Begegnung mit Menschen (6). Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig

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Willi Ulfig bei der Gestaltung eines Wandgemäldes im Donaueinkaufszentrum Regensburg, das in ähnlicher Technik entstand wie die drei Fabeln im Mitterfelser Schulhaus. - Vergrößern durch Anklicken!

Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels von Willi Ulfig (aus: Mitterfelser Magazin 7/2001)

Das Ulfigsche Vermächtnis an unsere Zeit, an den vom Farben- und Bildergewirr des Alltags geblendeten und übersättigten Menschen ist gleichsam eine Schule des Sehens .... 

... die in ihrer klaren, unrethorischen Komplexität in der Lage ist, verschüttete Stränge unseres Sehvermögens wieder zu beleben, den konzentrierten, lesenden Blick zu schulen und die Vielfalt der Schöpfung und des Schöpferischen bewusst zu machen.

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"Der Pfau und der Hahn" in der Volksschule Mitterfels -Vergrößern durch Anklicken!

 

Biographie von Willi Ulfig

  • 03_ulfigGeboren am 26.11.1910 in Breslau -
  • nach der Volksschule Malerlehre und abschließende Gesellenprüfung mit Auszeichnung -
  • 1928 neben der Arbeit als Malergeselle Beginn eines Studiums an der Kunstgewerbeschule in Breslau -
  • erfolgreicher Abschluss mit Stipendium -
  • 1931/32 Studium an der Kunstakademie in Breslau -
  • 1932 Italienreise mit dem Kollegen Georg Heinrich -
  • 1933-39 freischaffender Künstler in Breslau (Atelier in der Kaiser-Wilhelm-Str. 6) -
  • 1938 erste Ehe -
  • Mitglied des Schlesischen Künstlerbundes -
  • erste Ausstellungen und Verkäufe -
  • Lebensunterhalt als Schriftenmaler und Bühnenbildner -
  • 1941 Einzug zum Militär - kann aber dennoch seine künstlerischen Studien fortsetzen, Aufenthalt in Straßburg und Paris -
  • 1945 Kriegsgefangenschaft in der Tschechoslowakei -
  • Ende 1945 gelingt mit seinem Freund August Heinrich Flucht in den Westen -
  • Neubeginn in Regensburg - 1. Atelier am Domplatz (lebt vor allem von Porträtaufträgen, Gestaltung von Kinoplakaten und Gebrauchsgraphik) -
  • 1946 Mitgliedschaft bei der neugegründeten Donau-Wald-Gruppe -
  • 1947-1983 regelmäßige Ausstellungen der Gruppe im In- und Ausland -
  • 1947-1983 regelmäßige Ausstellungen in der Regensburger Galerie Reitmeier -
  • 1950 zweite Ehe mit Annemarie Reitmeier, der Schwester des Regensburger Galeristen Reitmeier -
  • ab Mitte der 50er Jahre erste künstlerische Erfolge -
  • in den 60er und 70er Jahren zahlreiche nationale und internationale Ausstellungen -
  • künstlerische Baugestaltungen (z.B. Volksschule Mitterfels und Donaueinkaufszentrum Regensburg) -
  • 1965 Kulturpreis für Ostbayern -
  • 1969 Übersiedlung mit seiner dritten Ehefrau nach Stefling im Regental -
  • 1971 Silbernes Lamm der Stadt Brixen -
  • 1974 Kulturpreis der Stadt Regensburg -
  • gestorben am 5. Februar 1983.

Künstlerisches Schaffen

Welcher Stilrichtung Willi Ulfig zugeordnet werden kann, lässt sich nur sehr schwer sagen. Man erkannte die genetische Verwandtschaft sowohl mit dem Impressionismus als auch mit dem Expressionismus, man spürte aber auch die Einflüsse von Fauves, Delaunay, Marc und Macke. Eine eindeutige Zuschreibung ist jedoch auch den zeitgenössischen Kritikern nicht möglich gewesen.

In der ersten Zeit als freischaffender Künstler in Breslau (1933-39) stand Ulfig wie die meisten Zeitgenossen vor einer schier unlösbaren künstlerischen Herausforderung. Die zentrale Frage war: Wie sollte man mit den Errungenschaften der Avantgarden umgehen, wie deren Leistungen weiterführen?

Wegweiser in dieser problematischen Phase waren die Künstler des „Blauen Reiter” mit Paul Klee und Wassily Kandinsky.

