Geologie
Mühlen an der Menach (08): Wasserkraftnutzung in Kleinmenach und an den Nebenflüssen (in Groß- und Kleinwieden und Aign)
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Die Mühle in Kleinmenach
Die achte Mühle an der Menach, von der wir berichten, stand beim Menabauern in Kleinmenach bei Konzell-Süd, dem heutigen Baier-Anwesen. Es war eine relativ kleine Anlage - die zur Verfügung stehende Wassermenge der an ihrem Oberlauf noch eher einem mächtigen Graben ähnelnden Menach schaffte auch nicht mehr - und ist deshalb auch nicht so bekannt. Auskunft über Geschichte und Nutzung gaben uns die Austragseheleute Josef und Franziska Baier.
Beginn der Wasserkraftnutzung:
Das Anwesen des Menabauern gehört um 1900 noch einer Familie Zollner. Dieser Zollner-Bauer verspricht sich vom Betrieb einer Mahlmühle einen lukrativen Zuerwerb und errichtet ca. 40 Meter vom Hof entfernt in Richtung der Menach ein Mühlengebäude in Massivbauweise. Er lässt zwei Mahlstühle einbauen. Die Bewirtschaftung des großen Anwesens und dazu den Mühlenbetrieb schafft er nicht allein, deshalb beschäftigt er einen Mühlenknecht, für den im Mühlengebäude sogar zwei Zimmer als Wohnung zur Verfügung stehen.
Der Mühlbach:
Die Menach hat zwischen Viertl und Waldmenach nur ein geringes Gefälle. So muss das Wasser zum Betrieb der Mühle weit hergeholt werden. In mühevoller Handarbeit legt Zollner einen etwa 900 Meter langen Mühlbach an und speist ihn mit Menachwasser, das unterwegs noch angereichert wird mit dem Wasser aus dem Hitzenberger Graben. Das ankommende Wasser sammelt er in einem großen Weiher neben dem Wohnhaus und von da fließt es zum Wasserrad bei der Mühle. In diesem großen Vorratsbecken kann Zollner während der Ruhezeiten der Mühle immer wieder genügend Wasser für einen kraftvollen späteren Betrieb ansammeln, was notwendig ist, weil vor allem in Trockenzeiten der laufende Zufluss für einen regelmäßigen Betrieb der Anlage nicht ausreicht.
Der Mühlenbetrieb:
Um 1900 nimmt Zollner die Mühle in Betrieb. Weil Mühle und Landwirtschaft dann aber doch nicht den erwarteten Gewinn abwerfen, veräußert er das Anwesen im Jahr 1913 an den aus Haid bei Walting stammenden Alois Mühlbauer. Der heiratet die Wirtstochter Kernbichl aus dem nahen Roßhaupten und zieht am Sebastianitag des Jahres 1914 auf dem Anwesen auf. Mühlbauer macht mit der Mühle nur noch für den Eigenbedarf kurze Zeit weiter, muss dann aber fort in den Krieg und fällt an der Front. Die Witwe heiratet daraufhin einen Bruder ihres gefallenen Mannes, den Schwager Xaver Mühlbauer, und der stellt den Betrieb der Mahlmühle sofort ein. Nur zum Schroten für den Eigenbedarf wird sie noch bis etwa 1922 genutzt.
Die Wasserkraft aber weiß der neue Bauer auch weiterhin zu schätzen. Über Kampenräder, Gestänge und Transmission überträgt er mechanisch die Kraft zum nahen Hof für den Antrieb von Gsottmaschine (Futterschneidmaschine) und Schüttelmaschine (Vorreiter der Dreschmaschine). Weil um diese Zeit das „Elektrische” Einzug in die Dörfer unserer Heimat hält, lässt Mühlbauer sich zur eigenen Lichtversorgung einen Generator in das vorhandene Mühlengebäude einbauen, der vom Wasserrad angetrieben wird. Später beliefert er mit dem erzeugten Gleichstrom auch noch einige Jahre den Bahnhofsvorstand von Konzell-Süd, einen weiteren Nachbarn, der die Leitungen installiert hatte, und einen Landwirt in Hitzenberg.
