Haselbach
Schindlfurth. Totenbretter neu schreinern lassen
Am schönsten leuchtet die Gedenkstätte in der Abendsonne. Fotos: Barbara Jacob – Vergrößern durch Anklicken!
Weil es keine Grabsteine für die Urgroßeltern auf dem Friedhof gibt, sind die Totenbretter die einzigen Erinnerungsmarken für die Familie Damberger.
Nun wurden sie restauriert.
Für die Familie Damberger aus Schindlfurth zwischen Mitterfels und Haselbach gehören die verstorbenen Vorfahren nach wie vor zum Leben. Durch die Totenbretter werden sie vor dem Vergessen bewahrt. Vor über hundert Jahren kauften die Urgroßeltern Therese und Georg Fundeis aus Ränkam (Kreis Cham) den Hof in Schindlfurth und ließen ein steinernes Kreuz am Rand des Weges aufstellen, der zur Hofstelle führt. Dieses wurde vermutlich von einem Mitterfelser Steinmetz gefertigt, der wohl zeitgleich ein zweites, nahezu identisches Kreuz gestaltete, welches sich seit 1928 in Oberhartberg, südlich von Mitterfels, befindet.
Für das Ehepaar Fundeis wurden die ersten Totenbretter neben dem Kreuz errichtet. Immer wenn ein weiteres Familienmitglied gestorben war, wurde ein neues Brett hinzugefügt. Das war regelmäßig in einem Abstand von ungefähr 20 Jahren der Fall. Die anderen Bretter waren dann allerdings auch so stark geschädigt, dass sie gleich miterneuert werden mussten, erinnert sich Josef Damberger. Nun hat er die Tradition seines Hofes fortgesetzt und alle Totenbretter nach dem Verwittern neu schreinern lassen. Für das im Laufe der Jahre etwas abgesackte Kreuz hat er einen neuen Sockel betoniert.
Josef Damberger hat die alten Totenbretter auf dem Weg nach Schindlfurth erneuern lassen. - Vergrößern durch Anklicken!
Fünf Totenbretter unter einer großen Kiefer
Fünf Totenbretter, das jüngste für seinen 2015 verstorbenen Vater, und eine Gedenktafel zieren nun den Platz unter der großen Kiefer am Mitterfelser Wanderweg 5/6/9 Richtung Schindlfurth. Damberger kümmert sich trotz seiner knapp bemessenen Zeit sehr gerne darum, da es für seine Urgroßeltern keine Grabsteine auf dem Friedhof gibt und die Bretter somit die einzigen Erinnerungsmarken sind.
Die neuen Bretter und eine Holztafel sind den alten nachempfunden. Neben den Daten der Verstorbenen und einem christlichen Sterbesymbol finden sich Verse darauf, die vorbeigehende Wanderer an die Vergänglichkeit gemahnen und zum Nachdenken auffordern. Dekan Johannes Plank aus Sankt Elisabeth in Straubing weihte an Allerheiligen das Kreuz und die Bretter.
Der Tod hat heutzutage seinen Platz im Leben vielerorts verloren. Das Sterben wurde verlegt – in Krankenhäuser, Hospize, Seniorenheime. Dabei ist es das Einzige, was wirklich jedem Menschen widerfahren wird, woran das Osterfest kürzlich wieder die Christen der Welt erinnert hat.
Peter Staniczek, ehemaliger Neustädter Kreisheimatpfleger und einer der kundigsten Fachleute zum Thema, erläuterte für einen Fernsehbeitrag des Bayerischen Rundfunk, wo man die Bretter oft finden kann: „Totenbretter gibt’s dort, meistens auf Einöden, Weilern, wo es keine Kirchen gibt.“ Hier wurden die Toten zu Hause aufgebahrt, in der Regel in ein Leinentuch gehüllt auf einem Brett, welches zwischen zwei Stühlen lag. Man betete für die Verstorbenen und brachte sie dann auf den „Totenweg“ in die nächste Kirche, wo der Tote vom Brett mit den Füßen voran ins Grab gelassen wurde – daher stammt der Begriff „Brettlrutschen“ für das Sterben. Gerade in abgelegenen Gegenden konnte es im Winter manchmal durchaus etwas länger dauern, bis die Wege so weit frei waren, dass man die nächsten Ortschaften erreichen konnte.
Totenbretter waren oft aus schnell verwitterndem Holz
An dem Totenweg wurden dann die Bretter auch aufgestellt, damit die Vorbeigehenden für die Seelen der Verstorbenen beten konnten. Sie waren zumeist aus schnell verwitterndem Holz wie Fichtenholz geschnitzt, damit die Toten, so der Volksglaube, nach dem Zersetzen des Brettes rasch wieder aus dem Fegefeuer herauskonnten.
