Natur & Umwelt
In Lohberg wohnt jetzt ein Lobold
Ein Wolfsrudel lässt sich im Bayerwald-Tierpark aus nächster Nähe beobachten. (Foto: Stefanie Raab)
Ein Rundgang mit Leiterin Claudia Schuh durch den Bayerwald-Tierpark
Auf dem Rundgang durch den Zoo trifft Claudia Schuh auf einen ihrer Tierpfleger. „Andreas, was macht mein kleiner Kauz? Frisst er schön?“, fragt die Leiterin des Bayerwald-Tierparks Lohberg. Sie hat das Findelkind zunächst zu Hause aufgezogen und erst vor einer Woche in den Zoo mitgebracht. Dort fühlt sich der Rauhfußkauz nun offenbar recht wohl, wie der Tierpfleger bestätigt. „Ägidius heißt er“, sagt die Chefin noch, bevor sie ihren Weg fortsetzt. „Auch recht“, meint Andreas Hupf gut gelaunt. Im Weitergehen erzählt Schuh: „Die Tierpfleger sagen immer, meine Namen kann man sich nicht merken.“ Zumindest bei den Wisenten hat sie dann aber eine gute Ausrede: Dass der erst vier Wochen alte Jungbulle Lobold heißt, ist den Vorgaben des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) geschuldet. Demnach müssen die Tiere die Anfangsbuchstaben ihres Zoos im Namen tragen. So wohnt in Lohberg im Landkreis Cham jetzt ein kleiner Lobold – gemeinsam mit Mutter Lobina und Tante Lobari. Der Wisentpapa hingegen heißt Donald, er stammt aus dem Donaumoos. Weil seine Geburt zum Erhalt der seltenen Wisente beiträgt, ist Claudia Schuh auf den kleinen Lobold auch besonders stolz. Für sie ist die Tierart ein gutes Beispiel dafür, was Tiergärten zum Artenschutz beitragen können: Vor 90 Jahren wurde das damals letzte frei lebende Wisent erschossen. Nur in Zoos gab es noch zwölf Tiere. Mit diesem winzigen Bestand gelang jedoch eine erfolgreiche Zucht. Heute leben wieder rund 8 000 Wisente in Europa. Dass sie in Lohberg ihren festen Platz haben, ist für die Leiterin des Bayerwald-Tierparks selbstverständlich. „Wir sind ein Themenzoo mit einheimischen Wildtieren, die hier leben oder irgendwann hier gelebt haben“, sagt Claudia Schuh. Zwischen Wölfen und Waschbären, Rothirschen und Füchsen finden sich dann sogar drei männliche Elche. „Am Moldau-Stausee in der Tschechischen Republik leben Elche. Über Südböhmen wandern Einzeltiere auch mal bis zu uns. So abwegig sind Elche also nicht“, erklärt Schuh.
Als Themenzoo mit einheimischen Wildtieren gibt der Tierpark seinen Besuchern auch Einblicke in das Leben der Luchse. (Foto: Richard Wenzel)
Über 400 Tiere in 100 Arten sind im Tierpark zu sehen
Insgesamt präsentiert der Tierpark auf zehn Hektar Fläche über 400 Tiere in 100 Arten. Die jährliche Besucherzahl liegt bei rund 100 000. Auch wenn man rein von den Zahlen her nicht mit den anderen bayerischen Tiergärten in München, Nürnberg, Augsburg und Straubing mithalten kann, hat Lohberg doch alles, was zu einem Tag im Zoo gehört. Zwischen Gehegen und Volieren gibt es einen Streichelzoo, einen Kinderspielplatz, Naturlehrpfade und einen Kiosk mit Terrasse. Träger des 1989 gegründeten Tierparks ist die Gemeinde Lohberg. Nachwuchs gab es vor Kurzem auch bei den Wölfen. Vielleicht schon nächste Woche könnten die Kleinen für die Besucher zu sehen sein. Claudia Schuh hat ihnen in ihrem Bau bereits einen Besuch abgestattet. „Wenn sie so klein sind, kontrollieren wir sie einmal und bringen einen Mikrochip an“, sagt die Tierärztin. Wie sie das macht, wo doch im weitläufigen Wolfsgehege auch sechs erwachsene Tiere leben? „Einfach reingehen“, antwortet Schuh. Wölfe seien sehr scheu und vorsichtig, selbst ihre Jungen verteidigten sie nicht. Ein Leittier würde sich auch niemals für seine Welpen opfern. Dafür sei es für das Rudel einfach zu wichtig. Die Wölfe seien der Publikumsliebling des Tierparks, bestätigt Claudia Schuh. „Es gibt ganz viele Leute, die den Wolf faszinierend finden. Und die anderen fürchten sich vor ihm. Dazwischen gibt es nicht viel.