Kirchweihsonntag. "Kirchen sind sichtbar gewordener Glaube, in äußere Form gebrachtes Evangelium ..."

kirchwei2014

"Kirchen sind sichtbar gewordener Glaube, in äußere Form ge­brachtes Evangelium, Gestalt gewordene Frohe Botschaft."

Pater Dominik OPraem. Predigt am Kirchweihsonntag 2014 in der kath. Pfarrkirche Heilig Geist in Mitterfels

 

In der zurückliegenden Urlaubszeit werden wohl viele von uns verreist gewesen sein. Und wie das so ist: Am Urlaubsort schaut man sich natürlich auch die dortigen Sehenswürdigkei­ten an. Ich nehme an, dass Sie dann auch Kirchen besichtigt haben.

Es wäre einmal interessant, zusammenzuzählen, wie viele der touristischen Sehenswürdig­keiten kirchliche Gebäude sind: Dome, Klöster, Pfarrkirchen, Kapellen. Da würde wohl ein stolzer, hoher Prozentsatz zusammenkommen. Würde man die Kirchen aus unseren Ortschaften wegnehmen, an zahlreichen Orten würde vermutlich nicht mehr viel übrigbleiben an Sehenswürdig­keiten. Unsere Kirchen prägen das Ortsbild unserer Städte und Dörfer in hohem Maße.

Mit ihrer Architektur, durch die Kunst, die unsere Kirchen schmückt, mit der Malerei und Bildhauerei, die sie beherbergen, sind christliche Kirchen ein sichtbarer Ausdruck von Sinn­stiftung des menschlichen Lebens. Sie sind sichtbar gewordener Glaube, in äußere Form ge­brachtes Evangelium, Gestalt gewordene Frohe Botschaft. Dafür haben unsere Vorfahren die besten Kräfte mobilisiert, oftmals die besten Künstler ihrer Zeit dafür engagiert, keine Kosten und Mühen gescheut, um Gott die Ehre zu erweisen und um den Menschen sichtbar vor Augen zu führen, was wir von unserem Glauben her er­hoffen dürfen.


 

Für viele sind Kirchen nur mehr historische Sehenswürdigkeiten zum Besichtigen von Kunstwerken aus vergangenen Epochen.


 

So stehen unsere Kirchen in der Mitte unserer Ortschaften. Meist als höchstes Gebäude am Ort. Mit einem Turm, der in den Himmel ragt; wie ein Zeigefinger, der die Menschen auf Gott hinweisen wil. So wie die Kirchen über die Dächer des Ortes hinausragen, so weist uns unser Glaube über den Alltag hinaus. Unsere Kirchen halten uns vor Augen: Menschliches Leben ist mehr als Arbeiten, Wohnen, Geldverdienen, garniert mit ein bisschen Freizeit und Spaß­haben. Nein, viel mehr: Wir sind berufen zur Gemeinschaft mit Gott, als seine Ebenbilder, denen er diese Welt treuhänderisch zur Gestaltung anvertraut hat, bis wir in ihm einmal unsere ewige Erfüllung finden werden. Unser Glaube, der Gottesdienst, sie heben uns hinaus über dieses Erdendasein mit seinen Begrenzungen, seinen Mühen und Beschwernissen, bringen uns in Verbindung mit dem Himmel, wo Gott wohnt. Als sichtbarer Ausdruck dafür stehen die Kirchen da, an deren Weihetag wir uns an diesem Sonntag erinnern.

Freilich, liebe Gemeinde, es ist unübersehbar: Unsere Kirchen werden sonntags leerer; immer mehr Bänke beim Gottesdienst bleiben unbesetzt. Werktags stehen die Kirchen oft ganz leer. Es gibt kaum noch Beter, die sie für eine stille Einkehr unter der Zeit besuchen. Die Kirchen in unserem Land drohen zu Museen zu werden; die man zwar noch als Sehenswürdigkeit be­sucht, zur Besichtigung, der historischen Kunstwerke wegen, aber immer weniger zum Got­tesdienst, wofür sie doch gebaut worden sind.

Letzten Sonntag haben wir das Evangelium vom königlichen Hochzeitsmahl gehört. Viele der Geladenen haben die Einladung dazu abgelehnt. Auch bei uns in Mitterfels und Haselbach schlagen immer mehr Christen die Einladung zum Sonntagsgottesdienst aus – Sonntag für Sonntag. Es ist sogar die weit überwiegende Mehrheit der Getauften, die fern bleibt. Das hat Folgen für unsere Gesellschaft.

