Leben nach dem Tod? Gibt es einen Himmel?

 Predigt von P. Dominik Daschner OPraem, Mitterfels, am 32. Sonntag im Jahreskreis

„Wie stellst du dir den Himmel vor?“, so hat ein Religionslehrer seine Drittklässler gefragt. Die Kinder sollten dazu ein Bild malen. Herausgekommen sind dabei ganz interessante Er­gebnisse.


wie ist der himmelWie Kinder sich den Himmel ausmalen


Ein Bub hat ein strahlend helles Bild gemalt. Er stellt sich vor, dass im Himmel immer die Sonne scheint. Ganz ähnlich ein Mädchen, das ihren Himmel als eine bunte Blumenwiese gemalt hat mit Apfelbäumen, Hasen und Schmetterlingen, über denen allen die Sonne lacht. Das Himmelsbild eines weiteren Jungen zeigt eine Ritterburg mit hohen Türmen, mit Zinnen, einem großen Tor und einer Zugbrücke. Sein Banknachbar hat einen prächtigen Thronsaal gemalt. Ein freundlich lächelnder König sitzt auf dem Thron, und damit jeder weiß, wer die­ser König ist, deutet ein Pfeil auf ihn mit dem Vermerk „Gott“. Dass es im Himmel Ferraris gibt, die über eine Rennbahn sausen, meint ein anderer Bub. Jede Menge Geldscheine sind auf dem Bild eines Mädchens zu sehen. Und ein weiteres Mädchen stellt fest: „Zum Himmel ge­hören Schnitzel und Pommes, denn das ist mein Lieblingsessen.“


Kinderbilder voller Symbole – immer jeweils ein Teil jener Wirklichkeit


Alle Kinderbilder illustrieren den Himmel als einen durch und durch positiven Ort. Und auf seine Weise ist jedes dieser Bilder richtig. Sie sind voller Symbole, die jeweils einen Teil je­ner Wirklichkeit beschreiben, die wir als „Himmel“ bezeichnen.

Die Sonne in den Bildern vermittelt die Überzeugung, dass es im Himmel warm ist und freundlich und schön. Dazu passt die Blumenwiese, die den Himmel als Ort beschreibt, an dem das Leben blüht und Freude herrscht. Die Burg charakterisiert den Himmel als einen si­cheren Ort, als Heimat und Zuflucht. Ihre Bewohner sind vor Feinden geschützt; und rein darf nur, wer in friedlicher Absicht kommt. Dass Gott im Himmel das Sagen hat, wird durch den König im Thronsaal deutlich. Sogar Rennautos haben als Himmelssymbole ihre Berechti­gung, weil sie die Freude und den Sieg nach vollbrachtem Lauf darstellen. Die Geldscheine drücken aus, dass im Himmel jeder genug zum Leben hat und niemand Not leiden muss. Und das Schnitzel mit Pommes lässt hoffen, dass im Himmel alles das vorhanden ist, was gut ist, was buchstäblich Geschmack ins Leben bringt.


Doch: Gibt es diesen Himmel? Was erwartet uns nach dem Tod?


Wunderschöne Bilder für den Himmel als den Ort – oder vielleicht besser: jene Lebensweise –, in die wir nach unserem Tod einzugehen hoffen. Doch, liebe Gemeinde, gibt es diesen Him­mel überhaupt? Was kommt nach dem Tod? Wartet auf uns ein Leben nach dem Tod? Oder ist mit unserem letzten Atemzug doch alles aus? Diese Frage hat die Menschen schon immer beschäftigt.


Schon immer gab es kategorische Verneinung der Auferstehung der Toten


Die Sadduzäer, von denen das heutige Evangelium erzählt, eine einflussreiche Gruppierung im Judentum zur Zeit Jesu, lehnte den Glauben an eine Auferstehung der Toten kategorisch ab. Sie orientierte sich ausschließlich an der Thora, betrachtete also allein die Fünf Bücher Mose als verbindlich. Und darin – so ihre Auslegung – ist von einer Auferstehung, einem Le­ben nach dem Tod nichts zu finden.

Mit einem reichlich konstruierten Fall versuchen sie deshalb, den Glauben an die Auferste­hung der Toten, wie sie auch im Judentum in den Jahrhunderten vor Jesus aufgekeimt war, wie an der heutigen Ersten Lesung zu sehen ist, mit ihrem konstruierten Fall wollen sie im Gespräch mit Jesus eine Auferstehung der Toten deshalb ad absurdum führen.

Sie greifen dazu auf die Anweisung der Thora zur sogenannten Schwagerehe zurück. Dort ist geregelt, wenn ein Mann kinderlos stirbt, dann soll sein Bruder – der Schwager der Frau also – sie zur Frau nehmen und ihr Nachkommen verschaffen, damit die Frau versorgt ist und der Name des Verstorbenen fortlebt. Daraus konstruieren sie nun den kuriosen Fall, dass eine Frau aufgrund dieser Regelung nacheinander sieben Ehemänner gehabt habe, von denen einer nach dem anderen kinderlos gestorben sei. „Und nun, Jesus, sag uns“, so können wir sie fast pro­vozierend reden hören – „wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt.“ Sie kann doch nach der Auferstehung nicht mit allen sieben zugleich verheiratet sein!