Das Ergebnis dieser Entwicklung ist ein Stil, der zum einen abstrakte Bilder mit Wirklichkeitsfragmenten hervorbringt, zum anderen aber liegt ihm auch ein tektonischer, wie aus „molekularen Strukturen gefügter Bildaufbau” zugrunde. Auch seine lyrischsten Landschaftsbilder sind durch klare, fast kristallene Strukturen definiert.

Ausgehend vom Naturstudium und der konkreten Reproduktion kam es von einer Synthese der kubistischen, futuristischen und expressionistischen Stilmerkmale zu einer neuen, zwischen Abstraktion und Konkretion schwebenden Bilddarstellung.

Dabei legt Ulfig immer wieder Wert darauf, dass sich der Betrachter wie der Künstler an Motive erinnern kann und es ihm möglich ist, den Weg dieser Kunst mitzuerleben. Seiner Sensibilität entsprechend kann sich jeder Betrachter einen mehr oder weniger tiefgreifenden Zugang zu dieser Malerei verschaffen.

Bei einer Vernissage in Regensburg, bei deren Eröffnung Werke von Mozart gespielt wurden, hieß es in der Laudatio: „...es ist ein wunderbares Erlebnis - nach einem so exquisiten Mozart - über den Mozart der Farbe zu reden. Denn das, was Ihnen in Tönen entgegentrat, kann man wie in einer Resonanz aus diesen Bildern miterleben.”

Die Bilder Ulfigs zwingen zur Konzentration, zur ruhigen und langsamen Betrachtung „in einer Zeit der optischen Tyrannei, der uns unentwegt bedrängenden Bildsequenzen der Medien, der gebrochenen und nie zu Ende kommenden Sehvorgänge.” Weiter beschreibt Anton Ebner: „In einer Zeit der entwerteten, wertlosen weil unreflektierten Bilder kann jedes dieser Gemälde als eine Aufforderung zur fantastischen Entdeckungsreise ins Reich der Farben und Formen interpretiert werden. Die ihnen immanente Spannung  zwischen Farbe und Form, zwischen Natur und Kunst, zwischen Materialität und Geist infiziert den Betrachter, schlägt ihn in ihren Bann.” Seine Bilder zeigen Farbverläufe, Tiefen und Transparenzen zwischen konkreten Formen und abstrakten Fügungen.

 

Drei Wandgemälde in der Volksschule Mitterfels

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"Der Rabe und der Fuchs" 

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"Die Grille und die Ameise"

Im Jahr 1964 wurde die Innenausschmückung der Volksschule Mitterfels diesem tatkräftigen und allseits anerkannten Künstler Willi Ulfig übertragen. Der damalige Bürgermeister Josef Hafner mit seinem Gemeinderat war auf den Regensburger Maler aufmerksam geworden und übertrug ihm die künstlerische Ausgestaltung der Innenwand im Erdgeschoß des heutigen Grundschultraktes.

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Willi Ulfig malte in der ihm eigenen Art drei Wandgemälde, die jeweils eine Fabel vesinnbildlichen.

  

  Der Pfau und der Hahn

Über dem ersten Gemälde im Eingangsbereich siehe oben) ist in großen Lettern zu lesen:

                               FABULA DOCET

                               Die Fabel lehrt

Das Wandbild zeigt eine Darstellung der Fabel „Der Pfau und der Hahn” von Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781): Einst  sprach der Pfau zu der Henne: „Sieh einmal, wie hochmütig und trotzig ein Hahn einhertritt! Und doch sagen die Menschen nicht: der stolze Hahn, sondern immer nur: der stolze Pfau.” „Das macht,” sagte die Henne, „weil der Mensch einen gegründeten Stolz übersieht. Der Hahn ist auf seine Wachsamkeit, auf seine Mannheit stolz; aber worauf du? - Auf Farben und Federn.”

 

    Der Rabe und der Fuchs

Die zweite Fabel stammt von Äsop (um 550 v. Chr.) und ist betitelt mit „Rabe und Fuchs”: Ein Rabe hatte einen Käse gestohlen, flog damit auf einen Baum und wollte dort seine Beute in Ruhe verzehren. Da es aber der Raben Art ist, beim Essen nicht schweigen zu können, hörte ein vorbeikommender Fuchs den Raben über den Käse krächzen. Er lief eilig hinzu und begann den Raben zu loben: „O Rabe, was bist du für ein wunderbarer Vogel! Wenn dein Gesang ebenso schön ist wie dein Gefieder, dann sollte man dich zum König aller Vögel krönen!” Dem Raben taten diese Schmeicheleien so wohl, dass er seinen Schnabel weit aufsperrte, um dem Fuchs etwas vorzusingen. Dabei entfiel ihm der Käse. Den nahm der Fuchs behend, fraß ihn und lachte über den törichten Raben.

