Bairisch
Vom Holzgaser zum modernen Reisebus
Das Fuhrunternehmen Alois Schmid, Mitterfels, in den Nachkriegsjahren
Das Nachkriegsmodell Marke "Eigenbau" mit Alois Schmid
Im Dezember 1948 boten bereits 36 Geschäftsleute im „Rundschreiben der Gemeindeverwaltung Mitterfels”, dem Vorläufer des „Mitterfelser Gemeindeboten”, in einer zweiseitigen Anzeige ihre Produkte bzw. Dienstleistungen an. Das war ein halbes Jahr nach der Währungsreform sehr beachtlich und zeugt von der damaligen Wirtschaftskraft des Standortes Mitterfels.
Unter den 36 Anbietern befindet sich auch eine Annonce des Fuhrunternehmens Alois Schmid, Omnibus- und Mietautoverkehr. Bereits am 18.12.1948 hatte er im RS Nr. 35 der „werten Einwohnerschaft von Mitterfels” bekannt gegeben, dass er ab sofort dreimal wöchentlich mit seinem neuen Omnibus den Linienverkehr zwischen Haibach und Staubing durchführe (s. Anzeige RS. Nr. 35).
RS der Gemeindeverwaltung Mitterfels Nr. 35/1948 - Reise-Pause: Was machen die Damen?
Der neue Omnibus, ein Borgward, hatte natürlich ein wesentlich moderneres Stiling als das Vorgänger-Modell, das (auf Foto 1) vom stolzen Besitzer girlandengeschmückt präsentiert wird. Wie Lotte Kerscher, die Tochter von Alois Schmid, mitteilt, war das Nachkriegsmodell aus einem LKW-Fahrgestell der Firma Rohr, Staubing, angefertigt worden. Den Busaufbau hatte eine Wagnerei aus Parkstetten erstellt. Wie sich Lotte Kerscher erinnert, leuchtete es in den Signalfarben beige und rot.
Foto links: Das neue Modell "Borgward" - Alois Schmid (mit Hut) und einige Fahrgäste
Angefangen freilich hatte das Fuhrunternehmen Alois Schmid nach dem Krieg mit einem sog. „Holzgaser”. Die Nachkriegsgenerationen können sich darunter natürlich nichts mehr vorstellen. Er wurde nicht, wie man vermuten könnte, von einer Dampfmaschine angetrieben, sondern durch einen umgebauten Benzinmotor. Der Treibstoff wurde durch Holzgas erzeugt, d. h. durch langsames Verglühen - ähnlich wie bei einem Kohlenmeiler. Der Kohlenstoffgehalt des Holzes wird dabei in ein Gas als Antriebsstoff umgesetzt. Für einen LKW war dazu ein Heizkessel von etwa 80 mal 200 cm nötig und zwei Wasserbehälter als Kühler. Überwiegend wurde zerkleinertes Birkenholz verwendet. Während der Fahrt musste von Zeit zu Zeit angehalten werden, um Holz im Kessel nachzufüllen.
Beim Fuhrunternehmer Alois Schmid, der in den Nachkriegsjahren auch den Milchtransport in die Molkerei besorgte, war Ernst Hafner als Milch-Kannen-Lade-Helfer beschäftigt. An Sonntagen bot das Fuhrunternehmen Schmid bereits 1946 Fahrten nach Altötting an. Der Holzgaser-LKW wurde dann zu einem Personentransportfahrzeug umfunktioniert, indem einfach Holzbänke auf die Ladefläche unter die Plane gestellt wurden. So konnten bis zu 30 Personen befördert werden.
Die 100-km-Fahrt nach Altötting verlief normalerweise reibungslos. Nur der „Landauer-Berg”, also der steile Anstieg durch die Stadt Landau, die heute durch die B 20 umgangen wird, war gefürchtet. Die Aufgabe von Ernst Hafner an dieser kritischen Stelle war, mit einem Bremskeil neben dem LKW herzulaufen und bei einem unvorhergesehenen Stopp den Bremskeil unter die Räder zu schieben. Das war eine reine Vorsichtsmaßnahme des umsichtigen Fuhrunternehmers Alois Schmid, denn Ernst Hafner kann sich nicht erinnern, dass er als Bremsklotz-Unterleger einmal tätig werden musste.