Jahrzehntelang funktionieren Stromerzeugung für die Beleuchtung und der mechanische Maschinenantrieb einwandfrei, wenn nicht gerade Sicklasberger Buben wieder einmal Lust auf Forellen bekommen haben. Um sie bequem „aufklauben” zu können, durchstechen sie unterhalb der „Wieskirche” den Mühlgrabendamm und so fließt das Wasser über die Wiesen dem Bach zu anstatt zum Weiher, und das Licht geht aus. Nun muss jemand vom Hof ausrücken, und wenn es während der Stallarbeit ist, nach der Ursache suchen und den Schaden beheben. Jahrelang treiben die Buben dieses Frevelspiel, bis Mühlbauer sie schließlich erwischt.
Das Ende der Mühle:
In der Notzeit während des Zweiten Weltkrieges wird die Mühle nochmals aus dem Dornröschenschlaf erweckt und es wird ab und zu für den Eigenbedarf, manchmal auch für Nachbarn gemahlen. Nach dem Krieg erschließt die OBAG den Konzeller Raum. Mühlbauer macht da aber nicht mit, er ist mit seinem Werk zufrieden, zur Eigenversorgung reicht es. Auch die Nachkommen, Tochter und Schwiegersohn Baier, nutzen den billigen Strom, bis 1964 eine notwendig werdende kostenaufwändige Reparatur sie erneut zur Entscheidung zwingt: Sie schließen sich der Überlandversorgung an. Das Mühlengebäude steht dann noch viele Jahre, bis es schließlich einer Güllegrube weichen muss. Der Mühlgraben ist längst maschinengerecht eingeebnet, der etwa 100 Meter lange Abflussgraben von der Mühle zur Menach ist noch gut im Gelände erkennbar - eine letzte Erinnerung an die Wasserkraftnutzung von der Menach durch den Menabauern.
Die Wasserkraftnutzung an den Nebenflüssen der Menach
Die Mühle beim Ettlbauern in Großwieden
In der Mitte der Ettlhof, im Vordergrund der Stauweiher mit dem Mühlengebäude
Wie ein Hufeisen umrahmen die Waldungen zwischen Pöslasberg und Hohe Leiten die Talsenke mit den Höfen Großwieden, Kleinwieden und Aign. In diesen Waldungen entspringen drei Wassergäben. Von den Denkzeller Hängen kommend sucht sich ein jeder von ihnen den Weg zu dem Anwesen, das ihm den Namen gab, und so besorgen der große und kleine Wiedengraben und der Aigner Graben seit urdenklichen Zeiten die Anwesen mit dem lebenspendenden Wasser.
Vor 150 Jahren etwa haben die Hofbesitzer damit begonnen auch die Kraft des Wassers zu nutzen, zum Antrieb ihrer Maschinen, zum Mahlen von Getreide und zur Erzeugung elektrischen Stromes. So war es auch auf dem 150 Tagwerk großen Anwesens von Johann Ettl in Großwieden, einem stattlichen Dreiseithof, der umrahmt ist von zahlreichen Bäumen. Beim Backofen prangt eine etwa 300 Jahre alte Linde. Den Stall überspannt noch ein inzwischen selten gewordenes böhmisches Gewölbe, zur Scheune - sie hat eine Länge von 40 Meter - führt auch eine obere Einfahrt.
Seit circa 400 Jahren ist das Anwesen im Besitz der Familie Ettl. Aus der Gegend um Ulm ist sie zugewandert. Die Ettls waren Hopfenhändler und sie betrieben diesen Handel auch noch von Großwieden aus weiter. Das geht aus zwei Grabtafeln hervor, von denen sich heute eine im Inneren des Leichenhauses zu Konzell befindet. Sie wurde für den im Jahr 1630 auf Großwieden geborenen und im Jahr 1684 verstorbenen Georg Ettl errichtet. Die andere erinnert an dessen Sohn Veit Ettl, der 1713 in Bruckhof gestorben ist. Diese zweite Tafel befindet sich im Chorbogen der Pfarrkirche zu Haselbach. Die Familie Ettl war sehr reich und angesehen und legte sich sogar ein eigenes Familienwappen zu. Das Wappen zeigt einen Greif, der eine Hopfendolde in seinen Fängen hält.
