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Johannes der Täufer, Wegbereiter des Messias, fordert die Menschen seiner Zeit heraus - Zum 3. Adventssonntag
Predigt am 3. Adventssonntag von Pfarrer P. Dominik Daschner OPRAEM, Pfarrgemeinschaft Mitterfels-Haselbach
„Fordern und fördern“, das war das Schlagwort, unter das die damalige Bundesregierung unter Kanzler Schröder ihre große Sozialreform gestellt hatte. Keine Angst, es kommt jetzt keine politische Predigt über Erfolg oder Scheitern von Hartz IV. Aber genau dieses Schlagwort ist mir durch den Kopf geschossen, als ich zur Vorbereitung auf den heutigen Sonntag das Evangelium gelesen habe.
„Was sollen wir also tun?“ - Mit dieser Frage kommen die Menschen zu Johannes dem Täufer. Und es ist klar: Hier geht es um elementare Fragen. Hier steht das Leben selbst auf dem Spiel, ob mein Leben am Ende gelingt oder vertan ist. Die Menschen erwarten von Johannes eine klare Antwort.Und er bleibt die Antwort nicht schuldig. Johannes antwortet klar und präzise, er hat für jeden eine ganz persönliche Antwort parat. Und diese Antwort steht ganz im Zeichen dieses Leitwortes: „Fordern und fördern“.
Gemälde "Johannes tauft Jesus" von Jacopo Tintoretto, 2. Hälfte 16. Jh.
Es sind ganz schön anspruchsvolle Forderungen, die Johannes stellt. Wer erwartet hat, dass er mit billigem Trost daherkommt nach dem Motto: „Du bist schon in Ordnung! Bleib so, wie du bist!“, der täuscht sich gewaltig. Johannes mutet den Menschen einiges zu, er fordert einiges. Er fordert die Menschen seiner Zeit heraus; er ruft zur Umkehr auf. Aber er überfordert die Menschen nicht. Es sind im Grunde keine spektakulären Dinge, die er verlangt, sondern ganz Alltägliches: „Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold!“, das verlangt er zum Beispiel von den Soldaten. Selbstverständlichkeiten eigentlich, die aber erst einmal umgesetzt sein wollen.
Man spürt diesen Forderungen an, worum es Johannes geht. Nicht darum, die Menschen mit überzogenen Ansprüchen zu quälen oder sie durch permanente Überforderung innerlich mürbe zu machen, sondern es geht ihm darum, die Menschen zu fördern, ihnen zu helfen, das Gute in ihnen zu entwickeln. Man spürt aus seinen Worten die Liebe, die Johannes zu den Menschen empfindet. Er will ihnen helfen, sich im besten Sinne des Wortes selbst zu verwirklichen: also die Möglichkeiten des Guten, die in jedem Menschen liegen, herauszulocken, sie zu fördern und zu entwickeln. Das geht nicht ohne Wahrhaftigkeit. Und das funktioniert nicht ohne den Mut, auch Forderungen zu stellen, wo Umkehr notwendig ist.
Die Menschen kommen zu Johannes, weil sie spüren, dass etwas in der Luft liegt. „Das Volk war voll Erwartung“, so notiert der Evangelist Lukas. Und Johannes versteht sich und sein Wirken als Vorbereitung auf den, der kommen wird, um die Menschheit, ja die ganze Welt zu erlösen.
Die Bibel hat für den erwarteten Messias schon im Alten Testament das Bild vom guten Hirten gebraucht. So fördert Gott das Gute in der Welt zu Tage: Nicht indem er die verdorbene Welt und Menschheit mit Feuer und Schwefel auslöscht, um einen neuen Anfang zu starten, sondern indem er mit viel Geduld jedem einzelnen nachgeht, das Gute in jedem fördert, dabei auch die Schwachstellen nicht unter den Teppich kehrt, sondern sie aufrichtig und klar benennt und damit zur Umkehr auffordert.
Der gute Hirte ist nicht der, der seine Herde ausbeutet und ausnutzt für den eigenen Profit und für eigene Ziele; das sicher nicht. Der gute Hirte ist aber auch nicht der, der seine Tiere verhätschelt, sondern der, der sie auch fordert, der zugleich aber auch um ihre Grenzen und Schwächen weiß und ihnen liebevoll aufhilft, wo es notwendig ist.