“ In der Debatte um Wölfe in freier Natur hat die Zoo-Chefin einen klaren Standpunkt: „Die gehören zu uns her.“ Ohne ein gewisses Management gehe das aber freilich nicht. „Wir können nicht mehr so ohne Weiteres Nutztiere auf Koppeln und Wiesen lassen. Da braucht es Vorsichtsmaßnahmen.“
Claudia Schuh dreht mit ihrer spanischen Windhündin Stella eine Zoo-Runde. (Foto: loh)
Verletzte Wildtiere finden in Lohberg Unterschlupf
Während frei lebende Wölfe den Menschen aus dem Weg gehen, lassen sich die Tiere in Lohberg ganz aus der Nähe betrachten. Vom Besucher scheinbar unbeeindruckt, bleiben sie dicht hinter dem Zaun liegen. Auch Schuhs Begleiterin blickt fasziniert ins Gehege: eine spanische Windhündin, die auf den Namen Stella hört. Nur selten ist die Zoo-Chefin allein im Tierpark anzutreffen. „Mit Hund bin ich auch für die Wölfe wesentlich interessanter“, sagt sie. Insgesamt besitzt Claudia Schuh neun Hunde. „Lauter Notfallhunde“, erklärt die 42-jährige Tierfreundin. Als sie vor zwölf Jahren die Leitung des Bayerwald-Tierparks übernommen hat, hob sie das Hundeverbot auf dem Gelände auf. Probleme habe es seitdem keine gegeben.
Der kleine Lobold zählt zu den Jungstars des Zoos. Mit seinen Wisenten ist der Bayerwald-Tierpark ebenso wie mit den Gänsegeiern am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm beteiligt. (Foto: Maria Frisch)
Auf dem Rundgang macht Claudia Schuh immer wieder auf einzelne Tiere aufmerksam. Auf die Ziegen, Esel und Kaninchen im Streichelzoo etwa. Sie alle dürfen über den Zaun hinweg gestreichelt werden, das Betreten der Gehege ist jedoch verboten. „Den Leuten soll es bei uns gefallen und den Tieren soll es gut gehen.“ Gerne zeigt die Tierpark-Leiterin auch die einen Monat alten Uhu-Kinder her. Von ihrer Mutter beschützt, pressen sich die kleinen Federknäuel dicht aneinander. Aber auch ein Storch ist Schuh wichtig. „Der hatte einen Unfall mit einem Lastwagen“, erzählt sie. Immer wieder finden in Lohberg verletzte Tiere aus der freien Wildbahn einen Unterschlupf, manchmal auf Zeit, manchmal für den Rest ihres Lebens. Ein Lieblingstier hat Claudia Schuh nicht. „Ich bin so tierverrückt, ich mag einfach alle“, sagt sie. „Ich könnte da niemanden ausschließen.“ Besonders ans Herz gewachsen sind der Tierärztin aber doch jene Tiere, die sie selbst mit der Hand aufgezogen hat. Fischotter, Rehkitz, Eichhörnchen, Feldhase, Fuchs oder Marder – sie hatte schon alles bei sich zu Hause. Wildschwein Jockl holt sich dann auch gleich seine Streicheleinheiten ab, als die Zoo-Chefin bei ihm vorbeikommt. Als seine Mutter einst einen tödlichen Unfall hatte, war er im Tierpark abgegeben worden. „Ich kann nicht an ihm vorbei, ohne Hallo zu sagen“, erklärt Claudia Schuh. „Da bin ich einfach die Mama.“ Bayerwald-Tierpark Lohberg Der Bayerwald-Tierpark Lohberg im Landkreis Cham ist das ganze Jahr über täglich geöffnet. Kostenlose Parkplätze sind vorhanden. Der Großteil der Wege ist barrierefrei. Hunde dürfen angeleint mitgenommen werden. Weitere Informationen gibt es unter Telefon 09943/8145 oder im Internet auf www.bayerwald-tierpark.de.
Quelle: Markus Lohmüller/BOG Zeitung (Zeitversetzte Übernahme des Beitrags aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist.)
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