„Frauen, traut euch etwas zu!“

2023 08 26 Barbara Herrnberger 0

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Barbara Herrnberger ist die einzige weibliche Soldatenvereins-Vorsitzende Niederbayerns.

Wie es ist, in einem 900-Mann-Bataillon die einzige Frau zu sein, erzählt sie im Interview.

Mitterfels. Sie war zu Anfang unter 900 Mann die einzige Frau in ihrem Bataillon, war als Soldatin zwei Mal im Kosovo und hat dabei auch einmal in die Mündung eines Maschinengewehrs geblickt. Trotzdem sagt Barbara Herrnberger aus Mitterfels: „Die Zeit bei der Bundeswehr war eine gute Zeit für mich.“ Warum das so ist und wie es dazu kam, dass sie sogar einmal in den Tagesthemen interviewt wurde, erzählt sie im Gespräch mit unserer Mediengruppe.

Frau Herrnberger, Sie waren von 1996 bis 2004 im Gebirgsinstandsetzungs-Bataillon 8 in Hemau stationiert und dort die einzige Frau unter 900 Männern. War das nicht beängstigend?

Barbara Herrnberger: Überhaupt nicht. Die Soldaten dort haben mich sofort akzeptiert. Ich kam bereits mit dem Dienstgrad Hauptgefreiter UA in das Bataillon und war somit in einer Vorgesetzten-Position. Wir pflegten alle eine sehr gute Kameradschaft untereinander. Ich habe genauso dazu gehört wie jeder andere auch.

Da hatte keiner Vorurteile?

Herrnberger: Doch, der Kommandeur. Der hat die Krise bekommen, als er gehört hat, dass eine Frau in seinen Männerhaufen kommt. Gleich am ersten Tag musste ich mich bei ihm melden. Da hat er mir dann ins Gesicht gesagt, dass er eigentlich keine Frauen bei der Bundeswehr mag und mich ermahnt, dass ich ja keine Probleme machen soll. Das war einer vom alten Schlag.

Hat er Ihnen das Leben schwergemacht?

Herrnberger: Nein. Nach zwei, drei Monaten hat er gemerkt, dass das gut läuft mit mir, und dass ich den Männern in nichts nachstehe. Ich habe mir meinen Respekt erarbeitet.

Wie haben Sie das geschafft?

Herrnberger: Indem ich einfach immer gezeigt habe, dass ich alles genauso gut schaffe wie die Männer. Egal ob bei den Marschtests oder auch im Manöver. Auch wenn ich als Frau nur 25 Kilometer hätte marschieren müssen, bin ich immer die 30 Kilometer mit den Männern gegangen. Natürlich musste ich meine Weiblichkeit vielleicht ein bisschen hintanstellen. Zumindest war es damals so. Aber das hat mir nichts ausgemacht.

Wieso wollten Sie unbedingt zur Bundeswehr?

Herrnberger: Ich hatte schon immer einen Bezug zum Militär, von Kindheit an. Mein Onkel war Berufssoldat, meine Tanten waren mit amerikanischen Soldaten verheiratet. Das hat mich einfach fasziniert. Außerdem hat mich das Gejammer von so manchen jungen Männern genervt, weil sie zur Bundeswehr müssen und wir Frauen es so schön haben. Da habe ich gesagt, dass ich auch zur Bundeswehr gehe. Das hat mir keiner geglaubt. Und ich dachte mir: Jetzt erst recht.

Und dann?

Herrnberger: Dann habe ich meinen Job als Arzthelferin in einem Krankenhaus an den Nagel gehängt und habe in einer Kaserne in Kempten meine Grundausbildung absolviert.

Sie waren in Ihren acht Jahren bei der Bundeswehr auch bei zwei Auslandseinsätzen im Kosovo. Was war die gefährlichste Situation, in die Sie dort geraten sind?

Herrnberger: Da sind wir vom Kosovo aus nach Mazedonien zu einer Waffeneinsammlung abkommandiert worden. Auf dem Weg dorthin mussten wir anhalten, weil das Gebiet, in das wir fahren sollten, unter Beschuss war. Plötzlich kam ein Lastwagen mit UCK-Kämpfern auf der Ladefläche. Der Lastwagen hielt neben uns an. Die Männer zielten mit ihren Gewehren auf uns und beschimpften uns. Da war mir klar: Wenn die jetzt abdrücken, ist es vorbei.

Trotz solcher Erfahrungen sagen Sie, dass die Bundeswehr eine gute Zeit für Sie war.

Herrnberger: Wenn du in den Auslands-Einsatz gehst, dann weißt du als Soldat, dass die Gefahr immer mitschwingt. Aber es gab ja auch viele schöne Momente. Und diese Kameradschaft, diesen Zusammenhalt, den es dort gab, habe ich so nie wieder irgendwo erfahren.

Sie wurden einmal sogar in den Tagesthemen interviewt. Wie kam es dazu?

Herrnberger: Es ging um das Thema Frauen bei der Bundeswehr. Und damals gab es ja noch nicht so viele von uns. Und irgendwie bin ich dann ausgewählt worden.

Was würden Sie Frauen raten, die zur Bundeswehr gehen wollen?

Herrnberger: Das ist schwierig, weil ich aus der Bundeswehr schon zu lange heraus bin. Generell rate ich allen Frauen, die in Männerdomänen vordringen: Traut euch etwas zu, behauptet euch und fahrt immer eine klare Linie. Wir müssen uns wegen unseres Geschlechts nicht verstecken, denn starke Frauen brauchen keine Frauenquote, die schaffen das ganz allein.

 

Sind Krieger- und Soldatenvereine noch zeitgemäß?

Diese Frage hat unsere Mediengruppe auch der ehemaligen Soldatin Barbara Herrnberger gestellt. Sie ist seit 2015 Vorsitzende der Krieger- und Soldatenkameradschaft (KSK) in Falkenfels und damit die einzige Frau in einer solchen Position in ganz Niederbayern. Ihre Antwort: „Natürlich.“

Sie sagt selbst, dass ihr durchaus bewusst ist, dass vielleicht so manch einer solche Vereine für verstaubt oder nicht mehr zeitgemäß hält. „Aber das Gegenteil ist der Fall“, sagt sie. Denn solche Vereine leisten zum einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen und erhalten zum anderen Kameradschaft und Traditionen am Leben.

„Es ist unsere Aufgabe, daran zu erinnern, was einmal war. Dass es zwei schreckliche Kriege gegeben hat, in denen so viele junge Männer ihr Leben gelassen haben. Und dass es ein Geschenk ist, dass wir alle hier in Frieden leben dürfen“, sagt Herrnberger.

Außerdem kümmern sich die Krieger- und Soldatenvereine um den Erhalt und die Pflege der Kriegerdenkmäler in den Gemeinden. Auch das ist laut Herrnberger wichtig. „Wir dürfen unsere gefallenen Soldaten nicht vergessen.“

Mitglied in einer Krieger- und Soldatenvereinigung kann jeder werden, der in einem Krieg gekämpft hat und Soldat war – egal ob wehrpflichtig oder als Berufssoldat. Die ersten Vereinigungen dieser Art wurden bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet. Man wollte den ehemaligen Kriegsteilnehmern damit einen geselligen Rahmen bieten, in dem sie sich austauschen konnten und wo das Andenken an gefallene Soldaten hochgehalten wird.  

Interview und ergänzender Bericht: Verena Lehner/Interview in BOG Zeitung vom 26. August 2023 (Gen. der Lokalredaktion)

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