1000 Jahre Geschichte um Mitterfels - 55 Bauernleben vor einem Jahrhundert
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Vor gut 830 Jahren tauchte der Name Mitterfels das erste Mal in einer Urkunde auf; Gschwendt im Kinsachtal kann auf 900 Jahre zurückblicken; vor 960 Jahren übernahmen die Grafen von Bogen den östlichen Donaugau von den Babenbergern; Metten, im Jahre 766 gegründet, rodete zu Füßen der schützenden Bergkette zwischen Vogelsang und Hirschenstein . . . über 1000 Jahre interessante Geschichte, in die wir in halbmonatlich wechselnden Kapiteln eintauchen.
Zu den vorhergehenden Kapitelbeiträgen können Sie sich im Menue rechts in der Grafik „1000 Jahre Geschichte um Mitterfels“ durchklicken.
Bauernleben im vorigen Jahrhundert
Vor einem Jahrhundert war das Bauernleben noch kaum berührt von Neuerungen in der alltäglichen Arbeit und im Sinnen und Denken. Der Wunsch "Viel Glück im Stall!" drückte aus, wo der bäuerliche Wohlstand lag. Dem Milch- und Zugvieh galt die ganze Aufmerksamkeit, von der Einspannkuh bis zum Zugochsen oder Pferd. Schafhaltung und Schweinezucht gingen mit dem Verschwinden der allgemeinen Weideflächen zurück. Obstbau und Imkerei aber wurden überall betrieben. Obstbäume standen an den Zufahrtswegen, in der Point, und oftmals auch mitten in den Feldern, weil man ja mit dem Gespann leicht drumrum ackern konnte.
Bäuerliche Welt von einst: Der "Scheckl" und die Einspannkuh waren auf dem kleinen Anwesen die treuen Helfer für Pflug und Wagen; alles Sonstige blieb Handarbeit. - Vergrößern durch Anklicken!
Der "Dampf' zog von Gehöft zu Gehöft; Nachbarn gingen mit und halfen einander. Den Lohndrusch betrieben der Bauer Engl von Wollersdorf (noch bis 1949 mit der Dampfmaschine), dann der Gärtner Georg Hiendl (anfangs mit einer geliehenen Dampfmaschine, dann mit fahrbarem Dieselmotor). - Vergrößern durch Anklicken!
Der Arbeitstag war lang und wurde mit Kienspan und Talgkerze noch etwas verlängert. Das Essen war einfach und karg. Milch, Sauerkraut, roggene Knödel, Rübengemüse waren die Hauptspeisen, zur Abwechslung gab es Nudeln (Kücheln) und "Zwetschgenko(ch)". Als Festspeise spielt auch der Brein (Hirse) eine Rolle. Fleisch gab es fast nur an den hohen Feiertagen, an der Kirchweih und auf Hochzeiten. An Kirchweih und Allerseelen erhielten die Kinder als Besonderheit die "Kirchtrachtwecken" und die "Seelenzöpfe". Zum Abendessen nahmen die Leute seit Jahrhunderten saure Milch ("Sellbern"), Schwarzbrot und Kartoffeln. Dann wurde Bier getrunken, in der Erntezeit ein Dünnbier, das Schöps oder "Kofent" genannt wurde. Das Essgeschirr war, wie auch das meiste Hausgerät, aus Holz; vieles wurde im Haus selbst angefertigt: Holzteller, Schüsseln, Tröge, Gabeln, Rechen, Schaufeln, Strohschuhe, Holzschuhe, Geldschüsselchen, Dreschflegel , Spinnräder.
Zu den Tausenden von Hopfenzupfern aus dem "Wald" gehörten auch die starken Trupps der Mitterfelser "Hopfenmeister" Otto Hirtreiter und Rupert Hagnbuchner. Die lange und harte Arbeit in der Holledau wurde belohnt mit guter Kost und einem schönen Zusatzverdienst. - Vergrößern durch Anklicken!
Die Männer schnupften. In jedem Haus konnte man früher einen Mörser oder eine Reibschale sehen, in denen der Tabak zerkleinert und mit Schmalz, Kalk, Pottasche und geheimen Hausmitteln zu "Schmalzler" gemischt wurde.