Über die erste Nutzung des Wiedenbacher Wassers als Kraftquelle weiß man wenig. Sie beginnt wahrscheinlich schon im 19. Jahrhundert. Ein Weiher wird errichtet, er ist fast ein Tagwerk groß und damit der größte im ganzen Gemeindegebiet. Ein mächtiger Damm riegelt die Talmulde ab. Direkt am Ausfluss, beim alten Rinnsal, befand sich die erste Anlage. Über die zweite aber weiß man recht gut Bescheid, denn deren Bau liegt erst 65 Jahre zurück und sie ist im Wesentlichen auch noch erhalten, wenn auch nicht mehr benutzbar.
Mühlengebäude und Scheune beim Ettlbauern in Großwieden: Unter dem Flachdach (rechts) das in die Erde versenkte Mühlrad mit 4,50 m Durchmesser.
Weiher mit Mühlengebäude
Dieses zweite Werk wird am Hang in Fluchtrichtung Scheunengiebel von Johann Ettl, dem Großvater des heutigen Besitzers, errichtet, um eine Kraftübertragung zur Scheune hin mittels Seil zu ermöglichen. Dieser Standort liegt fast in Höhe des Wasserspiegels. Um trotzdem einen oberschlächtigen Antrieb zu erreichen, wird das von Hermann Mühlbauer aus Konzell gefertigte Wasserrad mit seinen 4,50 Meter Durchmesser tief in den Hang hinein versenkt. Am Anfang ist die Anlage nur gedacht zu Antrieb der Maschinen, der Häckselmaschine und dem Hakenzylinder. Das aber ist nicht so einfach, denn diese Geräte stehen in der Scheune, über 100 Meter entfernt und mindestens 10 Meter höher gelegen als das Antriebswerk. Die Kraftübertragung über diese Distanz wird durch einen Drahtseilumlauf erreicht. Damit es zu keiner Bodenberührung kommt und das Seil bei der Bewirtschaftung des umliegenden Geländes nicht hinderlich ist, errichtet Ettl am Mühlengebäude einen hohen Turm und direkt unter der Turmspitze bringt er die erste Umlenkrolle an. Bis zur Transmission in der Scheune sind drei weitere Räder notwendig: eines auf halbem Weg zur Scheune mitten im Gelände, montiert auf einem etwa vier Meter hohen Gestell, zur Überbrückung der relativ großen Entfernung, ein weiteres an der Scheunenecke und das vierte schließlich an der Scheunenlängsseite unter der Dachtraufe. Mit der Achse dieses letzten Rades sind die Transmissionsräder verbunden, die sich in der Scheune befinden. Alle diese Räder sind heute noch vorhanden, genauso wie die Transmission mit den drei zur Erreichung der gewünschten Umdrehungszahl verschieden großen Riemenscheiben. Eine erste Beschleunigung der Umdrehung bewirken schon die unterschiedlich großen eisernen Kampenräder im Mühlengebäude. Das erste Kampenrad ist direkt mit der Achse des Wasserrades verbunden. Es treibt ein weiteres, kleineres Kampenrad an, das wiederum starr mit einer hölzernen Riemenscheibe verbunden ist. So eine Scheibe befindet sich auch oben im Turm zusammen mit der ersten Umlenkrolle. Die beiden Holzriemenscheiben verbindet ein Treibriemen. Kompliziert das Ganze? Ja, gewiss! 11 Räder müssen immer zugleich rotieren, damit eine Maschine läuft.
Abb. links: Mühlrad, Kampenräder, Riemenscheiben - Abb. rechts: Stützsäule mit Umlenkrollen (doppelt)
Abb. links: Transmission in der Scheune - Abb. rechts: Kampenräder, Riemenscheiben, Schleifstein (Fotonachweis: 1. Foto: Ettl - alle anderen: Otto Wartner)
Das Turmgebäude ist heute schon stark ruinös und dort fehlen auch die Räder für den Seilantrieb.
