Musik, Theater
Traditionelle und moderne Blasmusik kein Widerspruch. Interview mit dem Mitterfelser Bürgermeister Heinrich Stenzel
Die Blaskapelle Mitterfels bei einem Bluval-Auftritt in Straubing. Links im Bild Bürgermeister Heinrich Stenzel, zweiter Vorsitzender im Musikbund Donau-Wald.
„Bayerisch-böhmische Musik ist die Grundlage"
In Ruhpolding hat die Verpflichtung der Gruppe „La Brass Banda" für ein Gautrachtenfest zu Diskussionen geführt. Im Grundsatz drehte sich die Frage darum, was bayerische Blasmusik ist beziehungsweise sein sollte. Im Interview hat der Mitterfelser Bürgermeister Heinrich Stenzel, zweiter Vorsitzender des Musikbundes Donau-Wald, zum Thema „Jugend und Blasmusik" Stellung genommen.
Andrea Prechtl: Die Aufgaben des Musikbundes, der die organisierten Kapellen vertritt, liegen in organisatorischen, musikalischen und jugendrelevanten Bereichen. Was genau bietet der Musikbund jungen Menschen?
Heinrich Stenzel: Der Musikbund handelt zum Beispiel einen Pauschalvertrag mit der GEMA aus, für günstigere Konditionen seiner Mitgliedskapellen. Auch bietet er musikalische Fortbildungen und Seminare an. Und es können Leistungsabzeichen abgelegt werden, von Bronze bis Gold. Wer in einem Orchester mitspielen will, muss wenigstens auf dem Stand des Bronze-Abzeichens sein. Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil vor einer Jury, und es gibt dafür Vorbereitungskurse. Weiterhin bietet der Musikbund Orchesterprojekte, bei denen Leute aus verschiedenen Orchestern miteinander spielen. Auch Wettbewerbe veranstaltet der Musikbund, für einzelne Instrumentalisten, für Duos oder Gruppen. Und bei den Bezirksmusikfesten treten Blaskapellen zu Wertungsspielen an, mit von der Jury ausgesuchten Stücken in verschiedenen Leistungsstufen. Wer sich zum Angebot informieren möchte, findet Genaueres im Internet unter der Adresse www.mon-online.de.
Blasmusik lockt Menschen heute wieder in die Bierzelte. Ist bei der Jugend auch das Lernen eines Blasinstrumentes wieder angesagt?
Stenzel: Wir glauben schon, dass es bei der Jugend heute durchaus angesagt ist, ein Blasinstrument zu lernen, und die konstanten Zahlen beim Ablegen der Leistungsprüfungen belegen das. Eine schwere Zeit für Blaskapellen war so vor 30, 35 Jahren. Damals haben längere Zeit alle bloß Gitarre gelernt. Geändert hat sich das mit der Gründung einiger Blaskapellen; die in Mitterfels zum Beispiel besteht seit 34 Jahren. Weiterhin hat sich dann viel durch die Kreismusikschule getan, die es seit fast 25 Jahren gibt. Vorher haben ja alle Schüler privat Musiklehrer finden müssen.
Etliche junge Musiker bleiben nicht bei der traditionellen Blasmusik, sondern erschaffen einen eigenen, frechen Stil. Beispielsweise macht Dominik Glöbl, dessen Vater die Stadtkapelle Geiselhöring dirigiert, Furore mit seinen „Bayerischen Löwen". Wie ist die Haltung des Musikbunds gegenüber solchen „jungen" Kapellen?
Stenzel: Der Musikbund tritt für die Vermittlung der Tradition, des Wertebewusstseins und den Erhalt des Brauchtums ein, das ist aber kein Widerspruch zu jungen Leuten, die eine andere Art von Musik machen, die dennoch Blasmusik ist. Es kommt eine große Vielfalt dabei heraus, aus unseren Kapellen heraus bilden sich oft Gruppen, die dann etwas anderes machen. Ich finde es gut, dass andere Richtungen ebenfalls vorhanden sind, das sieht auch der Musikbund so. Er schließt moderne Blasmusik nicht aus. – Eine unserer Mitterfelser Musikerinnen hat zum Beispiel eine Zeit lang bei den „Isartaler Hexen" mitgespielt.
Wirkt das Schaffen der Jungen auch wieder auf die traditionelle Blasmusik zurück?
Stenzel: Ja, man merkt es bei den jährlichen Konzerten der Musikvereine, da sind bei jedem moderne Stücke dabei, auch Schlager und Filmmusik. Bei uns in Mitterfels ist die bayerisch-böhmische Blasmusik die Grundlage – das geht vom Dirigenten aus, unserer spielt in der Kapelle von Josef Menzl mit –, aber etwa 50 Prozent in den Konzerten sind modern. Für das Kunstsymposium in Mitterfels jüngst wurde zum Beispiel ausdrücklich Modernes verlangt, da wurde etwa die Melodie von „MacGyver" gespielt oder „Nordic Fanfare", ein Stück von einer Winterolympiade, oder „Highland Cathedral" mit Dudelsack-Anklängen.