Der Histori­ker Hans-Ulrich Wehler beschreibt in einem Artikel über die Bedeutung des Christentums in Deutschlands, wie sehr die Stellung und der Einfluss des Christlichen in unserem Land ge­schwunden sind. Im Osten geschah dies unter dem Druck des atheistischen Systems der DDR. Bei uns im Westen jedoch ohne äußeren Druck, ganz freiwillig, durch Gleichgültigkeit. Vor allem den dramatisch gesunkenen Gottesdienstbesuch wertet er als ein aussagekräftiges Zei­chen dafür, wie öffentlich bedeutungslos das Glaubensleben in unserem Land geworden ist – und damit auch die Kirche.

Wenn das stimmt, was dieser Historiker schreibt, dann heißt das aber doch: Jeder, der nicht mehr zum Gottesdienst geht, ist mitverantwortlich dafür - ja: macht sich mitschuldig daran -, dass das öffentliche Leben in unserem Land immer mehr a-christlich wird. Jeder, der sonntags der Kirche fernbleibt, trägt mit dazu bei, dass die nachwachsende Generation sich immer mehr dem Gottesdienst und damit letztlich auch Gott entfremdet.

Denn wo kommen wir sonst so regelmäßig mit dem Wort Gottes in Berührung als im Gottesdienst? Wo lernen Kinder und Jugendliche sonst in Gemeinschaft beten? Wo sonst kommen wir in diesen inneren Lebensaustausch mit Gott wie in der Feier der Sakramente? Wo lernen junge Leute sonst, ihr Leben in Beziehung mit Gott zu führen? Wo ist sonst so un­mittelbar erfahrbar, dass wir einander im Glauben mittragen, als in der Versammlung zum Gottesdienst?


 

Es ist auffällig: Die neuen ortsbildprägenden Gebäude in unseren Städten sind heute immer öfter nicht mehr die Kirchen, sondern die Finanzpaläste der Banken, Versicherungen und Großkonzerne.


 

Wo dies wegfällt, da sinkt nach und nach der christliche Grundwasserspiegel in unserer Ge­sellschaft. Wir sehen es doch bereits deutlich. Die Gesetzgebung in unserem Land wird immer mehr von nicht-christlichen Grundsätzen und Überzeugungen eingefärbt. Immer mehr geht der Sonntag als besonderer Tag verloren: als Tag des Herrn, reserviert für das religiöse Leben, zur Erbauung der Seele. Nur noch Geschäft und Vergnügungsunternehmungen zählen. Statt bewusster Feier des Sonntags, immer öfter verkaufsoffener Tag. Geld statt Gott?

Es ist auffällig: Die neuen ortsbildprägenden Gebäude in unseren Städten sind heute immer öfter nicht mehr die Kirchen, sondern die Finanzpaläste der Banken, Versicherungen und Großkonzerne. Mit ihren Glastürmen überragen sie die Kirchtürme. Ist das möglicherweise ein sprechendes Zei­chen für einen Wandel in unserer Gesellschaft, der längst stattgefunden hat? Offenbart es vielleicht, dass wir insgeheim doch mehr an das Geld glauben als an Gott; dass wir der Macht von Dollar und Euro mehr vertrauen als der Macht Gottes?


 

Wenn unsere Kirchen weiterhin ihren Sinn erfüllen sollen, wozu sie geweiht worden sind, braucht es lebendige Steine der Kirche: Christen, die ihren Glauben bewusst leben.


 

Sie mögen mir diese nachdenklich, kritischen Gedanken zum Kirchweihsonntag nachsehen, liebe Schwestern und Brüder, dass ich heute bei der Predigt nicht einfach ein freudiges Lob­lied auf die Schönheit unserer Kirchen anstimme. Unsere Kirchen sind schön und wertvoll. Und es ist eine geistliche Freude, dass wir sie haben. Aber sie sollen mehr sein als historische Sehenswürdigkeiten zum Besichtigen von Kunstwerken aus vergangenen Epochen. Wenn unsere Kirchen weiterhin ihren Sinn erfüllen sollen, wozu sie geweiht worden sind, - als Got­teshäuser -, dann müssen wir sie mit Leben füllen; dann muss darin jener Glaube praktiziert werden – gelebt und gefeiert werden -, für den unsere Kirchen als Stein gewordenes, sichtba­res Zeichen inmitten unseren Ortschaften stehen. Dazu braucht es lebendige Steine der Kir­che: Christen, die ihren Glauben bewusst leben, ihn im Alltag praktizieren und am Sonntag im Gottesdienst feiern. Nur so kann der Glaube seine prägende Kraft in unserem Leben und in unserer Gesellschaft entfalten.

So wie es in einem kurzen Text zum heutigen Kirchweihsonntag heißt:

Aus Steinen sind unsere Kirchen gebaut,

aus Menschen baust du deine Kirche auf.

Lebendige Steine wollen wir sein

zu deinem Lob

und zum Heil der Welt.

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