Geschäftstüchtig hatte Alois Schmid erkannt, dass mit dem aufblühenden Wirtschaftsleben der Linienverkehr nach Staubing wichtiger war als nach Bogen, den einmal wöchentlich die Fa. Artmann aus Zinzenzell durchführte. Wie Lotte Kerscher berichtet, war es nicht so einfach die Lizenz für die Omnibus-Linie Haibach-Straubing zu erhalten, denn die Eisenbahn hatte das Verkehrs-Monopol. Deshalb musste auch eine Konzessionsabgabe an die Bahn erfolgen. Der Abrechnungsweg war ziemlich umständlich, denn von jeder verkauften Fahrkarte musste ein Abschnitt an die Bahnverwaltung eingeschickt werden. Streng war auch die Personenkontrolle. An der Donaubrücke stand regelmäßig die Polizei und kontrollierte, ob die zulässige Personenzahl nicht überschritten wurde.
Um den neuen Bus auszulasten, musste Alois Schmid neben dem Linienverkehr nach weiteren Einsatzmöglichkeiten Ausschau halten. Im Sommer 1949 war nach einer längeren Zwangspause der TSV Mitterfels wieder gegründet worden. Regelmäßig transportierte das Busunternehmen die Fußballspieler und Schlachtenbummler zu den Auswärtsspielen in die umliegenden Orte wie Stallwang, Neukirchen und Schwarzach. Respektvoll bewunderten die Dorfbewohner den modernen Bus aus Mitterfels. Öfter mussten jedoch die Mitterfelser Fußballer mit dem alten Bus vorliebnehmen, nämlich dann, wenn der TSV Bogen ein Auswärtsspiel hatte, denn mit diesem hatte das Busunternehmen Schmid einen regelrechten Vertrag. Der TSV Bogen spielte damals in einer wesentlich höheren Spielklasse. Wenn es z.B. um die Bayerwald-Meisterschaft ging, mussten die Bogener in Lam, Bodenmais oder gar Zwiesel antreten.
Mit steigendem Einkommen wuchsen auch die Freizeit-Bedürfnisse. Im August 1949 wurde bereits eine „2-Tagesfahrt ins Gebirge” angeboten. Ziel: Berchtesgaden-Königssee, Fahrpreise 15,-- DM. Das war ein Jahr nach der Währungsreform ein stolzer Preis, bei einem Durchschnitts-Facharbeiter-Stundenlohn von 1,-- DM!
Foto rechts: Zweitägige Gebirgsfahrt
1950 scheint sich die Nachfrage wesentlich gesteigert zu haben; denn am 2. Dezember steht im Gemeindeboten: „Auf vielseitigen Wunsch fährt mein Omnibus jeden Mittwoch mittags um 3/4 1 Uhr und jeden Sonntag mittags um 3/4 1 Uhr nach Straubing und am kommenden Montag früh zum Viehmarkt.”
Wie flexibel sich Alois Schmid dem Bedarf anpasste, zeigt das Inserat im GB vom 9. Dezember 1950: „Morgen Sonntag, 10. Dezember fährt mein Omnibus bei pünktlicher Abfahrt um 12.15 Uhr nach Straubing, nicht wie ursprünglich um 12.45 Uhr. Dadurch ist den Sportfreunden Gelegenheit gegeben, von Anfang an am Fußballspiel beizuwohnen.” (GB Nr. 49/1950) Gemeint ist das Fußballspiel des TSV Straubing, der damals in der 2. Liga Süd spielte und bei jedem Heimspiel mehrere Tausend Zuschauer hatte.
Auch für Schulausflüge wurde das örtliche Omnibus-Unternehmen genutzt, wie das Bild vom 24. Juni 1949 zeigt. Die 5. und 6. Klassen fuhren damals mit ihren Lehrern Franz Wartner und Josef Kohlbeck zum Arber.
Schulausflug zum Arber - von rechts: Alois Schmid, die Lehrer Franz Wartner und Josef Kolbeck
Quelle: Alois Bernkopf, in: Mitterfelser Magazin 6/2000, Seite 49 f
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