1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 25 Amt Mitterfels im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714)
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Die Schlacht bei Höchstädt - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
25 Amt Mitterfels im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714)
Europa im Jahr 1701. Die Grenze des Heiligen Römischen Reichs ist gestrichelt dargestellt. Zu den spanischen Besitzungen außerhalb der Iberischen Halbinsel gehörten die Spanischen Niederlande, das Herzogtum Mailand sowie die Königreiche Neapel, Sizilien und Sardinien (wikipedia CC BY-SA 4.0/Furfur) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Um 1700 warteten die europäischen Mächte auf das gewaltige spanische Erbe. Spaniens König war alt und kinderlos. Er hatte seinen Großneffen, den erst 6-jährigen bayerischen Kurprinzen als Erben bestimmt; doch als der starb, sah er einen französischen Prinzen als Nachfolger vor. Österreich und England nahmen eine solche Machtverlagerung nicht hin, und so formierten sich die Fronten für den nun bevorstehenden Spanischen Erbfolgekrieg.
Österreichs Kaiser Joseph I. als jugendlicher Herrscher im Harnisch (um 1700); unbekannter Maler (wikipedia/public domain)
Bayerns Kurfürst hielt es mit den Franzosen, die ihm dafür den Erhalt der Spanischen Niederlande zugesichert hatten. Anfangs ging das auch gut: Mit der Einnahme von Ulm und Passau waren zwei Angelpunkte gegen Westen und Osten in bayerischer Hand. Dann kam es 1704 zu einer für Bayern katastrophalen Wende. Die Schlacht bei Höchstädt a. d. Donau (Eingangsbild) ging verloren, und die Österreicher konnten mühelos ganz Bayern besetzen. Der Kurfürst war mit den Trümmern seines Heeres über den Rhein geflüchtet.
Die Österreicher stellten Bayern unter kaiserliche Administration. Wer von den Pflegern und Richtern nicht willig war, wurde kurzerhand abgesetzt. Für Mitterfels fällt auf, dass in dieser ganzen Zeit kein Name auf der Tafel der Pfleger und Richter erscheint; nur die Gerichtsschreiber sind vermerkt, die haben wohl notgedrungen ihren Routinedienst weitergetan.
Noch im gleichen Jahr 1704 begannen die Österreicher, Land und Volk erbarmungslos auszupressen. Der neue Kaiser Joseph I. (ab 1705) ordnete an, das Bayernland "sollte insoweit genossen werden, daß es inskünftig dem Kurfürsten unnütz sein soll". Eine Kontribution von über 3 Millionen Gulden wurde dem Bayernland auferlegt und bis auf den letzten Kreuzer eingetrieben. Dazu wurden die österreichischen Truppen vor dem für das nächste Frühjahr geplanten italienischen Feldzug in bayerische Winterquartiere eingewiesen. Es gab zwar seit 1689 Kasernen in Bayern, aber diese waren nur in den Städten und reichten nicht aus.
Im Amt Mitterfels lagerten diese fremden Soldaten in den Bürger- und Bauernhäusern. Jeder Soldat bekam täglich 1 Pfund Fleisch, 2 Pfund Brot und eine Maß Bier oder eine halbe Maß Wein. Die Offiziere erhielten dazu noch regelmäßig drei Reichstaler. Die Höfe, die keine Truppen in Quartier hatten, mussten besondere Abgaben leisten , jeder Hof anfangs 15 Gulden, später 43 Gulden. Auch die adeligen Grundherren wurden mit schweren Steuern belegt; dazu mussten sie die Gelder vorschießen, die ihre Untertanen nicht aufbringen konnten. Den Klöstern wurde eine "freiwillige" Abgabe von über 1000 Gulden auferlegt.
Das schon vom Kurfürsten Max Emanuel ausgelaugte Land konnte diese ungeheuren Lasten nicht aufbringen. Es drohte eine Katastrophe, die noch verschärft wurde durch die Ausschreitungen der zuchtlosen österreichischen Soldaten und durch die Zwangsaushebung der bayerischen Jugend zu österreichischen Regimentern. Je vier Höfe, später dann acht Höfe, mussten einen tauglichen Burschen als Soldat stellen oder 16 Gulden bezahlen. Meist nahmen die Gerichtsschergen, die mit diesem Geschäft beauftragt waren, die 16 Gulden und holten dann doch die Bauernsöhne und die Knechte mit Gewalt vom Hofe weg. Oft riss man diese des Nachts aus den Betten. Die Burschen flohen darum haufenweise in die Wälder und nahmen jede Not, auch die Furcht vor den kaiserlichen Fahndungskommandos auf sich. Mancher wurde verraten, von den Schergen aufgestöbert, gefesselt und, an den Wagen geschmiedet, zum Landgerichtssitz eingeliefert. Andere aber stellten sich in den Wäldern unter das Kommando von abgedankten bayerischen Soldaten und Offizieren, bewaffneten sich mit Spießen und Stangen (die Österreicher hatten schon 1704 das ganze Land entwaffnet) und standen gegen das verhasste Regime auf. "Lieber bairisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben!" Das geschah zuerst im Rottal und im Böhmerwald, später im Isarwinkel, in der Oberpfalz, um Kelheim und Vilshofen. In Viechtach befreiten etwa 500 Aufständische einen Zug bayerischer Zwangsrekruten und drohten, allen Bauern, die bei der Revolte nicht mittun wollten, die Höfe anzuzünden. In den Gemetzeln von Sendling und Aidenbach fand der Aufstand schließlich sein schreckliches Ende.
