Nationalpark Bayerischer Wald
Luchse machen Mittagspause
Dämmerungszeit ist Luchszeit. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem die Aktivität der Beutetiere von Europas größter Raubkatze, die ebenfalls bevorzugt in der Morgen- und Abenddämmerung aktiv sind. (Foto: NPV Bayerischer Wald)
Zu welcher Tageszeit ein Luchs jagt und wie aktiv er ist, hängt vor allem vom Verhalten seiner wichtigsten Beutetiere und von seinen individuellen Eigenschaften ab.
Die Lichtverhältnisse dagegen spielen für das grundlegende Verhaltensmuster keine entscheidende Rolle. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die ein internationales Forscherteam um den Wildtierbiologen Dr. Marco Heurich jetzt im Fachmagazin „PLOS ONE“ veröffentlicht hat (doi:10.1371/journal.pone.0114143).
Um die Luchse mit Sender-Halsbändern auszustatten, wurden sie zuvor in Kastenfallen gefangen. (Foto: NPV Bayerischer Wald)
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben 38 wildlebende Luchse mit GPS-Halsbändern und Bewegungssensoren ausgestattet. Die Untersuchungsgebiete liegen zwischen Zentraleuropa und dem nördlichen Skandinavien, so dass die Tages- und Nachtlängen in den einzelnen Revieren stark voneinander abweichen. Die Aktivitätsmuster der Raubkatzen wurden an insgesamt mehr als 11.000 Tagen erfasst und anschließend ausgewertet. Demnach sind Luchse in südlicheren Regionen in der Morgen- und Abenddämmerung am aktivsten, und nachts bewegen sie sich mehr als am Tag. Um die Mittagszeit haben sie ihre größte Ruhephase, und diese ist umso ausgedehnter, je länger das Tageslicht anhält. Dieses Grundmuster zeigen sie unabhängig von den Lichtverhältnissen: „Selbst am Polartag und in der Polarnacht folgen Luchse einem 24-Stunden-Rhythmus mit einer aktiven und einer ruhigen Phase“, berichtet Heurich.
Wichtiger für die Erklärung der Aktivitätsmuster sind der Studie zufolge individuelle Eigenschaften der Tiere: Heranwachsende Luchse sind aktiver als erwachsene, bei den erwachsenen wiederum zeigen die männlichen eine höhere Aktivität als die weiblichen. Außerdem bewegen sich die Raubkatzen im Frühling und Sommer mehr als im Herbst und Winter, und je weiter im Norden sie leben, desto größer sind ihre Reviere – was sich in höherer Aktivität niederschlägt. Zu welcher Tageszeit sie auf die Jagd gehen, wird vom Verhalten ihrer Beutetiere bestimmt. In polaren Regionen ist der Höhepunkt der Aktivität in der Dämmerung weniger stark ausgeprägt. Dies entspricht dem Verhaltensmuster von Rentieren, die außerhalb ihrer Schlafphasen ein gleichmäßiges Bewegungsprofil zeigen. In Zentraleuropa dagegen hat das Forscherteam eine maximale Aktivität in der Dämmerung festgestellt – bei Luchsen ebenso wie bei Rehen. „Die Ergebnisse dieser Studie sind ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Lebensweise von Raubtieren in unserer Landschaft“, sagt Heurich. „Sie zeigen auch, dass menschliche Aktivitäten in den Untersuchungsgebieten keinen generellen Einfluss auf das Aktivitätsverhalten der Tiere ausüben.“
Insgesamt 38 Luchse in unterschiedlichen Lebensräumen zwischen dem 50. Und 70. Breitengrad wurden mit GPS-Halsbändern und Bewegungssensoren ausgestattet, um Aufschluss über typische tageszeitliche Verhaltensmuster zu gewinnen. (Foto: John Ivar Larsen)
Marco Heurich ist Lehrbeauftragter am Institut für Forstwissenschaften der Universität Freiburg, wo er an der Professur für Wildtierökologie und Wildtiermanagement bei Prof. Dr. Ilse Storch an seiner Habilitation arbeitet. Zudem ist er stellvertretender Leiter des Sachgebiets „Naturschutz und Forschung“ des Nationalparks Bayerischer Wald. An dem Projekt beteiligt sind außerdem die Ludwig-Maximilians-Universität München, die Schwedische Universität für Agrarwissenschaften, der Nationalpark Šumava in der Tschechischen Republik, die Universität Ljubljana/Slowenien, das Norwegian Institute for Nature Research und das Mammal Research Institute der Polish Academy of Sciences als Partner.
Fragen zu der Studie beantwortet:
Dr. Marco Heurich
Professor für Wildtierökologie und Wildtiermanagement, Universität Freiburg
Stellvertretender Leiter des Sachgebiets „Naturschutz und Forschung“, Nationalpark Bayerischer Wald.
Tel.: 08552 – 9600 136 | mobil: 0175 – 2622 823 | E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Quelle: Pressemitteilung der Nationalparkverwaltung vom 18. Dezember 2014
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