Brauchtum
Marionettenwerkstatt in Mitterfels
Frau Bertl Waas mit Marionette - Vergrößern durch Anklicken!
"Marionettenfieber" ausgebrochen
Bei einem Bummel durch Mitterfels merkte ich, dass hier das Marionettenfieber ausgebrochen sein muss; nehmen wir nur als Beispiel ...
... den orthopädischen Schuhmacher.
Orthopädischer Schuhmacher (links) - Wegweiser zur Marionettenwerkstatt
Kurz darauf führte mich ein Wegweiser direkt ins Marionettennest.
Frau Bertl Waas begrüßte mich und stellte mir ihre Schöpfungen vor. Ich schloss sie alle in mein Herz und versuchte zu erkunden, wie man so eine Marionetten-Mutter wird.
Bertl-Waas-Marionetten - Vergrößern durch Anklicken!
Frau Waas war ausgefüllt von der Sorge um ihre Familie, bis ihre Tochter flügge wurde. Da stand sie plötzlich vor einer Mauer des Nichts. Aber jenseits dieser Scheidewand eröffnete sich ihr ein reiches Feld gestalterischer Tätigkeit in ihren Marionetten-Schöpfungen. Den Sprung über das Hindernis wagte sie mit Hilfestellung ihrer Familie.
Man erinnerte sich an die Handpuppen, die man vor Jahren zum Spielen für die eigene Tochter hergestellt hatte. Herr Waas hatte die Köpfe geschnitzt, Frau Waas sie bemalt und die Kleider genäht.
Einige Jahre später war man auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für eben diese Tochter im Stadt-Museum München auf eine Marionette gestoßen, die man nach eigenem Gutdünken nachgebaut hatte. Das war der „Katschi” gewesen, ein Bayer mit einer dicken Knubbelnase.
Vergrößern durch Anklicken!
Aber richtig auf die Sprünge half die Facharbeit der Tochter über Marionetten. Da wurden Bücher gewälzt; da wurden Museen besucht und Fachgeschäfte durchstöbert. Man orientierte sich über Material, Werkzeug, Technik; man probierte, eignete sich an oder verwarf. Die ganze Familie schnitzte, modellierte, schleifte, bemalte, klebte, nähte, bohrte, schraubte und sägte. Man legte sich auf möglichst naturnahe Materialien fest, wobei auch die heimische Schafwolle einbezogen wurde zum Auspolstern des Körpergerüsts.
Werkstattblick - Vergrößern durch Anklicken!
Und weil die „Marionettenkinder” gar so prächtig gediehen, hätte man sie auch gerne einmal ausgeführt. Die erste Gelegenheit bot sich 1983 beim Ostermarkt am Stadtplatz in Straubing mit einem Stand vor dem Hotel Seethaler. Noch im selben Jahr verzauberte man beim Christkindlmarkt in Straubing Kinder und Erwachsene mit dem Spiel der Marionetten. Es war ein Fest. Dabei kam so viel Zuspruch und Lob auf Frau Waas zu; also hatte man mit den von A-Z handgearbeiteten Marionetten eine Marktlücke entdeckt.
Vergrößern durch Anklicken!
Daraufhin wurde man jahrelang im Advent ins Kaufhaus Hafner gerufen.
Advent im Kaufhaus Hafner - Vergrößern durch Anklicken!
Die erste große Herausforderung war eine Ausstellung in der BRZ-Galerie in Straubing im Oktober 1985 unter dem Motto aus Antoine De Saint-Exuperys Märchen vom Kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.”
Der Kleine Prinz und der Fuchs
Drei Räume mussten mit etwa 50 Puppen gefüllt werden. Einen Teil der Puppenköpfe hatte Herr Waas geschnitzt und konnte dabei auf Fähigkeiten zurückgreifen, die er sich auch in Kursen des Mitterfelser Bildhauers Rieser erworben hatte. Letzteren bezeichnete Herr Prof. Tyroller bei der Laudatio deshalb als Großvater einiger Waas-Marionetten. Im Hinterkopf von Frau Waas aber saßen auch Großeltern für ihre Marionetten: Das waren ihre eigenen Eltern, die zwar schon verstorben, aber in ihren Gedanken doch anwesend waren.
