Natur & Umwelt
"Baum des Jahres" auf dem absteigenden Ast
In Höhenlagen wie hier bei Sankt Englmar werden der Fichte noch gute Überlebenschancen eingeräumt – in tieferen Lagen sieht die Situation laut Fachleuten anders aus. (Foto: mh)
Fichtenanteil schon um fünf Prozent gesunken – Gute Prognosen nur in höheren Lagen
An ihr scheiden sich die Geister: die Gemeine Fichte, botanischer Name „Picea abies“. Der Baum, der auch Rotfichte oder Rottanne genannt wird, bestimmte jahrhundertelang als sogenannter Brotbaum die Waldwirtschaft in ganz Bayern. Im Landkreis Straubing-Bogen nimmt die Fichte bis heute mit rund 60 Prozent der Waldfläche den Löwenanteil ein, schätzt Klaus Stögbauer, Forstamtsleiter in Straubing. Allerdings: Der Fichtenanteil sinkt schon jetzt, und das Ansehen des „Baumes des Jahres 2017“ hat große Kratzer – steht dieser doch wie kein anderer für Monokulturen und all deren Risiken, die gerade im Zuge des Klimawandels zutage treten.
Die Baumart Fichte ist von Natur aus nur in feucht-kühlen Regionen Europas und Asiens beheimatet. Deshalb findet man sie in Europa vor allem in den Taiga-Gebieten Skandinaviens und Russlands sowie in den höheren Lagen der Mittelgebirge und in den Hochgebirgen. Bei uns kommt sie natürlich in den Mittelgebirgen des Bayerischen Waldes oberhalb von 1 000 Metern und südlich in den Alpen vor. Dort bildet sie oft natürliche Reinbestände. Für alle anderen Bestände ist laut Klaus Stögbauer der Mensch verantwortlich. Gäbe es ihn nicht, hätte die Fichte nur einen Anteil von wenigen Prozent an der Waldzusammensetzung. Im Landkreis Straubing-Bogen ist davon auszugehen, dass sie höchstens in den Gipfelregionen der vier Tausender von Natur aus wachsen würde.
Symbol für gelungene Wiederbewaldung
Die Fichte ist eine Symbolbaumart für gelungene Wiederbewaldung in Deutschland nach den Holznöten des 18. und 19. Jahrhunderts. Hinzu kommen noch die sogenannten Reparationshiebe und die Wiederaufbaumaßnahmen nach den Weltkriegen, die die Baumart in der Forstwirtschaft für viele Jahrzehnte unersetzlich machten: Die Fichte ist robust, wächst recht gut an, hat keine Probleme auf der freien Fläche oder mit Frostlagen und ist gegenüber dem Wild relativ unempfindlich. Sie eignete sich trotz hoher Rotfäulegefahren vorzüglich für Anpflanzungen von Öd- oder Weideflächen. Dies ist großflächig in den 1950er- und 1960er-Jahren beispielsweise im Raum Sankt Englmar-Glashütt geschehen.
Bodenreinertragslehre sorgte für weiteren Boom
Anfang des 20. Jahrhunderts hat die sogenannte Bodenreinertragslehre, also die Forderung nach maximaler Verzinsung des Waldkapitals, der Fichte nochmals einen Anbauschub gegeben. Wälder, die zuvor von Laubholz, überwiegend der Rotbuche, dominiert waren, wurden nach und nach zu reinen Fichten-Monokulturen. Eine solche reine Fichtenwirtschaft zeichnete und zeichnet sich noch heute durch gute Holzerträge aus, bewertet der Forstexperte. Sehr hohe Massenzuwachsleistungen waren früher nur mit der Baumart Fichte möglich. Zuwächse von zehn bis 15 Festmeter (Kubikmeter) Holz je Hektar Waldfläche im Jahr sind auch bei uns keine Seltenheit. Auch am wirtschaftlichen Wiederaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Fichte ihren Anteil. Sie lieferte bestes Bauholz für den Wiederaufbau von Häusern und Dachstühlen – wurde allerdings auch ein Symbol für das „Holzbaracken-Image“ von Holzhäusern. Erst moderne Holzhausbauten in den vergangenen ein bis zwei Jahrzehnten konnten Holz wieder zu einem Image als edler Bau- und Werkstoff verhelfen. Die allermeisten Holzsägewerke spezialisierten sich auf die Fichte als Massensägewerksprodukt. Auch deren Aufstieg zu immer größeren – und wenigeren – Werken hat mittelbar mit der Fichte zu tun.
Monokulturen mit wenig Rücksicht auf Naturschutz
Die Fichte steht allerdings vielfach für die sogenannten Nadelholzforste, also für die großflächigen Monokulturen. Hier wurden Stögbauer zufolge Aspekte des Arten- und Naturschutzes wenig bis gar nicht beachtet – vielleicht auch einer der Gründe, warum Naturschutzorganisationen nicht zu Unrecht die Waldwirtschaft für Artensterben, Bodenversauerung und Lebensraumzerstörung verantwortlich machten und dies auch heute noch tun. Modernere Wald-Naturschutz-Konzepte, nach dem Motto „schützen und nutzen“, müssen nach Ansicht des Forstexperten Einzug in die heutige Waldbewirtschaftung nehmen. Auch unser geliebter Christbaum soll Anfang des 17. Jahrhunderts eine Fichte gewesen sein. Die immergrüne Fichte stand und steht gerade in der dunklen Jahreszeit für Lebensenergie, mit der sich die Menschen Zuversicht und Kraft ins Haus holten.