Der Bezirk Donau-Wald im Musikbund von Ober- und Niederbayern umfasst die Landkreise Straubing-Bogen, Deggendorf und Regen. Wie viele Kapellen sind Mitglieder des Bezirks? Wie viele davon kommen aus dem Landkreis Straubing-Bogen?
Stenzel: Es sind 19 Musikvereine, hinzu kommen noch Spielmannszüge. Von den 19 Vereinen haben manche nur eine Blaskapelle, andere auch noch weitere Untergruppen. Aus dem Landkreis und der Stadt Straubing kommen acht der Musikvereine: Mitterfels, Perasdorf, Steinach-Münster, Rain, Irlbach, Geiselhöring, die Donaumusikanten und die Stadtkapelle Straubing.
Es gibt aber noch mehr Gruppen und Kapellen im Landkreis Straubing-Bogen. Wovon hängt es hauptsächlich ab, ob eine Kapelle auch Musikbund-Mitglied wird?
Stenzel: Wer beim Musikbund ist, ist ein organisierter, gemeinnütziger Verein. Während andere Kapellen für die eigene Kasse spielen, kommt das Geld der Musikbund-Mitglieder wieder dem Verein zugute, der davon etwas für seine Mitglieder auf die Beine stellt und sich vor allem auch um die Förderung des Nachwuchses kümmert. Als gemeinnütziger Verein kommt man zudem in den Genuss von Spenden. Beim Musikbund haben junge Leute Zugang zu den Leistungsabzeichen, das ist für die Motivation wichtig. Und es gibt Vorteile bei der GEMA-Frage, ein Teil der Auftritte ist sogar GEMA-frei.
Welches Instrument spielen Sie selbst? Haben auch Sie schon in Ihrer Jugend angefangen, Blasmusik zu spielen?
Stenzel: Bei der Blaskapelle spiele ich Tenorhorn, beim Musikantenstammtisch bisweilen Trompete. Ich hätte gern schon in jungen Jahren ein Blasinstrument gelernt, aber das war bei sechs Kindern und mit einer Unterrichtsmöglichkeit nur in Straubing – wir wohnten in Mitterfels – nicht zu machen. So habe ich mit 16, 17 Jahren angefangen, Bassgitarre zu spielen. Da hat man sich alles selber beigebracht und dann rein nach Gehör Schlager nachgespielt. 25 Jahre lang habe ich so Tanz- und Unterhaltungsmusik gemacht. Mit der Blasmusik habe ich erst 1979 mit 29 Jahren angefangen. Ich war Gründungsmitglied bei der Mitterfelser Blaskapelle, 16 Jahre lang war ich da Vereinsvorsitzender und bin heute Ehrenvorsitzender. Mein Bruder, der noch heute bei den „Mendocinos" spielt, war auch Gründungsmitglied.
Sie sind Bürgermeister und Mitglied der Blaskapelle Mitterfels. Aktiv musizierende Bürgermeister sind zum Beispiel auch Anton Drexler von den Wiesenfeldener Rathaus-Musikanten oder Fritz Fuchs von der Blasmusik Konzell. Gibt es noch mehr? Und haben Sie auch schon einmal gemeinsam musiziert?
Stenzel: Spontan fällt mir da noch der Haibacher Bürgermeister ein, Fritz Schötz ist schon seit seinen jungen Jahren in der Musik, die „Felsnstoana" sind ja sozusagen eine Familienkapelle. Bei den Wiesenfeldener Rathaus-Musikanten habe ich einmal mitgespielt. Mit Fritz Fuchs habe ich viel zusammen musiziert, bevor ich Bürgermeister wurde. Seitdem fehlt mir dafür die Zeit. In der Mitterfelser Kapelle aber bin ich dabei, wann immer es geht.
Gehen Engagement in der Politik und Engagement in der Musik besonders Hand in Hand? Oder ist der Landkreis Straubing-Bogen einfach ein so „musikalischer", dass es quasi zwangsläufig auch musizierende Bürgermeister gibt?
Stenzel: Das weiß ich nicht, ich jedenfalls habe zuerst Musik gemacht, die Politik kam später. Bekannt wird man freilich schon, wenn man musiziert und sich auch im Vorstand von Vereinen engagiert . . . – Weil wir jetzt die Musikschule haben, gibt es künftig vielleicht noch sehr viel mehr musizierende Bürgermeister und Gemeinderäte.
Quelle: Interview Andrea Prechtl, in: Bogener Zeitung vom 25. Juli 2014, Seite 15
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