„Vergelt’s Gott!“ – Nicht nur, wenn es als Fest im Kalender steht.

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Pater Dominik OPraem: Predigt am Erntedankfest 2014 in der Pfarreiengemeinschaft Mitterfels-Haselbach

 

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Erntedank steht für diesen Sonntag im Kalender, und so feiern wir heute Erntedanksonntag mit diesen wunderschön gestalteten Erntedankaltären in unseren Kirchen. Das ist schön anzu­schauen, und unser Dank gilt all denen, die sich Mühe gemacht haben, das so schön für uns vorzubereiten. – Aber kann man auf Kommando dankbar sein; nur weil es im Kalender steht? Das erinnert doch irgendwie sehr an jenes einfordernde „Wie sagt man?“, das man einem Kind zuruft, das etwas geschenkt bekommt und nicht sofort sein „Dankeschön!“ sagt. Das habe ich schon als Kind nicht gemocht.

Ich kann mich nicht dankbar fühlen, nur weil es heute im Kalender steht, weil es verordnet ist, weil es eingefordert wird. Das Gefühl echter, aufrichtiger Dankbarkeit, das muss doch von innen heraus kommen, spontan; das kann man nicht machen, auf Knopfdruck.

Kinder sind da oft authentischer. Wenn ein Kind für etwas von Herzen dankbar ist, dann findet dieser Dank meist seinen spontanen Ausdruck. So wie bei dem 6-jährigen Buben, von dem ich ge­lesen habe. Er hatte sich den Arm gebrochen. Durch den Gips war er wochenlang ein­geschränkt: Er durfte nicht herumtoben und keinen Sport machen. Er konnte nicht basteln und nicht mit seinen Legos spielen. Bei vielem brauchte das Kind nun Hilfe und musste manch­mal warten, bis jemand Zeit dafür hatte. Als der Gips dann endlich entfernt wurde: welche Befreiung! Endlich war wieder viel mehr möglich. Und der Junge war von Herzen dankbar dafür.

Wohlgemerkt: Es waren alles Dinge, die vor seinem Unfall alltäglich und selbstverständlich für ihn gewesen waren, für die er nun zutiefst Dankbarkeit empfunden hat. Und an dem Tag, als der Bub endlich von dem Gipsarm befreit war, hatte er eine tolle Idee: Er lud seine Eltern und seinen Bruder zu einem „Gips-ab-Fest“ in sein Zimmer ein. Hinter verschlossener Tür hat er alles für sein Dankfest vorbereitet: Sitzgelegenheiten, Teller und Becher, Getränke und Knabbereien. So konnte die ganze Familie an seiner Freude und Dankbarkeit teilhaben.

Ich finde das ein wunderbares Beispiel, seine Dankbarkeit für scheinbar so selbstverständliche Dinge – die eben doch nicht selbstverständlich sind – auszudrücken. Ich denke, von diesem Buben können wir Erwachsene einiges lernen: zum Beispiel nach einer Krankheit die Ge­nesung nicht als selbstverständlich abhaken, sondern die wiedergewonnenen Möglichkeiten bewusst genießen und unsere Dankbarkeit dafür zeigen.

Von einer ähnlichen Erfahrung erzählt auch das Evangelium von der Heilung der zehn Aussätzigen. Zur Zeit Jesu litten Aussätzige nicht nur unter der Krankheit selbst, sondern sie waren auch vom Kontakt und der Gemeinschaft mit den Gesunden ausgeschlossen. Sie mussten andere von weitem laut warnen, damit diese dann einen großen Bogen um sie ma­chen konnten. Und das nicht nur wegen der Ansteckungsgefahr, sondern auch, weil diese Kranken als Sünder galten. So ausgestoßen und kaum geduldet, erlebten sich die Aussätzigen abgeschnitten von fast allen Lebensmöglichkeiten.

Und dann diese Begegnung mit Jesus, der ihnen ganz anders gegenübertritt, der sie ansieht und ihnen damit Ansehen schenkt, der mit ihnen spricht und dabei Zukunft zuspricht. Das wirkt durch und durch heilsam. Geheilt werden alle zehn. Dankbar dafür waren sie sicher alle. - Aber zeigen sie es auch?

