzt werden. Auf der Suche nach einem Mesner für die Wallfahrtskirche blieb man bei der Familie Köppl hängen, die das Amt bis 1967 inne hatte.
Die Familie Köppl führt sich auf Adam Kopel zurück, dessen Sohn Johann Köppl am 24. Oktober 1668 die Taufe erhielt. Sein Sohn Mathias Köppel (geb. um 1693, gest. im Mai 1770) ist als Taglöhner in Riederszell und Türhüter im Schloss Falkenfels nachweisbar. Er heiratet am 24. Februar 1717 Ursula Hofer aus Forst/Falkenfels. Wir können annehmen, dass diesem bereits das Mesneramt angetragen wird.
Sein Sohn Georg Köppel (geb. 1732, gest. 16. Juni 1810) wird dann ausdrücklich als Mesner bei St. Johann bezeichnet und als Türhüter im Schloss Falkenfels, welches Amt er spätestens beim Schlossbrand von 1807 verloren haben dürfte. Dafür überlässt man der nächsten Generation Kirchengrund rings um St. Johann zur Bewirtschaftung. Andreas Köppl (geb. um 1770, gest. 5. März 1847) tritt dann als Söldner (kleiner Landwirt) und Mesner zu St. Johann in Erscheinung. Sein ältester Sohn Joseph und seine Nachkommen führen das Mesneramt fort. Am 19. Februar 1805 wird ihm sein zweiter Sohn Andreas in St. Johann geboren. Er wächst hier neben der Kirche auf und heiratet am 26. Juni 1833 Katharina Pley, geboren am 5. August 1807 zu Oberhof/Falkenfels. Ihr Vater ist um 1770 in Haunkenzell geboren als Sohn eines Binders und ist bei seiner Heirat am 7. Februar 1804 mit Magdalena Baur als Binder im Schloss Falkenfels registriert, d. h. er hat für die Schlossbrauerei Falkenfels die Bierfässer gefertigt. Um 1807 erwirbt er von der Schlossherrschaft ein Stück Grund in Oberhof und baut sich ein Haus darauf, das Pleybinderhaus, heute Brigitte Achatz, Oberhofer Str. 19).
Es geht durch Vermählung des Andreas Köppl mit Katharina Pley 1833 auf diesen über, ebenso das 1/8 Biendl-Gütl zu Falkenfels (heute Otto Himmelstoß, Steinbergstr. 4). Es liegt die Vermutung nahe, dass das Biendl-Gütl sein Schwiegervater Josef Pley in einer zweiten Ehe erheiratet hat, nachdem er 1817 schon Witwer geworden war. Als Joseph Pley am 2. Juli 1834 stirbt, verkauft Andreas Köppl das Pleybinderhaus zu Oberhof mit Brief vom 20. Februar 1835.
Dem Ehepaar Andreas und Katharina Köppl werden im Laufe der Jahre sieben Kinder geboren, vier Söhne und drei Töchter, zu viele für ein Auskommen auf dem 1/8 Biendl-Gütl. Die wirtschaftliche Lage ist in Deutschland und ganz Europa für die unteren Schichten insgesamt miserabel. So setzt eine Auswanderungswelle nach Amerika ein, die um die Mitte des Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht.
Andreas Köppl und seine Ehefrau mit ihren sieben Kindern zwischen 16 und 3 Jahren entschließen sich 1850 ebenfalls, die Heimat zu verlassen in der Hoffnung auf ein besseres Auskommen in der Fremde. Es ist uns nicht überliefert, wie sich der Auszug gestaltete.
Ein Reisekapital wird ihnen aus dem Erlös ihres Gütls in Falkenfels zur Verfügung gestanden haben. Doch es bleiben viele Fragen. Wie durchquerten sie Deutschland? Eisenbahnen gab es im engeren und weiteren Umraum noch nicht. Reisten sie alleine oder hatten sich andere Falkenfelser angeschlossen? Wo blieben sie über Nacht? Wie war die Verpflegung geregelt? Welches Gepäck hatten sie bei sich? Möglicherweise übernahm die Bruderschaft Jesus, Maria und Josef, die in Falkenfels seit 1839 wieder aufgeblüht war, (Mitterfelser Magazin 6/2000, S. 96 und 97) die Beförderung und Beherbergung bis zum Hafen am Meer. Überliefert ist, dass die Überfahrt über den Atlantik mit dem Segelboot erfolgte, 72 Tage dauerte und die neunköpfige Familie vollzählig in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ankam, obwohl mit hohen Verlusten an Menschen gerechnet werden musste. Zunächst wurde der Name von Köppl auf Kaple geändert. Die Kaples siedelten zuerst in Crawford County nahe New Washington, Ohio, später zogen die meisten Familienmitglieder weiter westlich nach Putnam County nahe Leipsic, Ohio. Die Stammeltern Andreas und Katharina Kaple werden Gründungsmitglieder der katholischen Kirche zur Heiligen Familie in New Cleveland, Ohio, und sind auch dort im Kirchhof begraben. Dies nehme ich als Fingerzeig, dass die Bruderschaft Jesus, Maria und Josef bei der Auswanderung eine Rolle gespielt hat.