Damit hatte man sich bekannt gemacht. Es folgten Auftragsarbeiten für Privatpersonen, Puppenbühnen und Kindergärten.
Nun ging es Schlag auf Schlag, Bertl-Waas-Marionetten reisten 1987 zur Spielwarenmesse nach Nürnberg und 1988 zur Familienmesse nach Hamburg.
Noch im gleichen Jahr bereicherte Frau Waas zum Volksfest in Straubing die Blumenausstellung in der Gäubodenhalle mit ihren Marionetten und ihr „Strupingerl” führte viele Kunden ins Kaufhaus Hafner. Auf dem Handwerkermarkt der Landesgartenschau in Straubing konnte man zusehen, wie unter Frau Waas geschickten Händen eine Marionette entstand. Während der Ausstellung „Bauern in Bayern” 1992 schmückten sechs wechselnde Szenenbilder Waasscher Marionettenschar das Schaufenster im Rathaus Straubing: Prinzregent Luitpold, Fronleichnamszug, Bauernhochzeit, Volksfest, Erntedank, Fasching.
Fronleichnamszug im Rathausschaufenster in Straubing - Vergrößern durch Anklicken!
Unter einem ähnlichen Motto, nämlich „Leben in Bayern”, wurden zur Adventszeit 1995 dreizehn Schaufenster eines Einrichtungshauses in München-Tal dekoriert, und die großen Münchner Zeitungen berichteten von diesen Bertl-Waas-Marionetten, worauf die ganze Familie besonders stolz war.
Markenzeichen für Bertl-Waas-Marionetten
Unversehens entwickelten sich unsere Marionetten zu Figuren, die für baierische Wesensart stehen. Sie wurden aber auch zu Weltenbummlern, die sich in Stuttgart, Mannheim, Limburg, sogar in Amerika beheimateten.
Sie alle bürgen unter dem Namen Bertl Waas für künstlerische Qualität. Diesen Namen graphisch wirksam darzustellen, machte sich die Tochter in ihrer Diplomarbeit zur Aufgabe.
Bei der 800-Jahr-Feier in Mitterfels - Vergrößern durch Anklicken!
Gezählt hat Frau Waas die Marionetten nicht, die ihre Werkstatt schon verließen, auch nicht die vielen Stunden Arbeit und kreativer Kämpfe. Die Freude und Begeisterung, die ihr von Marionettenliebhabern und -sammlern entgegentritt, ist mit nichts aufzuwiegen. Frau Waas hat nach ihrem familienbezogenen Wirken in ihrem ersten Lebensabschnitt nun zu ihrer zweiten Berufung gefunden, die sie ganz und gar ausfüllt und beglückt.
Inzwischen habe ich selber einen „Marionetten-Rausch” bekommen. Soll ich mir jetzt zu meiner Pensionierung eine Lehrerin oder ein Schulkind schenken?
Quelle: Edda Fendl, in: Mitterfelser Magazin 2/1996, Seite 98f
Leid und Freud des Sammlers
Im weitläufigen Umkreis zwischen Regensburg, Rosenheim und Passau kenne ich fast alle „Tandler”, Sammler und Alteisenhändler, Antiquitätenhändler und Museen mit Schwerpunkt Handwerk. Denn ich sammle seit Jahren alte Holzgeräte und Handwerkszeug für Haus und Hof.
Also, ich schlendere mal wieder durch ein kleines Heimatmuseum und was sehe ich!!! Er ist wunderschön: Ein kleiner Schusterleisten für ein achtjähriges Kind, aus Holz geschnitzt, ein einzelner Leisten! Der würde genau zu meinem Schusterwerkzeug passen, er wäre eine Zierde.
Kein Mensch weit und breit - aber aus einem Museum einfach etwas „mitgehen” lassen? Das geht nun doch gegen meine Natur. Während der Heimfahrt war mir das Herz sehr schwer; den Leisten finde ich nirgends mehr wieder. Ich werde mir einfach einen schnitzen. Aber er war so formschön, ob ich das schaffe?
