Kulturelles Leben
… Symbole der Adventszeit
Predigt am 4. Adventssonntag in der Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach von P. Dominik Daschner OPraem
Weil der Heiligabend schon so nah ist, ist in unseren Kirchen - und vielleicht auch daheim – schon alles an weihnachtlicher Dekoration aufgebaut: der Christbaum und die Krippe. Aber ein Detail fehlt noch: Die Krippe ist noch leer.
Allenfalls das Stroh, auf dem das Christkind ruhen wird, liegt schon drin.
… kleine Strohhalme als Anerkennung für gute Taten …
Aus meiner Kindheit kann ich mich noch gut an einen adventlichen Brauch erinnern - vielleicht kennen Sie den auch: In den Wochen vor Weihnachten, da bekamen wir Kinder, wenn wir brav waren, für Wohlverhalten oder für gute Taten kleine Strohhalme als Anerkennung. Und die durften wir dann in die leere Krippe legen.
Je mehr Strohhalme – umso weicher konnte das Christkind schlummern und träumen …
So wurde peu à peu das harte, nackte Holz der Krippe ausgepolstert. Je mehr Strohhalme sich bis zum Heiligen Abend in der Krippe befanden, umso weicher kam das Jesuskind zu liegen.
Der tiefere Sinn dieser pädagogischen Maßnahme ist klar: Durch unser Gut-sein im Advent verbessern wir die Rahmenbedingungen für die Menschwerdung des Gottessohnes in unserer Welt. Durch gute Taten, durch gelebte Mitmenschlichkeit bereiten wir Gottes Ankunft vor, um diese Welt zu verwandeln, um uns zu jenem neuen Menschen zu machen, der nach dem Bild seines Sohnes gestaltet ist. Oder wie Bischof Franz Kamphaus es einmal prägnant formuliert hat: „Mach’s wie Gott, werde Mensch!“
Je mehr Strohhalme wir durch unser Gut-sein gesammelt hatten, umso süßer konnte das Jesuskind an Weihnachten in seiner Krippe schlummern. Was das schlafende Jesuskind in der Krippe dabei geträumt hat, davon erzählen die Evangelien nichts.
Von der Botschaft an Maria, die sie sich nie hätte träumen lassen …
Aber von den Menschen drum herum und deren Träumen ist in der Kindheitsgeschichte Jesu sehr viel die Rede. Im Evangelium haben wir heute gehört, wie Maria eine Botschaft vernimmt, die sie sich niemals hätte träumen lassen: dass sie die Mutter Gottes werden soll. Auch wenn sie sicher nicht überblickt hat, was das genau für sie bedeutet, so hat sie sich dennoch darauf eingelassen: im Vertrauen auf das Wirken Gottes.
Josef – und dessen Träume in einer vertrackten Situation
Von Josef, ihrem Verlobten, und dessen Träumen, erzählt uns das Evangelium mehrmals und ausführlich. Des Nachts, im Traum, geschützt vor der Unruhe und Rastlosigkeit des Tages, sieht Josef eine Lösung für die vertrackte Situation, in die Gottes Heilsplan das junge Paar gebracht hat. Das damalige Recht bestrafte eine Frau schwer, die von einem anderen Mann ein Kind erwartet, unter Umständen sogar mit dem Tod. Um seine geliebte Braut zu retten, ist Josef bereit zu einer gütlichen Trennung. Sein Verzicht würde Maria und ihr ungeborenes Kind retten. Die gemeinsame Zukunft, die Josef sich mit Maria erträumt hatte, wäre jedoch beendet. Doch Gott sei Dank kommt es ganz anders – durch Gottes Engel, der Josef im Traum ermutigt, Maria als seine Frau zu sich zu nehmen, auch wenn es nicht sein Kind ist, das sie unter dem Herzen trägt. Und den Impuls zur Flucht nach Ägypten – weil Herodes dem neugeborenen König der Juden nach dem Leben trachtet – und später zur Rückkehr nach Nazaret erhält Josef ebenfalls im Traum.
Die Kräfte des träumenden Fühlens weisen den Weg …
Liebe Schwestern und Brüder, dort, wo unser Tages- und Wachbewusstsein an Grenzen gerät – in Schlaf und Traum -, da wirkt die Urkraft des vertrauensvollen Sich-Fallen-lassens. Unser gestörtes Urvertrauen hat Angst vor der Nacht; vor dem, was in uns schlummert. Es will bewachen und festhalten. Und tut das, was wir im Traum mehr intuitiv fühlen als mit dem Verstand zu begreifen, tut es schnell ab als bloßen „Schall und Rauch“, als leeres Stroh.
Ganz anders die Welt der Psalmen. Sie setzt dieser angespannten Furcht die größere Liebe Gottes entgegen, wenn es in Psalm 127 heißt: „Der Herr gibt es den Seinen im Schlaf.“ Die Kräfte des träumenden Fühlens, in denen Josef Gott am Werk sieht, sie wissen und weisen einen anderen Weg.
Josef aber flüchtet nicht in Scheinwelten …
Einen Weg, der starken Glauben zumutet; intensives, grenzenloses Vertrauen, und der so alle in Liebe leben lässt. Josef nimmt trotz der vielleicht bohrenden und nagenden Frage in ihm die Situation an, und damit auch Maria und ihr Kind. Bei allem Fühlen ist Josefs Träumen realitätsbezogen. Traum und Wirklichkeit nicht als Gegensätze, die sich gegenseitig ausschließen, sondern als Paar verbunden. Josef flüchtet nicht in Scheinwelten. Er lebt in der Wirklichkeit und gestaltet sie. Als er erwacht, nimmt er Maria auch formal zu seiner Frau und formt mit ihr seine junge Familie.
Liebe Schwestern und Brüder, gut schlafen und träumen können, sich fallen lassen können und auf seine innere Stimme hören, in Traum und Schlaf, geschützt vor der Unruhe und den vielen Stimmen der alltäglichen Betriebsamkeit, daraus die Stimme Gottes heraushören, das weckt die Kräfte zum Guten in uns.
So wollen wir heute, so kurz vor dem Heiligabend, in Gedanken einen letzten Strohhalm in die Krippe legen, im Vertrauen auf die stillen, ohne Lärm in uns und durch uns wirkenden Kräfte des Guten, auf dass Gott in der Menschwerdung seines Sohnes bei uns ankommen kann, um uns zu neuen Menschen zu machen.
Foto: irmela-mies-suermann_pfarrbriefservice
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