Andreas Kaple bewirtschaftet eine Farm mit über 120 Tagwerk Grund, Die Kaples bringen es zu bescheidenem Wohlstand. Man lässt sich fotografieren und bleibt so der Nachwelt erhalten. Das Leben ist aber auch hier kein Honiglecken. Einige Schicksale der Kaple-Nachkommen mögen herausgegriffen sein.
Grab von Andrew and Catherine Kaple in New Cleveland, Ohio (Foto zugeschickt von Don Kaple, USA)
Der älteste Sohn von Andrew und Catherine Kaple stirbt jung und hinterlässt eine Witwe mit einer Farm und fünf Kindern, darunter sein jüngster Sohn Eduard, gerade geboren. Dessen ältester Sohn Otmar Henry (geb. 11. April 1898, gest. 14. August 1957) arbeitete in einem Stahlwerk in Lima. Er erlitt 1947 einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr ganz erholte und wurde später noch an Speiseröhren- und Magenkrebs operiert. Er hatte fünf Kinder und sein Einkommen in den ersten Jahren seiner Ehe war infolge der Wirtschaftsdepression so gering, dass sie manchmal am Ende des Monats beim Krämer anschreiben lassen mussten, obwohl seine Ehefrau sparsam wirtschaftete.
Sie waren aber immer satt und ordentlich gekleidet. Später kauften sie sich ein Haus in Lima. Beim Tod hinterließ Otmar Henry Kaple eine Witwe mit drei noch nicht erwachsenen Kindern, alle ohne Einkommen. Die älteren Kinder mussten für die Familie mitsorgen. Der erste Sohn aus dieser Ehe, William Edward (geb. 11. Oktober 1928), schloss 1947 eine höhere Schule ab, arbeitete kurze Zeit als Produkt-Manager, später fuhr er den Lieferwagen einer Bäckerei. Nach einem schweren Autounfall, der ihm beinahe das Leben gekostet hätte, teilte er die Fahrrouten ein und wurde schließlich zum Verkaufsleiter befördert. Seine Brüder Donald James und Robert Joseph waren im Lehrberuf tätig.
Die Stammeltern der Kaples (Köppls) in USA (Foto aus Internet: http://members.nbci.com/_XMCM/ jonas_house/Kaples/KapHaus2.html)
Inzwischen wachsen zwei weitere Generationen heran. Die Kaples sind somit bereits in der siebten Generation in Amerika.
Die jetzt noch lebende ältere Generation sucht ihre Wurzeln und hat sie in St. Johann mit großer Freude gefunden. Mehrere Familienmitglieder haben den Ort schon besucht und dabei Kontakt mit uns gepflegt; denn der „Johanni" hat viele „Kinder", darunter auch mich.
Literatur:
Reinhard Rürup, Hans-Ulrich Wehler, Gerhard Schulz; Deutsche Geschichte, Band 3, Verlag Göttingen - Vandenhoeck & Ruprecht, 1985
Robert Schnerb, Europa im 19. Jahrhundert, Deutscher Taschenbuchverlag 1983, übernommen aus „Kindlers Kulturgeschichte des Abendlandes", hgb. von Friedrich Heer
Walther Zeitler, Vom Eisernen Hund zum Trans-Europ-Express (Eisenbahnen im Bayerischen Wald gestern und heute), Verlag Morsak, Grafenau, 1974
Weitere Quellen:
Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg
Liquidationsprotokoll von 1839 im Archiv des Vermessungsamtes Straubing
Jacob Christoph, Agende von Falkenfels 1979
Internetadresse der Kaples (siehe Bildunterschrift)
Briefe von Nachkommen der Kaples aus Amerika
Alte Hausfotos bei den Besitzern; neue Hausfotos: Edda Fendl
Übrige Fotos bei Kaple - Nachkommen, USA, teilweise ins Internet eingespeist
Quelle: Edda Fendl, in: Mitterfelser Magazin 10/2004, Seite 160
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