Die Sendlinger Bauernschlacht 1705, Detail aus dem Fresko von Wilhelm Lindenschmit d. Ä. an der alten Pfarrkirche in Sendling (wikipedia/CC BY-SA 3.0/Herbert Thiess) - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Die Sendlinger Mordweihnacht, auch Sendlinger Blutweihnacht oder Sendlinger Bauernschlacht genannt, war eine kriegerische Auseinandersetzung in der Nacht zum 25. Dezember 1705 in Sendling bei München, in der bayerische Aufständische von Truppen der Reichsarmee unter dem Oberbefehl deshabsburgischen Kaisers Joseph I. besiegt und völlig aufgerieben wurden. Die Truppen töteten dabei einen Teil der Aufständischen, die sich bereits ergeben und die Waffen niedergelegt hatten. Die Zahl der auf bayerischer Seite Getöteten kann man dank guter Quellenlage heute recht genau auf etwa 1100 beziffern, auf Seiten der Reichsarmee gab es etwa 40 Tote. Der Schlacht vorausgegangen war ein Versuch der Aufständischen, die Stadt München einzunehmen.
einzunehmen.
Vergrößern durch Klick in Abbildung! Die Beschreibung des Holzschnitts weist eine stark übertriebene Zahl von gefallenen niederbayerischen Bauern auf.
Die Schlacht von Aidenbach fand am 8. Januar 1706 zwischen ca. 3.000 bayerischen Aufständischen der bayerischen Landesdefension und kaiserlichen Truppen des Habsburger Kaiser Joseph I. unter Generalwachtmeister Georg Friedrich von Kriechbaum statt. Sie war eine der kleineren Schlachten im Rahmen des spanischen Erbfolgekriegs. Sie hatte aber insofern Bedeutung, dass es sich bei der Erhebung des bayrischen Volkes gegen die kaiserliche Besatzung laut Henric L. Wuermeling um die „erste Revolution der Neueren Geschichte“ handelte.
Lieber bairisch sterben... Aidenbach 1706 ist ein Freilichtspiel, das alle zwei Jahre von über 100 Bürgerinnen und Bürgern aus Aidenbach und Umgebung aufgeführt wird und an die Schlacht von Aidenbach erinnern soll erinnern soll. - Vergrößern durch Klick in Abbildung!
Im Mitterfelser Gebiet kam es zu keiner geordneten Erhebung. Dafür sorgte schon der gefürchtete österreichische General d' Arnan, der von Straubing aus den Vorderen Wald in seinem harten Griff hielt. Zehn Winter lang, von 1705 bis 1714, plagten die kaiserlichen Hybernalien (Abgaben für die Winterquartiere) das Land auf unerhörte Weise, wenn auch die Not nicht mehr so unerträglich wurde wie 1704. Die Oberaltaicher Chronik klagt bitter über jene Jahre ... "zumahlen der Soldat vor seinem Abmarsch um seinen Beutel zu spicken von jedem ganzen Hof 100 Gulden erforderet hat ... mit Plünderung das noch habende Vieh abgenommen ... mußte unser Closter 8.000 Gulden anstatt des Unterthans erlegen. Zumahlen man aber unserseiths sich weigerte, mußten wir den 5. April (1704) um vier Uhr nachmittag mit Jammer ansehen, daß die Kayserl. Dragoner neben vielen Husaren in dem Closter einbrachen, die Ställ eröffneten, und aus diesen alle Closterpferd samt noch viel fremden abgeführt …“ Nach dem Aufstand wurde die bayerische Münze verschlechtert, was eine Inflation zur Folge hatte. Neue Abgaben wurden verordnet; am lästigsten wurden die auf Salz und Bier (1 Pfennig pro Maß) empfunden. Allmählich gingen fast keine Steuern mehr ein; da halfen auch die schärfsten Drohungen nichts. Aus dem Landgericht Mitterfels wurden nach grober Schätzung 80.000 Gulden herausgeholt, aus dem ganzen Bayernland etwa 8,5 Millionen. Die Schulden von Oberaltaich machten 1705 bereits 17.000 Gulden aus, so dass der Kirchenschatz angegriffen werden musste. Zwei wertvolle silberne Büsten des hl. Benedikt und der hl. Scholastika wurden in Regensburg versetzt. Dabei hatte das Kloster schon vor dem Beginn des Kriegs 2.000 Gulden als Zwangsanleihe an den Staat gegeben. 1706 kündigte eine Sonnenfinsternis dazu noch ein schlimmes Jahr an. Überall im Vorderen Wald zerschlugen Schauer und Hagel das Getreide, zerstörten die Obstbäume und richteten Schäden an den Häusern an. Dafür blühten im Januar 1708 die Bäume. Es kam zu Missernten und zu einem verderblichen "Viehfall". 1712 verlor das Kloster Oberaltaich allein 100 Schafe. Der Preis für ein Schaff Weizen kletterte auf 32 Gulden; das Schaff Korn kostete 26 Gulden und die Gerste 15 Gulden. Die Viehseuchen hörten in der ganzen ersten Hälfte des Jahrhunderts nicht mehr auf: 1724 fielen in Oberaltaich 70 Rinder; 1742 verlor das Kloster fast alle seine Schafe.