Erst als im 17. Jahrhundert Särge die Bretter ablösten, kam man langsam von dieser Bestattungsart ab. Früher waren die Totenbretter meist nur mit dem Namen und dem Todesdatum sowie einem oder drei Kreuzen beschriftet. Als sich jedoch im 18. Jahrhundert der Wandel von einem Bestattungsbrett hin zu einem Gedenkbrett vollzog, begann man, die Totenbretter reicher auszuschmücken. Oft wurden sie mit einem frommen oder bisweilen auch kecken Spruch versehen oder wiesen auf das Leben des Verstorbenen hin. Trotz oder gerade wegen des Wandels in der Bestattungskultur sind die Totenbretter ein faszinierendes Relikt vergangener Jahrhunderte, das Einblicke in die Vergangenheit und einen möglichen Umgang mit dem Tod aufzeigt.
Die ersten Bretter und das steinerne Kreuz gehen fast hundert Jahre zurück auf Therese und Georg Fundeis. Vergrößern durch Anklicken!
Auch Bahrbretter genannt
In einigen Regionen Bayerns und Österreichs hat sich ein Brauch erhalten, dessen Zweck es ist, der Toten zu gedenken und die Vergänglichkeit des Lebens vor Augen zu führen. Die Rede ist von Totenbrettern, die sich an oft landschaftlich reizvollen Stellen als sogenannte Flurdenkmäler präsentieren.
Totenbretter, auch Bahrbretter oder Leichenbretter, kennt man seit Anfang des Hochmittelalters von Südostdeutschland bis hin zum Riesengebirge. Dabei ist es vom jeweiligen Landstrich abhängig, ob sie waagrecht (Oberpfälzer Wald, Österreich) oder senkrecht (Bayerischer Wald) aufgestellt werden. In einigen Teilen Bayerns, wie Niederbayern, Oberpfalz und Oberbayern sind Totenbretter heute noch stark verbreitet und die Tradition wird von Vereinen, aber auch Privatleuten weiterhin gepflegt.
Dr. Barbara Jacob/BOG Zeitung vom 26. April 2024 (Gen. durch Lokalredaktion)
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels erhält den Kulturpreis 2024
- Zeitenwende beim Burgtheaterverein Mitterfels
- Mitterfels. Hopfners berichten über Aserbaidschan
- Mitterfels. Neuer Gedichtband von Wolfgang Rödig
- Nationalpark BW. Winterprogramm steht in den Startlöchern
- Online-Beiträge aus dem Mitterfelser Magazin 12/2006
- MM 12/2006. „… alles auf den Kasten Mitterfels urbar …“
- MM 12/2006. Der Einödhof Meinstorf - einst ein fast autarkes „Unternehmen“
- MM 12/2006. Vom Klassizismus zum Jugendstil
- MM 12/2006. „Die Mundart ist kein Manko, sie ist eine Bereicherung.”
- MM 12/2006. Pisa-Studie beweist: Mundart verbessert Sprachfähigkeit
- MM 12/2006. Erlebnisse, Geschichten, Anekdoten, Begebnisse … Teil 1
- MM 12/2006. Das erste Gedicht und Gebet in bairischer Sprache
- MM 12/2006. Auf Bairisch: Redensarten und Menschliche Eigenschaften
- MM 12/2006. … März 2006: Nach Schneeschmelze und Regenfällen
- MM 12/2006. Öffentliche Bücherei Mitterfels: Rückblick des Chronisten
- MM 12/2006. Ein Gedenkstein für einen Ermordeten macht neugierig
- MM 12/2006. „Schneekatastrophe“ und Winteridyll pur
- MM 12/2006. Vom Samtfußröhrling bis zum Zunderporling
- MM 12/2006. Aus dem Garten der Natur
- MM 12/2006. Mitterfels 1956
- MM 12/2006. „Königliche Hoheit, halt’s Mäui!“
- MM 12/2006. Zum Bezirksmusikfest 2006 des Musikbundes Donau-Wald
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- Datenschutzerklärung
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Der Haselbacher Totentanz
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins 1/1995 bis 10/2004
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Online-Beiträge aus dem Mitterfelser Magazin 12/2006
- Unser Wunsch für Sie ...
- MM 12/2006. … März 2006: Nach Schneeschmelze und Regenfällen
- MM 12/2006. Das erste Gedicht und Gebet in bairischer Sprache
- MM 12/2006. Auf Bairisch: Redensarten und Menschliche Eigenschaften
- MM 12/2006. Ein Gedenkstein für einen Ermordeten macht neugierig
- MM 12/2006. „Schneekatastrophe“ und Winteridyll pur
- MM 12/2006. Der Einödhof Meinstorf - einst ein fast autarkes „Unternehmen“
- MM 12/2006. Öffentliche Bücherei Mitterfels: Rückblick des Chronisten
- MM 12/2006. Vom Samtfußröhrling bis zum Zunderporling
- MM 12/2006. „… alles auf den Kasten Mitterfels urbar …“
- MM 12/2006. „Die Mundart ist kein Manko, sie ist eine Bereicherung.”
- MM 12/2006. Erlebnisse, Geschichten, Anekdoten, Begebnisse … Teil 1
- MM 12/2006. Vom Klassizismus zum Jugendstil
- MM 12/2006. Pisa-Studie beweist: Mundart verbessert Sprachfähigkeit
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- MM 12/2006. Aus dem Garten der Natur