Das Schaf spürt das instinktiv. Es passt deshalb gut als Symbolfigur zum heutigen Sonntagsevangelium auf unserem Weg durch den Advent auf Weihnachten zu. Der Retter, der Messias wird wie ein guter Hirt sein. Er fordert, ohne zu überfordern, um so das Gute in jedem einzelnen zu entwickeln und zu fördern. Der gute Hirte ist der, der nicht für sich etwas will und damit die Herde plagt, sondern der, dem es um die Tiere selber geht, dem sie am Herzen liegen.
Kein Zweifel, Gott hätte sicher schnellere, effizientere und radikalere Wege zur Rettung der Welt finden können. Aber weil wir ihm am Herzen liegen, weil er jeden einzelnen liebt, deshalb wählt er diesen Weg. Ein Weg, der freilich viel Geduld braucht; weil man ja bei jedem Menschen wieder von vorne anfangen muss. Deshalb kommt Gott selbst in die Welt, wird selbst ein Mensch, geht auf diese Weise buchstäblich jedem einzelnen nach. Und er freut sich über jeden noch so kleinen Erfolg, wie Eltern über die ersten selbständigen Schritte ihrer Kinder.
Das ist eben das Geheimnis von Advent, von der Ankunft Gottes in dieser Welt: Gottes Motivation ist nicht zuerst Effizienz, sondern Liebe. „Er erneuert seine Liebe zu dir; er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag!“, heißt es dazu in der Lesung.
Besinnung - Ein Schaf denkt nach
Irgendetwas liegt in der Luft. Man hält uns Schafe ja für blöd, aber ich merke es ganz genau. Irgendetwas wird passieren. Irgendetwas muss ja auch passieren. So kann es ja nicht weitergehen. Alle jammern nur noch. Wenn man den Hirten am Feuer so zuhört: Alle klagen, wie schlecht alles ist, dass alles nur noch bergab geht. Die Zeiten werden immer schlechter. Und seit die Römer im Land sind, ist es kaum noch erträglich. In letzter Zeit hört man öfters, wie die Hirten sagen, dass ein starker Mann her muss, der endlich etwas verändern kann in der Welt. Und manchmal erzählen sie sich von den alten Verheißungen der Propheten. Die haben gesagt: Wenn die Not am größten ist, dann wird Gott einen Retter schicken, einen Messias. „In der Mitte der Nacht strahlt ein Licht auf: ein Kind wird uns geboren, ein Sohn wird uns geschenkt!“ - so hat einer von diesen Propheten gesagt. Und Nacht ist jetzt, weiß Gott! Die sehen wirklich nur noch schwarz, die Hirten, alles in düsteren Farben, überhaupt kein Lichtblick mehr. Wird also höchste Zeit, dass Gott seinen Retter schickt!
Mir gefallen diese alten Verheißungen sehr. Die Propheten sagen nämlich auch: Der Retter, der kommen wird, wird für die Menschen sein wie ein guter Hirt. Da ist mir dieser Retter schon richtig sympathisch! Wie ein guter Hirt! Ich weiß, wie viel ein guter Hirt wert ist! Ich hab schon allerhand erlebt, gute und schlechte Hirten. Wenn du einen schlechten Hirten erwischst, dann geht es dir schlecht. Der kümmert sich nicht, wenn du mal nicht nachkommst. Oder wenn du verletzt bist oder krank, dann kannst du grad selber sehen, wo du bleibst. Der schlägt dir höchstens mit seinem Stock noch eins über. Das ist dann nur eine Frage der Zeit, bis dich der Wolf holt, wenn du verwundet bist. Aber ein wirklich guter Hirt, der verbindet die Wunden, der kümmert sich ganz besonders liebevoll um die verletzten Tiere, der geht denen nach, die sich verirrt haben, und wenn einer mal nicht mitkommt oder erschöpft ist, dann kann es sogar passieren, dass er dieses Schaf noch auf die Schultern nimmt und trägt. Und so wird Gottes Retter sein, sagen die Propheten. Einer, der sich um die Verletzten und Verwundeten kümmert. Und das Leben schlägt uns schon manche Wunden! Einer, der darauf achtet, dass alle mitkommen und keiner verloren geht. Was für ein schöner Gedanke: dass sich Gott so um uns sorgt!
Ich wünschte, ich könnte dabei sein, wenn der Retter kommt. Wie das wohl sein wird? Ob er vom Himmel kommt in einem feurigen Wagen, begleitet von Hörnern und Trompeten? Das wird sicher ein mächtiger Mann sein. Aber bei seinem prachtvollen Einzug in die Welt ist sicher kein Platz für Schafe. Schade.
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