Zu dieser bittersten Not der Bauern kam noch die Angst vor dem gartenden (bettelnden) Gesindel, den abgedankten Soldaten und den zahllosen Bettlern. Ein erschütterndes Bild von der materiellen Not geben die vielen Eingaben der Bauern an die Hofkammer in München, nachdem der Krieg endlich aus war. Die Bauern um Mitterfels baten um Erlass der Steuern, der Stift und der Gilt, um Minderung des Scharwerkgeldes, vor allem aber auch um Nachlass des Getreide- und Schmalzdienstes. Sie wiesen auf die "Kriegstrubel" hin, auf die Plünderungen und die Willkür der Soldaten. "Diese nehmen das Kühviech samt Ochsen, die Betten, den Hausrat" (Hans Artmann von Weibern). Die Truppen verlangten nicht nur Quartier und Verpflegung, sondern auch ungebührliche Umlagen und Sondersteuern. Die Bauern Thomas Straßmayr vom Eisenhart, Han Pächel von Weingarten, Hans Holzer von Unterholzen, Simon Kern zu Roggendorf, Adam Küedorffer zu Miething, Matthias Holmer von Einfürst und Sebastian Kellner zu Apoig richteten nach der langen Besetzung durch die österreichischen Kriegsvölker 1715 ein Gesuch nach München. "Euer churfürstlichen Gnaden tragen vorhin genedigstes Wissen, in was vor einem arm und müheseligen Standt die Unterthonen durch die lang angehalten Dauer der Kriegsjahr gesetzt worden, vorab jene, welche hart an denen Landtstraßen oder gleich daran gelegen." Sie klagen also vor allem über durchziehende Truppen oder, wie sie sich ausdrücken, über die March und Remarchen, also das Hin und Her. Sie nennen das Landgericht Mitterfels "gar armb depauperiert“ (ausgesaugt). Die Verarmung der Bauern sei so groß, dass bei manchen die Schulden fast das Vermögen übersteigen. "Unsere Güter sind mit solchen Baufälligkeiten behafftet, daß sie teils täglich dem Einfall und gänzlichen Ruin drohen, welches weiter kein Wunder; denn unter diesen ganzen Kriegsjahren hatten wir unmöglich so viel erhausen können, daß wir nur die geringsten Baufäll (igkeiten) hätten wenden können, massen wir die sovielseitigen Steuern und Umlagen haben abführen (müssen); mit einem Wort, wir alle stecken in einem solchen Notstandt, daß völlig ein Erbarmung mit uns zu haben, massen (wo doch) unser ainiges Seuffzen und Weinen umb den lieben Frieden und gnädigste Landtherrschaft gewesen." Sie stellen also ihre gutbayerische Gesinnung und ihre Friedensliebe in ein helles Licht.
Die Bauern baten um einen Nachlass aller Abgaben für drei Jahre. Der Schlusssatz heißt wörtlich: "Also gelangt an Euer Churfrtl. Durchlaucht unser Hechstnotdringliehst ja fußfallentes Anlangen, flehentliches Weinen und Bitten, diesselbe geruhen, daß umb Gottes Willen wo nit an uns doch wenigstens an unsern armb verlassen villen kleinen Waiseln ein Werk der Barmherzigkeit zu erzeigen und ... ein so anders Freyjahr gnädigst zu erthailen." Das Pfleggericht in Mitterfels begutachtete das Gesuch, befürwortete einen Nachlass des Scharwerkgeldes auf ein Drittel oder die Hälfte für die erbetenen drei Freijahre. Sogar der Rentmeister von Straubing stellte sich hinter das Gesuch und schlug vor, von der Schuld wenigstens die Hälfte nachzulassen. Das genehmigte schließlich die Hofkammer in München, aber nur für ein Jahr. Damit mussten sich die Bauern zufrieden geben. Die vor dem Krieg 1702 eingeführte neue Accisesteuer (indirekte Steuer auf Güter des täglichen Lebens), die unter anderem auch vom Getreide erhoben wurde, ein Gulden für jeden Scheffel, blieb auch in Friedenszeiten bestehen; auch die Kopfsteuer, die nun auch von den Dienstboten gegeben werden musste, wurde nicht abgeschafft.
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