Neun von ihnen sind beispielhaft gehorsam und gesetzestreu: Als allererstes gehen sie, wie vom jüdischen Gesetz vorgeschrieben, zu den Priestern, um von diesen ihre Heilung und Wiederaufnahme in die Gesellschaft offiziell bestätigen zu lassen. Das ist gut und richtig - genauso wie es gut und richtig ist, dass wir heute Erntedank feiern, wie es im Kalender vor­gesehen ist. Aber damit ist die Sache für diese Neun auch erledigt, ihre Heilung abgehakt; sie kehren ohne erkennbaren Ausdruck von Dankbarkeit in ihr gewohntes Leben zurück, gehen zur Tagesordnung über.

Der zehnte Geheilte handelt anders, spontaner: Aus tiefstem Herzen spricht er sein "Gott sei Dank!" laut aus. Und zeigt seine tief empfundene Dankbarkeit, indem er sich vor Jesus auf die Knie wirft, durch den er diese Befreiung erleben durfte. Diesen von Herzen kommenden, spontan gezeigten Dank lobt Jesus vor allen Anwesenden.

Ähnliche Anlässe für tiefe Dankbarkeit gibt es wohl auch in unserem Leben: etwa wenn eine ernste Krankheit oder eine schwere Krise überstanden ist; wenn ein mit Bangen erwartetes medizinisches Untersuchungsergebnis gut ausfällt; wenn in der Arbeit ein großes Projekt er­folgreich abgeschlossen werden konnte; wenn eine Prüfung bestanden worden ist: beim Schulabschluss, in der Lehre, beim Führerschein oder wo sonst; wenn eine größere Verände­rung im Leben gut vonstattengegangen ist: ein Wechsel der Arbeitsstelle oder gar des Berufs, ein Umzug und das Fußfassen in der neuen Umgebung; wenn die Kinder aus dem Haus ge­hen. Da gibt es so viele Gelegenheiten.

Es ist gut und richtig, legt uns Jesus nahe, dann nicht einfach einen Haken dahinter zu ma­chen, sondern diesem im Herzen empfundenen Dank auch Ausdruck zu verleihen. Es ist gut, wenn uns dann ein spontanes „Gott sei Dank“ in den Sinn und auch über die Lippen kommt - so wie dem zehnten Aussätzigen nach seiner Heilung. Wie wir unsere Freude und Dankbar­keit hinaus ausdrücken, das mag bei jedem anders aussehen: ob in einfachen, kleinen Worten und Gesten oder mit einem regelrechten Dankfest wie bei dem vom Gips befreiten Buben.

erntwdank2014 3 wUnd – wie uns dieses Beispiel des Buben lehrt – es müssen gar nicht nur die großen, außer­gewöhnlichen Dinge sein, für die wir unseren Dank abstatten; dankbar sein dürfen und sollen wir für die vielen kleinen, alltäglichen Dinge unseres Lebens, die eben alles andere als selbst­verständlich sind. So wie unser tägliches Essen und Trinken, das wir so reichlich und in so großer Vielfalt genießen dürfen, wie wir das an unseren Erntedankaltären sehen.

Es ist gut, dass uns dies immer wieder einmal bewusst wird - so wie heute am Erntedanksonntag –, mit wie viel Dingen wir doch in unserem Leben beschenkt werden. Und wenn uns das wie­der einmal bewusst wird – heute, am Erntedanksonntag, oder wann auch immer -, dass wir dann Gott ein Vergelt’s Gott dafür sagen. So spontan und von Herzen kommend wie der Bub mit seinem „Gips-ab-Fest“.

Denn – um es in Anlehnung an einen alten Werbe­slogan zu sagen -: „Wenn einem so viel Gutes widerfährt, das ist schon…“ – nein: nicht un­bedingt einen bestimmten Weinbrand, aber doch einen Dank an Gott wert. Nicht bloß, weil es heute so im Kalender steht, sondern egal wann und aus ganzem Herzen.

 

Der Altar wurde vom Obst- und Gartenverein Mitterfels geschmückt.

Fotos: Martin Graf

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