Grandioser Jedermann in Windberg

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Windberg: Theater mit Leidenschaft

(dw) Der zum ersten Mal vor zwei Jahren und dieses Jahr am Premierenabend am vergangenen Donnerstag und an den beiden bisherigen Aufführungen am Wochenende vom Publikum mit Begeisterung aufgenommene, die Bezeichnung "grandios" verdienende "Windberger Jedermann" übertraf alle Erwartungen. Ein spielfreudiges, witziges, temperamentvolles, aus lauter Laien bestehendes Schauspielensemble bewältigte bravourös die Aufgabe, die Botschaft vom "Spiel vom Sterben des reichen Mannes" zu vermitteln. Dabei überlässt sich die Truppe gefügig dem Regiekonzept von Wolfgang Folger, der es versteht, mit dieser Inszenierung die Zuschauer zum Staunen darüber zu bringen, was die Theaterleidenschaft aller Spieler in allen Rollen tatsächlich alles kann.

Allen voran Günther Lex in der Titelrolle. Mit scheinbarer Leichtigkeit bewältigt er einen Mammuttext. Dabei spielt er nicht den Jedermann, er ist es! Mit jeder Faser seines Einsatzes mimt er den hartherzigen Lebemenschen und schließlich den geläuterten Büßer. Die Buhlschaft (Michaela Hafner) setzt raffiniert erotisch-leidenschaftlich ihre Reize ein, von denen Jedermann geblendet und liebestrunken sich umstricken lässt. Gleichermaßen suchen der berechnend glatte Gesell (Florian Trauner) mit Wort- und Spielwitz, die zwei Vettern (Rupert Venus und Ewald Zeitlhofer) sowie die gesamte frisch und humorvolle agierende Tischgesellschaft die Nähe des reichen Mannes. Bei ihm findet sie ihre Welt: pralles Leben, Spaß und ausgelassene Feste. Da ist für den armen Nachbarn (Theo Herwich), den Schuldknecht (Reinhard Müller) mit seiner Frau (Sabine Mühlbauer) samt ihren Kindern kein Platz. Kalt und ohne Skrupel verweigert Jedermann Hilfe und zeigt kein Mitleid. Nicht einmal die Mutter (Friederike Kreutz) schafft es, ihren Sohn auf den Pfad der Tugend und der Reue zu bringen.

Zwei Mitwirkende rissen das Publikum regelrecht zum Szenenapplaus hin: Gerd Lex als Mammon und Sebastian Liebl als Teufel. Mit kraftvoller Stimme holt der Mammon gnadenlos und unbarmherzig Jedermann auf den Boden der Wirklichkeit zurück und macht ihm klar, dass sein Reichtum nur geliehen ist "für irdische Täg". Überhaupt nicht verstehen kann der Teufel, dass Jedermann ihm "durch die Lappen" geht. Wie ein Derwisch wirbelt er umher und schleudert dem Publikum seine Wahrheit ins Gesicht: "Die Welt ist schlecht und dumm." Ganz anders sind der Tod (Christoph Breu), die Werke (Gisela Kreißl) und der Glaube (Daniela Trauner) wie ruhende Pole inmitten eines sich immer schneller drehenden Lebenskarussells angelegt. Überzeugend tragen sie dazu bei, die Jedermann-Botschaft zu verstehen: Nicht Reichtum, Egoismus und Selbstgefälligkeit verschaffen Heil, sondern ein gottgefälliges Leben und gute Werke für den Nächsten.

Das Schlussbild ist mehr als ergreifend: Unter brausender Orgelmusik von Joachim Schreiber live von der Klosterkirchenorgel treten Jedermann, Glaube, Werke und Tod durch das romanische Portal in die hell erleuchtete Kirche. Tosender Applaus brandet den Akteuren am Ende der Aufführung entgegen. Sie haben ihn wahrlich verdient. Einen wesentlichen Beitrag zu diesem grandiosen Erfolg leisten der Abteichor unter Leitung von Joachim Schreiber und die Bläsergruppe "blechissimo", beide als tragender Teil der Inszenierung mitten ins Spiel integriert. Kostüme, Bühnenlicht und eine reduzierte Technik reihen sich erfrischend in das Gesamtkonzept ein.


Quelle: SR-Tagblatt vom 26. Juni 2012, Seite 19

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