Vor dem Krieg wird die Mühle auch noch ausgeweitet zur Lichtversorgung von Haus und Stall. Johann Stahl aus Konzell baut dazu einen Generator ein und legt die Leitungen zum Anwesen. Die Leistung des Wasserrades reicht aber nicht aus, um Generator- und Maschinenbetrieb gleichzeitig zu ermöglichen. Als eines Tages der Generator durchbrennt, lässt Ettl ihn nicht mehr erneuern, er bezieht den Strom von da an von der OBAG, vorläufig allerdings nur den Schwachstrom. Die Maschinen werden also weiterhin von der Mühle angetrieben.
Einige Jahre später erweitert er den Stromabnahmevertrag auch auf den Starkstrom. Damit wird das Mühlenwerk eigentlich überflüssig. Ettl möchte aber die noch gut funktionierende Mühle, die einige Jahrzehnte so gute Dienste tat, nicht ganz ungenutzt lassen. So verwendet er sie bis 1965 noch zum Antrieb einer Brechmühle sowie einer Kreissäge, mit der er hauptsächlich Bretter säumt.
Ab dem Jahr 1948 etwa versucht es Ettl auch mit einer Getreidemühle. Diese funktioniert aber nicht so recht und so stellt er deren Betrieb bald wieder ein.
Das Ingangsetzen und das Abstellen des Wasserkraftbetriebes erfolgen mittels Seilzug von der Scheune aus. Durch Ziehen am Seil wird die Docke angehoben, also der Wasserzufluss geöffnet. Je höher die Docke angehoben wird, desto stärker ist die Leistung. An einem Balken der Scheune sind Markierungen mit der gewünschten PS-Zahl eingeritzt und Nägel eingeschlagen, an denen das Seil arretiert werden kann. Nach Aushängen des Ringes schließt die Docke durch ihr Eigengewicht wieder das Zuflussrohr. Im Winter ist das aber nicht ausreichend. Es muss der Einlauf noch mit Letten verschlämmt werden, damit wirklich kein Tropfen Wasser mehr das Mühlrad erreicht. Wird das versäumt, gibt es Ärger: Das Mühlrad vereist und gefriert am Untergrund fest. Dieses Problem haben alle Betreiber, auf der Ettlmühle aber ganz besonders. Wegen der Enge im Schacht erweist sich die Enteisung als sehr schwierig, wenn sich das halb enteiste Wasserrad plötzlich wegen der so entstandenen Unwucht plötzlich dreht, sogar als lebensgefährlich.
Auch nach dem Anschluss an die Überlandversorgung wird die Wasserkraft bis etwa 1965 neben dem schon erwähnten Antrieb von Maschinen im Mühlengebäude noch weiter für den Antrieb der Futterschneidmaschine in der Scheune genutzt. Das Mühlrad aber dreht sich auch später noch hin und wieder mal, wenn die Kinder es als Laufrad benutzen.
Die Anlage ist immer noch sehenswert, sie verfällt aber von Jahr zu Jahr immer mehr und ist inzwischen irreparabel geworden. Sie ist die einzige der uns bekannten Mühlen im Wassereinzugsbereich der Menach, bei der sich die Anwendung auch heute noch nachvollziehen lässt.
Die Wasserkraftnutzung beim “Sepp-Mohl” in Kleinwieden
Auch der Hof in Kleinwieden ist wie das Nachbaranwesen in Großwieden schon seit Jahrhunderten im Besitz der jeweils gleichen Familie. In Kleinwieden sind es die Kienbergers, nachweisbar auf dem Hof seit etwa 1630. Die ersten Kienbergers, Josef und Barbara, sind damals von Ichendorf nach Kleinwieden gekommen und haben den hier üblichen Hausnamen “Sepp-Mohl”, der heute noch im Gebrauch ist, übernommen. Jetziger Besitzer des circa 160 Tagwerk großen Anwesens ist Michael Kienberger junior.
