Kunst, Literatur
Maximilian Seefelder hat ein beachtliches Buch über „Christliche Bräuche und Traditionen“ geschrieben
Beharren statt erstarren
Zur Person: Maximilian Seefelder, Dr. phil., M. A., geb. 1959,
ist Bezirksheimatpfleger, Kulturreferatsleiter und Leitender Kulturdirektor des Bezirks Niederbayern. Er lebt mit seiner Familie in Landshut.
[...] wenn einen schon das dringende Bedürfnis nach einem sinnstiftenden Ganzen ereilt: Warum dann nicht, statt sich auch noch selbst ein brüchiges Sinnstiftungshilfskonstrukt zusammenzunageln, die eigenen Traditionen genauer nach ihrer sinnstiftenden Tragfähigkeit überprüfen? [...]
Warum in die Ferne schweifen? Maximilian Seefelder, Leiter des Kulturreferats beim Bezirk Niederbayern, gibt zu bedenken, dass das Gute doch so naheliegt. Wenn man schon in Zeiten beängstigend unüberblickbarer Globalisierung den Verdacht bekommt, medial höchstens noch ein notdürftig zusammengenageltes Wirklichkeitshilfskonstrukt geliefert zu bekommen und wenn einen dabei schon das dringende Bedürfnis nach einem sinnstiftenden Ganzen ereilen kann: Warum dann nicht, statt sich auch noch selbst ein brüchiges Sinnstiftungshilfskonstrukt zusammenzunageln, die eigenen Traditionen genauer nach ihrer sinnstiftenden Tragfähigkeit überprüfen? Seefelder hat das jetzt in seinem Buch "Christliche Bräuche und Traditionen" unternommen, und herausgekommen ist in seinem "Gebrauchsbuch" eine Mischung aus Essay und Ratgeber, die trittsicher Traditionen als belastbare Festungen des Daseins kenntlich macht.
Seefelders Basis ist sein katholischer Glaube, ohne dabei als Prediger oder Missionar daherzukommen. Stattdessen unterbreitet er Vorschläge, die oft auch Nicht-Gläubigen zumindest als bedenkenswerte Inspirationen dienen können. Sein zentraler Vorschlag besteht darin, schon vorliegende, hiesige und bewährte katholische Traditionen zu nutzen: "Eigenheit zu bewahren schafft Vertrautheit und gibt Sicherheit in einer Welt, die uns gelegentlich überfordert. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, genauso wenig wie nationale Identität mit Nationalismus und das Wissen um regionale und örtliche Zugehörigkeit mit Heimattümelei zu verwechseln sind." Stattdessen geht es um Selbstbewusstsein im Sinne von Selbstvergewisserung durch die eigene Tradition, die ja zumindest den Vorteil hat, ein lange Zeit erprobter Bezugsrahmen zu sein. Und der besteht für Seefelder aus den sinnlichen und kraftvollen katholischen Riten und Sitten im Kirchenjahr, die er Schritt für Schritt vorstellt: von Weihnachten und den Heiligen Drei Königen bis zur Vornamensgebung, den Heiligenfesten und den damit verbundenen Bräuchen. Kleiner Nebeneffekt: Wer die eigene Kultur und Tradition achten und schätzen gelernt hat, wird auch in den Kulturen und Traditionen anderer keine Bedrohung, sondern eine nachbarschaftliche Ergänzung erkennen können. Selbstbewusstsein bewirkt Toleranz. Seefelder erschließt darin die religiöse Komponente: "Wer glaubt und sich darin sicher ist, wird sich nie kämpferisch abgrenzen müssen."
Seefelders These, wie sinnhaft es sein kann, sich in der eigenen Traditionswelt zu bewegen und sie sich als identitätsstiftend bewusst zu machen, leuchtet schnell ein, wenn man die Mentalitäten der Menschen in den verschiedenen Regionen Deutschlands miteinander vergleicht. Dabei gilt der Grundsatz: Religionen prägen Regionen. Regionen wiederum prägen selbst in einer stetig laizistischer werdenden Gesellschaft immer noch Menschen und deren Mentalitäten deutlich. Das wird beispielsweise jedem klar, der sich einmal eine Weile in den pietistischen Gegenden Württembergs aufgehalten hat: Welch ein Unterschied zum katholisch-barocken Altbayern bis in die täglichen Verhaltensweisen hinein - unabhängig von der heutigen Religionsgebundenheit der Menschen. Diese Unterschiede sind bedeutsam, sonst gäbe es sie längst nicht mehr.
Seefelder hat sein Buch nicht in seiner Funktion als Bezirksheimatpfleger geschrieben, sondern als Privatmann und gläubiger Mensch, der diese Traditionen für sich selbst einmal ernsthaft und genau ergründen wollte. Er gibt Hinweise, Ratschläge und Tipps für den Alltag, vielleicht auch für die Fähigkeit, Momente des Glücks erkennen und erleben zu können. Traditionen können dafür die richtigen Vermittler sein. Das ist in Zeiten vieler erstrangig um den kommerziellen Erfolg des Autors bemühter oder verquast-esoterischer Ratschlagliteratur hilfreich und verdienstvoll. Denn warum, wie gesagt, in die Ferne schweifen?
Seefelder hat allerdings keine kritiklose Lobeshymne auf die Heimat und den Katholizismus geschrieben. "Eine Institution, die so hohe moralische Normen anlegt, muss sich nun einmal konsequenterweise auch selbst daran messen lassen", schreibt er über die Kirche. Sie müsse sich ändern, öffnen, transparenter werden. Und auch der Begriff Heimat sei etwas, das ständigem Wandel unterliege: "Die heimatorientierte Brauchtumsliteratur sowie -pflege hat sich vorzugsweise auf die Erinnerung an bäuerliche Bräuche und Kulturgüter konzentriert. Ich betrachte diesen Ansatz und seine Absicht als gescheitert, weil dabei der wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Strukturwandel weitgehend ausgeblendet wurde." Auf als richtig erkannten Traditionen zu beharren, sie den Zeitumständen anzupassen und sie weit erleben zu lassen, ist mithin etwas ganz anderes als in ihnen stur soweit zu erstarren, dass sie zerstört zerspringen.
Quelle: Christian Muggenthaler, in: SR-Tagblatt, Magazin vom 3. Mai 2014
Maximilian Seefelder: Christliche Bräuche und Traditionen.
Verlag Friedrich Pustet - topos taschenbücher, Regensburg 2014.
184 Seiten, Format 12,0 x 18,0 cm, kartoniert, € (D) 9,95
ISBN 978-3-8367-0878-4
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