. . . und drum herum
Ludmilla Realschule Bogen. Flüchtlinge erzählen ihre Geschichten
Sieben Asylsuchende berichteten Schülern der Ludmilla Realschule zusammen mit dem Sozialpädagogen Peter Schnitt (links) und auf Einladung von Sigfried Kopp von ihrer Flucht und dem Leben in Deutschland. (Foto: uk)
Asylbewerber berichten Schülern über Flucht, Leid und Integrationsversuche
Bogen. (uk) Sie kommen aus Sierra Leone, dem Kongo, Eritrea, Somalia und Afghanistan. Sie gelangten zu Fuß, mit Autos, Bussen und Lastwagen und am Ende der Reise die meisten mit dem Schiff übers Mittelmeer nach Deutschland. Zwischen zwei Wochen und 18 Monaten dauerte die Odyssee der sieben Asylanten, die vergangene Woche aus den Krisengebieten, aus ihrer Heimat, an der Ludmilla Realschule vor Schülern der 9. Klassen berichteten.
Die Schüler konnten sich nicht nur ein ungefärbtes und authentisches Bild von der Lage der Asylbewerber in und um Bogen machen, sondern auch von ihrer Situation in ihren Heimatländern. Die Schüler erfuhren aus erster Hand, was es heißt, vor Krieg und Menschenrechtsverletzungen zu fliehen. Fissea und Masebela sind aus Eritrea geflüchtet. Mit nichts als dem, was sie am Körper trugen. Geflüchtet in einem kleinen und überfüllten Boot.
Wochenlanges Eingesperrtsein im Container und verschiedenen Gefangenenlagern – bewegend erzählten sie von ihrer Überfahrt auf dem völlig überfüllten Schiff nach Italien. Sie haben Glück gehabt und die Flucht aus ihrem Heimatland überstanden. In gebrochenem Englisch und Deutsch erzählen die jungen Männer. Alle sind vor der Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat nach Europa geflohen, hatten nie die Absicht, die sozialen Netze auszunutzen, sondern wollten einfach nur ihre Freiheit und ein Leben in Würde. In ihrer Heimat fühlten sie sich nie sicher, jeder junge Mann könne dort jederzeit zum Militär beordert werden oder einfach ins Gefängnis kommen. Patrick aus Sierra Leone hat ein Ziel, wie er mit französischen Akzent sagt: „Ich will arbeiten, eine Ausbildung machen und irgendwann in einer eigenen Wohnung leben. Und ich will mich integrieren und noch mehr Kontakt zu den Deutschen aufbauen.” Ziele, die wahrscheinlich viele Asylbewerber haben, aber nicht jeder hat die Kraft gegen alle Widrigkeiten hart an diesem Ziel zu arbeiten. In seinem Zimmer in Hankofen büffelt er tagtäglich für die Schule, die er seit knapp einem halben Jahr besucht.
Seine Deutschkenntnisse sind noch durchwachsen, er selber hält sie aber für seine Integration für unabdinglich. Nur leider ist der Kontakt zu Gleichaltrigen und den Bewohnern spärlich und er hat erkannt: „Nur wenn ich mit den Deutschen spreche, kann ich auch deren Sprache lernen.“ Abdivahim spielt gerne Fußball, schaut Filme und macht nach seinen Aussagen brav seine Hausaufgaben. Er hat in Hankofen jemanden gefunden, der sich um ihn und die anderen Asylanten angenommen hat: „Mama Monika“ wird sie von ihnen genannt. „Jeden Morgen kommt sie ins Heim und betreut uns Jungs, wo immer es nötig ist, organisiert Spenden und setzt alles daran, uns das Leben zu erleichtern“, erzählt der Schüler aus Somalia.
Wer wie Masebela aus Eritrea nach den täglichen Schulstunden an der Berufsschule in Bogen in einem Heim „wohnt“, in dem es nur wenig Möglichkeiten gibt, sich zu beschäftigen, kann sich glücklich schätzen, Menschen zu haben, die sich für die Asylbewerber ins Zeug legen. Das mache auch die Kirchengemeinde in Ittling möglich, so Masebela.
Im Klassenzimmer hätte man derweil eine Stecknadel fallen hören können, so gebannt lauschten die Jugendlichen. Viel Positives wussten die Asylsuchenden zu berichten, aber eben auch Geschichten von Flucht und Vertreibung. Immer wieder betonen sie, wie dankbar sie sind und auch davon, wie groß die Hilfsbereitschaft ist.
„Es ist etwas Anderes, ob die Schüler davon in der Zeitung lesen oder jemanden erzählen hören“, stellte Siegbert Kopp, Lehrer an der Ludmilla Realschule, der das Treffen organisiert hat, fest. „Vor den Asylbewerbern brauchen wir uns nicht zu fürchten. Vor den Rechten, die aufmarschieren und Randale machen – auf die sollte man achten“, so der Realschullehrer. Mit dieser Aktion wolle er nicht nur Berührungsängste abbauen, sondern auch zeigen, dass es hier Menschen gebe, die wissen wollen, wie es den Asylbewerbern geht, woher sie kommen und wie man helfen kann.
Quelle: uk, in: Bogener Zeitung vom 18. März 2015 (zeitversetzte Übernahme des Beitrags aufgrund einer 14-tägigen Sperrfrist)
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