Um 1923 errichtet der Urgroßvater des jetzigen Bauern, auch ein Michael Kienberger, unterhalb des Hofes ein kleines E-Werk und baut gleichzeitig für dessen Betrieb etwa 50 Meter oberhalb einen Stauweiher. Den Generator in dem kleinen Holzgebäude treibt ein oberschlachtiges Wasserrad mit einem Durchmesser von drei Meter an. Zur Steigerung des Gefälles ist es so tief, wie der Abfluss es erlaubt, in die Erde eingelassen. Die Zuleitung des Wassers erfolgt vom Stauweiher herunter über eine 40er Betonrohrleitung.
Nach der Inbetriebnahme stellt sich heraus, dass die Stromerzeugung nur jeweils ein bis zwei Stunden pro Tag möglich ist, denn der laufende Wasserzufluss ist gering und es kann nicht die gesamte im Weiher angesammelte Wassermenge genutzt werden, weil sie wegen des geringen Gefälles zwischen Weiher und Mühlrad nicht am Tiefpunkt abgezapft, sondern nur oberflächlich entnommen werden kann.
Der erzeugte Strom wird ausschließlich für Beleuchtungszwecke auf dem Anwesen genutzt. Eine Mahlmühle ist auf dem Kienbergerhof nicht nachweisbar. Aufgrund der schwachen Wasserkraft können auch sonst keine Maschinen auf mechanischem Weg angetrieben werden.
Ab 1948 wird das kleine E-Werk wegen ungenügender Effektivität sukzessive abgebaut: Zunächst werden die Dachplatten abgenommen, dann Wasserrad und Generator verkauft und irgendwann wird schließlich auch das Gebäude abgebrochen. Heut lässt sich diese Anlage nur noch im Gelände erahnen, sie ist aber noch lebendig in der Erinnerung von Michael Kienberger sen., dem Bürgermeister von Konzell.
Die Mühle beim Aignbauern
Der Aignbauer (links) beteiligt sich jedes Jahr am Pfingstritt in Kötzting ...
... und mit einem Viererzug beim Oktoberfest in München.
Auf dem Hof des Josef Schedlbauer in Aign, beim Aignbauern also, steht bis 1986 ein Getreidekasten, kein gewöhnlicher, einstöckiger, sondern einer mit zwei Schüttböden übereinander. Der Unterbau dieses Speichers wird hier nicht, wie es sonst meist üblich ist, als Wagen- und Geräteschuppen genutzt, er unterscheidet sich von vergleichbaren Bauten dadurch, dass er ursprünglich schon gemauert und als Mühle konzipiert ist. Die Vorbesitzer haben darin tatsächlich eine Getreidemühle einbauen lassen. Das Baujahr ist nicht genau bekannt, im Katasterauszug aus der Zeit von 1808 bis 1848 ist sie aber bereits verzeichnet. Eine Familie Obermeier ist jahrhundertelang Eigentümer des Anwesens und von ihr erwirbt im Jahr 1900 Wolfgang Schedlbauer, der Großvater des heutigen Besitzers, das Anwesen. Für ihn ist der Mühlenbetrieb zunächst fremd, er muss sich mit dem Werk erst vertraut machen und das geht nicht immer ganz glatt. Aber Helfer sind schnell zur Hand, wenn Schedlbauer nicht mehr weiter weiß oder auch eine Reparatur notwendig wird. Die Mühlknechte von der nahen Pirkmühle verdienen sich gerne an den Sonntagen ein Zubrot. Manchmal kommen auch Wandergesellen vorbei, die bereit sind Tipps zu geben und Tricks zu verraten. Und für Reparaturen ist ein Profi nicht weit: der Mühlenrichter Mühlbauer aus Auggenbach. Jährlich wird das Nachschärfen der Mühlsteine notwendig, dafür ist ein Mann aus Prackenbach spezialisiert.
Dem größten Verschleiß sind die Kampen am Mühlrad ausgesetzt. Recht häufig bricht so ein Holzzahn und muss erneuert werden. Bei der Fertigung kommt es auf große Genauigkeit an. Dieses Zurichten mit dem Beil gelingt nicht immer mit der nötigen Präzision, eine Nacharbeit ist meist nötig. Problemlos gelingt diese Millimeterarbeit schließlich dem Preiß-Wagner von Punzendorf, als der sich eine Bandsäge anschafft.