Vor 1872 maß man noch mit Elle und Schuh. Die Elle (83 cm) war in den Weberhäusern gleich in den Tisch eingeschnitten, denn man brauchte sie täglich zum Abmessen der Leinwand. In der Küche wogen die Frauen nach Loten und Quenteln (beide etwa 15 ½ Gramm) und Vierlingen (¼ Pfund), seltener nach Unzen. Das Zentnergewicht war aus Stein, alle anderen aus Eisen. Das Getreide wurde nach Scheffeln und Metzen gemessen.
Im Wirtshaus trank der Mann sein Seidel (½Liter) oder eine Maß, wie heute auch noch. In früheren Jahrhunderten hatte man das Bier oder den Wein nach "Köpfln" getrunken (etwas weniger als ein Liter).
Es gab Kronentaler, bayerische Taler, Preußentaler (3 Mark), Gulden und halbe Gulden aus Silber; auch die kleinen Groschen- und Zweigroschenstücke waren aus Silber, die Kreuzer und Pfennige aus Kupfer (ein Gulden hatte in der alten Währung 60 Kreuzer; ein Groschen hatte 3 Kreuzer; ein Kreuzer 8 Heller oder 4 Pfennige). Silbermünzen trugen die reicheren Bauern gern an den Westen als Knöpfe. Papiergeld gab es noch ganz selten. Die Guldenwährung bestand seit 1560; vorher und längere Zeit auch nachher noch rechnete man meist mit Regensburger Pfennigen (Denaren), die man in Schillinge (30 Denar) und Pfund (240 Denare), zusammenfasste. Bei der Umwertung galt im Allgemeinen 1 Pfund Pfennige so viel wie 1 Gulden. Seit 1871 wurde im ganzen Deutschen Reich nach Mark und Pfennigen gerechnet.
Bis weit in das Jahrhundert hinein trugen die Männer und Frauen noch die Tracht. Die Männer hatten rote Westen zu ihrem Kittel aus Tuch oder Barchent. Ein breiter verzierter Ledergürtel ging um den Leib; der Hosenträger hielt die gelblederne kurze Hose, die am Knie mit Bändern befestigt war. Man trug im Winter lange Stiefel, sonst Leinenstrümpfe und Bundschuhe. Die Hüte waren spitz und hatten eine breite Krempe, oder es waren noch die barocken Bänderhüte.
Die Tracht der Frauen war mannigfaltig, wechselte auch schneller. Zum Rock trug die Mitterfelserin den kurzen roten Kittel und den weißen Schleierschurz mit farbigen Taftbändern, wenn sie noch unverheiratet war. Nach der Hochzeit wurde dieser, das "Fürda", blau, aber die Bänder blieben. Der Kopfschmuck der Jungfrauen war das "Bendel", eine Krone mit Silberdraht und Perlen; verheiratete Frauen trugen vielfach noch die "Viechtacher Haube" aus Spitzenstoff, mit vier langen Bändern, die am Ende mit Gold- und Silberspitzen eingefasst waren. Die Frauen der Beamten und der Handwerker trugen die "Riegelhaube" und seidene dunkle Kleider mit großbauschigen Ärmeln und Rosettenringen am Rücken. Zur reichen Festtracht gehörte auch das Silberrnieder mit Kette und Silbermünzen. Die Festtagsschuhe waren aus Saffianleder mit farbiger Garnierung.
Auf Hochzeiten und zum "Prangertag" (Fronleichnam) gingen die unverheirateten Frauen in Hemdsärmeln, sie trugen dann unter dem Mieder einen farbigen wollwattierten Innenleib.
Zu einer Hochzeit lud der Hochzeitlader mit einem langen Stock und einem Blumenstrauß, zeichnete eine Zitrone und einen Rosmarinstrauß an die Haustür, schrieb darunter Ort, Zeit und Mahlgeld (1 Gulden 12 Kreuzer) und sagte dann sein Sprüchlein herunter. Zu jeder Hochzeit gehörte der Kammerwagen mit dem Bett und dem Spinnrad darauf. Man musste "schenken", wurde ausgesungen und nahm seinen "Bschoad" mit heim, wie es der Steinacher Schlossbenefiziat Joseph Schlicht in "Bayerisch Land und Bayerisch Volk" so köstlich aufgezeichnet hat. Im Wirtshaus herrschten die Zither, das Volkslied, das Schnaderhüpfl und der Disput über das Korn und das Lotto; an Sonntagen gab es schmetternde Tanzmusik und Raufereien.