Problem Klimawandel: Fichte mag es nicht warm
So wie die Fichte in den Wohnzimmern vielfach von den „schöneren“ Nordmanntannen verdrängt wurde, so muss die Baumart auch in unseren Wäldern um ihren Lebensraum immer mehr bangen. Der sich noch verstärkende Klimawandel macht es den Fichten deutlich schwerer, in unseren Lagen zu wachsen. Fichten kommen aus kühlen Klimazonen, an wärmere Temperaturen sind sie nicht gut angepasst. Jahresdurchschnittswerte von deutlich über neun bis zehn Grad verträgt die Fichte sehr schlecht. Hinzu kommt noch ein weiterer Nachteil der Fichte: Sie wurzelt extrem flach und erreicht deshalb bei den immer trockeneren, heißeren Sommern kein Wasser aus tieferen Bodenschichten. Dies braucht sie aber dringend, da ihr Wasserbedarf recht hoch ist.
Bis zu vier von fünf Fichten leben gefährlich
„Durstige“ Fichten sind geschwächt und werden dadurch leichter Opfer des gefährlichsten Feindes des Baumes, des Buchdruckers. Diese Borkenkäferart hat sich auf die Fichte spezialisiert und kann zusammen mit der weiteren kleineren Art, dem Kupferstecher, großflächig ganze Waldteile befallen und die Fichten zum Absterben bringen. Hinzu kommt, dass die Fichte aufgrund ihres flachen Wurzelwerkes relativ instabil ist. Sie hat den ebenfalls prognostizierten häufigeren und stärkeren Stürmen wenig Widerstand entgegenzusetzen. Die forstlichen Versuchsanstalten haben in den vergangenen Jahren versucht, Klimarisiko-Abschätzungen für das nächste Jahrhundert, bezogen auf einzelne Baumarten, vorzunehmen. Danach wäre bei uns im Landkreis auf geschätzten 70 bis 80 Prozent der Fläche die Fichte mit dem höchsten Risiko behaftet, ihr gewünschtes Erntealter nicht zu erreichen. Nur in den Regionen nördlich von Wiesenfelden und im Raum Haibach/Sankt Englmar sowie in den Höhenzügen bei Schwarzach hätte die Fichte in großem Maßstab noch eine reale Überlebenschance. Als Vertreter der Forstverwaltung rät Klaus Stögbauer generell jedem einzelnen Waldbesitzer, sich gründlich hinsichtlich der Risiken des eigenen Waldes beraten zu lassen. Diese Beratung ist kostenlos.
In Zukunft auf mehrere Baumarten setzen
Aber auch allgemeine Empfehlungen können ausgesprochen werden. Hauptziel müsse es sein, das einzelne Risiko eines Schadens zu reduzieren. Dies kann erreicht werden, indem der Waldbesitzer in Zukunft nicht allein die Baumart Fichte setzt, sondern – standortangepasst – mehrere Baumarten. Andere Baumarten könnten idealerweise zu den älteren Fichten dazugepflanzt werden. Nach Schadensfällen kommt auch eine Neuanpflanzung auf freier Fläche infrage. Außerdem sind laut Stögbauer die Waldbesitzer dazu aufgerufen, ihre schon vorhandenen Fichtenbestände stärker zu pflegen, damit diese Fichten zum einen schneller erntereif werden und zum anderen andere mitwachsende Baumarten überleben können.
„Forstmeister Sturm“ und „Forstmeister Borkenkäfer“
Die Baumart Fichte wird auch in den nächsten Jahrzehnten unser Waldbild im Landkreis prägen, so Stögbauer. Sie wird auch wichtige Bauholzbaumart bleiben, bis neue Baumarten diese Funktion übernehmen. Dennoch werden ihre Anteile weniger werden, entweder weil der „Forstmeister Sturm“ oder der „Forstmeister Borkenkäfer“ Entscheidungen zuungunsten der Fichte treffen wird. Diese Entwicklung ist schon heute im Gang. In den vergangenen zehn Jahren ist der Fichtenanteil landkreisbezogen bereits um rund fünf Prozent gesunken. Von den jungen Waldbäumchen, die derzeit heranwachsen, sind schon mehr als ein Drittel Laubbäume – und nur noch gut 50 Prozent Fichten. Die Zukunft wird deswegen in jedem Fall bunter und vielfältiger sein.
Quelle: lal/ta/BOG Zeitung (Zeitversetzte Übernahme aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Benno und die Räuber vom Perlbachtal
- Eine „Dipferlscheißerin“ in Haselbach
- Windberg. Kultur- und Festspielverein mit Videofilmabend
- Mitterfels/Scheibelsgrub. „Jeder soll Chance bekommen“
- Haselbach: Adventliches Singen
- St. Johann/Falkenfels. Konzert am ersten Adventssonntag
- 27. Mitterfelser Christkindlmarkt um die Burg 2024
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Waldleben ...
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Neues aus unseren Gemeinden
- Spende an das Burgmuseum Mitterfels
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Es begann in Kreuzkirchen
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins
- Der Haselbacher Totentanz
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (69)
- Baugebiet Pimaisset Mitterfels. Mit Regenwasser die Toilette spülen
- MM 11/2005. Ein Pestkreuz – zum Dengelstein umfunktioniert
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins ab MM 11
- MM 11/2005. Von Josef Fuchs, Bauer von Hagenzell, 1899 errichtet
- MM 11/2005. A so gengan de Gang – und viele andere Ausdrücke der Mundart
- MM 11/2005. Aus über 2000 Metern Höhe runterschau’n
- MM 11/2005. A bißl wach wern in da Wiagn … a bißl Hoamaterdn wern.
- Kalenderblatt Allerseelen. Zwei Münchner Friedhöfe der besonderen Art
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- „Kein kleiner Waidler-Adel“
- Waldleben ...
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Der Ursprung liegt bei Van Gogh
- Falkenfels: Puppentheater Karotte spielt Ahorns Welt
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis