. . . und im ehemaligen Landgericht
Die zwei Seitenfiguren am Hochaltar der St. Georgskirche zu Mitterfels
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... für Dich und mich entdeckt (Mitterfelser Magazin 1/1995)
Bei sonnigem Wetter steht die Tür der ehemaligen Pfarrkirche St. Georg in Mitterfels meist offen und lädt zum Betreten ein. Wenn der Blick ein wenig umhergeschweift ist, bleibt er bei den zwei überlebensgroßen Seitenfiguren am Hochaltar hängen.
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Hochaltar
Mitra und Krummstab weisen sie als Bischöfe aus, und ein Buch in ihrer Hand bezeugt ihre Gelehrsamkeit. Die rechte Figur mit einem Kirchenmodell auf ihrem Buch entschlüsseln wir als hl. Wolfgang, den Patron des Landes Bayern und insbesondere der Diözese Regensburg. Er war von 972 bis zu seinem Tod 994 ihr Bischof und liegt in St. Emmeram in Regensburg begraben. Freundschaftlich verbunden war er zeitlebens mit Bischof Ulrich von Augsburg, der ihn auch 968 zum Priester geweiht hatte, und den wir in der linken Seitenfigur zu erkennen glauben. Der zappelnde Fisch auf ihrem Buch deutet darauf hin, dass der hl. Ulrich Patron der Fischer ist und auch in Wassergefahren angerufen wird.
Abb. links: St. Benno oder St. Ulrich? - rechts: St. Wolfgang
Die Legende weiß es aber wunderbarer: Bischof Ulrich sitzt am Donnerstagabend mit Bischof Konrad von Konstanz zu Tisch. Beide vertiefen sich über die Nacht ins Gespräch. Am Freitagmorgen bringt ein Bote des Herzogs einen Brief. Als Botenlohn reicht ihm Bischof Ulrich ein gebratenes Gänsebein, das vom Nachtmahl übrig geblieben ist und noch auf dem Tisch liegt. Der Bote übergibt es später dem Herzog, um Bischof Ulrich „anzuschwärzen“, dass er am Freitag Fleisch esse. Als der Herzog das Gänsebein auswickelt, ist es in einen Fisch verwandelt. Bischof Ulrich ging als Verteidiger seiner Stadt Augsburg gegen die Ungarn in die Geschichte ein. Er wurde 973 von Wolfgang von Regensburg bei St. Afra in Augsburg begraben und 993 heiliggesprochen.
So verblieben meine Gedanken, bis ich eines Tages eine kleine Wanderung von Mitterfels die Menach abwärts unternahm und ganz unvermittelt vor dem Kirchlein in Weidenhofen stand. Der Besitzer, Herr Sebastian Helmbrecht, ließ sich auch gleich herbei, die Türe aufzusperren und mich kundig zu machen.
Kirchlein in Weidenhofen
Auf den beiden neuromanischen Podesten links und rechts des Altares seien früher zwei Figuren gestanden, die jetzt als Seitenfiguren am Altar der St. Georgskirche in Mitterfels dienten. 1929 seien der Hochwürdige Herr Benefiziat Krinner und der Gastwirt Rupert Kernbichl von Mitterfels mehrmals zu seinen Eltern, Michael und Maria Helmbrecht gekommen, um die beiden künstlerisch hochwertigeren Figuren von Weidenhofen gegen die zwei anspruchsloseren der Georgskirche auszutauschen, indem dass die Georgskirche eine Pfarrkirche sei, und die Heiligen dort mehr Verehrung genießen könnten. Diesem Argument habe man sich gebeugt, zudem man noch mit dem Gastwirt Kernbichl verschwägert gewesen sei. Die Mitterfelser hätten dann auf einem „Bruckwagerl“ die Figuren St. Josef und St. Margaret, auf Stroh gebettet und von zwei Rössern gezogen, gebracht und die anderen mitgenommen. Ein Altar als Dreingabe sei noch ausgehandelt gewesen, aber widriger Umstände halber nicht mitgeliefert worden. Die neuromanischen Sockel der Figuren seien hier geblieben. Man habe sie oben gekürzt und dabei die Namen der Heiligen weggeschnitten. Die linke Figur sei mit „hl. Benno“ bezeichnet gewesen. Der hl. Benno war von 1066 bis 1106 Bischof von Meißen. Im Streit zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. wurde er vom Kaiser vorübergehend abgesetzt.
Kirchlein in Weidenhofen innen - Zum Vergrößern ins Bild klicken!
Die Legende weiß den Vorfall auszuschmücken: Bischof Benno habe die Schlüssel seiner Kathedrale in die Elbe geworfen, damit der Kaiser die Kirche nicht betreten könne. Bei der Rückkehr habe ihm ein Fischer einen Fisch gebracht mit den Schlüsseln an Flosse bzw. im Bauch. Deshalb wird er als Bischof mit Buch, Fisch und Schlüsseln abgebildet. Er wird als Patron der Fischer und des Bistums Meißen verehrt.
Bischof Benno wurde durch Papst Hadrian VI. im Jahre 1523 heiliggesprochen. Das rief den Reformator Luther mit einer Streitschrift auf den Plan. Weil Gefahr bestand, dass die Gebeine des hl. Benno verunehrt würden, übergab man sie 1576 Herzog Albrecht V. von Bayern. Sie sind seit 1580 in der Frauenkirche in München. Benno wurde nun auch zum Patron Münchens und ganz Altbayerns. Mein Weg führte mich nun wieder in die Georgskirche in Mitterfels. Ich musterte den linken Heiligen am Hochaltar von allen Seiten. Einen Schlüssel konnte ich nirgends ausmachen. Da griff ich zu den Kunstdenkmälern von Bayern, Bezirksamt Bogen, herausgegeben 1929. Hier werden die bei den Heiligen als Holzbildwerke von Weidenhofen aufgeführt. Sie werden als hl. Benno und hl. Wolfgang bezeichnet, als gute Spätbarockarbeiten um 1720, offenbar aus Oberaltaich, eingereiht.
Weidenhofen war ein Gutshof des Klosters Oberaltaich gewesen und gelangte bei Aufhebung des Klosters im Jahre 1803 samt Kirche in Privatbesitz. Die Kirche wurde zu einem Wirtschaftsgebäude umfunktioniert, etwa als Hühnerstall oder als Werkstatt zum Körbezäunen. 1890 besann man sich eines Besseren. Sebastian und Rosalia Helmbrecht und einige Umwohner vermissten einen Ort der Besinnung, wo man sich zu gemeinsamem Gebet, z. B. zur Maiandacht, treffen konnte. Auch sollte wieder Glockengeläut in die Umgebung tönen. Man richtete das Kirchlein her und sah sich nach geeigneter Ausstattung um.
Rosalia und Sebastian Helmbrecht - Zum Vergrößern ins Bild klicken!
In Elisabethszell, einer ehemaligen Probstei des Klosters Oberaltaich, die auch 1803 aufgehoben und deren Kirche im weiteren Verlauf abgebrochen und neu errichtet worden war, wurde man „fündig“. Am „Schrout“ eines Hauses in Elisabethszell standen unsere zwei Figuren, die man einhandelte. Wir können annehmen, dass sie etwas verwittert waren. Irgendwann bekamen sie eine dicke, blaugrüne Bemalung, wie sie jetzt noch der Verkündungsengel in der Kirche von Weidenhofen trägt.
Verkündigungsengel in dem Kirchlein von Weidenhofen
Erst die Mitterfelser ließen sie zu ihrem jetzigen Aussehen aufpolieren. Man darf aber kaum annehmen, dass der Schlüssel des hl. Benno weggewittert war oder wegrenoviert wurde. Eigenartig bleibt, dass die Tradition bei dieser Figur hartnäckig am hl. Benno festhielt. In einem Schreiben des Pfarrers Brettner von Mitterfels vom 27.11.1951 wird sie aber nun doch als hl. Ulrich bezeichnet. Welcher Umstand mag die Umbenennung bewirkt haben? Ob hl. Ulrich oder hl. Benno kann ich nach den derzeitigen Unterlagen nicht entscheiden. Manchmal wurde auch ein ursprünglich hl. Ulrich zu einem hl. Benno umgetauft, wenn man gerade einen brauchte. So wissen wir Mitterfelser nicht sicher, welchen Heiligen wir hier verehren.
Schreiben des Pfarrer Brettner - Zum Vergrößern ins Bild klicken!
Um die Heiligen in der Georgskirche ist es ohnehin stiller geworden, seit die neue Pfarrkirche 1970 gebaut worden ist. Daran hat auch die Renovierung der St. Georgskirche 1981/1989 nicht viel geändert. Da beginnt das Herz der Weidenhofener wieder ein wenig zu bluten, zumal die Herkunft der Figuren bei Teilen der Bevölkerung in Vergessenheit gerät. Der Weidenhoferbauer wurde bei den Festlichkeiten am Ende der Renovierung der Georgskirche von 1989 von einigen Mitterfelsern verwundert begrüßt: „Was tust denn du heute bei uns?“
Ich muss zugeben, auch mein Herz blutet ein wenig, aber über die zwei abgegebenen Figuren: hl. Josef und hl. Margarete. Ein Heiliger lebt nicht in erster Linie von seiner künstlerischen Gestaltung her, sondern ursächlich von seiner Verehrung im Volk. Der hl. Josef ist in Bayern mit seinen vielen „Sepperl“ lebendig. Die hl. Margarete ist schon in der ehemaligen Pfarrkirche der Mitterfelser zu Kreuzkirchen verehrt worden.
Hl. Margarete
Wie gut ist es da zu wissen, dass die Weidenhofer die Tradition schätzen und die ehemaligen Figuren der St. Georgskirche zu Mitterfels in Ehren halten. Die hl. Margarete wurde von Malermeister Fleischmann aus Oberalteich renoviert und ist wieder in dem Kirchlein zu Weidenhofen ausgestellt. Der hl. Josef wartet zur Zeit noch in der Werkstatt des Malermeisters Fleischmann Junior auf „Verschönerung“. Da die Figur zur Zeit nur eine weiße Grundierung aufweist, ist sie auch nicht „fotogen“.
Literaturangabe:
- Max Lachner, 800 Jahre Geschichte um Mitterfels, 2. erweiterte Auflage, bearbeitet von Franz Wartner, 1988, herausgegeben von der Marktgemeinde Mitterfels (Chronik Markt Mitterfels)
- Lexikon für Theologie und Kirche, 1986, Herder Verlag
- Lexikon der christlichen Ikonographie, 1990, Herder Verlag
- Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten, 1970
- Die Kunstdenkmäler von Bayern, Bezirksamt Bogen, 1929
Mündliche Quelle:
Sebastian Helmbrecht, Weidenhofen 1, 94327 Bogen 1
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