Was in Dorf und Gemeinde passierte, wurde viel wichtiger genommen als die Dinge von draußen. Die Armut zwang zu gegenseitigem Helfen und Anteilnehmen, und alles wurde gemeinsam getragen, Freudiges und Trauriges. Und weil selten etwas Außergewöhnliches passierte, waren Überraschungen umso länger Gesprächsstoff. So auch die Schatzfunde in der Gemeinde: In den achtziger Jahren ackerte der Menacher auf seinem Erdäpfelfeld beim Unterholzener Holz silberne Löffel und Gabeln und Geldstücke aus. 1891 fand man unter einer Tanne einen irdenen Topf mit Geld. Und 1921 stieß man bei Abbrucharbeiten in der Höllmühl auf eine Bratrein mit hölzernem Deckel, die voller Münzen war: die älteste von 1565, die jüngste von 1697; man hatte den Schatz also bei Ausbruch des Spanischen Erbfolgekriegs versteckt. Damals wurde der Schatz ehrlich unter den Findern geteilt.
Auch der Münzfund von Uttendorf gehört hierher, wo man 1918 im Obstgarten des Schneidermeisters Gall ein Tongefäß mit 203 Münzen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert fand, vergraben wohl im Zusammenhang mit dem Böcklerkrieg 1466. (Im Kapitel 11 a ist darüber ausführlich berichtet.)
Die Darstellung des Bauernlebens von früher wäre unvollständig ohne Hinweis auf die Inleute in dem zum Hof gehörenden Inhaus. Inleute rechneten zur minderbemittelten Schicht, und wer in diese hineingeboren oder durch Verarmung hineingewachsen war, hatte kaum die Möglichkeit, es im Leben viel weiterzubringen. Praktisch waren die Inleute Taglöhner für den Hof, die mit ihrer Arbeit abzugelten hatten, was Wohnung und Zuwendungen wert waren; auch geringe Entlohnungen waren üblich. Schweres Arbeiten galt für jedermann, auch für die Bauernkinder; aber sie brauchten nicht, wie in einer kinderreichen Inwohnersfamilie, von der Hand in den Mund leben, und dies mit einfachster Kost. Nicht jeder Inmann hatte das Glück, dass sich der Bauer um den baulichen Zustand des Inhauses genügend kümmerte, oder dass er dem Inmann die Möglichkeit gab, sich ein Tier - Kuh, Kalb, Schwein und Hühner - zu halten.
Wenn irgend möglich, suchte sich der Inmann Verdienst als Waldarbeiter, Holzbitzler, wie Besenbinder, Rechenmacher, Holzschuhmacher, Zargenschneider. Noch besser war es, wenn er einem Handwerk nachgehen konnte, als Zimmerer, Maurer, Schneider, Weber. Schwere wirtschaftliche und soziale Belastungen brachten aber auch ein aufsässiges und streitsüchtiges Verhalten und brachten manchen auch auf Abwege, wie das berühmt-berüchtigte Beispiel des Inwohnersohnes Michl Heigl aus Beckendorf zeigt (der "Räuber Heigl" vom Kaitersberg).
Das Inwohnerwesen reicht Jahrhunderte zurück. Bestimmungen aus dem Jahr 1670 besagen, dass Inmann und Inweib bei Herbergwechsel an den Pfleger 4 Kreuzer Umschreibegeld zu zahlen hatten, bei Neuzuzug das übliche "Anschermgeld" und jährlich 12 Kreuzer Schutzgeld. ("Scherm" = Schutz, "Schermleute"= Inwohner). War ein Inwohner ein Handwerker, zahlte er jährlich 15 Kreuzer "Liebnussgeld" an den Landesherrn.
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