Das Mühlrad mit einem Durchmesser von fünf Meter wird vom Wasser des Aigner Grabens oberschlachtig angetrieben. Dieses steht das ganze Jahr gleichmäßig zur Verfügung, weil es in einem Weiher aufgestaut wird. Jedoch machen Bisamratten den Staudamm immer wieder mit ihren Gängen undicht. Als das Abdichten mittels Pfosten und Lehm kein Ende mehr nehmen will, verkleidet Schedlbauer die ganze Damminnenseite mit einem Betonmantel.
Mit dem Mahlgut, Mehl und Kleie, versorgt Schedlbauer die Großfamilie, die Dienstboten und auch die Häuslleut im Austragshaus, das sind insgesamt um die 15 Personen. Dazu kommt noch die Versorgung des Viehs. Die Mehlqualität ist recht zufriedenstellend, die Mühle ist leistungsfähig, von den Kleinmühlen der Umgebung ist sie die größte. Gegen Lohn malt Schedlbauer nicht, er stellt die Mühle aber manchmal Nachbarsleuten zur Verfügung, die ihr Getreide selber durchlaufen lassen.
Die Wasserkraft des Aigner Grabens wird nicht nur für den Mahlbetrieb genutzt, sondern auch zum Antrieb von Maschinen über eine Transmission und zur Erzeugung von Lichtstrom für Hof und Austragshaus. Der technische Vorgang gleicht dem der benachbarten Werke.
Der heutige Austragslandwirt Josef Schedlbauer ist der letzte Müller auf Aign. Vater Wolfgang lernte ihn einst an. Er muss seine Kenntnisse aber nicht mehr an den heutigen Besitzer des 170 Tagwerk großen Anwesens, den Sohn Josef, weitergeben, denn die Mühle wird bereits 1955 stillgelegt und das Gebäude nur mehr als Getreidespeicher genutzt.
1986 muss es für einen Stallneubau Platz machen. Da bietet es Schedlbauer dem Georg Höltl aus Tittling an, der schon vorher mehrmals sein Interesse an diesem sehenswerten Gebäude bekundete. Höltl lässt es in sein Museumsdorf Bayerischer Wald am Rothauer See (Dreiburgensee) bei Tittling übertragen und dort zusammen mit der kompletten Mühleneinrichtung aufstellen. So ist dieses wertvolle Volksgut nicht verloren. Besucher finden es als Objekt Nr. 57.
Als „Getreidemühle mit Kasten auf dem ganzen Obermeierischen Hof in Aign” ist dieses Gebäude im Katasterauszug von 1848 verzeichnet. Heute steht es im Museumsdorf Bayerischer Wald, wo es 1986 mit großer Sorgfalt originalgetreu wieder aufgebaut wurde. Auch die gesamte Inneneinrichtung ist noch vorhanden. In Aign wurde noch ausschließlich mit Mahlsteinen gearbeitet.
Der Aignbauer ist weit über seine Heimatgemeinde hinaus bekannt als passionierter Fuhrwerker. Vier prachtvolle Kaltblutpferde stehen in seinem Stall. Sie finden das Jahr über Verwendung beim schonenden Rücken der Baumstämme in seinen Waldungen. Damit sind sie aber natürlich nicht ausgelastet. Die Haltung dieser Pferde ist also eigentlich mehr ein Hobby, mit dem er nicht nur sich selbst erfreut, sondern unzählige Menschen an dieser Freude teilhaben lässt, wenn er im Zweier- oder Viererzug bei Umzügen mitfährt: beim Volksfest in Straubing und Regensburg, beim Oktoberfest in München, bei der Welser Messe in Österreich und sogar bei einem Brauereifest in Belgien. Dass er sich alljährlich am Pfingstritt in Kötzting beteiligt, ist für ihn schon seit nahezu 50 Jahren eine Selbstverständlichkeit.
Quelle: Otto Wartner/Karl Schneider, in: Mitterfelser Magazin 6/2000, Seite 123 ff
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