 

    Die Grille und die Ameise

Im dirtten Wandbild wird eine Fabel von Ludwig Kleim (1719-1803) dargestellt, nämlich: „Die Grille und die Ameise”.  Eine Grille kam bei strenger Kälte zu ihrer Nachbarin, der Ameise. „Frau Nachbarin,” sagte sie, „leiht mir doch ein wenig Speise. Ich will alles gern dir wiedergeben im April.” - „Schwesterchen, wie brachtest du deine Zeit im Sommer zu? Hast du nicht Speise für den Winter gesammelt?” fragte die Ameise. „Ich habe gesungen und musiziert; hast du mich nicht vernommen? Und konnte ich was Besseres tun?” erwiderte die Grille. -„Grillchen, nein!” sagte die Ameise, „doch tanze nun!”

Franz Wartner, Rektor a.D., war dabei, als Ulfig die Wandbilder anfertigte, und er erinnert sich noch sehr genau daran, wie Ulfig in beeindruckender Weise und für ihn faszinierend die Schwanzfedern des Pfaus in einem einzigen Pinselzug ausführte: „Er setzte den Pinsel an und, ohne einmal innezuhalten, zog er mit Schwung die geschweiften Federn halbkreisförmig hoch!”

Der Künstler Willi Ulfig war ein sehr vielschichtiger Mensch, der in einer langen und auch teilweise bitteren Lebenserfahrung gereift, unter einer stets liebenswürdigen Schale eine empfindsame Persönlichkeit abschirmte. Dieser Maler vermittelt uns das Gefühl, weder sich noch den anderen etwas vorzumachen, dass die Sprache seiner Bilder sicher handwerklich gekonnt, auch routiniert ist, aber immer einer ehrlichen Empfindung entspringt.

Aquarelle im Schulhaus und Rathaus in Haibach

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 Auch die Gemeinde Haibach hat sich unter dem damaligen Bürgermeister Alois Rainer sen. 13 Bilder (60cm x 80cm) von Ulfig erworben. Es sind Aquarelle mit Blumen- bzw. Landschaftsmotiven. Ein Bild hängt im Schulleiterzimmer in der Schule Haibach, die anderen 12 Bilder zieren den Eingangsbereich des Haibacher Rathauses. Bei allen seinen Aquarellen versucht Ulfig, die Bildfläche in kleine Farbfelder aufzulösen und durch irrationale Formverunklärung zu überlagern. Die Konturen werden dabei verwischt, malerisch fleckige Partien eingeschoben und fließende Übergänge geschaffen.

Willi Ulfig hat mit seinen Werken bleibende Werte geschaffen, und bereits 1971 stellten bei einer Ausstellung in der Galerie Heinrich in Regensburg zeitgenössiche Kritiker fest, dass es Ulfig in seinen Gemälden und Aquarellen in hervorragender Weise gelang, Formen und Farben, Lineares und Flächiges miteinander zu verschränken und eine dichte, wechselseitige Durchdringung zu erreichen.

Das Aquarell erweist sich dabei immer wieder als die idealste Form, vor allem weil die den Wasserfarben eigene Transparenz den künstlerischen Vorstellungen Ulfigs am stärksten entgegenkam. Diese Transparenz vesucht er adäquat auf seine Gemälde zu übertragen und selbst bei großflächigen, dekorativen Wandgestaltungen wie in der VS Mitterfels bleibt viel vom spezifischen Charakter des Aquarells erhalten.

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Skizzen

 

 

Quellen:

Willi Ulfig - Materialien, Bilder, Dokumente, 1994 Kunsthaus Ostbayern/Galerie-Verlag, Viechtach

Festschrift zur Einweihung der Volksschule Mitterfels, 1965: Gemeinderat Mitterfels/Franz Wartner, Mitterfels

Fotos: Hans Mandl, Edda Fendl;

Fotos, die W. Ulfig zeigen, stammen aus o.g. Buch .

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