Um mich abzulenken, fuhr ich, wie schon oft, beim Bauernhausmuseum in Tittling vorbei. Was wird der Höltl wieder neu aufgebaut haben? Hinter dem alten Schuppen weiß ich einen Schuttplatz, auf den Arbeiter die nicht mehr verwendbaren Balken und Bretter und dergleichen hinwerfen. Vielleicht finde ich wieder so ein altes Brett, das schon von der Sonne verwittert ist?
Nach ein paar Minuten sehe ich im Dreck, halb verdeckt unter einem Brett - einen Schusterleisten für ein etwa achtjähriges Kind!!! Mein Herz schlägt wie wild, ich weiß, der gehört mir, den darf ich nehmen, den hat mir ein hl. Antonius oder hl. Josef oder dergleichen hingelegt.
Bei der Heimfahrt wundere ich mich schon, wie schnell ein Sammler gläubig wird.
Fr. X. Waas
Neueste Nachrichten
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Weihnachtskonzert der Blaskapelle Mitterfels …
- Der Advent – eine Zeit für alle Sinne
- Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels erhält den Kulturpreis 2024
- Jubiläumsausgabe: Das 30. Mitterfelser Magazin ist ab 1. Dezember erhältlich
- Falkenfels. Puppentheater Karotte am vierten Advent
- Communio 2024 jetzt erschienen
- Nationalpark BW. Ab in den winterlich wilden Nationalpark!
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Kirchenrenovierung Herrnfehlburg. Alles verlief nach Plan
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Waldleben ...
- Nationalpark BW. Winterprogramm steht in den Startlöchern
- Nationalpark BW. Forschungsprojekt zum Wisent geht weiter
- Online-Beiträge aus dem Mitterfelser Magazin 12/2006
- MM 12/2006. Historische Hien-Sölde (Attenbergerhaus) – jahrhundertelang fast unverändert erhalten geblieben
- MM 12/2006. Was tun mit einem Bau, der vor der Amerika-Entdeckung entstanden ist?
- MM 12/2006. … von den Grafen von Bogen erbaut
- Neues aus unseren Gemeinden
- Mitterfels. „Helfen statt Geschenke“
- Historischer Verein Falkenfels unter neuer Führung
- Mitterfels. Feierliche Klänge in der Heilig-Geist-Kirche
- Mitterfels. Georg Hiendl feierte 90. Geburtstag
- Quartiersmanagement Mitterfels. Mit kleinen Geschenken Senioren Freude bereitet
Meist gelesen
- Unser "Bayerwald-Bockerl" erlebte seinen 100. Geburtstag nicht
- Vor 27 Jahren: Restaurierung der einstigen Kastensölde in Mitterfels abgeschlossen
- Markterhebung - 50 Jahre Markt Mitterfels
- Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
- Menschen aus unserem Raum, die Geschichte schrieben (1): Johann Kaspar Thürriegel
- Mühlen an der Menach (21): Die Höllmühl
- Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig
- Dakemma, Bäxn, Moar ....
- Mühlen an der Menach (05): So wurde in Frommried (und auch in anderen Mühlen) aus Getreide Mehl
- Erinnerungen an einen "Bahnhof" besonderer Art: Haltepunkt Wiespoint
- Mühlen an der Menach (04): Frommried, eine der ältesten Mühlen
- Impressum
- Mühlen an der Menach (11): Die Mühle in Recksberg
- Das alte Dorf im Wandel
- Mühlen an der Menach (03): Ein Perlbach namens Menach
- Ortskernsanierung in Mitterfels (Stand 1995)
- Die Kettenreaktion
- Sparkasse Mitterfels - 10 Jahre älter als bisher bekannt
- Mühlen an der Menach (07): Die Hadermühl
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Datenschutzerklärung
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- 2021: VG Mitterfels wurde 44
- Es begann in Kreuzkirchen
- Eine Bücherei entsteht
- Begegnung mit Menschen (1). Erinnerungen an Balbina Gall - Hebamme von Mitterfels
- Das ehemalige Benediktinerkloster Oberaltaich - seine Bedeutung für unseren Raum
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Wandern auf kurfürstlichen Spuren
- Schloss Falkenfels als Flüchtlingslager
- Mühlen an der Menach (01) - Vorstellung der Themenreihe
- Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in der VG Mitterfels
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Kirchengrabung in Haselbach mit Fund romanischer Wandziegelplatten im Jahre 1990
- Hausnummern - Spiegelbild für Dorf und Gemeinde
- Widder an den Thurmloch-Wassern
- Mühlen an der Menach (02): Wasserkraftnutzung an der Menach
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Jahreshauptversammlung 2017 mit Exkursion
- Sind wirklich die Falken die Namensgeber von Falkenfels?
