Nationalpark Bayerischer Wald
Auerhühnern auf der Spur
Eines der scheuen Auerhühner wie diesen Hahn bekommen die Helfer des Monitoring-Projekts nur äußerst selten zu Gesicht. (Foto: Rainer Simonis/Nationalpark Bayerischer Wald)
Josef Drexler hilft bei Monitoring-Projekt des Nationalparks – DNA-Analysen lassen auf Populationsgröße schließen
Finsterau. Aufmerksam schweift der Blick von Josef Drexler über die unberührte Schneedecke. Er sucht nach ganz besonderen Spuren. Auf dem lichten Hochplateau des Farrenbergs nahe Finsterau dauert es jedoch nicht lang, bis der 57-Jährige aus Ringelai fündig wird. „Da ist was“, frohlockt er nach einigen Augenblicken und setzt sich mit seinen Schneeschuhen in Bewegung.
Mit Schneeschuhen zieht Josef Drexler durch den Nationalpark, um Hinterlassenschaften von Auerhühnern zu suchen. Die DNA der Proben wird später analysiert. (Foto: Gregor Wolf/Nationalpark Bayerischer Wald)
Nachdem Drexler der gesichteten Auerhuhn-Fährte nur wenige Meter gefolgt ist, zieht er ein Röhrchen aus der Jacke und kniet sich hin, um die entdeckte Losung einzusammeln. Anhand der Kotproben, die in ihrer Form an Holzpellets erinnern, können die Forscher des Nationalparks Bayerischer Wald später herausfinden, wie groß die Population der bedrohten Vögel in den Höhenlagen des bayerisch-böhmischen Grenzgebietes ist.
Es ist die letzte Tour, die der Ringelaier im Gebiet zwischen Lusen und Finsterau unternimmt. Zusammen mit drei weiteren Freiwilligen ist er für 43 Planquadrate zu je 50 Hektar zuständig. „Jede Fläche sollte im Winter zweimal besucht werden“, erklärt Drexler. „Da braucht’s dann für 45 Raster schon vier Leute.“ Einer seiner Mitstreiter ist sein Bruder Matthias, der im Kirchenwald der Diözese Passau arbeitet und daher einen guten Draht zum Nationalpark hat. „Ich habe mich dann nicht zweimal fragen lassen, ob ich bei dem Projekt mitmache, schließlich ist das eine tolle Gelegenheit zu helfen“, so der 57-Jährige.
Insgesamt beteiligen sich allein im Bayerwald etwa 50 Freiwillige und Nationalpark-Mitarbeiter beim Auerhuhn-Monitoring. Hinzu kommen die Kollegen des Nationalparks Šumava auf tschechischer Seite der Grenze. „Die Hilfe der Ehrenamtlichen ist dabei für uns extrem wichtig, um flächendeckend Daten zu sammeln“, berichtet Dr. Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald, „daher sind wir sehr dankbar für tatkräftige Unterstützung“.
Geübt landet die Losung mit Hilfe von Röhrchen und dessen Kappe im Inneren des Behältnisses. (Foto: Gregor Wolf/Nationalpark Bayerischer Wald)
Die bedrohten Tiere lieben ebenso wie Wanderer den Ausblick von den Berggipfeln und die dazwischen liegenden Kammlagen. Gebiete, auf denen sich regelmäßig Besucher bewegen, meiden die Auerhühner jedoch. In guten, ruhigen Habitaten sind die Vögel schließlich einer deutlich geringeren Stressbelastung ausgesetzt. Die ist übrigens über den Kot messbar.
Bereits vor fünf Jahren waren damals gesammelte Monitoring-Daten für den Nationalpark entscheidend, um zusammen mit den Kommunen für Huhn und Mensch sinnvolle Kompromisse bei der Wegeführung zu finden. Geschickte Besucherlenkung schützt die Tiere besonders in der sensiblen Winterzeit und während der Aufzucht der Küken. Die neuen Daten werden zeigen, wo aktuell die wichtigsten Rückzugsräume im sich dynamisch entwickelnden Wald liegen und ob die Population seit 2010 angewachsen ist.
Um die für den Schutz so wichtigen Informationen zu bekommen, müssen alle Quadranten im Nationalpark besucht werden. „Durch die richtige Wahl des Wetters und ein umsichtiges Vorgehen entsteht hierbei aber keine für die Hühner relevante Störung“, so Prof. Dr. Jörg Müller, Leiter des Sachgebiets Naturschutz und Forschung in der Nationalparkverwaltung.
Um die gefundenen Proben zuordnen zu können, werden bei jedem Fund die Koordinaten notiert. (Foto: Gregor Wolf/Nationalpark Bayerischer Wald)
Josef Drexler ist derweil weitergezogen. Ein halbes Dutzend der mit Fichtennadeln durchzogenen Würstchen hat er schon fein säuberlich im Rucksack verstaut, als er erneut eine Spur entdeckt. Diesmal muss er der Fährte etwas weiter folgen, ehe das Ziel erreicht ist. Dafür findet er direkt an einer abgestorbenen Fichte nicht nur eine einzelne Losung, sondern gleich einen ganzen Haufen. Schnell ist klar warum: „Das wird ein Schlafbaum sein“, so Drexler. „Der dicke Ast da oben liegt direkt darüber.“ Doch es gibt noch andere Stellen, an denen der Ringelaier oft fündig wird. „Wurzelteller sind immer ganz gut, da die Vögel dort Magensteinchen finden, mit denen sie Fichtennadeln zerkleinern können.“ Oder kleine Fichten, die vom Boden aus abgenagt werden können.
Da Drexler immer auf diese Besonderheiten im Gelände achtet, ist er nun schon bei der 95. Probe angekommen – Blickkontakt zu den Tieren gibt’s jedoch nur äußerst selten. Routiniert füllt er einen kleinen Teil der Losung mit Hilfe des Röhrchens und dessen Kappe ein. Danach zückt er Zettel, Stift und GPS-Gerät. Jede Kotprobe wird inklusive der Koordinaten schriftlich erfasst. Kurz darauf geht’s weiter. „Das Ganze ist ein bisschen wie Schwammerl suchen“, witzelt der 57-Jährige und verschwindet in Richtung nächster Auerhuhn-Hinterlassenschaft.
Quelle: Pressemitteilung der NP-Verwaltung BW
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