Soll also heißen: Wie soll man sich denn die Auferstehung vorstellen, das Leben im Himmel? Das funktioniert doch gar nicht! Ihr seht doch an diesem Fall, zu welchen Widersprüchlich­keiten so ein Glaube führt. Der Glaube an ein Leben nach dem Tod, im Himmel ist sinnlos!

Solch provozierende Einwände gegen ein Leben nach dem Tod gab es nicht nur bei den Sad­duzäern, die kennen wir heutzutage genauso und bekommen sie gelegentlich vorgehalten. Die heißen dann zum Beispiel: Es ist doch noch keiner von drüben zurückgekommen! Oder: So viel Platz kann es doch im Jenseits gar nicht geben, dass alle Menschen, die jemals auf der Erde gelebt haben, dort leben könnten. Und überhaupt: Wie soll das mit der Auferstehung des Leibes funktionieren bei denen, die sich verbrennen haben lassen? Oder wie ist das mit jenen, die ein Körperteil verloren haben; laufen die dann im Himmel auch einbeinig herum? Und ist das nicht etwas furchtbar Langweiliges: ein ewiges Leben, in dem sich nichts mehr ändert, nichts mehr bewegt? Wer will das schon: ewige Ruhe?! So lauten die Einreden heute, mit denen man den Glauben an die Auferstehung ins Lächerliche verzerrt.


Leben nach dem Tod: etwas ganz Neues, Unvorstellbares


Jesus nimmt das provozierende Fallbeispiel der Sadduzäer ernst; und sicher auch die heutigen spöttischen Widerreden gegen den Glauben an die Auferstehung. Mit großer Geduld reagiert er darauf. Und seine Antwort auf diese Einwände lautet kurz zusammengefasst: Das Leben nach dem Tod, das ist nicht einfach eine Verlängerung unserer hiesigen Verhältnisse ins Un­endliche hinein; so dürft ihr euch das nicht vorstellen. Das Leben der Auferstehung lässt sich nicht mit unseren irdischen und menschlichen Kategorien beschreiben.

So sehr wir uns den Himmel in menschlich-irdischen Bildern ausmalen dürfen, so wie das die Drittklässler mit ihren Bildern vom Himmel tun, so sehr müssen wir uns immer bewusst bleiben, dass dies eben nur Bilder und Symbole sind für jene Wirklichkeit, die nach dem Tod auf uns wartet. Dieses neue Leben der Auferstehung, so Jesus, wird etwas ganz Neues, Anderes, für uns noch Unvorstellbares sein; aber auf jeden Fall wunderschön, wo uns nichts mehr fehlt und alles vollkommen und gut ist. Darum sind all die Bilder, die die Kinder gemalt haben, richtig.

Dem Apostel Paulus ist deshalb in seinen Briefen, wenn er auf das Thema „Auferstehung“ zu sprechen kommt, immer eines ganz wichtig; nämlich: „Wir werden verwandelt werden.“ Ge­nauso deutet das Jesus im Gespräch mit den Sadduzäern an: Das Leben der Auferstehung wird etwas ganz und gar Neues sein, jenseits unserer irdischen Kategorien von Ehe, von Kör­perlichkeit, von Zeit und Raum. Wie dieses neue Leben nach dem Tod sein wird, das können wir nicht wirklich beschreiben.


Wir gehen ganz in Gott ein


Aber so viel können wir sagen, wie Paulus an die Thessalonicher einmal schreibt: Wir werden dann für immer und ganz beim Herrn sein. Das heißt: Mit dem Tod unseres Leibes gehen wir ganz in Gott ein, aus dem wir einst auch hervorgegangen sind. Gott aber ist lebendig und ewig. Und darum werden auch wir ewig leben, weil wir – dann ganz in Gott eingegangen – Teil dieser göttlichen Wirklichkeit geworden sind. Wie dieses neue Leben in Gott aussehen wird, können wir nicht beschreiben. Auf jeden Fall, so Jesus, ganz anders als unser Leben jetzt.


„Totaliter aliter – voll­kommen anders“


Eine mittelalterliche Erzählung macht das auf schöne Weise deutlich. Sie berichtet von zwei Mönchen, die sich das Paradies in ihrer Phantasie in den glühendsten Farben ausgemalt ha­ben. Sie haben sich gegenseitig versprochen, dass der, welcher zuerst sterben würde, dem anderen im Traum erscheinen und ihm nur ein einziges Wort sagen solle. Nämlich entweder „taliter“ – aus dem Lateinischen übersetzt also: genau so; so wie wir uns den Himmel vorge­stellt haben – oder „aliter“ – zu Deutsch: anders. Nachdem der erste gestorben war, erschien er dem anderen im Traum, aber er sagte sogar zwei Worte; nämlich: „totaliter aliter“ – voll­kommen anders!

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