- Mühlen an der Menach (19): Die Ziermühl
- Erinnerungen eines Landarztes
- Über den Mitterfelser Dorfbrunnen
- Qualifikation zur bayerischen Meisterschaft im Seifenkistenrennen 1950 in Mitterfels
- Sie waren Lehrbuben auf Schloss Falkenfels
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Das neue Mitterfelser Magazin 21/2015
- Mühlen an der Menach (25): Die "Wartnersäge" bei den Bachwiesen
- Zentrales Gemeindearchiv: Altes Kulturgut besser nutzen
- Zur Ortskernsanierung (1995): Begegnung mit Stuttgarter Studenten
- Neues Mitterfelser Magazin 19/2013 erschienen
Meist gelesen - Jahresliste
- Das neue Mitterfelser Magazin 22/2016 . . .
- BWV-Sektion Mitterfels: Über 40 Jahre Lebens- freude (Stand: 2003)
- Publikationen AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Mitterfels. Vorweihnachtliches Lesekonzert im Burgstüberl
- Der Forst, ein Ortsteil von Falkenfels
- Burgmuseumsverein Mitterfels. Objekt des Monats Oktober 2016 . . . und frühere Objekte
- History of Mitterfels
- Der Haselbacher Totentanz
- Online-Beiträge des Mitterfelser Magazins 1/1995 bis 10/2004
- Bayerische Landesausstellung 2016 in Aldersbach. Bier in Bayern
- Kalenderblatt
- Mitterfels. Theaterspiel und Menü im Gasthaus „Zur Post“
- Landesausstellung "Bier in Bayern" in Alders- bach
- Club Cervisia Bogen. Bogen: Startschuss für D‘Artagnans Tochter und die drei Musketiere
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Führung Friedhof St. Peter in Straubing
- AK Heimatgeschichte Mitterfels. Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
- Windberger Theater-Compagnie. „Lokalbahn“ - Rollen mit Herz und Seele gespielt
- Landkreis Straubing-Bogen. Hans Neueder gibt nach 25 Jahren sein Amt als Kreisheimatpfleger auf
- Jahresversammlung 2016 des AK Heimatgeschichte Mitterfels mit Exkursion nach Elisabethszell
- Schwarzach. KiS-Gründer Wolfgang Folger übergibt Amt des Vorsitzenden an Sascha Edenhofer
Meist gelesen - Monatsliste
- Neues aus unseren Gemeinden
- 1000 Jahre Geschichte um Mitterfels (70)
- Mitterfelser Magazin 30/2024 - eine Publikation des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Schwarzach. 33 Jahre KIS - Jahresprogramm
- Renovierung von St. Thomas, Herrnfehlburg
- Nationalpark BW. Die Borkenkäfer-Bilanz für 2024
- Vortrag über „Das Neue Schloss“ Steinach bei der Jahresversammlung des AK Heimatgeschichte Mitterfels
- Waldleben ...
- Mitterfels. Lesung von Herbert Becker in der Hien-Sölde
- Spende für die KLJB Mitterfels von Frauengruppe
- Haselbach/Mitterfels. Spende für drei Kindergärten
- Mitterfelser Magazin. Jubiläumsausgabe 2024
- Filmteam zu Gast in Mitterfels
- Mitterfels. MGR-Jahresabschlusssitzung 2024
- Mitterfels/Haselbach. Ein neues Wandererlebnis
- Gold für Haselbach beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
- Falkenfels. Holzspiel läuft wieder
- Jubiläumsausgabe: Das 30. Mitterfelser Magazin ist ab 1. Dezember erhältlich
- Vier neue Ministranten in Ascha
- Haselbach. Christkindlmarkt am Rathausplatz